Lonely Heart

sie in Dunkelheit standen.
Er raufte sich die Haare und fluchte leise vor sich hin. Die anderen beobachteten ihn, doch sie sagten lieber nichts. Immerhin wollten sie ihn nicht noch mehr verärgern, als er es sowieso schon war. Und man sah ihm an, dass er sauer war…
Wenn Seto vor einem Problem stand, dann löste er es immer. Manchmal sogar innerhalb von Minuten. Doch die Sache mit Atemu und diesem Schatten brachte ihm Übelkeit. Er wurde einfach nicht schlau aus dem, was er sah.
Die nächste Tür entdeckten sie oder besser Seto erst ein paar Stunden später, als die Hoffnung, noch etwas zu erreichen, schon fast Null betrug.
Diese Tür führte sie wieder nach Ägypten, doch diesmal nicht in die Hauptstadt, sondern direkt nach Kul-Elna. Das war die erste Überraschung. Die zweite war die Tatsache, dass sie direkt in den Kampf mit Zork hineinplatzten. Seth war gerade dabei, ihn mit seinem Weißen Drachen anzugreifen und Atemu kniete erschöpft und verletzt hinter ihm. Und neben ihm kniete der Schatten, den wieder nur Seto sehen konnte. Der junge Firmenchef erkannte, welche Silhouette er jetzt angenommen hatte: Atemus.
Es sah so aus als würde er ihn streicheln, über die Schultern und den Rücken streicheln.
Aus einem plötzlichen Impuls heraus lief Seto zu Atemu hinüber und schreckte so den schwarzen Schatten auf, der sich daraufhin von dem Pharao entfernte. Ein Fauchen war von ihm zu hören und Atemu stand wieder auf, um Seth zu helfen. Seto hielt den Schatten davon ab, Atemu wieder zu nah zu kommen. Er schlich um Seto herum, der ihm immer den Weg zu dem jungen König versperrte.
„Hey, Kaiba! Was ist denn mit dir los?“, rief Joey. Das Verhalten seines Rivalen kam ihm spanisch vor. Doch auch den anderen ging es so. Sie konnten nicht verstehen, wieso Seto zu Atemu gelaufen ist, wo er ihn doch gar nicht sehen kann…
Gerade als Atemu und Seth Zork besiegten und so den Frieden zurück nach Ägypten brachten, verschwamm die Umgebung wieder.
Seto konnte noch einen Blick auf Seth werfen, der den nun leblosen Pharao in seinen Armen hielt und scheinbar auch ein paar Tränen vergoss.
Dann war alles schwarz und die Gruppe verließ den Raum.
„Kaiba. Was hast du da gemacht?“, wollte Yugi wissen.
„Nichts.“
„Lüg doch nicht! Ich glaub, du bist langsam durchgedreht!“
Ein eiskalter Blick von Seto ließ den Hund auf der Stelle verstummen.
Wenn die anderen diesen suspekten Schatten nicht sehen konnten, hatte es keinen Sinn, ihnen seine Reaktion zu erklären. Er konnte es einfach nicht zulassen, dass dieser Schatten weiter bei Atemu blieb.
Er schien ihm nicht gut zu tun, im Gegenteil...
Doch er konnte sich nicht erklären, was das nun mit Yamis Verschwinden zu tun haben sollte.
Als wollte jemand ihm eine Antwort darauf geben, leuchtete auf einer der zahlreichen Türen nun ein Millenniumsauge auf.
Wie von der Tarantel gestochen sprang Joey fast dem kleinen Yugi in die Arme und schrie vor Schreck laut auf. Seto konnte darauf nur die Augen verdrehen und auch die anderen wussten nicht, was darauf zu sagen war.
Also betraten sie einfach das Zimmer, mit der Erwartung, wieder in Ägypten zu landen, doch sie wurden enttäuscht. In diesem Raum war alles schwarz. Nicht die kleinste Lichtquelle ließ sich ausmachen. Die fünf Personen liefen in die Dunkelheit hinein und schauten sich um als plötzlich eine Stimme zu vernehmen war.
