Wiedersehen

diese auf die Wange von dem Silberhaarigen, der kurz unter der Berührung zusammenzuckte.
„Was fürchtest du, Maximillion?“ fragte sie leise und beugte sich nach vorne, so dass sie direkt in das bernsteinfarbene Auge ihres Gegenübers blicken konnte. „Fürchtest du mich?“
Unfähig zu sprechen schüttelte Pegasus nur seinen Kopf. Schließlich gab er sich einen Ruck und löste vorsichtig seinen Griff um die Anrichtete. Er fürchtete aufzuwachen, wenn er sich nicht an diesen Traum klammerte. Konnte es wirklich sein, dass ihm irgendeine sonderbare Wendung des Schicksals seine Liebe wieder zurückgeben wollte?
Ungläubig schloss der Silberhaarige seine Augen, doch als er seine Lider wieder aufschlug, stand Cecilia noch immer vor ihm und lächelte leicht. Ihre kühle Hand ruhte auf seiner Wange. Nur zögerlich hob Pegasus die seine und legte sie auf Cecilias.
Kurz erhellten sich ihre Augen vor Freude, während der Silberhaarige nun das erste Mal wagte, seine verloren geglaubte Liebe genauer zu betrachten.
Gekleidet in ein grünes Kleid, welches schlicht wirkte, doch gleichzeitig eine Eleganz ausstrahlte, die er sich nicht erklären konnte, ihre blonden Haare, die ihr in sanften Wellen über ihre Schultern fiel, ihr Gesicht, das einer Porzellanfigur gleich… Pegasus zitterte am ganzen Leib. Sie war schöner noch, als er sie in Erinnerung hatte.
„Das kann nicht sein.“ Er wollte aus diesem Traum nie erwachen, wollte immer mit ihr zusammen sein.
Schwach streckte er eine Hand nach Cecilia aus, legte sie ebenfalls auf ihre Wange.
„Ich habe dich so sehr vermisst“, hauchte er, bevor er seine Arme ausbreitete und Cecilia in eine innige Umarmung zog. Freude flutete seinen Körper, als er durch den dünnen Stoff seines Schlafanzuges ihren Herzschlag spürte, gleichmäßig und beruhigend.
Tränen der Erleichterung stiegen hinter seinen Augen auf und Pegasus vergrub sein Gesicht nur wortlos in dem weichen, seidigen Haar seiner Gegenüber. Ein schwacher Geruch von Kräutern stieg ihm in die Nase. Beinahe war es wie früher, vor dem Unglück.
Doch dann löste Cecilia sich ein wenig aus der Umarmung. Ihre schlanken Finger wanderten weiter nach oben, dort wo einst das magische Auge gesessen hatte.
„Dein Auge“, wisperte sie besorgt und strich vorsichtig über den Knochen. „Seit wann?“
„Seit ich dich verloren habe.“ Ruhig sprach Pegasus diese Worte aus, während er Cecilia ernst in die Augen blickte. „Seither wanderte ich in Dunkelheit.“
Schweigend nickte die junge Frau und lehnte ihren Kopf an seine Brust. Ihre Augen verdunkelten sich vor Sorge und ihren nächsten Worten war die Trauer deutlich anzumerken.
„Du sollst nie wieder in Dunkelheit wandern. Es schmerzt mich, dich so zu sehen.“ Sacht fuhren ihre Finger über seine Haut. Sich der Berührung hingebend, die er so lange nicht verspürt hatte, schloss er sein Auge.
Als er ihre Lippen auf den seinen spürte in einem sanften Kuss verbunden, schlug er seine Lider wieder auf und blickte auf Cecilia hinab. Das erste wahre Lächeln seit Jahren zog sich über sein Gesicht.
„Ich habe das vermisst“, wisperte er.
„Ich weiß.“ Plötzlich grinste die junge Frau. „Und ich habe es vermisst, dein glückliches Gesicht zu sehen. Es ist so lange her.“
Pegasus nickte, nun wieder ernst.
