Fanfic: Die zerbrochene Perle
und hielt sich vorsichtshalber an einem Holzbalken fest. Mit zitternden Beinen, machte sie den ersten Schritt nach unten. Der zweite und dritte folgten nach einigen Sekunden, in denen sie versuchte das Gleichgewicht zu halten.
Doch das Glück verliess sie, als sie die letzte Stufe nahm. Sie geriet ins Schwanken und konnte sich nicht länger auf den Beinen halten. Mit nach vorne ausgestreckten Armen, um den Aufprall zu dämpfen, fiel sie und kam unsanft auf.
Ihre Hand bildete sich zu einer Faust - den Splitter genau spürend - und Tränen traten in ihre grossen Augen.
<Das ist also das Ergebnis nach monatelangem Training?> Sie fühlte sich schwach, hilflos wie ein kleines Kind. Doch dann rief sie sich das Bild des Hanyous in Erinnerung. Lohnte es sich denn nicht für ihn weiterzukämpfen...?
Mühevoll rappelte sie sich auf und hielt sich am Brunnen fest. Ihre Kette mit dem Shikon-Splitter an ihrem Hals baumelte über der Öffnung zum mittelalterlichen Japan. Ohne zurückzublicken stemmte sie sich vom Brunnenrand ab und fiel in das schwarze Loch.
~*~
Seine Füsse trugen ihn immer schneller in Richtung Brunnen, der Kagomes und seine Zeit verband. Noch immer hielt er es für unmöglich, dass sie hier war, aber er war sich sicher, dass er ihren Duft gerochen hatte. Auf seine Sinnesorgane konnte er sich immer voll und ganz verlassen.
Schnell war er aus dem Wald raus, und rannte über eine Wiese. Während seine Haare stark im Herbstwind wehten, es bei jedem Schritt raschelte, als er durch die vielen Blätter lief, weiteten sich seine Augen.
Er verlangsamte sein Tempo und blieb schliesslich stehen. Das konnte nur ein Traum sein! Dort drüben, auf dem Brunnenrand, sass die junge Frau, die der liebte und hatte ihren Blick genau auf ihn gerichtet.
Der Hanyou kniff einmal die Augen fest zusammen und öffnete sie wieder. Doch als er merkte, dass dies kein Traum war, klappte ihm der Mund auf.
„Kagome...!?“
„Ich wusste, dass du kommen würdest, Inu Yasha.“, sagte sie verträumt lächelnd.
Sein Herz begann wild zu klopfen und er verspürte den unheimlich Drang sie in seine Arme zu ziehen, doch seine Beine rührten sich nicht von der Stelle.
Er senkte den Blick leicht, so, dass man seine Augen nicht sehen konnte, da sie von seinen weissen Haaren bedeckt wurden. Auf seinen Lippen erkannte man ebenfalls ein Lächeln.
„Ich habe dir doch gesagt, dass ich warten werde.“
Er sah wieder auf und im nächsten Moment trafen sich ihre Blicke wieder. Kagomes Augen glänzten, anscheinend kämpfte sie mit den Tränen.
„Ich habe dich vermisst, Inu Yasha....“, sagte sie leise, doch das Lächeln von ihren zarten Lippen wich nicht. Der Wind spielte mit ihrem Haar und so wie sie da sass... zerbrechlich und doch stark... war sie einfach wunderschön.
Man sah es ihr an; sie war erwachsener und reifer geworden. Stiller und nachdenklicher. Doch egal, wie sehr sie sich verändert hatte - der Weisshaarige liebte sie wie eh und je.
Seiner Kehle wäre beinahe ein Aufschrei entkommen, als er sah, wie sie sich anstrengte, um aufzustehen.
„Kagome, was-?!“
„Bleib weg, Inu Yasha... ich schaffte das auch alleine...“, gab sie zähneknirschend zurück. Es kostete all ihre Konzentration auf die Beine zu kommen.
Als sie endlich stand, wandte sie ihren Blick direkt auf Inu Yasha. Mit ernster Miene setzte sie den ersten Schritt im weichen Gras.
„Aber... Kagome...“ Inu Yasha war völlig hin und hergerissen von seinen Emotionen. Er wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte.
