Die Schlafwandlerin

etwa jemand im See? Sie kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können. Nein. Natürlich war da keiner. Wieder mal nur ihre Einbildung. Immer versuchte sie die Dinge interessanter zu machen, als sie in Wirklichkeit waren!

Nach dem Essen legte sich Mrs Uchiha gewöhnlich hin und schlief ein bisschen auf der Couch im Wohnzimmer, während Sakura das Geschirr spülte. Der Mittagsschlaf dauerte nie länger als eine Stunde. Doch in dieser Zeit konnte Sakura fernsehen oder ungestört an Gaara denken oder das Haus erkunden.
Das Haus war überraschend modern möbliert mit Sesseln aus schwarzem Leder und Chrom, einer passenden Couch und einem niedrigen Kaffeetisch aus Plexiglas. An den Wänden entlang standen Bücherregale, die vom Boden bis zur Decke reichten. Mrs Uchiha hatte gern und viel gelesen. Jetzt, wo das Lesen ihre Augen ermüdete, hatte sie es gern, wenn man ihr vorlas.
Aber am meisten erstaunte Sakura die große Kollektion von Krimskrams. Er stand einfach überall: auf den Tischen, den Fensterbänken, in den Regalen. Einige Dinge waren sogar in extra Glaskästen gruppiert, die zwischen den Büchern standen.

Die alte Frau hatte nur den Kopf geschüttelt und gemurmelt: „Das ist alles wertloses Zeug. Nichts als Staubfänger.“ Als Sakura versucht hatte, sie etwas mehr darüber auszufragen, hatte Mrs Uchiha einfach das Thema gewechselt, indem sie meinte: „Es ist jetzt Zeit für unseren Spaziergang.“
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Jeden Nachmittag spazierten Sakura und Mrs Uchiha unten am Seeufer entlang. Mrs Uchiha stützte sich mit einer Hand auf ihren Stock, mit der anderen hielt sie sich an Sakuras Arm fest. Es fiel der alten Frau offensichtlich schwer, eine so lange Strecke auf nachgiebigen Boden zu gehen. Aber sie bestand trotzdem jeden Tag darauf.
Aus irgendeinem Grund war das der Teil ihres Jobs, den Sakura am wenigsten mochte. Obwohl der See wunderschön war, machten sie diese täglichen Spaziergänge nervös. Jedes Mal, wenn sie über das grünblaue Wasser des Sees blickte, lief ihr ein Schauer über den Rücken, egal, wie warm der Tag war.
Jetzt half sie Mrs Uchiha, einen dicken Holzstamm zu umgehen, der am Ufer lag. Die alte Frau wirkte geistesabwesend und sah in die Ferne. „Mrs Uchiha, fühlen Sie sich nicht wohl?“

Mrs Uchiha starrte weiter über den See und schien sie nicht zu hören. „Hier habe ich meinen Masao verloren“, sagte sie mit weicher Stimme.
„Masao?“
„Meinen Sohn. Er war erst drei. Wäre er doch damals nur nicht von mir weggelaufen. Er konnte doch nicht schwimmen.“ Sie drehte sich zu Sakura um und seufzte. „Manchmal kommt es mir so vor, als könnte ich ihn sehen irgendwo da draußen. So viel Jahre sind vergangen, und ich sehe ihn immer noch.“ Sie umklammerte Sakuras Arm fester.
„Wann ist das denn passiert?“, fragte Sakura vorsichtig.
Mrs Uchiha gab keine Antwort zurück. Eine ganze Weile schwieg sie, dann schlug sie den Rückweg zum Haus ein. „Lass uns wieder reingehen. Es ist Zeit zum Vorlesen.“

