Wasurenai itsumo
seine Kleidung. Er schrie. Schrie. Zitterte. Sein Herz raste weiter. Versuchte die normalen Funktionen des Körpers aufrecht zu erhalten. Er konnte es in seinen Ohren pochen hören.
Dann nahm seine Umgebung langsam Gestalt an.
Er sah Menschen. Gefangene. Abgetragene Kleidung. Leidende Gesichter. Menschen. Tote Menschen auf matschigen Böden. Von Soldaten getötet, vergewaltigt oder von Seuchen dahingerafft.
Liegen gelassen wurden sie. Keines Blickes gewürdigt.
Er sah Kinder. Kleine Kinder. Nicht älter als 6. Sie waren krank. Todkrank.
Riefen nach ihren Eltern, die neben ihnen lagen. Mit starrem Blick Richtung Horizont.
Riefen nach denen, die ihnen nie mehr antworten werden. Niemand sah sie. Niemand tröstete.
Kinder. Alleine in der Ecke sitzend. Stumm vor sich hin weinend. Abgemagert. Hungernd. Einsam.
Er sah Zäune. Lang, endlos lang. An ihnen Menschen, die sich aufgegeben haben. Mit Stricken, alten, zerfledderten hingen sie da. Die erschlafften Körper.
Sah andere, die kämpften. Um ihr Leben. Das Leben das keines mehr war. Das verloren war.
Und wieder andere. In deren Augen die Hoffnung brannte. Und bei denen man zusehen musste, wie diese langsam erlosch, bis auch ihnen das Ende drohte.
Soviel Tod. Soviel Leid.
Dann verschwamm seine Sicht. Die Farben mischten sich erneut und gaben ein neues, verschwommenes Bild frei. Sasuke fühlte sich schwach, ausgelaugt und krank.
Auch wenn nun die Wunde in seiner Brust verschwunden war.
„Sasuke! Sasuke, rede mit mir!“, hörte er eine Stimme. Weit entfernt. So weit.
Es war eine schwache, weinerliche Stimme. Aber er liebte sie.
Kraftlos versuchte er einen deutlicheren Blick auf die Person zu erhaschen, die da über ihn gebeugt war. „Sasuke! Bitte! Bitte, lass mich nicht allein! Wir schaffen es! Es ist bald vorbei. Wir… wir müssen nur noch etwas durchhalten! Bitte…“, flüsterte die Person und strich ihm sanft über das Gesicht. Dann Tränen. Tränen die auf sein Gesicht fielen.
Er spürte die unendliche Traurigkeit, die diese Person verspürte. Die Angst. Angst einen geliebten Menschen zu verlieren.
„Sasuke.“, flüsterte er. „Bitte wir schaffen es. Gib nicht auf.“
Dann brach die Person kraftlos auf ihm zusammen. Weinte stumm vor sich hin. Nahm seine Hand. Drückte sie sanft.
Doch dass nahm Sasuke nur noch entfernt war. Seine Welt drehte sich… Die Schmerzen blieben aus. Sein Körper entspannte sich immer mehr. Ruhe kehrte ein. In ihm. Um ihm.
Eine traurige Ruhe. Ein paar Tränen stahlen sich aus seinen Augen, bevor er diese schloss… Und starb.
„SAAASUUKEEEEEE!“
Entsetzt riss er die Augen wieder auf. Sein Herz raste. Aber es schlug. Es schlug sogar sehr.
Geschockt und verschwitzt sah er sich um. Er war wieder in der Pokerrunde.
Was war das, fragte er sich und versuchte krampfhaft sich zu beruhigen. Die Karten wurden gerade an die ersten Spieler verteilt.
Schwer atmend starrte er auf den Tisch vor sich. Wo war er gewesen? War er überhaupt weg gewesen? Es war alles so real.
Zitternd stützte er seinen Kopf auf seine Hand. In seinem Kopf pulsierte das Blut, das immer noch krampfhaft von seinem rasenden Herzen durch seinen Körper gepumpt wurde.
Und wer war es, der um ihn geweint hatte? Itachi war es nicht.
