Fanfic: Complete My Life

Kapitel: Complete My Life

Complete My Life

Er lernte sie an einem kalten Dezembertag kennen. Es war kurz vor Silvester und er hatte für einige Tage frei. Der Himmel war weder hell noch richtig dunkel, sondern nahm verschiedene Grautöne ein. Das Licht kam wohlüberlegt und unbestimmt, oder einfach nur desinteressiert. Das Einzige, was ihm auffiel, war die Kälte, die durch seine Kleider drang und gegen sein Gesicht wehte. Aber dann sah er sie ihm lächelnd zuwinken. Etwa zehn Meter weit entfernt, saß sie an einer Bushaltestelle. Er kannte sie nicht, trotzdem ging er zu ihr, etwas verwundert über ihr Verhalten.

Das Mädchen hatte lange, dunkle Haare, was die Blässe in ihrem Gesicht noch zusätzlich betonte. „Sie sollte mal ins Solarium gehen.“, war sein erster Gedanke. Ihre schwarzen Augen blickten ihm direkt ins Gesicht. Er fand, dass etwas Unheimliches in ihr lag. Es waren diese Funken in ihren Augen, dieses durchdringende Leuchten, als ob sie ihm in die Gedanken blicken konnte. „Sie ist nicht mein Typ...“, überlegte er. Aber dann stand er bereits vor ihr und sah sie fragend an.

„Bist du einsam?“, fragte sie lächelnd. Sie sah mir in die Augen, als ob sie meine Überraschtheit bereits erahnen konnte. Das gab mir wiederum ein Gefühl von...
Wirklich seltsam. Es war wie ein Gefühl des Vertrauens. Allein aus diesem Grund nickte ich und wartete auf ihre Reaktion. Sie sprach leise aber bestimmt: „Dann lasst uns die letzten Tage dieses traurigen Jahres zusammen verbringen.“ Sie schaute mich dabei nicht an, obwohl ich wirklich gerne den Ausdruck in ihren Augen erfasst hätte.

Warum nicht, dachte ich. Meine Freundin hatte sich von mir aus irgendeinem Grunde getrennt. Eigentlich hatten wir uns auch nicht wirklich geliebt, aber wir wollten eben beide jemanden bei sich haben. Allein aus solchen ziemlich egoistischen Motiven verbrachten wir ganze drei Jahre miteinander. Aber wenn ich nun zurückdachte, bezweifelte ich, ob das wirklich geschehen war. Die Erinnerungen an unsere gemeinsame Zeit hatte sich nicht in meinem Gedächtnis festgesetzt, worum ich mich eigentlich auch nicht bemüht hatte.

Nur um mir diese Gelegenheit auf ein neues Abenteuer nicht entgehen zu lassen, sagte ich diesem wildfremden Mädchen zu. Aber mein Herz schlug auf einmal nicht mehr so gleichmäßig und ruhig wie früher. Dann machte ich mir nochmals klar, dass ich mich nicht in sie verlieben kann und ich mich vor nichts zu fürchten habe. Das sagte ich mir auch immer wieder, als sie meine Hand nahm und wir durch die fast menschenleeren Straßen schlenderten, um in einem kleinen Café etwas Warmes zu uns zu nehmen.

An diesem Abend lud sie ihn zu sich nach Hause ein. Sie wohnte alleine in einer ziemlich geräumigen Wohnung. Auf den Wänden sah er verschiedene Bilder, die ihm nur wenig sagten. Für ihn waren sie nur Landschaften oder Tiere, manchmal nicht einmal das. Aber sie bestimmten offensichtlich diese kleine Welt. Als Besucher konnte er nichts von ihr verstehen.

Sie kochte etwas für ihn und er half ihr dabei. Genauer gesagt versuchte er ihr zu helfen, trug aber in der Wirklichkeit nur wenig bei. Sie aßen zusammen und währenddessen fragte er sie nach ihrem Namen.

„Nenne mich einfach ‚Du’.“, sagte sie.