„Nicholas Nickleby“ von Charles Dickens hatte sich Mrs Uchiha zum Vorlesen herausgesucht. Das war ein ziemlich Dicker Wälzer, und Sakura war sich sicher, dass sie den ganzen Sommer brauchen würden, um es durchzubekommen. In diesem Jahr hatten sie ein anderes Buch von Dickens in der Schule lesen müssen. Sakura fand es ganz okay, aber es war nicht gerade das, was sie sich selbst aussuchen würde. Deshalb war sie überrascht, als sie feststellte, dass „Nicholas Nickleby“ ihr richtig gefiel und das Vorlesen Spaß machte. Das Buch war sogar zum Teil ganz lustig.
Mrs Uchiha saß kerzengerade auf der schwarzen Ledercouch, währen Sakura las, und streichelte Kumiko, die neben ihr lag und so aussah, als würde sie Sakura ebenfalls aufmerksam zuhören. Ab und zu schloss Mrs Uchiha die Augen. Sakura war nicht sicher, ob sie sich der ganzen Geschichte überließ oder ob sie ein bisschen döste, las aber aus jeden Fall weiter. Es war so still im Haus. Die einzigen Geräusche waren das Schnurren der Katze, Sakuras Stimme und das der Uhr.

„Sakura, mir ist ein bisschen kühl.“ Mrs Uchihas plötzliche Bemerkung brachte Sakura aus dem Rhythmus. Sie hatte gedacht, die alte Frau sei eingeschlafen. „Würdest du nach oben gehen und mir freundlicherweise einen Pullover bringen? Sie sind im Kleiderschrank.“
„Ja, natürlich“, sagte Sakura und schlug das Buch zu.
„Mir fällt das Aufstehen so schwer. Und dann das Treppensteigen!“, meinte Mrs Uchiha. Das hatte sie mindestens schon drei- oder viermal an diesem Nachmittag gesagt. „Das sind die Beine. Sonst bin ich in ganz guter Verfassung, aber die Beine wollen nicht mehr.“
„Ja, sie ist wirklich gut in Form“, dachte Sakura, als sie die Treppe hinauflief. „Diese Haut. Ihr Gesicht ist fast so glatt wie meins. Wie macht sie das nur?“

Sakura lief durch den dunklen Flur in Mrs Uchihas Schlafzimmer und schaute sich um. Der Raum hatte dunkelblaue Tapeten mit kleinen weißen Sternen, die zu blinken schienen. Es gab zwei Kleiderschränke, die gegenüber dem Bett an der Wand standen.
In welchem waren denn nun die Pullover?
Sakura entschied sich zuerst für den rechten Kleiderschrank und zog die obere Schublade auf. Wie merkwürdig! Die ganze Schublade war voll mit schwarzen Kerzen, dutzende von langen schwarzen Kerzen.
Sakura nahm eine heraus. Sie roch daran und war überrascht von dem säuerlichen Geruch, den sie ausströmte. Irgendwie alt und muffig. Das Wachs fühlte sich hart und glatt in Sakuras Hand. Und der Docht war genauso schwarz wie die Kerze selbst.

„Was für seltsame Kerzen“, dachte Sakura und nahm noch eine in die Hand. „Wozu brauchte Mrs Uchiha sie? Und warum versteckte sie sie in einer Schublade im Kleiderschrank?“ Ein lautes Geräusch erschreckte Sakura, und sie ließ die beiden Kerzen fallen. Mit klopfendem Herzen drehte sie sich um und sah Kumiko an, die schwarze Katze, die sie mit großen grünen Augen anstarrte.
„Okay, okay, Kumiko. Kein Grund zur Aufregung. Ich komme ja schon.
Sakura legte die Kerzen zurück in die Schublade, fand einen Pullover in der Schublade darunter und beeilte sich, ihn Mrs Uchiha nach unten zu bringen. Doch die ganze Zeit fühlte sie die Augen der Katze auf sie gerichtet. Sie schien sie dafür anzuklagen, dass sie heimlich herumgestöbert und etwas gesehen hatte, das sie nichts anging. Ihr Blick war wie eine Anschuldigung, eine Warnung…
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So das wars, ich hoffe es hat euch gefallen und ihr hinterlasst ein Kommi^^
Positiv oder negativ, ganz davon abhängig wie ihr es fandet. Freue mich natürlich auch über Kritik!
Eure
TenTen01
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