Wiedersehen
geht.“
Wortlos nickte der Silberhaarige. Es schien beinahe, als hätte er die Worte, die sein Diener gesprochen hatte, nicht verstanden.
Seine Lippen formten ein Wort, doch kein Ton drang über diese. Doch brachte es ihm einen besorgten Blick von Croquet ein.
„Legen Sie sich hin, ich werde Ihre Termine für heute absagen lassen.“
In diesem Moment klopfte es und Kemo trat, gefolgt von einem Arzt in das Zimmer. Bevor einer der beiden jedoch etwas sagen konnte, erhob Croquet sich und bedeutete den Neuankömmlingen mit einer Handbewegung, still zu sein, während er zu der Anrichte schritt und die grünen Scherben der zersprungenen Flasche schnell einsammelte.
„Schlafen Sie, Master Pegasus.“
Wie in Trance nickte dieser. Aus diesem Grunde zögerte sein Bediensteter noch einen Augenblick, bevor er sich abwandte und hinter Kemo und dem Arzt das Zimmer verließ. Leise zog er die Tür hinter sich ins Schloss.
„Was ist geschehen?“, fragte Kemo sofort.
„Kommen Sie, ich erkläre es Ihnen bei einer guten Tasse Kaffee. Die brauche ich nun.“ Damit ging Croquet wieder vor.
Pegasus hingegen lag in seinem Bett. Der Kopfschmerz tobte hinter seiner Stirn und er war froh, dass Croquet ihn so schnell wieder allein gelassen hatte. Es gab Dinge, über die er nachdenken musste.
Was in der Nacht geschehen war… Der Blick des Silberhaarigen wanderte zu dem Ort, wo die zerbrochene Weinflasche gelegen hatte.
War alles, was er gesehen und gespürt hatte, nur ein Traum gewesen? Konnte dieses Glück, was er gespürt hatte, allein durch einen Schlag auf seinen Kopf verursacht worden sein?
Pegasus runzelte die Stirn, was einen neuerlichen Schmerz hinter dieser explodieren ließ.
„Cecilia“, wisperte er. War sein Wunsch, sie wieder zu sehen, groß genug gewesen, sie erscheinen zu lassen, oder hatte seine Verzweiflung ihm in seiner Ohnmacht einen bösen Streich gespielt?
Er wusste es nicht. Er spürte nur, dass in ihm wieder die Trauer wuchs. Warum musste jede Vision, die er von seiner Geliebten hatte, immer zerplatzen wie eine Seifenblase?
„Wir sehen uns wieder…“ Die Worte des Versprechens waren vermutlich auch nur Hirngespinste, die seinem gequälten Geist entsprungen waren. Hirngespinste, die er vernommen hatte, weil er es sich so sehnlichst gewünscht hatte.
Croquet hatte ihm geraten zu schlafen. Vermutlich war es nicht die schlechteste Idee. Jedoch hielten ihn, wie auch am Abend zuvor, die Gedanken an eine Zeit, die nie kommen würde, davon ab, endlich in Morpheus’ Arme zu gleiten.
„Cecilia, warum hast du mich verlassen?“
Die Kopfschmerzen ignorierend, schwang Pegasus seine Beine aus dem Bett und tappte barfuss zu dem großen Fenster. Eine helle Morgensonne tauchte die Insel, auf der sein Anwesen stand, in ein goldenes, warmes Licht und unzählige Vögel begrüßten den neuen Tag.
Nachdenklich ließ Pegasus seinen Blick schweifen. Der dünne Vorhang flatterte leicht im Wind. Seufzend stieß der Silberhaarige die Luft aus. In seiner Brust hatte sich eine große Leere breitgemacht und er wusste nicht, wie er dagegen ankämpfen sollte.
„Ich vermisse dich.“
Mit diesen Worten wandte Pegasus sich von dem Fenster ab und wollte zurück in sein Bett gehen. Mit jedem Augenblick, den er stand, wurde sein Kopfschmerz schlimmer. Konnte es sein, dass er sich eine Gehirnerschütterung bei dem Sturz zugezogen hatte? Vorsichtig schüttelte er den Kopf.
Dann sah er es.
Auf der Anrichte leuchtete etwas in der frühen Morgensonne. Neugierig geworden, trat der Silberhaarige näher. Er hatte vermutet, dass Croquet alles beiseite geräumt hatte. Doch offensichtlich war das nicht der Fall. Blinkend und glänzend ruhte etwas auf der Platte. Etwas, was am Abend zuvor noch nicht dort gewesen war. Es war ein kleines, silbernes Amulett.
Stirnrunzelnd streckte Pegasus seine Hand aus und schloss seine Finger um dieses. Als er sie öffnete, um das feingearbeitete Schmuckstück genauer zu betrachten, durchzuckte ihn ein Gedanke wie ein Blitz.
Ein Lächeln zeichnete sich auf dem Gesicht des Silberhaarigen ab und er legte seine Finger wieder vorsichtig um den Anhänger. Die Schmerzen, die hinter seiner Stirn tobten, waren vergessen. Eine seltsame Geborgenheit umgab Pegasus, als er zurück zum Bett schritt.
Immer noch lächelnd, ließ er sich auf ihm nieder und öffnete seine Finger erneut. Im selben Moment traf ein Sonnenstrahl auf das Schmuckstück.
Auf Pegasus’ ausgestreckter Hand glitzerte Cecilias Amulett und ihm war es, als könne er ihre Stimme hören.
„Wir werden uns wieder sehen.“
~Finis~