Seraphim Call
Buntern Fenster der Bibliothek flutete das Sonnenlicht in allen Facetten hinein, doch sie konnte seine Wärme nicht spüren.
Aber er konnte die Wärme spüren, die von Harry ausging.
Draco griff mit seiner freien Hand nach Harrys, die ruhig auf dem Tisch lag und drückte sie sanft.
"Ich wollte mich noch entschuldigen...", begann Draco langsam, "Für die letzten Jahre. Ich weiß nicht, warum alles so gelaufen ist, wie es war. In der letzten Woche... ich weiß nicht, ich hatte das Gefühl, dass ich in deine Seele blicken könnte - mal abgesehen das wir nur als Astralkörper rumlaufen – wie auch immer - ... Es tut mir leid!
Verwirrt blickte er auf und sah direkt in Dracos sturmgraue Augen, in denen sich ein Wechselbad der Gefühle abspielte. Vorsichtig drückte er seine Hand und lächelte ihn zaghaft an.
"Mach dir keine Gedanken. Ich werfe dir nichts vor, ich war ja auch nicht besser. Darum bitte ich dich hiermit ebenfalls um Verzeihung. Und außerdem..." Harry stockte für einen Moment und blickte auf den Tisch. Er wusste einfach nicht, wie er das sagen sollte.
"Das... was du eben gesagt hast. Dass du meintest, dass du gerne sterben würdest... Ich..."
Harry brach erneut ab, das war schwieriger als er gedacht hatte. Eigentlich hatte er doch nur eine einfache Bitte an ihn.
"ich will nicht das du Stirbst. Also... versprich mir, dass du nicht sterben wirst..."
Der schwarzhaarige Gryffindor hatte den anderen Jungen während er dies sagte nicht angesehen. Er traute sich einfach nicht zu erfahren, was der andere nun dachte.
Draco blinzelte verwirrt und tauchte mit seinen Blicken tief in Harrys grüne Augen ein.
Dann lächelte und Ironie spiegelte sich in seinen Augen.
"Komisch, wo wir doch Sechs Jahre so gewaltsam bekämpft haben!"
Felidea gab einen Laut von sich, der fast wie ein Schnurren klang, dann wickelte sie sich Dracos Arm hinauf, glitt weiter und schlang sich um seine Hand, jene, die Harrys Hand immer noch mit sanftem Druck festhielt.
Nach eine kurzen Pause fuhr Draco fort: "Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich will. Ich möchte nur, dass das hier aufhört und wir wieder zur Normalität zurückkehren können. Ich wette, das Bankett daheim würde noch größer ausfallen als sonst. Es gäbe mehr zu Essen als ein Mensch in seinem Leben verdrücken könnte... aber wenn das nicht Möglich ist, dann ist der Tod keine schlechte Alternative. Dann könnte ich wenigstens ein richtiger Geist werden, so wie Peeves... obwohl... nein. lieber nicht wie Peeves..."
Draco bemerkte, wie er versuchte, dem Gryffindor ein Lachen zu entlocken. Jedoch schien er mit dem, was er sagte, nicht besonderen Erfolg zu haben!
Harry blinzelte verwirrt und sah auf Felidea, die vollkommen Selbstzufrieden aufsah und glücklich zischelte.
Dann sah er wieder zu Draco und auf seinem Gesicht zeigte such zu erst ein geschockter, dann ein ungläubiger, der schließlich zu einem emotionslosen Ausdruck wandelte.
"Ein Bankett? Ein BANKETT?? Es geht dir um ein gottverdammtes Bankett??" Er konnte es einfach nicht fassen. Wie konnte er wegen einer solchen Kleinigkeit sterben wollen? Wie konnte er sein Leben als so wertlos erachten? Gab es denn gar nichts, was ihn irgendwie ansprach, dass er weiter leben wollte? Nichts? War das alles so unwichtig?
War er so unwichtig?
Er fühlte wie eine eisige Kälte von seinem Körper besitz ergriff und mit einem Mal war es ihm nicht mehr möglich weiter mit Draco in einem Raum zu bleiben, weshalb er ohne ein weiteres Wort aufsprang und eiligst den Raum verließ. Nur weg.
Draco hingegen stand der Mund offen, der er wusste nicht, wo Harrys Problem lag...
Felidea surrte nur vor sich hin blickte ihn mit treuen Schlangenaugen an. Doch darin fand er keinen Rat,.
