Wölfin der Istari

Erster Eindruck

Erster Eindruck

Immer noch völlig perplex ging Kouga langsam zum Sims.
„Diese Dämonin… ist anders als alle, die ich je gesehen habe…“, dachte er und sah über die Schulter zurück zu der fremden Wolfsdämonin, die interessiert die Landschaft musterte. Er sah wieder zurück auf den Weg.
„Die Antwort auf meine Fragen dürfte ich spätestens da oben erfahren.“, sann Kouga.

Amaya musterte neugierig die Landschaft, die sich ihr darbot. Hier war alles so viel fruchtbarer und einladender als in ihrem zu Hause. Alles hier schien in Frieden zu leben, obwohl dieser von gelegentlichen Kämpfen gestört wurde. Amaya sah nach vorn. Sie hatte sich gleich gedacht, dass der Sims groß und bewohnt sein musste, doch so groß? Mit jedem weiteren Schritt fühlte sie sich kleiner und unbedeutender angesichts dieser ehrfurchteinflößenden Felsformation. Das Rauschen des Wasserfalls wurde immer lauter, betäubte allerdings zu Amayas Erstaunen nicht ihr Gehör.

Möglichst unauffällig ließ sich Ginta zurückfallen, bis er schließlich neben Miyako lief.
„Und? Wie gefällt dir unser Land?“, fragte er.
Miyako starrte Ginta einen Moment lang an, dann antwortete sie: „Es ist… anders als unseres… ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll…“ Kouga wurde hellhörig. Er wollte, musste so viel wie möglich über die beiden Dämoninnen herausfinden. Zum einen, da er dann entscheiden konnte, ob sie eine Gefahr für sein Rudel waren oder nicht, zum anderen, da er selbst etwas über sie in Erfahrung bringen wollte. Vor allem die Ältere interessierte ihn.
„Sie schien überhaupt keine Angst vor meinem angedrohten Tod zu haben…“, sann Kouga.

„Du sollst es ja auch nicht beschreiben, Miyako. Du solltest ihm nur seine Frage beantworten.“, unterbrach Amaya ihre Schwester. Kouga wandte sich um. Die ältere Schwester sah demonstrativ von ihrer Jüngeren weg. Diese verstummte augenblicklich und ging dicht neben Amaya weiter des Weges. Ginta schien überrumpelt wie schon lange nicht mehr.
„Warum würgt sie immer das ab, was ihre kleine Schwester zu sagen versucht?“, fragte sich Kouga.

Mittlerweile waren sie an der Felswand angekommen, an der der Sims lag. Kouga bog nach links um gleich darauf einen schmalen Trampelpfad, der nach rechts ging und steil bergauf führte, zu folgen. Miyako und Amaya folgten mit immer größer werdendem Abstand. Irgendwann, kurz bevor sie den Sims erreichten, drehte Kouga sich genervt um.
„Was ist denn los? Ihr solltet wenigsten versuchen Schritt zu halten!“, rief er den beiden Dämoninnen zu.
Amaya sah daraufhin zu ihm auf und meinte trocken: „Wir wollten nur die Landschaft bewundern die unter Eurer Herrschaft steht.“ Eigentlich hatte sie noch ein ‚unberechtigterweise’ einfügen wollen, hatte es dann aber gelassen. Erneut musste sich Kouga über die ältere Schwester wundern. Er schwieg und ging weiter, die Beiden hinter sich lassend.

Nach nur wenigen weiteren Schritten gelangten die Fünf auf die Plattform, die einen riesigen Sims bildete. Vereinzelt saßen Wölfe in schattigen Ecken und leckten sich sauber oder wurden von Wolfsdämonen gekrault. Ein Höhleneingang, der ebenso breit war wie der Sims selbst, lud zum hineingehen ein. Die ovale Form des Simses ermöglichte es, das gesamte Land zu überblicken und Feinde schon sehr früh zu entdecken.

