Fanfic: More than Brothers

Sein Bruder hatte sich zu dem Zeitpunkt mit ,König Hao' vorgestellt und
Yoh war so sehr verwirrt von dessen Präsens gewesen, dass er nicht richtig
mitbekommen hatte, was sein Bruder fühlte. Es hatte einige Zeit und somit auch
Treffen gedauert, was ihm an Hao so seltsam vorkam. Es war nicht die Macht, die
er ausstrahlte, dass nicht, sondern es waren die Gefühle Haos gewesen. Oder um
es korrekt zu sagen, die fehlenden Gefühle Haos.

Er war nicht gefühlskalt gewesen, so wie einige andere, denen er schon begegnet
war und die jedes Mal eine Prüfung für ihn darstellten. In Haos Herzen befand
sich kein zerfressender Hass, kein Ärger, kein Zorn, der ihn blind machte. Es
war eine Gefühlsruhe gewesen, deren Regungen er nicht hatte deuten können. Egal
ob Hao mit seinem Vater, Silver oder irgendwen anderes kämpfte. Da waren keine
negativen Gefühle. Aber da war auch keine Liebe. Da war einfach nichts. Gähnende
Leere. So gut wie.
Nur wenn Hao ihn direkt angesehen hatte oder nahe bei ihm gestanden war, so
hatte er ein paar Gefühlswellen wahrnehmen können, doch dann scheiterte er an
deren Bedeutung. Diese Gefühle richteten sich immer nur an ihn.
An ihn selbst und nicht was mit seinen Fähigkeiten zu tun hatte. Aber irgendwie
musste er für Hao mehr gewesen als nur die Quelle zur Macht. Als er damals in
Haos Seele gefangen war, hatte er sie am deutlichsten gespürt. Er war seinem
Bruder nicht egal. Ganz und gar nicht, aber Yoh hatte die seine eigne Stellung
bei Hao nicht sehen können. Etwas das ihn betrübte. Er wusste nicht mehr, wann
er sich in Hao verliebt hatte. Er wusste auch nicht mehr, wann ich das bewusst
geworden war, aber Yoh meinte das Gefühl zu haben seinen Bruder schon ewig zu
lieben.

Er konnte nicht ohne Hao existieren. Hao war sein Lebensinhalt gewesen. Davor,
bevor der Schamanenkampf begann, hatte er nie bestimmen können, warum er auf
dieser Welt weilte. Er konnte es nicht sagen, denn ihm fehlte etwas. Etwas, dass
ihn vollständig machte. Es war wie...wie was? Yoh spürte wie leise Tränen über
seine Wangen liefen. Vergessen waren seine Freunde, die sich just in dem Moment
daran machten den Weihnachtsbaum zu fällen. Vergessen war der Vorsatz endlich
aus diesen verdammten Depressionen herauszukommen.

Der junge Schamane ließ die Tränen einfach nur laufen und es dauerte nicht lange
bis sein gesamter Körper von Schluchzern förmlich zerrissen wurde. Warum konnte
er Hao nicht lieben? Warum hatte er in der Zeit, wo Hao bei ihm gewesen war,
nicht erkannt wie wichtig sein Bruder für ihn war? Warum hatte er die
Botschaften seines Bruders nicht verstanden? Hao hatte IHN gewollt, nicht das,
was in ihm schlummerte. Hao hatte nicht sein Furyoku haben wollen, sondern IHN.
Ihn selbst. Ihn, Yoh. Das war das einzige, was er aus Haos Gefühlen hatte
herauslesen können. Aber wofür? Warum hatte er ihn bei sich haben wollen? War er
ihm wichtig gewesen?

Langsam ließ sich Yoh in den Schnee sinken und schlang die arme um seine Beine.
Er sah den fallenden Flocken zu, die immer mehr wurden und gleichmäßig wie
langsam vom grauen Himmel fielen. Die Tränen liefen immer noch, doch durch die
eisige Kälte, die im Laufe des kommenden Nachmittags hereingebrochen war, waren
die Tränenspuren gefroren. Yoh merkte nicht, wie er langsam aber sicher
zuschneite. Sein Haar war schon ganz weiß, ebenso wie seine Kleidung. Ihm war
kalt, seine Haut nass und er fror erbärmlich, doch es kümmerte den jungen
Schamanen nicht.

