Warum ich?
Was Herzen vereint
Hey leute! ich lebe noch! und ohne viel gerede wünsche ich euch viel spaß!
Kann es sein, dass sich die ganze Welt gegen mich verschworen hat? Klar ist es toll, dass ich eine Klasse übersprungen habe und somit schneller meinen Abschluss machen kann, mit dem ich dann einen gut bezahlten Job finde, doch warum muss ich ausgerechnet in seine Klasse? Das ist einfach nicht fair!
Sehr, sehr langsam gehe ich in die Richtung, aus der mir ein freches Lächeln entgegenstrahlt. Würde ich noch einen Tick langsamer gehen, dann würde ich höchstwahrscheinlich rückwärts laufen.
Mit einem tiefen Seufzer lasse ich mich Sekunden später neben diesem Jungen auf den Sessel fallen. Er hat mich die ganze Zeit nicht einen Moment aus den Augen gelassen und jetzt trennen unsere Gesichter noch höchstens dreißig Zentimeter, da er sich zu mir herüberbeugt. Rück mir nicht so auf die Pelle!
Genervt verdrehe ich die Augen. Der Junge grinst noch breiter. Ich seufze ergeben. Sein Lächeln reicht jetzt schon fast von einem bis hin zum anderen Ohr.
Auf einmal hält er mir seine rechte Hand hin und sagt: „Ich bin Matthew. Nur meine Kumpels und meine Freundin dürfen mich „Matt“ nennen. Also, du darfst meinen Spitznamen verwenden, Annie! Na, was hältst du davon?“
Bitte? Was ich davon halte? WAS ICH DAVON HALTE? Der spinnt doch! Und…hat er mich gerade „Annie“ genannt? Das darf nur Jeremy! Was erlaubt sich dieser Typ eigentlich?
Gerade als ich Matthew die Meinung geigen will, läutet es zur Pause. Erleichtert darüber, dass ich mich schnell von meinem neuen unfreiwilligen Sitznachbarn entfernen kann, springe ich auf, als auch schon Kirsten vor mir steht. Na toll, das ist einfach nicht mein Tag!
„Ähm, Ann? Wir wollten doch zusammen unser Lunch essen. Matt, möchtest du uns nicht Gesellschaft leisten?“, säuselt sie. Genervt stoße ich einen Seufzer aus. Die Antwort allerdings lässt mich in lautes Gelächter verfallen.
„Ich heiße Matthew, jedenfalls für dich. Und, wer genau warst du noch mal?“, fragt Angesprochener mit abwertendem Blick.
Mit Hass erfülltem Gesicht wendet sich meine Schwester wieder mir zu, während mir azurblaue Augen zuzwinkern. Abrupt verstummt mein Lachen und ich blicke kalt, vielleicht sogar etwas überheblich, zurück.
„Matthew“, sage ich, wobei ich seinen Namen betone, „möchte ganz sicher nicht mit uns essen. Seine Freundin, die Matt zu ihm sagen darf, wird sonst sicher alleine speisen müssen. Da mir Matthew wie ein Gentleman erscheint, wird er seine Geliebte mit Sicherheit nicht versetzen.“
Zwei weit aufgerissene Augenpaare starren mich an.
„A-Ann, wie redest du denn? Was soll das jetzt bitte heißen? „Speisen“, „Gentleman“, „Geliebte“, was hat das alles damit zu tun, dass Matt mit uns essen soll?“, möchte meine Schwester wissen und schafft es somit erneut, dass ich mich frage, ob wir wirklich miteinander verwandt sind.
Mit einem stummen Kopfschütteln wende ich mich ab und verlasse die Klasse. Noch zwei weitere Stunde stehen mir bevor, erst dann beginnt die Mittagspause. Ich bin wirklich gespannt, was mir in diesem Jahr noch so alles bevorsteht. Zuerst die Scheidung meiner Eltern, dann der Umzug in eine neue Stadt, die Einschreibung an dieser Schule für Snobs und dann dieser Matt mit seinen azurblauen Augen, die mich ständig zu verfolgen scheinen. Und dass hatte alles schon Anfang diesen Jahres begonnen! Was erwartet mich denn noch alles?