OK, sagte er. Aber er hieße Thomas, falls sie ihn so nennen wollte.

Diese Nacht verbrachten sie wie erwartet zusammen und vergaßen zumindest für ein Weilchen ihren Kummer.

Es war der 31. Dezember in diesem Jahr. Tagsüber hatten sie sich mit ihren eigenen Sachen beschäftigt und erst gegen Abend trafen sie sich. Seit ihrer ersten Begegnung waren bereits drei Tage vergangen. Sie hatten darüber gesprochen, dass sie sich im Neujahr trennen würden, um sich nicht in das Leben des anderen einzumischen. Also würde diese Nacht ihre letzte werden.

Thomas wartete in einem Café auf sie. Aber sie schien zu spät zu kommen. Unwillig begann er, über die letzten Tagen nachzudenken.

Er fand nichts Schlimmes an ihr. Sie konnte zärtlich sein und war ein guter Gesprächspartner. Man konnte ihr weder vorwerfen, dass sie hässlich war, noch dass sie keinen Humor und Verstand besaß. Eigentlich bestand er gar nicht so sehr darauf, sich nach so kurzer Zeit wieder zu trennen. Aber es war ihr Entschluss und er wusste keinen Grund, ihr zu widersprechen, außer... Deshalb entschloss er sich, ihren Vorschlag anzunehmen. Wenn man wirklich nach ihren Fehlern suchte, dann könnte man vielleicht genau diese komische, eigensinnige Denk- und Handlungsweise von ihr nennen. Er konnte sie nicht verstehen und er wollte das auch nicht. Wozu denn das, wenn man morgen bereits getrennte Wege gehen musste. Er wusste nicht einmal ihren Namen. Auf ihrer Klingel bei ihrer Wohnung stand „A. Sommer“. Aber war das ihr richtiger Name? Wofür stand dann dieses „A.“?

Während er sich solche Überlegungen anstellte, kam sie durch die Eingangstür. Zehn Minuten später als vereinbart. Aber sie sagte nichts und setzte sich einfach lächelnd neben ihn.

Er bemerkte, dass sie sich heute etwas geschminkt hatte. Ein dunkles Violett umrandete hauchdünn ihre undurchschaubaren Augen. Ihre dichten, schwarzen Wimpern warf einen verführerischen Schatten auf ihr blasses Gesicht. Die Lippen glänzten ein wenig in zartem Rosa. Bevor er sie weiter betrachten konnte, begann sie zu sprechen: „Tut mir leid, dass ich etwas spät bin. Aber dafür habe ich dir etwas mitgebracht.“

Sie überreichte ihm ein kleines Päckchen in rotem Geschenkpapier. Er nahm es und öffnete. Darin befand sich ein Buch mit sehr schönem Umschlag. Darauf stand: „Die kleine Meerjungfrau“.

„Ein Märchen?“, fragte er überrascht. Diese Geschichte von Hans Christian Andersen hatte er zuletzt in seiner Kindheit gelesen.
Sie nickte und sprach: „Aber es ist mein Lieblingsmärchen. Und nun schenke ich es dir, weil es etwas Symbolisches an sich hat, das mich zwar tief traurig macht, aber auch bewegt.“

Fast beiläufig bedankte er sich und sehnte sich eigentlich eher auf den bevorstehenden gemeinsamen Abend, auch wenn es der letzte sein sollte. Sie hatte eine dunkelblaue Mantel und ein schwarzes, enges Oberteil. Er sah ihre feine, verborgene Silhouette und spürte sein Blut in den Adern schneller durchs Herz jagen. Dann sagte sie etwas, was ihm zuerst einen Schuss ins Gehirn, aber schließlich doch eine entfernte Hoffnung gab: „Ich kann heute nicht lange bleiben, es ist nämlich etwas dazwischen gekommen... Eigentlich wollte ich dir das nur bescheid sagen. Aber ich gebe dir meine Telefonnummer, vielleicht können wir das dann ein anderes Mal nachholen.“ Mit diesen Worten hinterließ sie ihm einen Zettel und verabschiedete sich von ihm.