Ein weiterer Schritt folgte sogleich, doch sie musste aufpassen, um nicht ins Wanken zu geraten.
Schweiss trat ihr auf die Stirn, als sie den dritten Schritt machte. Ihr Brustkorb hob und senkte sich schnell, als sie beim vierten war. Fünf... sechs... Kagome lief! Sie konnte laufen!
Es war ein Wunder! Doch in dem Moment, als sie anfing zu strahlten, verliess sie ihre Kraft mal wieder...
„Aahh..“
Völlig erschöpft kippte sie nach vorne.
„Kagome!“, rief der Goldäugige entsetzt und war mit einem Satz bei ihr, um sie aufzufangen. Er hielt sich sicher in seinen Armen und drückte sie leicht an sich. Jetzt, da er sie endlich wieder bei sich hatte, wollte er sie nie wieder hergeben! Nie im Leben! Niemand konnte ihm SEINE Kagome wegnehmen! Auch keine Lähmung...
Die Brünette schluchzte und vergrub ihren Kopf so sehr es ging in Inu Yashas Kleidung.
„Ich bin so froh, Inu Yasha!“, stiess sie hervor und hob den Kopf, um in seine leuchtenden Augen zu sehen.
„Ich lasse dich nie wieder alleine, Kagome!“, versprach er ihr und strich ihr behutsam eine Strähne aus dem Gesicht. Mit der anderen strich er sachte über ihren Rücken und merkte, wie sie erschauderte.
Lächelnd sah er sie an und hielt ihren Kopf mit beiden Händen fest.
„Inu Yasha...“
Doch ehe sie noch etwas sagen konnte, hatte er seine Lippen auf ihre gelegt und küsste sie zärtlich. Reflexartig schlossen beide die Augen und genossen den Moment in vollen Zügen.
Kagomes Herz klopfte ihn in der Kehle und sie konnte wetten, dass auch Inu Yasha es schon hören konnte. Noch nie zuvor hatte Kagome so etwas wunderbares gefühlt. Inu Yashas Lippen waren unglaublich weich und zart...
Eigentlich wollte sie sich nie wieder von ihnen lösen, doch dann brachte sie der kühle Wind zum zittern.
Der Hanyou löste den Kuss, wenn auch ungern, da er ihr Zittern bemerkt hatte.
„Ist dir kalt?“
Kagome schüttelte den Kopf, doch ihm konnte sie nichts vormachen. Vorsichtig drehte er sie um und liess sich zusammen mit ihr im Gras nieder. Seine Arme hatten sie umschlungen und sein Körper gab ihr Wärme. Kagome konnte sich nicht erinnern, sich jemals so wohl gefühlt zu haben.
„Kagome... du wirst es schaffen. Nach dem, was du gerade geleistet hast, glaube ich wirklich, dass...“
„Meinst du den Kuss oder meine Gehversuche?“, fragte die Brünette und musste leicht grinsen.
Zum Glück sah sie nicht, wie der Halbdämon rot anlief.
„Ich meinte natürlich deine Gehversuche...“
Eine Weile schwiegen sie, doch dann ergrifft Kagome das Wort.
„Ich glaube du hattes Recht, Inu Yasha. Nicht ich werde es schaffen, sondern... wir.“ Sie lächelte vor sich hin und kuschelte sich noch ein wenig an ihn.
Ihr Handfläche öffnete sich erneut und zum Vorschein kam der Splitter, den sie die ganze Zeit festgehalten hatte.
Inu Yasha warf einen Blick nach unten und erspähte den Splitter in ihrer Hand.
„Das denke ich auch.“, hauchte er in ihr Ohr und öffnete seine linke Hand ebenfalls.
Kagomes Augen weitete sich, als sie die restlichen Splitter der Perle erkannte. Unfähig zu sprechen, legte sie ihren Splitter auf den kleinen Haufen in Inu Yashas Hand und schloss sie dann wieder zu einer Faust.
„Mein Geschenk für dich.“, flüsterte sie und schloss glücklich lächelnd die Augen.
~Owari~
So, die FF ist beendet. ^^ Danke, dass ihr sie bis zum Ende gelesen habt.
*knuddlt alle*
~Hi-chan