Wenn er hier sterben würde, dann sollte es so sein. dann würde er endlich wieder
bei seinem Bruder sein. Auch wenn das bedeutete sterben und seine Familie
zurücklassen zu müssen. Ob sie ihm böse wären? Vermutlich. Er löschte sein
Furyoku, damit seine Freunde ihn nicht vorzeitig fanden. Er wollte endlich zu
Hao. Zu seinem Hao.
Er spürte wie sein Körper immer schwächer wurde, wie die Kälte seine Kraft
auffraß.

Nach weiteren 15 Minuten war Yoh sich sicher. Allein würde er es nicht mehr nach
Hause schaffen. Jetzt war es sicher, er würde sterben. Ein leichtes Lächeln
glitt über Yohs Lippen. Das erste Ehrliche seit langem. Nun würde er endlich zu
seinem Bruder gehen können. Ein Mörder wie er hatte es sowieso nicht verdient zu
leben. Wer gab sich schon gerne mit jemanden ab, der seinen eignen Bruder
getötet hatte? Noch dazu, dass es die Person war, die man am meisten liebte?
Nein, er sollte nicht leben.
Seine Freunde waren ohne ihn besser dran. Irgendwo taten sie ihm ja leid, aber
er wollte und konnte nicht mehr so weiter machen.

Yoh schloss die Augen vor Erschöpfung. Nun gab er auch seine kauernde Position
auf als seine Arme sich von seinen Knien lösten und er seitwärts in den Schnee
fiel. Um ihn herum wurde es immer dunkler (3) und auch der Abendhimmel war
inzwischen nachtschwarz. Es war so schwarz, dass man noch nicht einmal mehr die
Schneewolken sehen konnte. Der inzwischen weißhaarige Schamane war zu einem
Schneehügel geworden. Gerade als Yoh spürte wie die Kälte seinen Körper nun
vollständig zu lähmen begann, fühlte er wie sich jemand ihm mit schnellen
Schritten näherte.

"Yoh!"

Der Angesprochene nahm die Panik in der Stimme nur ganz nah am Rande war. Er
wollte in Ruhe gelassen werden. Wer auch immer es war. Er wollte zu Hao.

"Yoh, komm zu dir! Hörst du mich?"

Yoh konnte nicht bestimmen wer ihn da rief. Die Stimme kam ihm bekannt vor, aber
wer wollte ihn da nicht sterben lassen. Konnte dieser jemand ihn nicht in Ruhe
lassen?

"Lass...will zu Hao."

Das war alles was Yoh noch leise zu Stande brachte.

"Yoh! Yoh, ich bin doch da! Komm zurück! Du kannst doch jetzt nicht sterben.
Nicht wo ich endlich bei dir bin. Yoh!"

Die Stimme klang verzweifelt. Sie hatte einen weichen sanften Klang, aber es war
eindeutig Verzweiflung zu hören. Yoh fühlte durch seine emphatischen Kräfte, wie
etwas versuchte zu ihm durchzudringen. Es war ein sanftes schönes Gefühl. Es war
Angst. Angst um ihn. Sorge um ihn. Das Gefühl war vorherrschend. Doch da waren
auch noch andere Gefühle. Jetzt da sein Körper so geschwächt war konnte er
nahezu alles fühlen, was diese Person betraf.

"Yoh! Lass mich nicht allein!"

Diese Person war besorgt um ihn. Sie war hergekommen um ihn zu sehen. Diese
Person war voller Sehnsucht. Genau wie er. Diese Person wollte sich mit ihm
aussprechen. Sie wollte, dass sie ihm vergab, aber wer war das? Wem sollte er
vergeben.
Yoh versuchte seine Augen zu öffnen. Er fühlte, dass diese Person ihn liebte.
Aber wer? Noch nie hatte jemand solche Gefühle ihm entgegengebracht. Als erstes
bemerkte er, dass ihm lange Haare ins Gesicht fielen. Dann sah er Augen. Braune
Augen.