Er starrte vom Fenster aus zu den Silvesterlichtern und fing an, irgendetwas in seinem Leben zu bereuen.

Leeres Herz. Mein Dasein hat keine Bedeutung. Es ist alles nur ein Spiel, ein Schattenspiel. Niemand sieht mich, wie ich mit schmerzverzerrtem Gesicht hier am Bett sitze. Ich bin müde und will nicht mehr. Nein, ich kann einfach nicht mehr. Ich will loslassen. Alles was ich habe und mir wichtig ist. Alles, woran ich mich so festgeklammert habe. Denn das alles ist nicht wirklich. Ich weiß, dass ich mich selbst betrüge und belüge. Aber lieber eine Fälschung, lieber ein glückliches Trugbild als gar nichts. Wofür kämpfe ich eigentlich. Diese Frage lässt mich nicht los. Aber immer wieder darüber nachzudenken und zu keiner endgültigen Lösung zu kommen erscheint mir so sinnlos. Was hält mich noch innerlich zusammen?

Ich sehne mich nach einer Erlösung. Eine Erlösung muss keine Lösung bedeuten, aber sie befreit etwas in mir. Daran glaube ich mindestens. Deshalb nehme ich das Messer. Es ist nicht mehr sehr scharf, deshalb tut auch schon ein kleiner Kratzer am Arm bereits ziemlich weh. Ich gebe nicht zu, dass ich selbstmordgefährdet bin. Ich hänge noch zu sehr am Leben, ich will mich noch nicht mit dem Tod zufrieden geben, wo ich mein Glück, mein richtiges Glück noch nicht gefunden habe. Aber dieser Schmerz erinnert mich an den Tod. Er erinnert mich ebenfalls daran, wie wenig ich einfach so dahinsterben möchte. Deshalb gibt er mir in gewisser Weise Kraft, denn nun weiß ich, was mein absolutes Ende bedeutet und dass es noch nicht gekommen ist. Das bedeutet für mich Erlösung, eine Motivation wieder stark zu werden.

Drei Tage nach Neujahr rief Thomas sie doch an. Er wollte sich mit ihr treffen und sie sagte zu. Also sahen sie sich am gleichen Abend wieder. Thomas erblickte zum wiederholten Male diese schattenreichen Augen. Er wusste sich vorher bei „mystische Macht“ nicht besonders viel vorzustellen, aber nun gewann er davon einen ersten Eindruck, indem er diese Augen ansahen.

Sie umarmten sich und schien nicht viel Gesprächsstoff gefunden zu haben. Schweigend fuhren sie zur Wohnung des Mädchens. Dann küssten sie sich, warfen ihre Kleider ab und gaben sich der körperlichen Sehnsucht hin. Als sie den Durst ihrer jungen Körper gestillt hatten, wusste keiner von den Beiden, was sie nun eigentlich machen sollten. Deshalb schlug das Mädchen vor, ins Kino zu gehen und eine Spätaufführung zu sehen.

Da dem Jungen nichts Besseres einfiel, stimmte er zu und so kamen sie im Kino an. Der Film war... Es war ein Liebesfilm, und zwar eine sehr idealistischer. Es handelte um ein junges Paar, das sich unsterbliche Liebe geschworen hatte. Sie verbrachten jede freie Minute miteinander und konnte sich ein Leben ohne die andere Hälfte des eigenen Ichs nicht vorstellen. Aber dann, nach relativ kurzer glücklicher Zeit (das Glück erscheint uns immer kurz), erkrankte das Mädchen schwer. Ihre Zeit würde bald abgelaufen sein. Ihr Liebhaber drohte zu verzweifeln. Aber dann glaubten sie an ihr gemeinsames Schicksal und hielten zusammen die schwere Zeit durch. Gegen Ende musste das Mädchen zu einer gefährlichen Operation. Das Ergebnis wurde aber nicht direkt gezeigt. Es gab dann noch einige Flashbacks von der schönen Erinnerung an das gemeinsame
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