Fanfic: Heute ist nicht mein Tag
mulmige Gefühl, dass die Hand auf mich zukommen würde
zu einem warmen, rückenstärkenden Händedruck, also wappnete ich mich,
hielt meine bereit. Er stopfte seine in die Tasche.
»Und was ist mit der Marie?«
Ich blinzelte. »Wie bitte?«
»Die Kohle, das Geld.«
»Ich komm nicht ganz mit, Mac.«
»Also, ich will ja nicht herzlos sein, aber das hier kostet `ne Menge
Holz, und wenn er die Fliege gemacht hat und wir mit der Arbeit fortfahren
wie geplant, müssen wir wissen, ob wir am Ende bezahlt werden. Dass
alles geregelt is.« Er zog eine Augenbraue hoch und lächelte fragend.
»Verstehen Sie, was ich meine?«
»Ich weiß genau, was Sie meinen, Mac«, sagte ich schnell, »und ich
verstehe eure Bedenken, aber glaubt mir, in der Hinsicht braucht ihr
keine Sorgen zu haben. Mein Mann mag sich ja körperlich verflüchtigt
haben, aber finanziell bin ich okay. Riesige und schuldbewusste Beiträge
werden regelmäßig in die Privatschatulle einbezahlt - was zweifellos
sein Gewissen beruhigt -, also ist Geld kein Problem. Ihr werdet bezahlt
werden.«
»Am Ende je…«
»Am Ende jeder Arbeitswoche.«
»Wie immer?«
»Wie immer, auf die für beide Seiten akzeptable Art, gefaltetes Bares
in einem großen, braunen Umschlag. Ja, Mac, alles wie geplant.«
Mac schürzte nachdenklich die Lippen. Dann lächelte er. Es war eine
langsame Erleuchtung. Er wandte sich an sein Arbeitsteam.
»Na, ich denke, dann können wir sagen, dass es in Ordnung ist, was,
Jungs?« Er hob den Blick zu seinem viel größeren älteren Bruder, der
zwar auf der vertikalen Leiter etwas höher stand, aber auf der evolutionären
wesentlich tiefer, da, wo die Denkprozesse stattfanden.
»Sie meint«, sagte er schließlich, mit einem blitzenden Glas- und einem
verwirrt schimmernden Auge, »sie meint, wir wern so nicht bezahlt,
was?«
»Nein, du Penner, wir werden bezahlt, das hat se gesagt!«
»Hat se? Oh. O ja. Ja, dann isses ja gut.« Er kratzte sich den Kopf,
immer noch rätselnd.
Mac nickte. »Zorba?«
»Ich würde für nix für Sie arbeiten«, zischte der junge Grieche voller
Inbrunst. »Ich finden als Beleidigung, gefragt zu werden. Bei meiner
Ehre, ich würde den Job mit meinem letzten Luft fertig machen. Ich
verfluche Mr. McFarllen, der Sie das angetan hat. Ich spucken auf
das Grab seiner Mutter und Grab von seiner Großmutter und dann spucke
ich«, er demonstrierte es mit einem Spuckestrahl auf den Beton, »auf
sein` Unterleib. Möge er wund und voller Blasen sein, mögen seine
Hämorrhoiden wie Trauben hängen, möge sein Hintern spritzen wie der
eines Esels, möge…«
»Oh, danke, Spiro«, unterbrach ich ihn atemlos. »Sie sind eine große
Unterstützung! Mit so viel Elan!« Gütiger Gott, wenn ich ihn jetzt
nicht mitten im Fluchen unterbrach, würde er sich demnächst im Kamikaze-Stil
auf seinem Klempnerwerkzeug aufspießen.
Er packte meinen Arm und brachte sein Gesicht ganz dicht an meines.
»Ich möchte, dass Sie wissen, dass ich in Schweiß und Blut für Sie
arbeiten werden, Missis McFarllen. Aber der«, er verzog verächtlich
den Mund, und ich versuchte, nicht zusammenzuzucken, als ich seine
Koteletten spürte, »pericolor testatotis!«, schloss er mit Nachdruck.
»Ja, genau«, murmelte ich und wich zurück. »Ähm, danke, Spiro.«
Während ich mir unauffällig etwas Spucke vom Gesicht wischte, fragte
ich mich, worum zum Teufel es da ging. Ich war mir aber ziemlich sicher,
dass das mit diesem »Testatotis« nicht sonderlich höflich war. Der
junge Spiro war bodenständig direkt, und erst neulich hatte er mir
angeboten, mir seinen kleinen Steifi zu zeigen. Das hatte mir gar
nicht gefallen, aber weil ich zu höflich war, nein zu sagen, schickte
ich mich gerade an, elegant in Ohnmacht zu fallen, als mir klar wurde,
dass er ein zerknittertes Foto aus seiner Jeanstasche holte. Steifi,
wie sich herausstellte, war die Abkürzung für Stiffano, seinen sechs
Monate alten Sohn, mit Mandelaugen und bezaubernd - zumindest dachte
ich das, so erleichtert war ich, ihn zu sehen. Ich seufzte, der Gedanke
drängte sich auf, dass ein bisschen mehr Ehre und Unterleibspucken
der englischen Arbeiterklasse nicht schaden könnte.