Alle Wölfe wie Wolfsdämonen sahen auf, als Kouga, Ginta und Hakkaku den Sims betraten. Dies war nicht weiter ungewöhnlich, doch die Schar, die sich auf ihm befand staunte nicht schlecht, als auf einmal noch zwei Wolfsdämoninnen den Sims betraten. Alle machten große Augen und die meisten Wolfsdämonen eilten gleich zu den Fremden, um sie einzukreisen. Kouga lachte in sich hinein. Er hatte diese Reaktion erwartet.
„Ich bin mal gespannt, wie sie sich daraus befreien wollen.“, dachte er amüsiert und wandte sich um. Er wollte auf keinen Fall verpassen, was passieren würde. Allerdings hatte er sich bezüglich der Reaktion Amayas deutlich verrechnet…

Die Dämonen hatten einen sehr engen Kreis um Amaya und Miyako geschlossen und betrachteten die Beiden wie Vieh auf einer Auktion. Amaya bemerkte dies sofort und ihr Unbehagen wuchs ebenso schnell wie ihre Wut auf diese offensichtlichen Idioten.
„Kouga, wozu sind die Beiden? Zum Essen?“, fragte ein Dämon unverblümt. Amaya ließ ein abfälliges ‚Pff’ hören. Kouga amüsierte sich köstlich und als keine Antwort auf die Frage kam, ertönte auch schon eine Neue: „Sind sie zur Fortpflanzung da?“

Das war Amaya entschieden zuviel. Wenn es etwas gab, das sie auf den Tod nicht ausstehen konnte, dann war, wenn sich irgendjemand auch nur im Scherz anmaßte, sie als seinen Partner für die Fortpflanzung anzusehen.
Wütend schrie sie: „Nein verdammt!!! Wir sind hier um mit eurem Leitwolf zu reden!!!“
„Das kann ja jeder sagen!“, ertönte es. Kouga grinste breit und dachte sich, dass er sie noch nicht aus der Schar befreien würde. Allein schon wegen der Unverfrorenheit vorhin. Ein Fehler.

Kurz nachdem jemand etwas Unverständliches gesagt hatte, machte ein Dämon aus der ersten Reihe Anstallten, Amaya über die Schulter zu werfen und daraufhin in die Höhle zu tragen. Jetzt war endgültig Schluss. Über alle Maßen zornig ballte Amaya ihre Hand zur Faust und verpasste dem Dämon, der sie über die Schulter legen wollte, einen kräftigen Schlag. Der Dämon taumelte zurück und hielt sich die Wange. Kouga war aufgesprungen und bahnte sich einen Weg durch die Dämonenmenge bis zu den zwei Fremden.

Wütend und zugleich überrascht baute er sich vor Amaya auf.
„Was fällt dir ein?!?!?“, rief er, ohne gemerkt zu haben, dass er die Fremde duzte. Amaya überging dies und antwortete einfach nur auf die Frage.
„Selbst Schuld! Du solltest deinen Dämonen mal Manieren beibringen!!! Ach ich vergas! Das kannst du ja nicht, da du sie selber nicht besitzt!!!!“, brüllte sie ihm immer wütender werdend entgegen und lief dann aus der Menge und ließ einen verdatterten Kouga und eine verwirrte Miyako zurück.

Amayas Schritte wurden immer schneller. Sie eilte den Sims entlang bis an dessen anderes Ende und lief dort einen Trampelpfad hinunter. Sie prägte sich weder den Weg, den sie ging, noch die Landschaft um sie herum ein. Das einzige, was sie jetzt wollte war: weg! Weg von diesen Idioten niederer Rasse! Wie konnten sie nur so unverschämt sein?? Und dann auch noch so eine dämliche Frage zu stellen!!! Diese Steinzeitler wussten noch nicht einmal, wie man eine Frau zu behandeln hatte, geschweige denn, dass sie darauf achteten, eben NICHT auf die Tabuzonen zu kommen.

