Fanfic: Dem Ziehl so nahe

Kapitel: CHAPTER 1



Auf einem Grashügel sitzend betrachtete er das Juwel, das einer kleinen rosanen Murmel glich, sorgfältig.
Er hielt es in seiner Hand und ließ es dort hin und her rollen. Immer wieder.
Sein Blick haftete an dieser Kugel. Dieser kleinen, so unscheinbar aussehenden Kugel, nach der er schon so lange gesucht hatte. Oder besser gesagt, nach deren Splittern er schon so lange gesucht hatte, um sie überhaupt in ihre jetzige Form zusammen zusetzen.
„Endlich“, murmelte er.
Ein Grinsen huschte über sein Gesicht, als er sich daran erinnerte, wie viel Kraft und Mühe ihn die Suche nach den Shikon-Splittern gekostet hatte. Und jetzt, nach dieser langen Zeit der Suche, nach all den Schwierigkeiten die er hatte überwältigen müssen, hielt er es in seiner Hand. Das Juwel in seiner ursprünglichen Form. So wie es damals war, bevor Kagome es mit ihrem Pfeil in tausend Splitter zerbersten ließ.
Noch immer konnte er es nicht fassen. Es war unversehrt und ganz. Das Shikon no Tama.
Der Hanyou wurde aus seinen Gedanken gerissen, als er eine bekannte Stimme vernahm.
„Inu-Yasha?“
Er drehte sich um und sah Kagome. Sie beugte sich etwas über ihn und lächelte.
„Ich kann es noch gar nicht richtig glauben“, sagte sie und setzte sich neben Inu-Yasha ins Gras. Auch ihr Blick wanderte zum Juwel in Inu-Yashas Hand.
Der Hanyou sah sie an und nickte. „Ja, ich auch nicht.“
Vorsichtig streckte Kagome ihre Hand nach dem Juwel aus.
Inu-Yasha folgte ihrer Bewegung mit seinen Augen, wehrte es allerdings nicht ab, als Kagome das Juwel aus seiner Hand nahm.
Sie hielt es zwischen Daumen und Zeigefinger, hielt es etwas hoch und betrachtete es.
„Shikon no Tama…“, flüsterte sie. Ihr Gesichtsausdruck änderte sich plötzlich. Er wurde finster und war nicht mehr fröhlich wie sonst immer. Ihre Augen waren auf einmal völlig leer und kalt. Wie Glaskugeln, durch die man hindurch sehen konnte.
„Kagome, alles in Ordnung?“ Er stand auf und legte seine Hand auf die Schulter des Mädchens. Wie ein Blitz durchfuhr ihn auf einmal eine Eiseskälte und ließ ihn seine Hand zurückziehen.
Wie durch unsichtbare Fäden auf die Beine gezogen, erhob sich auch Kagome und starrte Inu-Yasha mit ihrem leeren Blick an.
Warum ist sie auf einmal so verändert?, dachte er und sah Kagome mit einem verwunderten Blick an.
Allerdings war es nicht nur Kagome, die sich schlagartig verändert hatte.
Der Grashügel, auf dem sie beide noch vor kurzem saßen war verschwunden. Die Sonne, die so hell und warm am Himmel gestanden hatte, war ebenfalls verschwunden und völliger Dunkelheit gewichen.
Es war so dunkel, dass Inu-Yasha nicht einmal seine eigene Hand sehen konnte. Nur Kagome, die von dem Licht des Shikon no Tama beleuchtet wurde, war für ihn sichtbar.
„Kagome, was passiert hier? Was zum Teufel ist hier los?!“
Seine wütende Stimme erreichte das Mädchen gar nicht. Seine Worte zogen an ihr vorbei, berührten sie nicht.
Sie schloss ihre Hand um das Juwel und drückte sie an ihre Brust. „Du hast es nicht verdient…“, flüsterte sie und trat einen Schritt zurück.
Die Ohren des Hanyous zuckten. Was sagt sie da?
Er wollte auf Kagome zugehen. Seine Beine allerdings gehorchten ihm nicht. Es gelang ihm nicht sich von der Stelle zu bewegen.
Inu-Yasha sah an sich hinunter. Auch als er mit aller Kraft versuchte sich zu bewegen, gelang es ihm nicht.
Er sah wieder auf, sah wie Kagome sich immer weiter von ihm entfernte. Noch immer hielt sie das Juwel fest in ihrer Hand umschlossen.
„Kagome bleib hier!“; rief er und mobilisierte alle Kräfte, die sein Körper aufbrachte, um von der Stelle zu kommen. Doch nichts geschah. Wie angewurzelt blieb er stehen und erste Schweißperlen der Anstrengung bildeten sich auf seiner, von den weißen Ponyfransen verdeckten Stirn.
„Du bist für mich nicht zu einem Menschen geworden…“
Abermals zuckten die Ohren des Hanyou. Diese Stimme… Es war plötzlich nicht mehr Kagomes Stimme, doch kam sie von dem Mädchen, das schon fast von der Dunkelheit verschlugen worden war.
„Ki…Kikyou…“, flüsterte Inu-Yasha.
Es war nicht mehr Kagome, die das Juwel in ihrer Hand hielt und schon fast verschwunden war, sondern Kikyou.
„Du bist für mich nicht zu einem Menschen geworden“, wiederholte sie, „und für dieses Mädchen sollst du es auch nicht werden!“
Mit diesen Worten verschwand die Gestalt des Mädchens endgültig in der Dunkelheit und Inu-Yasha blieb alleine zurück. Sie hat das Juwel mitgenommen, schoss es ihm durch den Kopf. Verdammt sie hat es mitgenommen…
Gedanken rasten durch seinen Kopf. Ließen ihn nicht mehr klar denken.
Plötzlich sah er in der Dunkelheit etwas aufblitzen. Was ist das? Das Juwel? Er kniff die Augen zusammen, um etwas erkennen zu können. Doch als ihm bewusst wurde, was dort auf ihn mit einer ungeheuren Geschwindigkeit zukam, war es bereits zu spät.
Der Pfeil traf ihn mitten in seine Brust und er keuchte vor Schmerz auf. Seine Augen weiteten sich, verloren ihr Leuchten. Seine Lebensgeister erloschen und langsam sank der Hanyou zu Boden.
„Wi…wieso…“ Eine Welle von Schmerz überflutete ihn, glühte in seiner Brust, raubte ihm seinen Verstand. Bewegungslos lag er auf dem Boden, immer noch von Pechschwarzer Finsternis umhüllt.
Die Schmerzen wurden schlimmer und er hatte das Gefühl, dass sein Brustkorb gleich zerbersten würde. Mit letzter Kraft hob er seine Hand und berührte den Pfeil, der in seiner Brust steckte. Kikyous Pfeil… Verzweifelt umklammerte er mit seiner Hand den Pfeil. Blut floss aus der Wunde und er spürte, wie nun auch seine letzten Kräfte ihn verließen.
Inu-Yasha war Dankbar, als sich die Bewusstlosigkeit über ihn legte, obgleich er wusste, dass kurz darauf sein Tod folgen würde.
Die Schmerzen ließen nach, wichen einem Gefühl des Schwebens. Langsam schlossen sich seine Augen und als er dieses Mal die Luft aus seinem Mund presste, ließ er damit gleichzeitig, dass letzte bisschen Leben aus seinem Körper entfliehen.

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