Fanfic: Stadt der Dämonen

kaum angemessen darum kümmern konnte, und trotz Picks


Beschwörungen erwartete sie nicht wirklich, nach ihrem Studienabschluß


hierher zurückzukehren und darin zu wohnen. Die Grundstücksmakler,


die dies ahnten, begannen bereits, sie zu bedrängen. Haus und Grundstück


lagen an einer hervorragenden Stelle. Wenn sie es verkaufen sollte,


würde sie einen guten Preis dafür bekommen. Mit dem Geld würde sie


einen großen Teil ihrer Ausgaben für Training und Wettkämpfe bestreiten


können. Im Augenblick war der Immobilienmarkt sehr stark, ideal, um


zu verkaufen. War dies nicht die richtige Zeit, um zu handeln?




Sie hatte im Verlauf des Sommers mehrere Anfragen erhalten, und in


der letzten Woche hatte Allen Kruppert von der ERA Realty angerufen,


um ihr ein so unglaublich hohes Angebot zu unterbreiten, daß sie zugestimmt


hatte, darüber nachzudenken. Sie hatte am Freitag nach dem Unterricht


ihr Leichtathletik-Training ausfallen lassen, um herzukommen und sich


am Samstag morgen mit Allen treffen und die Papiere durchgehen zu


können. Allen war ein rundlicher, jovialer junger Mann, den sie bei


verschiedenen Gelegenheiten auf Kirchen-Picknicks getroffen hatte,


und er beeindruckte sie damit, daß er sie niemals zu irgend etwas


drängte, was das Haus betraf. Statt dessen schien es ihm zu genügen,


ihr seine Angebote zu unterbreiten und sie ansonsten in Ruhe zu lassen.


Das Haus war nicht zum Verkauf angeboten, aber falls sie sich dazu


entschließen sollte, würde sie mit ziemlicher Sicherheit ihm den Auftrag


dazu geben. Die Papiere, die er bei seiner letzten Offerte mitgebracht


hatte, lagen auf dem Küchentisch, wo sie sie am vergangenen Abend


liegengelassen hatte. Der Kaufwillige hatte sie bereits unterschrieben.


Die Finanzierung war gesichert. Es fehlte nur noch ihre Unterschrift,


um den Handel perfekt zu machen.




Sie legte die Papiere beiseite und setzte sich, um eine Schale Müsli


mit Orangensaft zu essen und einen Kaffee zu trinken. Das krause Haar


klebte ihr noch immer feucht am Gesicht, als goldenes Licht durch


die Fenstervorhänge drang und die Sonne hinter den Bäumen aufging.




Falls sie unterzeichnete, wären damit ihre finanziellen Sorgen für


die nähere Zukunft beseitigt.




Pick würde natürlich einen Herzanfall bekommen. Was keine sonderlich


gute Sache war, wenn man bereits hundertfünfzig Jahre alt war.




Sie war gerade mit dem Müsli fertig, als sie ein Klopfen an der Hintertür


hörte. Sie runzelte die Stirn; es war gerade erst acht Uhr morgens


- nicht die Zeit, in der man normalerweise Besuche machte. Außerdem


benutzte niemand jemals die Hintertür, außer …




Sie ging von der Küche durch den Flur zur Veranda. Eine schattenhafte


Gestalt lehnte sich gegen die Fliegentür und versuchte hindurchzusehen.


Das konnte doch nicht sein, oder? Aber als sie näher trat, um die


Tür zu öffnen, sah sie bereits, daß es tatsächlich so war.




»Hey, Nest«, sagte Robert Heppler.




Er stand da, hatte die Hände tief in die Taschen seiner Jeans gegraben


und pochte mit einem seiner ausgetretenen Tennisschuhe nervös gegen


die Türschwelle. »Bittest du mich jetzt rein, oder nicht?« Er warf


ihr sein typisches, überhebliches Grinsen zu und schüttelte sich das


schulterlange, blonde Haar aus dem Gesicht.




Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Was machst du überhaupt hier?«




»Meinst du im Sinne von ›hier um acht Uhr in der Früh‹ oder eher ›hier


in Hopewell, statt in Palo Alto‹? Du fragst dich, ob man mich von


der Uni geschmissen hat, richtig?«




»Und, hat man?«




»Ne, Stanford braucht mich, um die Durchschnittsnoten hoch genug zu


halten, um damit andere, ebenso brillante Studenten anzulocken. Ich


war gerade in der Nähe und dachte, ich komm mal vorbei, um ein bißchen


über alte Zeiten zu scherzen und vielleicht auch nachzusehen, ob du


gerade auf der Suche nach einem Freund bist.« Er redete schnell und


locker, um sein Selbstvertrauen nicht zu verlieren. Er blickte an


ihr vorbei zur Küche. »Rieche ich da Kaffee? Du bist doch oder, alleine?


Ich meine, ich störe doch nicht bei irgend etwas?«




»Meine Güte, Robert, du bist so ein Esel.« Sie seufzte und trat zurück.