Augen, die ihn voller Sorge und Sehnsucht ansahen. Irgendetwas in ihm reagierte.
Er kannte diese Augen. Doch so hatten sie ihn noch nie angesehen, da war er sich
sicher. Plötzlich fühlte er Wärme. Diese Augen strahlten Wärme aus. Sie ließen
ihn bis in sein innerstes erzittern und schürten ein Feuer, dass er verloschen
glaubte. Yoh war verwundert. Was war das für ein Gefühl? Warum fühlte er sich so
wohl, wenn er diese Augen sah?

Aber auch etwas anders geschah mit seinem Körper. Yoh fühlte wie er in die Arme
desjenigen, der ihm da so nah war, gezogen wurde und schon ging es ihm viel
besser als vorher. Es war als wenn eine lange Sehnsucht endlich erfüllt wurde.
Nun wurde es rund um ihn herum rot. Rot wie Flammen. Es waren Flammen um ihn
herum. Obwohl er das Gesicht der Person, die ihn hielt nicht richtig erkennen
konnte, so wusste er, dass diese Flammen ihn beschützen. Sie holten ihn ins
Leben zurück. Und diese Flammen stachelten in seinem Inneren etwas an, dass er
nie geglaubt hatte, je fühlen zu können.

Und ja mehr dieses Gefühl anstieg, desto besser konnte er seine Umgebung wieder
wahrnehmen. Dann kam ihm die Erkenntnis. Just in einen Augenblick davor, bevor
er das Gesicht der Person sah, wusste Yoh, wer da endlich zu ihm zurückgekehrt
war.

"Hao...", flüsterte Yoh.

Yoh schlug seine Augen nun vollends auf und sah seinen Bruder an. Dieser schien
überglücklich zu sein, dass Yoh nach unter den Lebenden weilte und fachte das
Feuer um sie herum noch weiter an, damit sein Bruder nicht weiter frieren
musste.

Yoh konnte es im Gegenzug nicht fassen. Das da vor ihm war Hao. Hao, sein
Bruder. Sein Aniki. Die Person, die in dem ganzem Jahr so sehr vermisst hatte.
Die Person für die er bereit gewesen war zu sterben. Yoh schmiegte sich dichter
an seinen Bruder heran um diesen besser fühlen zu können. Langsam hob er seine
Hand und streichelte die Wange seines Bruders. Er konnte nicht sagen, ob es
seine oder ob es Haos Freude war, die er in seinem Innern fühlte.

"Hao...warum?", die Fassungslosigkeit war deutlich in der Stimme Yohs zu hören.

"Warum was?", flüsterte dieser.

Der Ältere konnte es nicht glauben. Yoh. Endlich war er bei Yoh. Zuerst hatte er
solange gebraucht um zu ihm zu kommen, dann war er nicht zu Hause. Als er ihn
dann endlich sah, hätte er diesen schon fast wieder verloren. Seinen Bruder.
Seinen Yoh.
Er kannte niemanden, der ihn ihm diese Gefühle wach rief wie Yoh es tun konnte
und wie Yoh es tat. Allein die Tatsche, dass er sich freute ihn zu sehen. Es war
schon immer so gewesen. Egal was er tat, egal, ob er den Menschen wirklich
helfen wollte, sobald sie seinen Namen hörten, begannen sie sich alle möglichen
Sachen auszudenken, warum er ihnen schaden wollte. Dann schließlich war er es
Leid geworden. Es gab die Menschen, die ihn hassten, die Menschen, die ihn
fürchteten und die Menschen, die seine Macht wollten.

Seit Jahrtausenden hatte ihn man nicht mehr als Mensch angesehen, nur noch als
mordendes Monster. Wie lange war es her, dass ihn jemand einfach nur so ohne
Hass oder Furcht angesehen hatte? Sehr lange. Yoh war der erste gewesen. Der
erste.
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