Unsterblich

mal tief ein und aus, bevor er den Weg weiterging, wie Emeral es ihm gesagt hatte.
Am Ende angekommen machte er einen Satz auf die höherliegenden Felsen.
"Ich komme Leana."
Mit wehendem Umhang flog er dem Vollmond entgegen.

Die Blätter raschelten und einige Blütenblätter flogen über die Gräber.
Leana stand in Gedanken versunkten an Kayan Grab und betrachtete die Inschrift. Sie kam fast jeden Tag, spät am Abend, um das Grab ihres einst Geliebten zu besuchen.
"Kayan... du bist tot.", murmelte sie und schloss die Augen.

Lautlos landete Kayan auf der Mauer.
Er schluckte und sprang von der Mauer.
"Leana..."
Leana zuckte zusammen. Verwirrt drehte sie sich um und schaute in Kayans schwarze Augen.
"Nein, das ist nicht möglich...", sprach sie zu sich selbst, während sich ihre Augen weiteten, als Kayan auf sie zuging.
"Doch, es ist möglich Leana, hör mir zu." Kayan versuchte so ruhig wie möglich zu klingen.
Die Frau schüttelte energisch den Kopf. "Nein! Das ist nicht wahr! Du lebst nicht!"
"Einerseits ja und andererseits nein.", sagte Kayan und machte noch einen Schritt auf sie zu. Er stand nun ganz nah vor ihr und konnte ihre schönen Augen, ihre zahrte Haut und ihre schimmernden Haare sehen. Zeitgleich wunderte er sich, warum sie nicht zurückwich.
Er beschloss gleich mit der Tür ins Haus zu fallen, denn er wusste nicht, wie viel Zeit er hatte. Emeral konnte auch nicht ewig Geschichten erfinden.
"Ich bin tot, aber nur Körperlich. Ich bin ein Untoter, ein Vampir."
Leana lachte kurz auf, aber es war nur ein leichtes, nervöses Lachen.
"Ein Vampir? Das ist Schwachsinn..." "Wenn das Schwachsinn ist, wieso stehe dich dann hier vor dir?" Innerlich verspührte er den Drang sie zu berühren, sie zu küssen.
Leana öffnete den Mund, aber es kamen keine Worte heraus. Sie wusste nicht, was sie antworten sollte.
"Hat man je meine Leiche gefunden?", fragte Kayan und wollte ihr wieder einen Beweis liefern, dass er die Wahrheit sagte.
Wieder antwortete sie nicht, sondern schüttelte nur den Kopf. "Siehst du? Ich bin es wirklich...."
Sie schloss ihre Augen. "Kayan..." Stumme Tränen rannten ihre Wangen hinunter. Jetzt konnte Kayan sich nicht mehr halten. Sie weinen zu sehen, war das schlimmste, was ihm wiederfahren hätte können.
Sanft legte er seine Arme um sie und drückte sie leicht an sich. Keine Wärme, keine Geborgenheit ging von seinem Körper aus.
Sofort drückte Leana ihn von sich weg. "Kayan..." "Was ist?" Sie schluckte und sagte leise: "Du bist....kalt."
Ein Stich ins Herz hätte nicht schmerzvoller sein können, doch er liess sich nichts anmerken. "Vampir.", sagte er knapp.
Leana machte ein paar Schritte zurück. "Was fällt dir eigentlich ein?", sagte sie etwas lauter als gewohnt.
Erschrocken blickte er auf. So einen Ton war er von ihr nicht gewohnt.
"Erst verschwindest du einfach und ich denke du bist tot, und dann tauchst du plötzlich wieder auf..." Wieder kullerte Tränen ihre Wangen runter.
Sie konnte nicht schnell genug schauen, da war Kayan auch ganz nah bei ihr. "Wie-?" "Vampir." Seine Augen blitzen, zumindest erschien es ihr so. "Du machst mir Angst.", sagte sie leicht zitternd und die weissen Rosen in ihrer Hand fielen zu Boden.
Kayan hob seine Hand und berühte ihr Wange. Wie von der Tarantel gestochen nahm er sie wieder weg...
"Was zum...?", keuchte er und besah sich seine Hand. Darauf war nichts Aussergewöhnliches zu erkennen. Für eine Sekunde lang hatte er Durst verspürt. Durst nach Leanas Blut.
In diesem Moment verstand er, warum Menschen und Vampire nie zusammen leben könnten. Es war einfach zu Gefählich und der Durst nach Blut zu gross.
Wie hypnotisiert starrte er auf seine Hand.
"Kayan? Alles in Ordnung?"
"Nein, nichts ist in Ordnung.", sagte er und schaute sie an. "Geh nach Hause, zu Dave."
Leana machte wieder ein paar Schritte zurück. "Ich werde nie wieder kommen, Leana. So ist es besser.", sagte Kayan und zeigte keine Gefühle, doch im Innern schmerze es ihn wie noch nie zuvor.
Verwirrt über diesen plötzlichen Sinneswandel nickte sie nur kurz und ging an ihm vorbei auf das Friedhofstor zu.
Kurz davor blieb sie stehen und drehte sich zu Kayan um. "Ich glaube dir."
Kayan drehte sich ebenfalls um. "Was?"
"Vampir.", sagte sie und schaute ihn mit glänzenden Augen an. Mit wehenden Harren verschwand sie um die Ecke.
Das war das letzte Wort, was Kayan von ihr gehört hat. "Vampir...". Das war auch das letzte Mal, dass sie ihn gesehen hat.

+Flashback ende+

"Jetzt weisst du es... und jetzt weiss ich, was du meinstes 'Tu nichts, was du später bereuen wirst'", flüsterte Kayan und stand auf.
Geschickte stand er auf dem knarrenden Ast. Ein Lächeln huschte über seine Lippen. "Ich hätte es mir nie verziehen, wenn ich sie gebissen hätte."
Emeral nickte. Plötzliche hörte er ein flatterndes Geräusch hinter sich.
"Sima!" Die kleine Fledermaus flatterte wild um Emerals Kopf herum und gab Laute von sich, die ziehmlich nervös klangen.
Dieser biss sich auf die Unterlippe. "Oh nein... wir sind schon viel zu lange hier." "Warum? Wir haben doch nichts-" "Doch!", unterbrach ihn Emeral. Ruckartig stand er auf. "Yovis hat mich geschickt um dich zu holen! Ich glaube er hat den Geheimgang entdeckt..." "WAS? Und das sagt du mir erst jetzt?" "Komm!" Emeral machte sich gerade abflugbereit, als Kayan ihn an der Schulter packte. "Warte."
Verblüfft drehte sich der Kurzhaarigen um. "Hm?" "Das nächste mal erzählst du mir deine Geschichte, einverstanden?", lächelte der Jüngere. Emeral nickte. "Wir werden sicher noch eine Gelegenheit haben, denn wir sind ja unsterblich."

ENDE
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