Fanfic: Puppengelächter

dann wanderte sein Blick zu jenen Objekten, die vor wenigen Minuten meine Aufmerksamkeit noch so sehr auf sich gezogen hatten.
"Die gehörten meiner Mutter" sagte er schließlich. "Nach ihrem Tod habe ich sie übernommen. Es war - sie waren ihr sehr wichtig, verstehst du? Beinahe heilig und sie bat mich auf sie acht zu geben, vor allem aber ihnen ein Äußeres zu vermachen, dass sie stolz gemacht hätte.
Weißt du Helen..." Die Tatsache, dass er mich mit meinem Namen ansprach, ließ mich darauf schließen, dass ihm die ganze Puppensache schwer am Herzen lag. Nur selten machte er Gebrauch davon und selbst wenn, dann zog er ihn nicht so in die Länge. Zumindest kam es mir so vor, als hätte er ihn unnötig in die Länge gezogen, denn aus seinem Munde klang er furchtbar falsch und ich ertappte mich dabei, wie ich ihn beinahe gefragt hätte, wer Helen sei.
"Als sie sie mir gab, waren sie alle nackt. Sie trugen nichts um ihre zierlichen Körper, ihr Haar war zerzaust und glänzte nicht, wie es hätte glänzen sollen. Lynni-Ann, das ist die mit dem langen, schwarzen Haar, vermisste sogar ein Auge. Sie sahen nicht gut aus, aber Mutter liebte sie und weil ich Mutter liebte, nahm ich sie mit zu mir nach Hause um sie herzurichten. Mit der Zeit fügte ich ihnen Haare hinzu, gerade so viele, dass ich in der Lage war ihnen Frisuren zaubern zu können. Und Lynni bekam statt eines Auges gleich beide ausgewechselt. Das gefiel mir an ihr, sie wurde zu meinem Liebling. Und weil es hübsch war, tauschte ich die Augen der anderen Schätzchen auch aus. Dann kamen die Kleider..."
Fasziniert hatte ich ihm zugehört. Nicht, weil mich das Ankleiden seiner "Schätzchen" so sehr interessierte, es war viel mehr die Art wie ersprach, die mich in diesen Sog aus Faszination und auch einwenig Ekel zog und darum lauschte ich gebannt, lauschte jedem seiner Worte, die so voller Hingabe zu sein schienen, aber auch einwenig Schmerz beherbergten, das glaubte ich genau zu hören. Ein Mann kann nicht so ausführlich von Porzellanobjekten sprechen, wenn er nicht eine tiefere Beziehung zu ihnen aufgebaut hätte, das wusste ich aus eigener Erfahrung. Melvin mochte viel Literatur in seinem Haus stehen haben, aber ich war stets die Jenige, die von dieser auch Gebrauch machte. Meine Bücher waren nie als Staubfänger gedacht, ich hatte jedes einzelne von ihnen gelesen und auch solche, die von Fällen dieser Art berichteten, weshalb ich glaubte zu wissen, wovon ich sprach. In diesem Augenblick war ich einwenig stolz auf mich und glaubte beinahe einen passenden Beruf für mich entdeckt zu haben, als er plötzlich inne hielt. Er hörte einfach auf zu erzählen.
"Ach wir sind nicht hier um über derartige Albernheiten zu reden, ich möchte deine Geschichte hören. Deine Frage dürfte damit sowieso mehr als beantwortet sein, schätze ich." Hätte sein Tonfall nur halb so entschlossen geklungen, ich hätte ihn wohl aufgefordert weiter zu sprechen.
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