Fanfic: More than Brothers

Großteil seiner Freunde schon
anwesend war. Waren sie alle gestern Nacht gekommen? Das war gut möglich,
schließlich war er gestern sehr früh ins Bett gegangen. Aber sollten sie erst
nicht heute kommen. Yoh dachte erst einmal nicht weiter darüber nach, warum
seine Freunde einen Tag früher angekommen waren als erwartet. Er registrierte
die kleine braunhaarige Gestalt, die sich darüber aufregte, das die Plätzchen
nicht auf seiner Höhe standen.
Yoh grinste. Manta würde sich auch in hundert Jahren nicht ändern.

"Hey, Schlafmütze? Auch endlich wach?", ertönte nun eine andere Stimme von
weiter hinten. Der junge Schamane drehte sich dorthin, wo er den Besitzer der
Stimme vermutete und tatsächlich: HoroHoro saß im Schneidersitz auf dem Fußboden
und mampfte sein Frühstück in sich hinein. Mit dem freien Arm gestikulierte er
wild in der Luft herum, den anderen brauchte er dazu seinen Teller zu halten.

"HoroHoro!", rief Yoh nun erfreut aus und stürmte mit ehrlicher Begeisterung auf
seinen alten Freund zu. Scheinbar waren sie alle gestern Nacht gekommen. "Wie
geht's? Seit wann seit da?"

"Prächtig geht's mir, Kumpel. Wir sind gestern Nacht gekommen. Zusammen mit
Manta, deiner Familie und Faust." Der Satz wurde mit einem großen Grinsen
begleitet.

"Wie? Ihr seid alle zusammengekommen? Wann?"

"Och, recht spät. Wir wollten dich nicht aufwecken."

Mit dieser Auskunft schien sich der Asakura zufrieden zu geben und stürmte nun
auf Manta zu um diesen zu begrüßen. Was der allerdings nicht wusste, war, dass
sie gar nicht so spät in Tokio angekommen waren, wie Horohoro eben behauptet
hatte, und dass dieser selbst wollte schon hoch rennen um seinen Freund zu
wecken, als Amidamaru ihn davon abgehalten hatte. Es hatte ihn sehr verwundert
warum er Yoh in Ruhe lassen sollte. Anna hatte ihn, die Asakuras, Faust und
Manta über Yohs Depressionen aufgeklärt. Besonders Yohs Familie war darüber sehr
besorgt gewesen, denn auch sie hatten nichts davon gewusst.

Yohs Mutter hatte sich sogleich schwere Vorwürfe gemacht, als Amidamaru zu
Sprache gebracht hatte, dass es vermutlich an der fehlenden Familie liegt. Sie
waren alle, mehr oder weniger, geschockt gewesen. Sie hatten nicht vermutet,
dass der junge Asakura so empfindlich war.

Nun schien erst einmal alles in Ordnung zu sein, doch sie wussten nicht wie viel
Yoh versteckte. Horohoro seufzte leicht als er den letzten Bissen seines
Frühstücks hinunterschluckte. Sein Blick fiel auf Ren, der an der
gegenüberliegenden Wand lehnte und Yoh dabei beobachtete, wie dieser mit seinem
Verwandten Silver (1) herumtollte. Sie warfen sich beide einen Blick zu und Ren
durchquerte den Raum, lies sich neben dem Blauhaarigen fallen. Scheinbar das
Geschirr des Frühstücks, dass inzwischen jeder zu sich genommen hatte,
wegräumend unterhielten sie sich leise.

"Du warst doch die ganze Zeit bei Yoh, wie geht's es ihm wirklich? Er sieht doch
ganz normal aus", versuchte Horohoro seine eignen Sorgen zu zerstreuen, aber Ren
machte sogleich wieder seine Hoffnungen zunichte.

"Nein", meinte der Chinese, "du hast Yoh nicht erlebt. Sicher wirkte auf den
ersten Blick alles normal, aber irgendwann ist es uns allen aufgefallen. Er
redet und isst weniger. Aber was das Schlimmste ist..."

