Kaito Kid - Shinichi Kudo Teil 1

Aufklärungsarbeit

Shinishi war noch lange aufgeblieben in dieser Nacht. Das seltsame Ansinnen Kaito Kids machte ihn neugierig. Immer wieder ging er das Treffen in seinen Gedanken durch. Erst im Nachhinein war ihm klargeworden, dass der Meisterdieb irgendwie anders gewesen war als sonst. Normalerweise sprühten seine Augen vor Freude sich mit seinen Gegnern zu messen, doch dieses mal war er eher ruhig und ernst gewesen. Offensichtlich hatte ihn die Verletzung mehr mitgenommen, als er zugeben wollte. Aber das würde nicht ewig dauern. Er würde sich schon bald wieder zu dem bekannten, schillernden Kaito Kid verwandeln. Irgendwann würde er, Shinichi Kudo, es dann schaffen ihn zu verhaften, doch jetzt würde er erst einmal den Mord an dem Zauberer aufklären. Irgendwo machte es ihn stolz, dass ihn der Meisterdieb als den besten Detektiv einstufte, den er kannte.
Er beschloss direkt am nächsten Nachmittag zu der angegebenen Adresse auf dem Zettel zu fahren und baldmöglichst mit seinen Nachforschungen zu beginnen.

***

Er hatte niemandem etwas von dem seltsamen Auftrag erzählt. Gut! Ran hätte es akzeptiert, aber bei ihrem Vater hätte es bestimmt Probleme gegeben. Schließlich war er ja, zumindest offiziell, der Eigentümer und Erster Ermittler der Detektei Mori-Kudo und Shinichi sein Angestellter. Er hätte darauf bestanden mitzukommen, aber gerade hier, bei dem Auftrag, den er von Kaito Kid bekommen hatte, wollte er das nicht. Schließlich wusste der Meisterdieb nur zu genau, dass in Wirklichkeit er es gewesen war, der Kogoro Mori zu seiner Berühmtheit verholfen hatte. Außerdem hatte er ja eine Bezahlung von Seiten des Diebes abgelehnt und sah die Sache somit als eine Privatermittlung seinerseits an.
Als er vor dem Haus der Familie Kuroba stand, zögerte er kurz. Ihm war unklar, wie er sich verhalten sollte. Schließlich wusste er nicht, ob die Bewohner überhaupt eine Ahnung davon hatten, dass er hier auftauchen würde um den schon mehrere Jahre zurückliegenden Mord aufzuklären. Kaito Kid war alles andere als ein gewöhnlicher Klient und er konnte ja wohl schlecht sagen, dass er in seinem Auftrag handelte. Es würde sich doch zu komisch anhören, wo doch ganz Japan wusste, dass er ihn unbedingt verhaften wollte.
Aber da er nicht ewig untätig vor der Haustür stehen bleiben konnte, drückte er schließlich doch auf die Klingel. Er musste die Sache einfach auf sich zukommen lassen und wenn sie ihn nicht hereinlassen würden, konnte er eben seine Auftrag nicht erfüllen. Es dauerte ein wenig, bis sich die Tür öffnete. Verwundert registrierte Shinishi, dass er nicht durch eine Gegensprechanlage gefragt wurde, wer er war und was er überhaupt hier wollte.
Im Türrahmen stand ein Jugendlicher ungefähr in seinem eigenen Alter. Er war etwas so groß wie er selbst, schlank, hatte braune, wuschelige Haare und leuchtend blaue Augen, die ihn fröhlich anlachten.
„Lass mich raten!“ sagte er mit seiner ausdrucksvollen Stimme. „Du bist Herr Kudo, der uns durch diese Mitteilung angekündigt wurde.“ Er hielt dem Detektiv ein Blatt Papier entgegen. Das er plötzlich wie durch Zauberei in der rechten Hand hielt.
Shinishi lächelte als er es las. Offensichtlich hatte Kaito Kid vorgesorgt, dass er nicht einfach von der Tür gewiesen werden würde.
