Fanfic: Kais Leben im Internat

Kapitel: der See/Tümpel

Nachdem er den Unterricht hinter sich gebracht hatte, schlenderte er durch den riesigen Park, der sich direkt an das Internat anschloss. Dank Wyatt schlug er sich die gesamte Zeit schon mit den Fragen herum, ob Dranzer jemals wieder zu ihm zurückkehren würde oder ob er wohl in Zukunft noch einmal die Möglichkeit dazu hatte, selbst am Tableau zu stehen und gegen Tyson anzutreten.
Die Antworten darauf standen zwar noch in den Sternen, doch ging er vom Schlimmsten aus. Wenn sein Bitbeast ihn für immer verlassen hatte, dann würde er auch nie wieder bladen können und das machte einen erneuten Kampf gegen seinen weltweit größten Konkurrenten fast unmöglich.
Seufzend ließ er sich auf dem Rasen nieder, kramte in seinen Hosentaschen nach seinem Discman herum und setzte sich schließlich die Kopfhörer auf. Er drehte die Musik auf maximale Lautstärke, um all die Gedanken wieder aus seinem Gedächtnis zu löschen, die sich bis dato dort angesammelt hatten, doch es sollte ihm nicht so recht gelingen. In gewisser Weise waren sie schließlich seine einzige Beschäftigung, sein einziger Zeitvertreib. Eine Abwechslung hatte er nicht.
Er rupfte ein paar Grasbüschel aus, schaute sie sich kurz an und schmiss sie wieder zur Seite – die selbe Prozedur wiederholte er mindestens 6 Mal.
Heute hatten sie wieder über ihn geredet und sich das Maul über seine schweigsame Art zerrissen. Einige hatten gescherzt und behauptet, er wäre ein Analphabet, andere hatten ihn als stumm bezeichnet, die meisten jedoch beharrten weiterhin auf der Tatsache, dass er einfach nur arrogant und hochnäsig war.
Er selbst hatte sich zu den Behauptungen nicht geäußert, obwohl er einigen von ihnen gerne einmal gehörig den Kopf gewaschen hätte. Es war einfach, sich ein Urteil über jemanden zu bilden, wenn man diesen nicht kannte. Sollten sie labern. Irgendwann würden sie ein neues Objekt gefunden haben, das sie ins Visier nehmen konnten – das hoffte er zumindest.
Wie gerne hätte er die Zeit jetzt zurückgedreht. Wenn er etwas an seiner Vergangenheit geändert hätte, dann wäre es wohl sein Entschluss, mit dem Bladen aufzuhören, gewesen. Mit dieser Entscheidung hatte alles angefangen, nach ihr hatten ihn alle verlassen…
„Hey Jamie, jetzt warte doch mal!“ hörte er in der Ferne laute Schreie, während er die CD wechselte „was ist denn mit dir los?“
Er brauchte sich nicht umzudrehen, denn nur wenige Minuten später stiefelte die, ihm schon bekannte, Blondhaarige an ihm vorbei – im Schlepptau eine deutlich Jüngere, die sie immer wieder mit penetranten Fragen bombadierte.
„Jetzt sprich mit mir. Bitte… Ich will doch nur wissen, warum du heute so schlecht drauf bist. Warum antwortest du mir nicht? Hey, ich rede mit dir!“
„Miranda“, urplötzlich flog der Kopf der Älteren herum. Sie sah ziemlich sauer aus „heute nicht! Lass…mich endlich in Ruhe. Du gehst mir auf die Nerven, kapiert? Steck deine Nase verdammt noch mal nicht in Dinge, die dich nichts angehen!“
„Aber…“
„Halt- dich- da- raus!“ ihre Stimme klang schneidend, fast sogar drohend. Die Kleinere zuckte erschrocken zusammen „und jetzt hör auf, mir hinterher zu laufen!“
Abrupt drehte sie sich wieder um und ging mit forschen Schritten von dannen.