"Was, was ist das Schlimmste?"

"Kein einziges Mal in der ganzen Zeit habe ich Yohs typisches Lächeln gesehen.
Was er über die Lippen bringt ist nicht mehr als ein verziehen der
Gesichtsmuskeln. Was glaubst du wie lange ich schon auf seine Worte ,es wird
schon irgendwie werden' warte? Hinzukommt das er es nicht einmal mehr es
abschreitet, dass es ihm schlecht geht, doch auch wiederum will er sich nicht
helfen lassen."

Ren senkte betrübt seinen Kopf. Horohoro stellte das Geschirr ab und zog den
Schwarzhaarigen in eine liebevolle Umarmung. Im Gegensatz zu Ren, sah er das
nicht so verbissen. Sicher, er machte sich auch Sorgen um Yoh, aber wenn dieser
nicht reden wollte, dann würden sie warten müssen, bis er dazu bereit war seine
Sorgen mit seinen Freunden zu teilen.

"Wir werden ihm schon irgendwie helfen können, Ren. Es wird schon irgendwie
werden", meinte Horohoro liebevoll zu Ren und zog diesen fester an sich, der
seine Umarmung erwiderte. Bis sie sich irgendwann scheu küssten.

*

Mehrere Stunden später lief eine große Gruppe von Menschen durch einen tiefen
Wald, einen Weihnachtsbaum suchend. Es war Tradition bei den Asakuras den Baum
für das Fest erst am entsprechenden Tag zu suchen und zu fällen. Sie suchend
sich immer einen noch nicht zu alten oder auch noch keinen zu jungen Baum aus,
die Gesetze der Natur achtend. Sie waren schließlich alle Schamanen.

Die feierten Weihnachten dann schon ein bisschen anders. Zum Beispiel wurde das
Holz nach den Feiertagen zum Heizen benutzt, damit der Baum nicht umsonst
gefällt worden war. Auch pflanzten sie jedes Mal einen neuen Baum, als Dank.

Mikihisa und Silver liefen voran, befanden sich an der Spitze der Truppe und
schienen in bester Weihnachtslaune zu sein. Gleich danach kamen Anna, Horohoro
und Ren, wobei die beiden Jungen auffällig nah beieinander standen. Wer genau
hinsah konnte sogar sehen, dass ihr Hände ineinander verflochten waren. Ryu und
Tamao alberten miteinander rum, dass sich aber ziemlich lustig anhörte, da das
junge Mädchen immer noch nicht richtig japanisch konnte. (2)
Etwas weiter dahinter sah man wie Faust spaßeshalber Manta hinterher jagte um
dessen Körper sezieren zu können, so wie er es bei ihrem ersten Treffen getan
hatte. Natürlich Manta nicht so recht wusste, ob es der Arzt ernst meinte,
rannte der kleine Junge um sich Leben, doch helfen tat ihm keiner. Erst als Yohs
Mutter Keiko einschritt konnte Manta wieder aufatmen und Faust kehrte zu seiner
Elisa zurück.

Jeder war in so guter Festlaune, dass sie nicht recht bemerkten, dass Yoh etwas
weiter zurück geblieben war. Der Braunhaarige hatte seine Hände in den Taschen
vergraben und stampfte durch den Schnee, seinen Freunden und seiner Familie
hinterher. Der Schnee knirschte unter seinen Schuhen und die kalte Luft umgab
ihn wie einen Mantel. Weiße Wolken bildete sein Atem, wenn er den Sauerstoff aus
seinen Lungen pumpte und wieder einzog.
Er hatte sich gesagt, dass er sich zumindest heute seinen Freuden anschließen
wollte, doch es war ihm nicht verborgen geblieben, dass er so ziemlich der
einzige war, der sich nicht in verliebter Stimmung befand. Von Faust und Elisa
brauchte man gar nicht erst reden, von seinen Eltern ganz zu schweigen. Selbst
Paare, die sich sonst immer nur auf 5 Meter näherten schien die
Weihnachtsstimmung auskosten zu wollen. Siehe Ren und Horohoro.