„Sehr geehrte Familie Kuroba! „stand da. „Heute im Laufe des Tages wird der bekannte Jungdetektiv Shinishi Kudo bei Ihnen erscheinen um den Mord an dem berühmten Zauberer Toichi Kuroba aufzuklären. Ich bitte Sie seine Bemühungen zu unterstützen und bin sicher, dass er äußerste Diskretion wahren wird. Kaito Kid.“
Unter der Nachricht prankte das Shinishi nur zu bekannte Zeichen des Meisterdiebes. Ein Strichmännchenkopf mit Zylinder.
„Ja!“ nickte er seinem Gegenüber zu. „Ich bin Shinishi Kudo!“
Der Jugendliche gab lächelnd die Tür frei. „Komm herein Kudo. Ich bin übrigens der Sohn Toichis. Mein Name ist Kaito!“
Shinishi stockte kurz bei der Nennung des doch recht seltsamen Namens.
Kaito lachte auf, als er das bemerkte. „Meine Eltern waren große Fans von Kaito Kid und als ich dann auf die Welt kam, gab es für sie nur diesen Namen!“ erklärte er.
„Aha!“ sinnierte Shinishi. „Darum wohl auch sein Interesse an dem Fall!“
Kaito führte ihn die Treppe hoch in sein Zimmer. Irgendetwas irritierte den Detektiv, aber konnte nicht sagen, was es war.
„Meine Mutter ist leider zur Zeit nicht da. Sie musste einkaufen gehen. Aber sie wird wohl bald wiederkommen!“ erklärte ihm der Sohn des toten Zauberers und öffnete seine Zimmertür.
Während Shinishi eintrat sah er sich interessiert um. Das Zimmer erinnerte ihn eher an eine Magierkammer, denn an ein Jugendzimmer. An der Wand hing ein lebensgroßes Portrait von Toichi Kuroba, Spielkarten, Bücher über Zauberei, ein Zauberstab und mehrere andere Zauberutensilien lagen auf dem Schreibtisch. Der Detektiv schmunzelte. „Offensichtlich kommst du nach deinem Vater und willst auch ein berühmter Zauberkünstler werden!“
Kaito lachte amüsiert auf. „Das war wohl nicht schwer zu schlussfolgern. Ja! Natürlich! Ich könnte mir nichts anderes vorstellen. Die Zauberei liegt mir nun mal im Blut!“ Er deutete auf einen Stuhl. „Setz dich doch, Kudo!“
Der nickte und nahm Platz, doch dabei konnte er seine Eigenheiten nicht abschalten. Interessiert aber möglichst unauffällig musterte er den Raum weiter. Seine Augen glitten über die Wände, die voll hingen mit Postern von Zauberern, glitten über die Regale, lasen ohne es selbst so richtig zu registrieren Titel wie „ Das A und O des Zauberns“ oder „Wie täusche ich meine Zuschauer?“, als er plötzlich zusammenzuckte. Irritiert stand er auf und ging zum Bücherregal hin. Zwischen den ganzen Zaubererbüchern standen völlig fehl am Platz andere Bücher. Bücher, die er kannte. Er zog eines davon heraus und schaute auf den Einband. Im selben Moment wusste er auch, was ihn vorhin so irritiert hatte.
„Kaito Kid!“ stammelte er sich umdrehend, dem anderen das Buch namens „Arsene Lupin, der Gentlemandieb“ entgegenstreckend. „Du bist Kaito Kid. Und vorhin die Treppe hoch hast du ein ganz klein wenig gehumpelt. Das ist mir aufgefallen, ohne dass ich es so richtig begriffen habe!“
Sein Gegenüber, dessen Augen ihn wissend beobachtet hatten, nickte wenig überrascht, dass er durchschaut worden war. „Ich habe mich schon gefragt, wie lange es dauern wird, bis du die Wahrheit erkennst. Schließlich habe ich die Bücher mit voller Absicht in dieses Regal gestellt, Shinishi!“
Das verblüffte den noch mehr. „Du wolltest, dass ich dich erkenne?“ staunte er. „Wieso das denn?“
Kaito zuckte die Schultern. „Ich habe tatsächlich lange überlegt, das vor dir zu verheimlichen, doch das wäre ziemlich unsinnig. Schließlich will ich, dass du den Mord an meinem Vater aufklärst. Aber ohne das Wissen um die Wahrheit, hättest du dazu doch gar keine Chance!“
Die Gedanken Shinishis überschlugen sich, setzten die Puzzle-Teile zusammen und sah plötzlich klar und deutlich, was das bedeuten musste. „Dein Vater war der Kaito Kid, der vor etwas 10 Jahren verschwunden ist. Darum die verwirrenden Altersangaben!“ schloss er.