Er kannte die Person nicht, aber er war sich sicher ihr bald zu begegnen…
Plötzlich vernahm er eine Hand auf seiner Schulter, die diese beruhigend drückte.
„Hier trink das, dann geht es dir besser.“, meinte Kakashi besorgt und hielt ihm eine Tasse mit dampfender, brauner Flüssigkeit hin, die sich beim Trinken als Kakao entpuppte.
Besorgt musterte Kakashi seinen neuen Kameraden. Dieser zitterte immer noch am ganzen Körper und verschüttete fast den ganzen Kakao über seine Kleidung.
„Beruhig dich mein Junge. Es ist ja vorbei!“, tröstend klopfte Kakashi dem verängstigtem Jungen auf die Schulter.
„W- Was war das?“, fragte Sasuke, nachdem er sich etwas beruhigt hatte.
Kakashi sah den Jungen weiterhin besorgt an.
„Auch wir können nur spekulieren. Keiner weiß es genau… Ich denke noch nicht einmal Orochimaru selber.“, flüsterte er und zeigte mit dem Kopf in Richtung jener Person.
Sasuke wandte den Blick ab und starrte auf den Boden.
„Ich denke, dass es etwas mit den Experimenten zu tun haben muss.“, murmelte Kakashi.
Sasuke wurde hellhörig. „Experimente?“
Kakashi nickte nachdenklich. „Weißt du. Es ist jetzt ungefähr 20 Jahre her, seit er als Versuchsobjekt in einem geheimen Labor festgehalten wurde.
Die Professoren da hatten das Ziel eine ultimative, biologische Waffe für den Krieg zu erschaffen. Eine mit psychischen Kräften. Sie hatten ihre Forschungen noch nicht beendet, da wurde der Wahnsinn gestoppt. Zu spät für Orochimaru. Ihm wurde noch ein Mittel gespritzt.
Seitdem hat jeder Visionen, der ihm direkt in die Augen sieht. Meistens allerdings nicht gerade nette.“, beendete Kakashi seinen Vortrag.
Betrübt sah der schwarzhaarige in seine Tasse warmen Kakao und nahm einen kräftigen Schluck davon. Der arme Orochimaru konnte einem echt Leid tun. Es muss echt schrecklich sein, wenn alle Angst davor haben einem ins Gesicht zu sehen…
Aber, verübeln konnte er es auch keinem.
„SAAASUKKEEE!“
Geschockt zuckte der junge Uchiha zusammen. Da war wieder diese Stimme. Er konnte sie einfach nicht mehr aus seinem Gedächtnis verbannen. Diese angsterfüllte, schwache Stimme, die mit der letzten Kraft die ihr verblieb nach ihm schrie.
Das letzte was er gehört hatte, bevor… Er schluckte.
„Willst du darüber reden?“, fragte Kakashi. Sasuke schwieg.
Schon, er wollte sich diese Last von der Seele reden, aber, dann müsste er unweigerlich alles noch einmal sehen. Die Menschen. Die Gesichter.
Noch einmal diese Angst spüren und die Luft atmen, die so stark nach Krankheit und Verwesung roch.
„Ich habe meine Eltern gesehen.“, begann Kakashi auf einmal. Verwirrt blickte der Schwarzhaarige auf. „Ich habe sie sterben sehen musst du wissen. Ich hatte es fast vergessen, denn ich war noch sehr jung als sie starben. Aber dann habe ich in seine Augen gesehen und alles ist wieder da.“ Traurig sah er Sasuke an.
„Es ist eine schreckliche Gabe. Es ist, als wäre man da. Als würde das alles wirklich passieren. Jeder sieht etwas anderes. Einige Dinge die waren, Dinge die sind und manche sehen auch Dinge… Dinge die vielleicht noch sein werden.“
Traurig blickte Sasuke in das Gesicht seines Gegenüber, dass im Moment so verletzt und niedergeschlagen aussah.