Seufzend trete ich an ein Fenster, öffne es und blicke hinaus. Ein leichter Luftzug streicht mir meine Haare aus dem Gesicht. Wie schön sie doch ist, die Erde. Mit so vielen Wundern, dass man sie gar nicht zählen kann. Von den meisten wissen wir noch nicht einmal – falls wir das je werden – und die größten Wunder übersehen wir, Tag für Tag. Wie das Wunder des Lebens zum Beispiel. Nicht jeder hat das Privileg, gesund und wohlhabend geboren worden zu sein. Aber-
„Wuah!!!!“, entfährt es mir, als ich nach hinten gezogen werde. „Was zum Teufel-?! Ach so, du…“, brumme ich unwillig, als ich Matthew erkenne. Dessen Gesicht ziert – wie üblich – ein freches Lächeln. Als ich mich von seiner Umarmung befreien möchte, will er zuerst nicht loslassen, doch als ich anfange, mich heftiger zu wehren, lässt er mich schließlich frei.
„Du hast so nachdenklich ausgesehen….so traurig. Ich wollte dich nur etwas aufmuntern. T’schuldige bitte. Es war weder meine Absicht, dich zu erschrecken und noch wollte ich, dass du Angst vor mir hast“, erklärt er mir mit ernster Stimme, wobei er mir unentwegt in die Augen blickt.
Er überrascht mich. Dieser Kerl überrascht mich wirklich. Nicht nur, dass er anscheinend auch ernst sein kann, nein, er hat den Nagel auf den Kopf getroffen mit dem, was er gesagt hat. Er hat mich erschreckt. Seine plötzliche Nähe hat mich erschreckt. Er macht mir Angst, wenn er mir so nah ist. Ich habe solche Angst…vor Nähe…
Was soll ich jetzt darauf antworten? Irgendetwas freches und gemeines? Aber wäre dass nicht unfair gegenüber seinem einfühlsamen Verhalten? Wenn er mich doch nur nicht so ansehen würde…
„Ähm, schon gut. Ich … war nur gerade mit meinen Gedanken woanders. Hat der Unterricht schon angefangen?“ Ohne auf seine Antwort zu warten, gehe ich Richtung Klassenzimmer und erstarre. Schon wieder! Das gibt es doch nicht! Was fällt diesem Typen ein, mir auf den Hintern zu glotzen?! Gerade war er noch total lie- äh freundlich und jetzt das! Was ist nur los mit dem Kerl?
„Hey, sag mal, geht’s dir noch gut? Hör gefälligst auf damit!“, herrsche ich ihn an. Eine Augenbraue wandert nach oben während er langsam seinen Blick hebt und dabei jeden Zentimeter meines Körpers mustert.
„Ich muss schon sagen, Respekt! Du hast einen tollen Körperbau. Du hungerst doch nicht etwa? Ich mag Mädchen mit einem gesunden Appetit viel lieber“, grinst er mich frech an.
Keck erwidere ich: „Na, dann sollte ich wohl anfangen zu hungern!“ Ein giftiger Blick meinerseits folgt und ich husche schon in die Klasse.
„Autsch!“ „Aua!“
Und schon liege ich auf dem Boden. Mir gegenüber sitzt ein schwarzhaariges Mädchen mit Brille, mit dem ich anscheinend zusammengestoßen bin.
„Es tut mir leid, ich habe nicht aufgepasst. Ist dir etwas passiert?“, frage ich sie und helfe ihr, die verstreuten Blätter wieder aufzusammeln.
„Nein, mir ist nichts passiert, danke. Außerdem war es auch meine Schuld, ich habe auch nicht aufgepasst. Du musst mir nicht helfen, meine Sachen aufzuheben. Verschwinde lieber schnell, bevor dich noch wer mit mir zusammen sieht“, murmelt mir das Mädchen zu.
