Fanfic: Wie soll ich dich ansprechen...?
Kapitel: Kapitel VII
Licht flutete das Zelt und kitzelte Arais Gesicht. Schwerfällig öffnete sie die Augen und versuchte sich aufzusetzen. Doch sie spürte zwei Hände an ihren Schultern und wurde wieder nach hinten gedrückt. Sie sah auf die Hände und erkannte schließlich denjenigen zu dem sie gehörten. Ramius stand über sie gebeugt und musterte sie.
„Geht’s dir besser?“, fragte er und setzte sich wieder.
Keine Antwort. Arai hatte den Kopf zur Seite gedreht und schwieg.
„Stur wie immer, also kann es dir nur besser gehen“, meinte Ramius und beugte sich wieder über sie. „Sieh mich wenigstens an.“
Wieder keine Antwort. Wenn sie ihm in die Augen sah, würde das Gleiche passieren wie das letzte mal. Er würde sie hypnotisieren und darauf legte sie keinen Wert. Ramius schien ihre Gedanken bemerkt zu haben, denn er lachte leise und zwang sie schließlich ihn anzusehen.
„Du solltest wissen, dass ich niemals den gleichen Fehler zwei mal mache.“
Arai sah ihn trotzig an. Ramius hatte etwas vor, das merkte man schon an seinem selbstgefälligen Grinsen.
„Was hast du wieder vor?“, fragte sie leise und sah ihn bitter an.
„Etwas Lustiges.“ Ramius war aufgestanden und zum Zelteingang gegangen.
Als er sich zu ihr umdrehte, hatte er ein irres Grinsen aufgesetzt. Scheinbar spielte sich da draußen etwas ab. Arai setzte sich auf und ihr Blick glitt zu einem Spiegel. Als sie zusammenzuckte, lachte Ramius noch lauter.
„Steht dir doch gut“, meinte er gehässig. „Wenn du Zeit hast, kannst du ja nach draußen kommen und dir mein neues Opfer ansehen.“
Er verschwand aus dem Zelt und ließ Arai allein zurück. Diese ging zum Spiegel und sah hinein. Ihre Augen hatten sich verändert. Aus dem dunklen Braun war ein abgrundtiefes Schwarz geworden. Voller Hass, Schmerz und Kälte.
Das kann doch nicht sein.
Sie schloss die Augen, nur um sie wieder zu öffnen und erneut festzustellen, dass sie wieder von diesen schwarzen Perlen angestarrt wurde. Aber gestern waren sie noch anders gewesen, bevor ihr Ramius das Wasser ins Gesicht gespritzt hatte? In Gedanken schüttelte sie den Kopf. Wegen Wasser färbten sich nicht gleich die Augen um. Irgendwas musste passiert sein als sie ohnmächtig gewesen war. Was genau das war, das musste sie noch herausfinden. Unsicher trat sie aus dem Zelt und sah sich um. Die Sonne brannte vom Himmel herab und blendete sie im ersten Moment. Dann hörte sie einen Schrei. Der Schrei eines Mannes.
Arai folgte der Stimme und kam vor einem zweiten Zelt zum Stehen. Als sie eintrat, war es als würde ihr Blut zu Eis erstarren. Ramius und ein andrer, gefährlich aussehender Mann, standen vor einem Gefangenen. Dieser Gefangene sah in eben diesem Moment auf als Arai eingetreten war.
„Sabir“, keuchte sie leise.
„Habe ich zuviel versprochen?“, fragte Ramius und nahm Arais Hand. „Ich dachte mir, ich frage deinen Ziehvater ob es ihm etwas ausmacht, wenn wir heiraten.“
Sabir starrte Arai an. Hass spiegelte sich in seinen Augen wieder und er riss an den Ketten. Sabir war stets ein verdammt stolzer Krieger gewesen. Diese Ketten mussten ihn schier zur Weißglut treiben.