Erstaunt blieben Kais Blicke nun an der Hinterbliebenen haften, die ihren Kopf leicht zu Boden gesenkt hatte und ein leises Schluchzen von sich gab, das verriet, dass sie weinte.
Ruhig und gelassen packte er seine Sachen zusammen und stand auf. Noch am Morgen hätte er es niemals für möglich gehalten, dass Jamie auch solch eine Seite an sich haben konnte. Sie war geradezu fies, einfach eiskalt gewesen, hatte sich überhaupt nichts aus den Gefühlen ihrer kleinen Freundin gemacht. So musste es wohl auch aussehen, wenn er mit Wyatt sprach und diesen wieder mal zum Teufel jagte.
Er betrat den schmalen Kiesweg, der sich durch den gesamten Park zog und folgte ihm. Als er an der Fremden vorbei kam, die er bis dato beobachtet hatte, hielt er kurz an und musterte sie nochmals eingehend. Einige Strähnen ihres, vorbildlich gebundenen, Zopfes hatten sich gelockert und hingen ihr nun wirr vor dem Gesicht herum, das sie zusätzlich schützend in ihren Händen verbarg.
Er schätzte sie auf ca. 11 Jahre, nicht älter- dazu hatten sich ihre weiblichen Reize noch nicht weit genug ausgebildet.
„Hey Kleine“ sprach er sie an – irgendwie tat sie ihm leid „alles in Ordnung bei dir?“
Sofort blickte sie ihn aus tränenverquollenen Augen an. Ihre Unterlippe bebte, während sie sprach.
„Sie…sie war so gemein zu mir!“
„Du meinst Jamie?“
Sie nickte „So ist sie sonst nie…“
„Jeder hat mal einen schlechten Tag“ versuchte er zu erklären „morgen sieht es bestimmt schon wieder anders aus.“
„Meinst du?“ ein kleines, hoffnungsvolles Lächeln machte sich auf ihren Lippen breit „dann ist gut.“
„Na also“ er nickte zufrieden und setzte seinen Weg fort, ohne ihr noch einen weiteren Blick zu schenken.

Der Weg führte ihn fast über das gesamte Internatsgelände, was eine gewaltige Größe besaß. Nachdem er den Rasen verlassen hatte, schloss sich ein kleiner Wald an, der etwas Schatten spendete. Im Gegensatz zur restlichen Umgebung herrschte dort die vollkommene Ruhe. Die meisten Schüler hatten sich um diese Uhrzeit mit großer Sicherheit wieder auf dem Beybladefeld eingefunden, um dort bis in den späten Abend hinein zu trainieren. Wenn er sich nicht irrte, trat Wyatt heute gegen Einen der Oberstufe an – das hatte der Jüngere ihm irgendwann einmal erzählt gehabt und ihn darum gebeten, zuzusehen. Vielleicht würde er später mal einen Blick auf das Geschehen werfen – vielleicht…
Leicht spielerisch kickte er einen kleinen Stein vor sich her, die Hände hatte er mal wieder tief in den Taschen seiner Hose vergraben, den Blick auf den Boden gerichtet, damit er nicht mitbekam, wenn Jemand seinen Weg kreuzte und er dementsprechend auch nicht aus Höflichkeit grüßen musste.
Der Pfad endete schließlich an einer Wasserquelle. In einiger Entfernung befand sich dort ein kleines, in den Boden geschlagenes, Holzschild mit der Aufschrift „See“, doch alles was Kai erkennen konnte, war ein verkommener Tümpel, der kaum größer als 3 Meter war.
Die Wasseroberfläche war bedeckt mit Lianen, Sträuchern und Algen und es roch nicht gerade sehr angenehm. Der Platz war kalt und eisig – ihn fröstelte es etwas, als er weiter darauf zuschritt.
Kein Wunder, dass sich keiner der Schüler in diese Gegend verzog – sie wirkte nicht gerade sehr einladen. Eher gespenstisch, fast sogar unheimlich.