„Ja!“ nickte Kaito. „Ich dachte auch lange, dass mein Vater einen Unfall hatte. Meine Mutter hatte mir die Wahrheit natürlich verschwiegen. Sie wollte nicht, dass allgemein bekannt wurde, dass mein Vater ein Dieb war und ich unter diesen Vorraussetzungen aufwachsen musste. Deshalb ging die Sache als Unfall durch alle Zeitungen!“ Er ging auf das mannsgroße Plakat Toichi Kurobas zu und berührte es an einer ganz bestimmten Stelle. Vor den überraschten Augen Shinishis glitt die Wand zur Seite und gab den Blick in eine kleine Kammer dahinter frei. „Dann aber entdeckte ich diesen Raum und ich erkannte, was meine Mutter mir immer verschwiegen hatte!“
Shinishi ging zu ihm und sah neugierig in die Kammer. Überall an den Wänden hingen Bilder von Kaito Kid und auf dieser Seite des geheimen Eingangs prangte ein mannshohes Portrait desselben. Dass der Raum außerdem voll hing mit weißen Anzügen und überall weiße Zylinder herumlagen, wunderte den Detektiv natürlich überhaupt nicht mehr.
„So ist das also!“ murmelte er vor sich hin. „Ihr glaubt, dass nicht der Zauberer Toichi Kuroba getötet wurde, sondern dass in Wirklichkeit Kaito Kid das Opfer war?“
Kaito nickte. „Ja! Die Hinweiße, die der Assistent meines Vaters gesammelt hat, deuten darauf hin!“
Shinishi verließ die Kammer, ging zu seinem Stuhl zurück und ließ sich erst mal darauf niedersinken. Zuviel war in den letzten Minuten auf ihn eingestürmt, das er erst einmal verarbeiten musste. Er hatte schließlich nicht damit rechnen können, dass ihm Kaito Kid so einfach seine wahre Identität verriet und sich ihm damit total auslieferte.
Der sah ihn traurig lächelnd an. Er konnte sich denken, was dem anderen gerade durch den Kopf ging. „Tja!“ sagte er schließlich nach einigen Minuten, in denen beide ihren Gedanken nachhingen. „Finde den Mörder meines Vaters und du hast Kaito Kid besiegt, denn ich habe es all diese Jahre nicht geschafft, sie ihrer gerechten Strafe zuzuführen!“
Shinishi presste kurz die Lippen zusammen. „Aber du weißt schon, dass ich dich dann ins Gefängnis bringen werde und das ist dann das Ende von deinen Träumen ein berühmter Zauberer zu werden!“
„Das ist meine Bezahlung an dich!“ murmelte der Meisterdieb. „Sie war es von Anfang an. Ich hatte nie vor dir Geld zu bieten. Ich bin nur aus einem Grund Kaito Kid geworden. Jii hat herausgefunden, dass mein Vater kurz vor seinem Tod mit einer Organisation zu tun hatte. Sie suchen einen ganz besonderen Edelstein. Ein Stein, in dessen Inneren ein zweiter Stein verborgen ist. Man kann ihn aber nur erkennen, wenn man ihn gegen das Mondlicht hält!“
In dem Moment verstand Shinishi alles. „Deshalb deine Diebstähle!“ rief er aus.
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