„Mahina...“ Er sah ihr direkt in die Augen und sie hatte Mühe nicht den Blick abzuwenden. „Ich bin enttäuscht von dir.“
Diese Worte sprach er vollkommen ruhig aus. Doch sie trafen Arai härter, als hätte er sie angeschrieen. Diese Kälte und unbeschreibliche Verachtung in seiner Stimme war das schlimmste.
„A-abe-r i-ich...“ Sie geriet ins Stottern und brach beschämt ab.
Ramius lachte fies. Er genoss es, Arai leiden zu sehen.
„Genug jetzt. Talib, bring unsren Gast in sein Gemach.“ Ramius verbeugte sich überschwänglich vor Sabir und lachte.
Talib tat wie ihm geheißen und schleifte den ehemaligen Hauptmann an Arai vorbei. Dieser flüsterte ihr im vorbeigehen etwas zu.
„Du hast nicht nur dich selbst verraten, sondern auch das was dir wichtig ist.“
„Was soll das heißen der Hauptmann ist weg?“ Seth fuhr den Soldaten, der gut einen Kopf größer war als er selber, an.
„Verzeiht, aber er ist verschwunden. Gestern Abend“, meinte der Angesprochene und wurde ein gutes Stück kleiner.
„Was ist denn hier los?“ Atemu war zu den beiden getreten.
„Mein Pharao.“ Seth und der Soldat verbeugten sich gleichzeitig und Seth forderte den Soldaten auf zu erzählen was los war.
Dieser räusperte sich kurz und schien zu überlegen. Seth kommentierte dieses Überlegen mit einem gelangweilten Seufzen.
„Gestern Abend haben wir den Hauptmann das letzte mal gesehen“, begann der Soldat, „seitdem ist er verschwunden. Keiner weiß wo er ist. Aber da sein Haus ziemlich verwüstet war, gehen wir davon aus, dass er nicht freiwillig irgendwo hingegangen ist.“
Atemus Augen hatten sich zu Schlitzen verengt. Er wusste wer da wieder dahinter steckte.
„Wer weiß ich leider nicht, verzeiht, mein Pharao.“ Der Soldat verbeugte sich wieder und ging dann zu seinen Kollegen zurück.
Seth wollte etwas sagen, doch Atemu schüttelte den Kopf.
„Der Hauptmann“, sagte er leise, „hat sich um Arai gekümmert. Er hat sie aufgezogen. Es ist kein Wunder, dass er weg ist. Sie scheint alles vernichten zu wollen, dass sie an ihre Vergangenheit erinnert.“
„Ich glaube, da tut Ihr, ihr unrecht“, meinte Seth und nickte schwach. „Arai hat sich nicht freiwillig von uns abgewandt, ich dachte, dass habt ihr inzwischen verstanden.“
„Seth, nimm’ s mir nicht übel, aber ich habe nicht vor jetzt über dieses Thema zu diskutieren.“ Atemu drehte sich zum Palast um und erblickte zu seiner großen Verbitterung, dass Nefertari ihm schon wieder hinterherlief. „Ich habe ganz andre Probleme.“
Seth drehte sich auch um und nickte.
„Kann ich verstehen“, meinte er leise. „Dann viel Glück. Ich werde mich ein wenig um die Armee kümmern, sonst wird das nie was.“
Er ging und ließ Atemu allein zurück. Doch er war nicht für lange Zeit allein, denn Nefertari hatte ihn erreicht und war ihm um den Hals gefallen.
„Ich habe das Gefühl, dass du mir ausweichst“, flüsterte sie leise in sein Ohr.
Wenn du wüsstest wie recht du damit hast, murmelte Atemu in Gedanken und befreite sich aus der Umklammerung.
„Ich habe einfach viel zu tun, weißt du?“
„Soviel, dass du keine Zeit für deine Zukünftige hast?“
„Leider ja.“
„Glaube ich dir nicht.“ Sie klammerte sich wieder an ihn und wartete. „Du bekommst mich nur auf eine Art wieder von dir runter.“
„Und die wäre?“ Mit ihrer Umklammerung drückte sie ihm beinahe schon die Luft ab und er war bereit alles zu tun, solang sie ihn dann wieder los ließ.