Während er die Gegend beobachtete lehnte er sich lässig an einen Baum und ließ seine Blicke abschweifen. Noch nicht einmal Tiere hatten sich hierher verzogen, wo man doch eigentlich annehmen konnte, dass zumindest Enten oder andere Wasservögel an solch einem Ort vorzufinden sein mussten.
Er rümpfte die Nase. Dieser Platz schien genau das Richtige für ihn zu sein- er lag fern ab der Massen und spiegelte ebenso eine Einsamkeit wieder, wie sie auch bei ihm vorzufinden war.
Mit Kraft stieß er sich ab und trat ein paar weiter Schritte auf den Tümpel, den vermeintlichen See zu – sofort hielt er wieder an.
Genau an der Stelle, wo der Weg plötzlich endete und es gut einen Meter nach unten ging, bevor das Wasser erreicht war, hockte Jamie.
Sie hatte ihm den Rücken zugedreht, griff sich immer wieder einen der kleinen Steine, die in ihrer Nähe lagen und ließ sie gekonnt über die Wasseroberfläche schlittern.
„Ich dachte eigentlich, ich wäre die Einzige, die sich hierher verirrt“ sagte sie schließlich mit ruhigem Tonfall, ohne sich umzudrehen „was treibt dich her?“
„Ich hab mich nur mal umgesehen“ antwortete er wahrheitsgemäß „und hier bin ich gelandet.“
Langsam wandte sie ihren Kopf nun in seine Richtung „Ich glaub, ich muss mich wohl noch bei dir entschuldigen.“
„Wofür?“ verduzt starrte er sie an „Ich wüsste nicht, für was.“
„Na ja, es war wohl nicht so ganz die feine, Englische, dich da heute morgen einfach so abzuservieren und stehen zu lassen“ erklärte sie und lächelte verlegen „tut mir echt leid.“
„Passt schon“ murmelte er. Für ihn war die ganze Sache schon nach wenigen Sekunden erledigt gewesen. Es passierte schließlich häufiger, dass ihn jemand versetzte oder glatt ignorierte. Dasselbe tat er daher im Gegenzug auch mit Anderen. „Vielleicht erklärst du mir aber trotzdem mal, warum du heute morgen plötzlich so…wütend warst.“
„War das so offensichtlich?“ sie schnaubte laut und verächtlich und gab sich gleich selbst die Antwort „natürlich war es das!“
Der Russe nickte stumm, bevor er sich ebenfalls einen Stein schnappte und ihn über den See gleiten ließ.
„Also…?“
Sie zögerte einen Moment und pulte an ihren Fingern herum.
„Sie haben mir mein Beyblade abgenommen“ antwortete sie dann mit verbitterter Stimme „wegen der Sache von gestern Abend… du weißt schon…dieser Verfolgungsjagd.“
Erstaunt riss er die Augen auf „Du bladest?“
„Ich habe gebladet“ verbesserte sie düster „bevor diese Penner mir mein „Graise“ entwendet haben.“
„Graise“ wiederholte er „dein Bitbeast?“
Sie nickte.
„Es war ein Geschenk meiner Großmutter. Ein Familienerbstück“ erzählte sie und ballte ihre Hände energisch zu Fäusten „und ich schwöre dir, wenn ich es nicht bald wiederbekomme, dann kann dieses Internat samt Insassen sein blaues Wunder erleben.“
„Du hängst wohl sehr daran“ vermutete er.
„Natürlich“ stieß sie aus „genauso wie du auch an deinem Dranzer hängst!“
Vollkommen überrumpelt schaute er sie an. Dann wusste sie ja doch über seine Vergangenheit bescheid- kein Wunder - wenn sie eine Bladerin war…
„Keine Sorge“ erklang ihre Stimme erneut „ich habe nicht vor, dich jetzt über deine Karriere als Weltmeister
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