„Willkommen…“
Sie wirbelten herum und entdeckten Atemu. Die Dunkelheit verdeckte zwar seinen Körper ab der Schulter, doch er war es eindeutig. Seine Haut schimmerte bronzen und auf seiner Stirn glänzte das Diadem.
Doch irgendwas stimmte nicht mit ihm.
Das Lächeln, das auf seinem Gesicht lag, war kalt und frostig, genauso wie seine Augen.
In ihnen stand eine dermaßene Kälte, wie sie selbst bei Seto noch zu keinem Zeitpunkt zu beobachten war.
Yugi trat einen Schritt zurück, während die anderen sich ihm fröhlich näherten.
Auch Seto merkte, dass das nicht Atemu war und hielt die anderen zurück.
„Wartet.“
Tea, Tristan und Joey blieben stehen und schauten Seto und Yugi an, die sich wohlweislich von Atemu fern hielten.
„Yugi, was ist denn?“
Yugis Gesicht war ängstlich. Diese Tatsache ließ die anderen drei stutzen.
„Das… Das…“
Seto beendete den Satz für den Kleinsten.
„Das ist nicht Yami.“
Sein Blick war auf den angeblichen Pharao fixiert.
„Wie bitte? Wer sollte es denn sonst sein? Er sieht genauso aus wie er und er hört sich genauso an wie er. Natürlich ist das Yami.“
Der falsche Pharao kicherte.
Yugi versteckte sich ein bisschen hinter Seto. Ein eiskalter Blick traf den noch immer Kichernden.
„Wer bist du? Und was hast du mit dem Pharao gemacht?“
„Oh, oh, oh… Ich habe gar nichts mit ihm gemacht.“
Ein kaltes Lächeln erschien wieder auf dem Gesicht des Fremden.
„Lüg nicht!“
Seto wurde lauter.
„Wer bist…?“
Plötzlich ging dem jungen Firmenchef ein Licht auf.
„DU! Du bist das gewesen!“
Das Grinsen des anderen wurde breiter und Yugi und die anderen verstanden nichts mehr.
„Hast du es jetzt endlich gemerkt, Priester?“
Das letzte Wort spie er regelrecht aus.
„Wo ist er? Wie hast du es geschafft, ihn zu entführen?“
„Ich habe ihn nicht entführt. Er ist freiwillig zu mir gekommen.“
Die Dunkelheit verschwand und gab die Sicht auch auf den unteren Teil des falschen Atemu frei.
„Yami!“, rief Yugi als er ihn entdeckte.
Er kauerte neben dem Thron, auf dem sein Double saß und versteckte sein Gesicht im Schoß des anderen. Seine Hände krallten sich in dessen weiße Kleidung und er zitterte wie Espenlaub. Er gab ein geradezu erbärmliches Bild ab, das alle anwesenden Freunde schockierte.
„Yami…“
Yugi musste sich stark beherrschen, nicht loszuweinen.
„Was ist mit ihm?“, fragte Joey geschockt. „Kaiba, was ist mit ihm?!“
„Ich weiß es nicht!“
Seto war wütend. So wollte er Yami nie sehen. So gebrochen und hilflos…
Der falsche Atemu kicherte.
„Ich kann euch sagen, was los ist. Ihr habt ihn zurück in meine Arme getrieben.
Ihr habt ihn auf einen unsichtbaren Pharaonenthron gesetzt und euch von ihm distanziert. Ihr verlasst euch immer darauf, dass Yami auf alle Fragen des Lebens eine Antwort hat und merkt nicht, dass ihr ihn ausschließt und überfordert. Und deshalb ist er geflüchtet. Zu mir.“
„Du bist…“
“Ja?“
Setos Hände begannen zu zittern.
„Einsamkeit?“
„Der Kandidat erhält 100 Punkte.“
Das bedeutete also, der falsche Atemu war eine Personifikation von Yamis Einsamkeit?
Genährt und gestärkt seit Jahrtausenden…
„Was bitte? Yami war doch nicht einsam! Wir waren doch immer da!“, meckerte Joey lautstark.