Es wunderte den jungen Asakura nicht, dass sie seine beiden besten Freunde
zusammengekommen waren, wie auch immer man diese Beziehung nennen mochte.
Schließlich waren sie seit jeher aufeinander fixiert gewesen. Auch machte es ihm
nichts aus, das sie beide Jungen waren, eher im Gegenteil, Schamanen schien eine
recht große Toleranzschwelle zu haben.

Nur für einen galt diese Toleranz nicht. Nur für einen.
Yoh merkte wie seine Stimmung immer weiter in den Keller sank, doch auch wenn er
wusste, dass er es nicht tun sollte, so konnte ihm keiner verbieten an dem Tag
dem Fest der Liebe an seinen Liebsten zu denken. Sein Liebster. Das hörte sich
schön an. Doch es würde niemals wahr werden. Nie.
Denn Hao war tot. Er selbst hatte ihn getötet. So musste es sein, denn obwohl
Yoh keinen Beweis dafür hatte, so glaubte er, dass sein Bruder sich melden
würde, wenn er noch leben würde. Er würde ihn nicht so allein hier in der Kälte
stehen lassen. Schließlich war er Hao nicht ganz unwichtig.

Was in dessen Sichtweise schon fast einer Liebeserklärung gleichkam, denn um wen
hatte sich der Asakura schon je gekümmert? Um fast niemanden, immer nur um sich
selbst und um sein Ziel. Davon waren alle überzeugt, doch er wusste es besser.
Yoh wusste in den Handlungen seines Zwillingsbruders zu lesen, dass war einer
seiner Gaben, von denen aber niemand eine Ahnung hatte. Ja, vielleicht nicht
einmal Hao selbst, da es zu seiner Natur gehörte. Der Brauhaarige stellte fest,
dass sich die anderen allmählich entfernten und legte einen Schritt zu um sich
nicht aus den Augen zu verlieren.

Ja, vermutlich hatte Hao nie etwas davon gewusst, dass er ein Emphat war. Er
konnte die Gefühle anderer spüren, etwas was ihm schon oft geholfen hatte. Im
Kampf gegen Ren oder Lyserg zum Beispiel. Auch so war es einfacher zu wissen,
wie die anderen dazu standen. Sie konnten ihn nicht anlügen und so hatte Yoh
auch immer gewusst, dass er sich auf seine Freunde verlassen konnte. Zwar gab es
natürlich auch Schattenseiten seiner Gabe. Es war eine große Verantwortung von
jemand anders die geheimsten Gefühle zu wissen, die derjenige vielleicht selber
noch nicht kannte.

Zwei Dinge hingen an seiner Gabe noch fest, die er nicht richtig begreifen
konnte. Einmal war es Hao und das andere was er nicht verstand war Liebe. Er
wusste was Freundschaft war. Er wusste was Treue, Vertrauen und Zugehörigkeit
war. Aber Liebe? Er konnte es nicht richtig deuten, selbst mit seinen
emphatischen Fähigkeiten nicht. Oder war es gerade wegen seiner emphatischen
Veranlagung? Wurde er so mit Gefühlen anderer bombardiert, dass er nicht mehr
wusste, welche Gefühle ihm gehörten und welche einem anderen? Oder konnte man
Liebe nicht als ein Gefühl festlegen?
Yoh wusste keine Antwort darauf. Keine richtige, denn er hatte keine Erfahrungen
damit gemacht. Er wusste nicht was es hieß jemanden zu lieben, der seine Liebe
auch erwiderte.

Womit er wieder bei Hao wäre. Schon als er ihn das erste Mal auf dem Flugplatz
sah, wo das Schamanen Turnier beginnen sollte, war er von ihm fasziniert von ihm
gewesen.
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