„Ich sah…“, begann er. „Ich habe zuerst gar nichts gesehen… Nur Farben. Einen Strudel aus Farben, der mich mit sich riss…“
Kakashi nickte. „Das ist das Stadium in dem sich entscheidet, was wir sehen.“
„Ich… Ich hörte Stimmen.“, erzählte er weiter. Kakashi horchte auf.
„Schreie. Da waren so viele Schreie. Ich wurde durch ein Schwert verwundet. Dann hörte ich Bomben, Mienen, Flugzeuge, Schüsse. Es war schrecklich.“ Er schluckte.
„Dann verschwamm wieder alles… Ich… Ich sah Menschen. Tote Menschen, die achtlos auf der Erde lagen und verwesten. Kinder, die neben ihnen saßen und nach ihnen riefen. Sie haben nicht verstanden, was mit ihren Eltern passiert war. Und da… Da waren…“
Wieder musste er schlucken. Traurig legte Kakashi den Arm um ihn.
„Du musst nicht weiter sprechen. Ich weiß schon was du meinst.“
„Da war eine Stimme…“, fuhr Sasuke unbeirrt fort. „Nachdem meine Sicht erneut verschwamm. Ich fühlte mich krank. Todkrank. Ich konnte nur Umrisse erkennen, aber da rief jemand nach mir. Ich habe es genau gehört. Es war eine schwache Stimme. Eine sehr schwache. Und sie hat mir gesagt… Sie sagte ich dürfte nicht aufgeben. Es wäre bald vorbei.
Dann, dann brach er über mir zusammen… Und ich… Ich starb.“ Kakashi schluckte.
„Sasuke… oh, Sasuke, das ist ein böses Omen. Ein sehr böses sogar.“, entsetzt schüttelte er den Kopf.
Sasuke sah zitternd auf. „Habe ich die Zukunft gesehen?“
Schweigen. „Das ist schwer zu sagen. Unsere Zukunft ändert sich manchmal. Dadurch, dass du jetzt diese Vision hattest, wirst du vielleicht Dinge tun, die du sonst nicht getan hättest. Dadurch beeinflusst du deine Zukunft unbewusst.“
Was soll das nur werden, fragte sich Sasuke. Wozu war das alles gut?
Hatte das vielleicht… Vielleicht wegen…
„Die Person, die du in der Vision gehört hast.“, begann Kakashi. „Kennst du sie?“
Nachdenklich stellte Sasuke seine Tasse ab und schielte zu den Spielen hinüber. Er dürfte auch gleich dran sein.
„Ich kenn sie nicht, nein. Sie war mir fremd… Und doch ist sie mir vertraut. Das einzige was ich weiß ist, das ich sie liebe…“
Kakashi stutzte. „Ich weiß, dass klingt albern.“, grinste Sasuke. „Ich kann es mir ja selber nicht erklären. Ich lag da, hörte der Person zu und ich spürte die Liebe für diese Person geradezu aufflammen!“ Verträumt blickte er zum Kronleuchter hoch und versuchte sich jede Kleinigkeit, die er gesehen hatte wieder ins Gedächtnis zu rufen. Blonde Haare. Sie waren wuschelig. Wohlig seufzte der Uchiha und ihm wurde ganz warm ums Herz.
„Ich. Fass. Es .Nicht…“, brachte Kakashi stockend hervor, der seinen jungen Freund kritisch von der Seite beobachtet hatte. „Du hast dich tatsächlich Hals über Kopf in diese Person verknallt!“
Sasuke grinste immer noch. Es war ein seltsames Gefühl jemanden zu lieben, den man nicht kennt…
Aber er wusste, dass es diese Person gab. Er spürte es. Und früher oder später würde er ihr begegnen.
Immer noch grinsend blickte er sich um. Vielleicht sollte er sich ein paar Spiele ansehen.
Es ist schon ne halbe Ewigkeit her, seit er das letzte Mal ein Spiel bestritten hatte.
Voller Zuversicht stand er auf und lief an den einzelnen, kleinen Grüppchen vorbei in denen sich die Spieler sich gegenseitig mit ihren Blicken zu Tode stachen.
Interessiert sah es ihnen zu. Unter ihnen gab es den einen oder anderen guten