Nefertari nahm das als Aufforderung auf und presste ihre Lippen auf seine. Atemu war so überrascht, dass er im ersten Moment nicht reagierte und sie einfach machen ließ. Doch plötzlich realisierte er, was sie da tat und zog sie diesmal mit ein wenig mehr Gewalt von sich.
„Bitte, für so etwas habe ich im Moment keine Zeit.“
„Aber Atemu!“, protestierte Nefertari und war drauf und dran sich noch ein drittes Mal an ihn zu hängen, aber Atemu wich aus und schüttelte wieder den Kopf.
„Wenn wir den Kampf gewonnen haben der uns bevorsteht. Bis dahin müssen wir alle aufpassen und Augen und Ohren offen halten.“
Nefertari schnaubte und seufzte.
„Mein Vater hatte also Recht als er sagte, dass du ein ziemlicher Feigling bist. Wovor hast du Angst? Vor diesem Haufen an Dieben da draußen?“
„Nein, vor denen nicht.“ Er lachte bitter und drehte sich wieder zu ihr um. „Sagen wir so, sie haben ein oder zwei Personen, denen ich lieber nicht gegenübertreten würde.“
„Deine gesamte Armee steht gegen die beiden und du hast immer noch Zweifel? Du bist wirklich schwach. So habe ich mir meinen Mann nicht vorgestellt.“
„Gleichfalls“, murmelte Atemu leise und machte sich auf den Weg zum Trainingsplatz.
Nefertari blieb zurück. Die Wut war ihr ins Gesicht geschrieben. Diesen Feigling würde sie nicht heiraten. So weit käme es noch. Bevor sie ihn heiraten würde, würde sie freiwillig auf alle Diener verzichten. Seufzend ging sie zurück in den Palast.
Unsereins muss doch wirklich die größten Opfer bringen, dachte sie.
Inzwischen hatte Atemu Seth gefunden. Dieser ließ die Soldaten gerade Probekämpfe durchführen.
„Mein Pharao.“ Seth nickte ihm zu. „Wie ich sehe, seid Ihr sie losgeworden.“
Er grinste schief und musterte Atemu.
„Ja, zum Glück“, konterte dieser lakonisch und sah zu den Soldaten. „Wie sieht es aus?“
„Sie sind fit, aber-“
„- du rechnest unsre Chancen als ziemlich gering ein“, vollendete Atemu den Satz. „Glaub mir, mir geht es genauso. Wir beide wissen wozu Arai fähig ist, aber Ramius ist uns noch so gut wie unbekannt. Natürlich, gesehen haben wir was er anrichten kann, aber wirklich kämpfen haben wir ihn nicht gesehen.“
Kopfschüttelnd brach der Pharao ab und sah zu Seth. Dieser hatte ihm nur stillschweigend zugehört und hin und wieder genickt.
„Wir müssen abwarten“, meinte der Priester leise, „vielleicht schafft es der Hauptmann zu fliehen. Dann kann er uns vielleicht sagen, wie viele Gegner auf uns warten.“
Atemu lachte leise und bitter.
„Wenn Ramius nicht will, dass jemand flieht, dann kann es auch keiner.“
„Aber-“
„Es ist leider so“, unterbrach ihn Atemu. „Wir haben doch ein Beispiel dafür, oder?“
Seth schwieg. Dieses Thema beschäftigte den Pharao wirklich und er und der Rest der Priester konnten nichts dagegen tun. Nichts was sie sagten, würde etwas daran ändern, absolut nichts.
Schweigend standen nun beide vor der Armee aus Soldaten, Bauern und Stadtbewohner. Ob sie diese Schlacht gewinnen konnten, stand in den Sternen.
Es dämmerte bereits, als Arai endlich ihre Starre überwunden hatte. Sie hatte in dem Zelt gesessen und immer wieder waren ihr Sabirs Worte durch den Kopf gegangen. Immer wieder hatte sie seine Augen vor sich gehabt. Alles schien sich zu