»Na, dann machen wir uns mal wieder dran, was, Missis?«, sagte Mac
gütig, als läse er meine Gedanken. »Wieder an die Arbeit gehen, was?«
»Bitte, Mac.« Ich lächelte dankbar, aber ich wusste auch, dass dies
mein Stichwort zum Abgang war. Nachdem die delikate Angelegenheit
des Geldes »geregelt« war, war das Interview beendet, was Mac betraf.
Keine Sorge, solange sie alle bezahlt würden.
Als ich sie ihrem Schicksal überließ und aus der Küche gehen wollte,
konnte ich nicht widerstehen, drehte mich noch einmal um und beobachtete
sie unbemerkt. »Sich wieder dran machen«, hieß bei Mac, dass die morgendliche
Arbeit zu Ende war und das Mittagsritual eingeleitet wurde. Um fünf
nach zwölf war es die Mühe nicht mehr wert, noch einmal das Werkzeug
zur Hand zu nehmen, und außerdem musste ja der Tisch gedeckt werden.
Zu diesem Behufe tapste Alf über den Beton auf der Suche nach einem
Milchträger, um den sie sich versammeln konnten, und verschiedenen
Schachteln, auf die sie sich setzen konnten. Er trug die ›Möbel‹ schwerfällig
zusammen, immer mit einem leichten Linksdrall, verfolgt vom Rest seines
Körpers, und stellte sie schmuck mitten im Raum auf, mit vor Konzentration
verkniffenem Mund.
Inzwischen kümmerte sich Mac, blass, sehnig und für das schwüle Wetter
lediglich mit Weste bekleidet, die haarlosen marmorweißen Beine in
marineblaue Shorts gehüllt - keiner hätte je geahnt, dass sich dahinter
ein wahres Kraftwerk verbarg -, um die hausfraulichere Seite der Dinge.
Er bückte sich, um die schmutzigen Tassen vom Boden aufzuheben, griff
auch nach der Pilsbüchse, die als Zuckerdose diente, und steckte ein
paar zuckerverkrustete Löffel hinein. Dann ließ er die Milch in ihrem
verkästen Tetrapak kreisen, bevor er den Wasserkocher einsteckte und
sich anschickte, »Mum« zu spielen.
Nur Spiro, wie ich voller Dankbarkeit registrierte - der einzig und
allein in diesem Land war, um sich genug Geld zu verdienen, damit
er auf sein fernes ionisches Eiland zurückkehren, sich ein Haus bauen,
seine junge Familie dort installieren und sich selbst als einheimischen
Baumeister etablieren konnte -, kochte immer noch vor rechtschaffener
Empörung. Er stand allein da, kerzengerade, schnippte eine Rothmans
weg, zündete sich die nächste an, zu aufgeregt, um zu trinken oder
zu essen.
Alf und Mac hatten natürlich keine solchen Bedenken. Sie senkten ihre
Hinterteile behutsam auf die Holzkisten. Alf ließ einen zeremoniellen
Rülpser anstatt eines Tischgebets los, und dann machten sie sich mit
Genuss über ihre Fischpasten-Brote und ihren Teebeuteltee her. Um
fair zu bleiben, es wurden ein paar Gedanken zum Untergang meiner
Ehe ausgetauscht und sogar einige über die Unmenschlichkeit des Mannes
gegenüber Frauen.
»Bastard.«
»Ja.«
»Das tut man nicht.«
»Richtig.«
»Nicht mit `nem Kind.«
»Nöh.«
»Fünf-Minuten-Terrine?«
»Ja, mach nur weiter.«
O nein, sie waren nicht total herzlos.
Ich warf einen letzten Blick auf das glückliche häusliche Szenario,
das sich da unter der blauen Plane entfaltete, die knisternd im Sonnenschein
ein Licht wie ein unterirdischer Swimmingpool warf, dann wandte ich
mich ab und ging weiter.
»Eins sag ich dir«, Alfs gedämpfte Stimme ließ mich erneut stehen bleiben,
»wird nicht leicht für sie werden, was? Ich meine - wie alt meinst
du, is sie denn?«
Ich hörte nicht die ganze Antwort Macs, aber genug, um zu erfahren,
wenn ich ein Huhn wäre, würde ich eher in der Suppe als Brühe landen
und nicht als zartes knuspriges Brathühnchen auf dem Teller. Ich ballte
die Fäuste, schluckte, ging an der Haustür vorbei, blieb am Klo stehen,
warf einen sehr kurzen Blick auf mein blutleeres Gesicht im Spiegel,
wandte mich der Kloschüssel zu und kotzte.