Yugi schaute seinen Yami an.
„Yami… Yami… Schau mich an, bitte…“
Yami rührte sich nicht.
„Ich glaube, ihr habt mich nicht verstanden.
Ihr habt ihn auf ein zu hohes Podest gestellt, von dem aus er euch nicht erreichen konnte und einsam wurde. Deshalb kam er zu mir. Dem einzigen, der ihn noch nie verlassen hat.“
Setos Wut stieg.
Er wollte den alten Yami wiederhaben!
„Das ist nicht wahr!“
Während den anderen langsam ein Licht aufging, versuchte Seto, noch was zu retten.
„Da hast du Recht. Sowohl damals als auch heute gab es jemanden, der mich immer vertrieb.
DICH.
Doch jetzt ist es zu spät. Er gehört mir.“
„Yami! Sieh mich an!“
Wieder rührte sich der Pharao nicht.
„Kaiba, was geht hier vor?“
Yugi klang unheimlich verzweifelt und erste Tränen flossen über seine Wangen.
„Als wir in Ägypten waren, habe ich jedes Mal einen Schatten bei Atemu gesehen. Mit jeder neuen Szene wurde er dunkler und nahm die Form eines Menschen an. Mir ist aufgefallen, dass er immer da war, es sei denn, Seth war bei ihm.“
Der falsche Atemu schnaubte.
“Das stimmt. Seth hat mich immer vertrieben…“
“Als ich vorhin zu Atemu gelaufen bin, hab ich das nur gemacht, um ihn…“
Er zeigte auf den falschen Atemu.
„…zu vertreiben. Sonst wäre der Pharao nicht aufgestanden und Ägypten wäre verloren gewesen.
Gib ihn frei! Sofort!“
„Nein. Er ist zu mir gekommen. Ich werde ihn nicht mehr fort lassen.“
Er legte eine Hand an Yamis Kinn und hob sein Gesicht an. Bei dieser Gelegenheit sahen Seto und die anderen die stumpfen Kristalle, die einmal so geleuchtet hatten, von denen nun nichts mehr übrig war, als ein stumpfer Glanz in den amethystenen Augen. Sie erschraken. Dieser Anblick brach Yugi endgültig und er begann, zu schluchzen.
„Yami……“
Der falsche Atemu beugte sich vor und hauchte einen Kuss auf Yamis Stirn. Dann ließ er wieder von ihm ab und Yamis Kopf sank zurück auf seinen Schoß.
Seto war ratlos. Wie sollte man Yami helfen, wenn man ihn nicht erreichen konnte?
Ihm drängte sich die Befürchtung auf, dass ihm nicht mehr viel Zeit blieb, um den Pharao aus den Klauen dieser Bestie zu befreien.
Nach einem Geistesblitz hockte sich der junge Duellant hin und schaute Yami an.
„Yami. Sieh mich an. Bitte.“
Seine Stimme klang sanft und warm.
Und zur Überraschung aller drehte Yami seinen Kopf tatsächlich in Setos Richtung.
Der Blauäugige hockte sich auf den Boden, um mit dem Kleineren auf einer Höhe zu sein, nicht auf ihn herabblicken zu müssen.
„Es tut mir leid. Ich wollte wirklich nicht, dass so was passiert.“
Yami erwiderte nichts.
„Ich habe gemerkt, dass es dir nicht gut ging, aber… Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Dein Hilferuf kam bei mir nicht an. Nun weiß ich, was ich hätte tun müssen, aber es ist zu spät. Weißt du, ich bin es nicht gewohnt, dass jemand zu mir kommt, um nicht allein zu sein. Ich weiß jetzt, dass ich dich nicht hätte abweisen dürfen, wie Seth dich nie abgewiesen hat. Ich würde es gern wieder gut machen, doch das kann ich nur, wenn du mich auch lässt.“
Yamis Double hörte Setos Rede skeptisch zu.
„Das glaubst du doch selbst nicht. Für dich ist er doch nichts weiter als ein guter Rivale, der
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