Kouga blieb einige Sekunden wie versteinert stehen, dann setzte er sich langsam in Bewegung. Mit jedem Schritt, den er ging, wurde er schneller, bis er schließlich rannte. Er musste dieser unmöglichen Dämonin hinterher. Er hatte ihr eine Audienz gewährt und sie würde eine solche bekommen. Was er danach mit ihr anstellen würde, würde definitiv nicht zu ihrem Erfreuen sein…

Amaya lief immer weiter, bis der Pfad plötzlich breiter wurde und zum Wasserfall führte. Ohne auch nur im Geringsten das Tempo zu vermindern ging sie geradewegs auf den Wasserfall zu. Einzelne Tropfen fielen auf sie herab, als sie immer weiter auf den Wasserfall zuging. Wenige Zentimeter vor ihm hielt sie inne, um danach in den Vorhang aus Wasser einzutauchen. Das kühle Nass legte sich schmeichelnd auf ihre Haut um daran entlang zu wandern. Ihre Haare wurden vollständig durchnässt, ebenso ihre Kleidung. Doch das kümmerte Amaya nicht. Mit dem Gesicht zu Himmel, sodass das Wasser es mit voller Wucht und Erfrischung traf, stand sie einfach nur da. Das kühle Nass hatte etwas Beruhigendes an sich und ihre Wut verflog schneller, als sie gekommen war. So hatte es Amaya immer gehalten: Wenn ihr Temperament, das wie ein Fluch für sie war, mit ihr durchging, sprang sie in einen Fluss oder stellte sich unter einen Wasserfall, damit der Zorn, der sich aufgebaut hatte, zusammen mit jedem Schmutz vom Wasser davongetragen werden konnte. Seltsamer Weise, hatte dies immer funktioniert…

Kouga malte sich schon die grausamsten ‚Bestrafungen’ aus, als er den Wasserfall erreichte. Schlitternd hielt er. Das Bild, das sich ihm bot, war einfach nur befremdlich, aber dennoch irgendwie… ansprechend. Amaya stand mitten im Vorhang des Wasserfalls und hielt diesem ihr Gesicht entgegen, das völlig entspannt wirkte. Ihre Haare und ihr Fell waren vollkommen durchnässt und passten sich auf unverschämte Weise ihrer perfekten Figur an. So etwas hatte der junge Leitwolf der Kaze noch nie gesehen. Etwas in ihm regte sich, als Amaya sich auf einmal mit zunächst geschlossenen Augen zu ihm wandte, um ihn dann mit ihren meerblauen Augen… entschuldigend anzusehen?

„Ich hätte nicht vermutet, dass sie sich zu etwas wie einer unausgesprochenen Entschuldigung herablässt.“, dachte er verächtlich. Amaya sah ihn noch einige Minuten an, dann wandte sich ab und ging durch den Vorhang hindurch von Kouga weg.
„Warte!“, rief dieser und eilte ihr hinterher. Er konnte sich selber nicht erklären, warum er ihr auch noch nachlief, aber er tat es.

Auf der anderen Seite des Wasserfalls blieb sie stehen und wartete, bis Kouga sie eingeholt hatte. Tropfnass trat dieser aus dem Vorhang hervor. Nun war es an Amaya, ihn interessiert zu mustern. Seine schwarzen, schulterlangen Haare, die er hinten zusammengebunden hatte, tropften ebenso wie das Fell, dass er ähnlich wie Amaya trug und das braun war. An seiner Brust hatte er eine Art Schild. Alles in allem war er ein recht attraktiver…
„Hör’ auf!!!“, mahnte sie sich selbst in Gedanken. „Du weißt, was du von ihnen hältst! Du und alle anderen des Rudels!!“

Auch Kouga hatte sich beruhigt und war nicht mehr so hitzig wie zuvor.
Kurz vor Amaya blieb er stehen und sagte: „Ich… ich entschuldige mich für das verhalten meiner Männer. Sie könnten wirklich ein paar
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