»Komm rein.«




Sie winkte ihm, ihr zu folgen, und führte ihn den Flur entlang. Die


Fliegentür knallte hinter ihnen zu, und sie zuckte zusammen, als sie


daran erinnert wurde, wie sehr Granny es gehaßt hatte, wenn sie das


tat.




»Also, was machst du wirklich hier?« hakte sie nach, während sie vage


in Richtung des Küchentisches deutete und nach einer Tasse und der


Kaffeekanne griff. Der Kaffee dampfte in der Morgenluft, als sie ihn


einschenkte.




Er zuckte mit den Achseln und warf ihr einen verstohlenen Blick zu.


»Ich habe deinen Wagen gesehen, wußte daher, daß du hier bist, und


dachte, ich sollte Hallo sagen. Ich weiß, daß es sehr früh ist, aber


ich fürchtete, ich würde dich verpassen.«




Sie reichte ihm den Kaffee und bedeutete ihm, sich zu setzen, aber


er blieb stehen. »Ich habe darauf gewartet, von dir zu hören«, sagte


sie mit Nachdruck.




»Du kennst mich, ich überstürze Sachen nicht gern.« Er sah schnell


weg, da er ihrem festen Blick nicht standhalten konnte. Er nippte


vorsichtig an seiner Tasse und verzog dann das Gesicht. »Was ist das


denn für Zeug?«




Nest verlor die Geduld. »Also, was nun? Bist du nur hergekommen, um


mich zu beleidigen, oder brauchst du etwas, oder bist du nur wieder


einsam?«




Er blickte sie an, wie ein getretener Welpe. »Nichts von alledem.«


Er schaute hinunter auf die Immobilien-Papiere, die neben ihm auf


der Anrichte lagen, und blickte dann wieder zu ihr hoch. »Ich wollte


dich einfach nur sehen. Ich habe dich den ganzen Sommer über nicht


gesehen, während du über Stock und Stein und die Aschenbahn gerannt


bist.«




»Robert, fang nicht …«




»Schon gut, ich weiß, ich weiß. Aber es stimmt. Ich habe dich seit


der Beerdigung deines Großvaters nicht mehr gesehen.«




»Und was meinst du, wessen Schuld das ist?«




Er schob die Brille weiter die Nase hinauf und verzog den Mund. »Okay,


schon gut. Es ist meine Schuld. Ich habe dich nicht gesehen, weil


ich wußte, wie sehr ich es versaut habe.«




»Du warst ein Idiot, Robert.«




Er zuckte zusammen, als hätte sie ihn geschlagen. »Ich habe mir nichts


dabei gedacht.«




»Das hast du nicht?« Langsam stieg ihr die Röte den Hals hinauf und


in die Wangen. »Der Trauergottesdienst für meinen Großvater war kaum


vorbei, und da fängst du an, mich zu begrapschen. Ich weiß nicht,


was das alles sollte, aber ich fand es überhaupt nicht lustig.«




Er schüttelte heftig den Kopf.»Ich habe nicht wirklich versucht, dich


zu begrapschen.«




»Doch, das hast du. Genau das. Weißt du, du hättest besser daran getan,


dazubleiben und dich zu entschuldigen, statt davonzulaufen.«




Sein Lachen klang gezwungen. »Ich bin um mein Leben gerannt. Du hast


mir fast den Kopf abgerissen.«




Sie schaute ihn an und wartete. Sie wußte, was er für sie empfand,


was er schon immer für sie empfunden hatte. Ihr war klar, daß dies


hier schwer für ihn war, und sie machte es ihm nicht leichter. Aber


sein fehlgeleiteter Versuch, eine Beziehung mit ihr zu beginnen, war


absolut einseitig, und sie mußte es jetzt stoppen, oder das, was von


ihrer Freundschaft noch übriggeblieben war, würde völlig den Bach


runtergehen.




Er holte tief Luft. »Ich habe einen großen Fehler gemacht, und es tut


mir leid. Ich schätze, ich dachte, du bräuchtest … daß du jemanden


zum … Na gut, ich habe überhaupt nichts gedacht, das ist alles.« Er


strich sich nervös das lange Haar zurück. »Ich bin nicht so gut bei


diesen Dingen, und du, na ja, weißt, was ich fühle …« Er brach ab


und schaute auf seine Schuhe hinunter. »Es war dumm. Es tut mir wirklich


leid.«




Sie sagte nichts und ließ ihn noch ein wenig zappeln. Nach einer Minute


schaute er zu ihr hoch und blickte ihr zum ersten Mal direkt in die


Augen. »Ich weiß nicht, was ich noch sagen soll, Nest. Es tut mir


leid. Sind wir noch Freunde?«




Obwohl er größer geworden war und breitere Schultern bekommen hatte,


sah er für sie immer noch wie vierzehn aus. Er hatte in Ausdruck und


Stimme etwas von einem kleinen Jungen, das er, wie sie annahm, niemals


ganz ablegen würde.




»Sind wir?« hakte er nach.
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