//Was tue ich hier eigentlich?// dachte Draco und Sprang auf. Felidea wand sich in letzter Sekunde um seinen Arm. Dann rannte er Harry hinterher. Er konnte die Schritte des anderen im Gang hören und folgte unnachgiebig ihrem Echo. Er hoffte nur, dass ihnen keiner der nervigen Lehrer über den Weg laufen würde.
"Harry? Harry? Jetzt warte doch!"
+++ +++
Er hastete eine längere Treppe hinauf und bemerkte nun letztendlich, dass Harry auf einen der Türme kletterte. Vermutlich wollte er nur seine Ruhe haben - schließlich hatte er Draco in der letzten Woche zu genüge erzählt, dass er weder Daheim, noch bei seinen Gryffindorfreunden Ruhe bekam. Aber es kümmerte ihn nicht.
Er traf Harry auf dem Dach des Astronomie-Turm wieder, wo dieser über die Rehling gelehnt da stand und nach unterstarrte.
Der leichte Wind, der durch die Bäume wehte erreichte ihn nicht und zum ersten Mal wünschte er sich nicht ihn zu fühlen. Seine Schritte hatten ihn wie automatisch zum Astronomie-Turm geführt und nun stand er hier an der Rehling und blickte in die Tiefe. Wenn er nicht gewusst hätte, dass er nicht mehr sterben konnte, wenn er sich nun in die Tiefe stürzte, dann wäre es vermutlich einen Möglichkeit gewesen wäre die er gerne angenommen hätte. Und trotzdem kletterte er über die Rehling und lehnte sich seufzend an das Geländer. Er hatte bemerkt, dass Draco ihm gefolgt war, aber er wollte nun einfach nicht mit ihm reden, ihn nicht sehen und nicht hören. Er wollte einfach nur allein sein und in Ruhe nachdenken. Denn mit einem Mal erschien ihm selbst wieder alles so sinnlos, mit einem Mal schien er wieder an derselben Stelle zu stehen, wie vor einigen Wochen, als er und Draco festgestellt hatten, dass sie tot waren.
Draco seinerseits brauchte keine Erläuterungen. Alles an Harrys Haltung und Miene verriet ihm, dass er keine Lust hatte, sich weiter zu unterhalten.
Aber Draco würde diese Sturheit nicht leichtfertig hinnehmen.
"Nur um es klar zu stellen, Potter, ich wäre auch lieber lebendig als tot. Ich habe noch einiges vom Leben erwartet, genau wie du! Auch wenn wir Malfoys zur Kälte erzogen werden, heißt das nicht, dass wir keine Gefühle besitzen! Aber die nutzen einem Nichts, wenn man tot ist! Das weiß ich!"
Er hielt inne, wartete ein paar Sekunden, in der Hoffnung, dass Harry sich herumdrehen, wieder zurück über die Balustrade klettern und mit ihm reden würde. Aber die Chancen dafür standen verdammt schlecht.
"Wie auch immer", seufzte Draco, "Was rede ich eigentlich!"
Als er die Stufen wieder hinunter stapfte, zischelte Felidea unruhig
~Meisssster, wasss isst mit euch?~
Doch sie hörte Harrys Antwort nicht mehr, als Draco wieder nach Drinnen ging.
Harry hatte einfach nur schweigend zugehört, hatte sich allerdings geweigert Draco nun sein Gesicht zu zeigen. Er wollte nicht, dass dieser ihn so sah. Und so zischelte er einfach leise eine Antwort für Felidea, obwohl er sich nicht einmal sicher war, ob diese ihn überhaupt noch hörte.
~Nichtssss... essss issssst rein gar nichtsssss~
Seine Stummen Tränen vermischten sich mit dem Wind, der sanft um ihn wehte auch wenn er ihn nicht fühlen konnte. Und langsam ließ er sich auf den schmalen Sims nieder, seine Hände immer noch in die Rehling gekrallt.
In diesem Moment wünschte Harry sich nichts sehnlicher als fliegen zu können. Einfach aufzustehen und los zu fliegen. Und alles hinter sich zulassen was ihn bewegte.
Denn nun konnte er auch nicht einfach so zu Draco zurückgehen. Es ging einfach nicht. Auch wenn er es sich nichts sehnlicher wünschte.
SECOND INTERMISSION