„Ich hatte wenig, über das ich glücklich hätte sein können.“
Schlagartig wurde auch Cecilia wieder ernst. Langsam nickte sie.
„Ich weiß“, meinte sie erneut. „Bald können wir zusammen sein bis ans Ende der Zeit. Doch du musst mir eines versprechen...“
Pegasus nickte. „Alles, was du möchtest.“
„Versuche bis zu dem Tag, an dem wir uns wieder sehen, nicht aufzugeben. Es ist nicht mehr lange.“
Es dauerte eine Weile, bis der Silberhaarige die Bedeutung dieser Worte verstand.
„Das heißt“, begann er und er hatte das Gefühl, ein eisiger Wassereimer würde in seinem Nacken ausgeleert, „dass du wieder gehen musst?“
Schweigend nickte die Angesprochene und vor Pegasus' Augen wurde es schwarz für den Bruchteil einer Sekunde.
Als er wieder seine Umgebung wahrnehmen konnte, brach Cecilia die angespannte Stille.
„Versprich es mir.“ Ihre Stimme klang flehend und Pegasus spürte, wie ihre Finger, die vorher die gesamte Zeit sanft über seine Wange geglitten waren, nun auf ihrem Platz verharrten.
„Ja, ich verspreche es.“ Diese Worte fielen Pegasus so unglaublich schwer, doch noch nie hatte er ihr irgendeinen Wunsch abschlagen können.
Er sah, wie sich ein trauriges, aber dennoch erleichtertes Lächeln über Cecilias Gesicht zog und sein Herz schmerzte bei diesem Anblick.
„Ich danke dir, Maximillion.“
„Ich… du… niemals...“ Pegasus stotterte unvollständige Sätze, bevor Cecilia ihn mit einem Kuss unterbrach.
„Sprich jetzt nicht. Ich habe nicht mehr viel Zeit.“ Sie lächelte leicht und strich einige silberne Strähnen aus dem Gesicht ihres Geliebten. „Ich werde dich immer lieben.“
Wieder überbrückte sie den Abstand zwischen sich und Pegasus mit einem weiteren Kuss.
„Ich muss nun gehen, doch vor Ablauf des Jahres werden wir wieder beisammen sein.“
Endlich lächelte Pegasus, sein Gesicht strahlte eine Freude aus, die lange nicht da gewesen war, während der Raum in dem die beiden standen mit jedem Moment, der verstrich, dunkler zu werden schien. Doch der Silberhaarige achtete nicht darauf. Endlich hielt er Cecilia erneut in seinen Armen, spürte ihren Atem auf seiner Haut und hörte ihre sanften Worte, die ihm immer wieder Hoffnung gaben.
Das Letzte, was Pegasus spürte, war ein weiterer sanfter Kuss, der einem Versprechen nicht unähnlich war.
„Wir werden uns wieder sehen.“

Croquet hatte die Nacht schlecht geschlafen und als er am nächsten Morgen erwachte, zog sich bereits ein heller Streifen am Horizont entlang. Der Tag war angebrochen.
Müde streckte der Mann sich und gähnte herzhaft, bevor er schließlich aufstand.
Auf dem Korridor vor seinem Raum erwartete ihn bereits Kemo. „Morgen, Croquet“, grüßte er und Croquet nickte seinem Untergebenen kurz zu.
„Guten Morgen.“
Ohne ein weiteres Wort schloss sich Kemo dem Älteren an und gemeinsam bogen sie um die Ecke auf die lange Treppe zu. Schließlich brach der Jüngere das Schweigen.
„Master Pegasus war lange auf die Nacht.“
Kurz überlegte Croquet. Er erinnerte sich, den anderen gestern kurz erblickt zu haben, bevor Pegasus ihn zu Bett geschickt hatte.
„Das ist wahr“, gab er deswegen zurück.
„Er hat mit jemanden geredet.“
„Das ist auch wahr.“ Croquet war an diesem Morgen nicht sonderlich gesprächig. Er wollte es nicht zugeben, doch machte er sich Sorgen um seinen Herrn. So hielt er mitten auf der Treppe an.