Verwirrt blicke ich auf. Was meint sie damit? Was soll das bedeuten? Ist sie etwa… die Außenseiterin in dieser Klasse? Sie scheint doch ganz nett zu sein.
Mit einer raschen Bewegen entreißt sie mir fast die Blätter, verbeugt sich und läuft schnellen Schrittes auf ihren Platz zu. Etwas verwirrt und traurig sehe ich ihr nach.
„Komisches Mädchen, nicht wahr?“, fragt eine Stimme dicht an meinem Ohr. Erschrocken fahre ich herum und stoße meinen Kopf ziemlich kraftvoll an Matts.
„Au!!“, entfährt es mir während Matthew keinen Laut von sich gibt. Er verzieht seine Lippen mal wieder zu einem Grinsen und flüstert mir zu: „Hoppla! Dass du so rangehst, hätte ich nicht gedacht. Aber mir gefällt es, wenn Mädchen die Initiative ergreifen“.
Okay, er hat es geschafft. Er hat es wirklich geschafft! Ich bin rot wie eine überreife Tomate! Ich werde nie rot! Denn um das zu schaffen, müsste ich Emotionen in der Öffentlichkeit zeigen, was ich nicht tue! Nie und nimmer!
„Hey, Kleine! Das musst du öfters mal machen. Etwas Farbe im Gesicht steht dir wirklich ausgezeichnet. Und dass ich es geschafft habe, die coole Annie aus dem Konzept zu bringen, macht mich auch irgendwie stolz“, lacht Matt mich an.
Also…jetzt bin ich echt sprachlos. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, Matthew hat mich durchschaut. Er hat doch tatsächlich hinter meine Fassade aus Eis geblickt. Oder bilde ich mir da was ein? Ist das vielleicht sogar … Wunschdenken? …Ts, also wirklich! Wieso sollte ich mir so was wünschen? Vielleicht, weil ich… einsam bin?
„Ein Königreich plus mein Butterbrot für deine Gedanken“, haucht er mir ins Ohr. Schon wieder ist er mir so nahe. Seine Wange berührt meine und hinterlässt ein Kribbeln als er sich zurückzieht. Er sieht mir in die Augen und wenn ich romantisch veranlagt wäre, dann würde ich diese Szene mit einem Schnulzenfilm in Verbindung bringen, tu ich aber nicht! Ich schlucke einmal kräftig und schubse ihn dann von mir weg. Und schon hört mein Herz auf wie wild zu schlagen.
Ich schaue zu ihm auf und erkenne, dass Matthew mindestens genauso verwirrt ist wie ich. Seine azurblauen Augen strahlen eine solche Unsicherheit und Verwirrung aus… so fühle ich mich innerlich. Aber wieso ist er verwirrt?
Plötzlich taucht wie aus dem Nichts ein orangehaariger Junge hinter Matt auf und klopft ihm auf die Schulter. Meine ersten Fragen, als ich diesen Typ sehe, sind:
1) Wie lange braucht der Morgens für seine Frisur?
2) Ist da nicht die halbe Tube Gel in seinen Haaren?
Und schließlich 3) Wie schafft der es, noch breiter zu Grinsen als Matt-hew?!
Veranstalten die hier einen Wettbewerb, wer es zuerst schafft von einem Ohr bis zum anderen zu grinsen oder was?
„Na Kumpel, was ist lo-? Wow! Hey, Süße! Was machst du heute Abend?”, schreit mir dieser komische Kerl ins Gesicht. Süße? Na warte, Freundchen, du bekommst noch dein Fett weg!
Ich setzte einen verführerischen – wie ich hoffe – Schlafzimmerblick auf und antworte ihm hauchend: „Das fragst du noch? Natürlich mit dir ausgehen, Honey. Du bist mein Traumboy, weißt du das?“
Zufrieden erkenn ich, wie sich Matts Augen zu Schlitzen verengen und die des Orangehaarigen werden bei jedem meiner Worte größer. Ich hätte wetten können, dass er