„Ich werde nach ihm sehen.“
Pegasus war immer schlecht gelaunt, wenn er eine Nacht nicht geschlafen und stattdessen an Cecilia hatte denken müssen.
„Ich komme mit.“
Mit diesen Worten wandten sich beide Männer um und machten sich auf den Weg zu Pegasus’ Räumen.
Beherzt klopfte Croquet an. Er war sich der Präsenz Kemos hinter sich sehr wohl bewusst.
Von drinnen kam keine Antwort.
„Meinen Sie, er schläft noch?“
Croquet zuckte mit den Schultern. „Vermutlich.“
Ein ungutes Gefühl beschlich dabei jedoch den Älteren und er klopfte noch einmal an. Als wieder kein Ton aus dem Raum drang, drückte er jedoch die Klinke vorsichtig hinunter und öffnete die Tür wachsam einen Spalt.
„Master Pegasus?“ rief Croquet. Keine Antwort. Der Diener runzelte mit der Stirn und stieß die Tür vollends auf.
„Master Pegasus, ich bin bloß gekommen um zu sehen…“ Mitten im Satz unterbrach er sich und er hastete einige Schritte in den Raum hinein.
Die rötliche Morgensonne tauchte das Zimmer in ein sonderbares Zwielicht und für einen Moment starrte Croquet seinen Arbeitgeber an, bevor er sich zu Kemo umwandte.
„Schnell, rufen Sie jemanden!“
Mit diesen Worten ließ der Diener sich auf ein Knie hinab.
Reglos und blass lag Pegasus auf dem kalten Steinfußboden. Eine Flasche Wein lag neben ihm zerbrochen, ebenso wie ein Glas. Das Getränk, was sich einst darin befunden hatte, war bereits leicht angetrocknet.
Darum kämpfend, möglichst ruhig zu bleiben, streckte Croquet seine Hand nach dem Arm Pegasus’ aus und versuchte das gleichmäßige Schlagen seines Pulses zu finden.
Erleichtert atmete er auf, als er ihn spürte, schwach, aber ruhig und regelmäßig.
Im nächsten Augenblick rührte sich Pegasus.
„Ahhh…“ Kurz flackerten seine Lider, bevor sie aufflogen und sein gesundes Auge für Momente lang unfokussiert durch den Raum wanderte.
„Ce… cilia.“ Die Stimme Pegasus’ war belegt und schwach.
„Master Pegasus, wie geht es Ihnen?“ Croquet kniete neben seinem Arbeitgeber und betrachtete ihn nachdenklich.
„Croquet?“ Der Silberhaarige wandte seinen Kopf dem anderen zu und blinzelte ein wenig.
„Was machen Sie hier?“
Der Angesprochene lächelte aufmunternd. „Ich habe mir Sorgen um Sie gemacht. Können Sie aufstehen?“
Verwirrt nickte Pegasus und stützte sich stöhnend auf die Unterarme. Ein Schmerz explodierte in seinem Kopf und er verzog das Gesicht.
„Was ist passiert, Croquet?“, wollte er wissen, während er sich weiter nach oben kämpfte.
Mit der Hilfe seines Dieners, stand der Silberhaarige ein wenig später tatsächlich auf seinen eigenen Beinen.
„Setzen Sie sich erst einmal.“ Croquet dirigierte seinen Arbeitgeber sanft, aber bestimmt zu dessen Bett, das nicht weit von der Anrichte entfernt stand. Dann ließ er seinen Blick durch das Zimmer schweifen und in seinen Gedanken bildete sich ein Bild von dem, was geschehen sein musste.
„Nun“, begann der Bedienstete. „Ich denke, Sie sind gestürzt und haben sich dabei den Kopf angeschlagen.“
Pegasus überlegte kurz. Trauer zog über sein Gesicht, die Croquet beinahe zurücktaumeln ließ. Was war in der Nacht geschehen?
„Ich bin froh, dass es Ihnen gut
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