Painless

eins

Ein Klopfen von Knöcheln auf Glas. Ritsuka sah von seinen Hausaufgaben auf. Es war halb elf in der Nacht und er wusste wer allein dort draußen in der Kälte stehen und darauf warten konnte, von ihm hereingelassen zu werden. Ritsuka stand auf und tapste Barfuss über den kalten Boden durch dem Raum. Er schob die Vorhänge beiseite und erblickte die schlanke, hochgewachsene Gestalt Soubis, der mit wehendem Mantel und einem Shirt, das viel zu dünn war für diese Jahreszeit, dastand. Ritsuka empfand es nicht mehr als ungewöhnlich, dass dieser so plötzlich auftauchte, es war ihm zwar nicht unbedingt klar, wenn Soubi da war, doch er genoss seine Gegenwart und wenn besagter längere Zeit nicht bei ihm war, vermisste er ihn. Trotzdem fragte Ritsuka nach dem Grund für seine Anwesenheit, als er die Glastür öffnete und den nächtlichen Besucher hereinließ. Der lächelte und antwortete mit eine Kuss auf seine Lippen, der kaum mehr war als die Berührung einer Feder. Ritsuka zuckte erst mit den Ohren und dann zurück.
„Warum tust du das?“, fragte er.
„Weil ich dich lieb habe“, antwortete Soubi und ein feines Lächeln huschte über seine Lippen, als er Ritsukas Gesichtsausdruck sah.
„Aber ich hab dir gesagt, du sollst das lassen.“
Ja, das hatte er schon oft gesagt. Ritsuka ließ sich nicht für dumm verkaufen. Er kannte den Unterschied zwischen lieben und lieb haben und er wusste für welches der beiden Dinge Küsse aufgehoben waren.
Leise schloss Soubi die Tür hinter sich und sah zu dem Jungen, der ihn hereingelassen hatte.
„Aber du hast es mir nie befohlen“, erwiderte er.
Trotzig drehte sich Ritsuka weg. Er hatte diese Worte schon zu oft gehört und schon zu oft hatte er Soubis Lippen schmecken können. Er setzte sich wieder an seinen Schreibtisch und konzentrierte sich auf die Zahlen in seinem Matheheft. Nur wenige Sekunden hielt er aus, dann musste er wieder zu Soubi umdrehen, der seltsam deplaziert in dem Kinderzimmer stand.
„Du hast mir noch nicht gesagt, warum du gekommen bist“, sagte Ritsuka als er sich wieder seinem Heft zuwand. Missmutig kritzelte er Figuren an den Korrekturrand, während er auf die lange ausbleibende Antwort wartete.
„Weil ich dich lieb habe“, kam Soubis Antwort zurück und sie klang nah.
„Das glaube ich dir nicht.“
Ritsuka zuckte zusammen. Soubi hatte ihm überraschend die Hand auf die Schulter gelegt.
„Du bist mein Sacrice. Ich bin deine Waffe“, flüsterte er und mit einer schnellen Handbewegung, die Ritsuka erneut zusammenfahren ließ legte er ein kleines Messer vor Ritsuka auf den Tisch. Verwundert sah der es an und dann zu der über ihn gebeugten Gestalt auf.
„Was soll ich damit?“, fragte er und berührte die glänzende Klinge mit den Fingerspitzen, als handelte es sich nicht um ein Stück Metall, sondern ein totes Tier.
„Zeigen wir der Welt, dass wir zusammengehören“, sagte er und seine langen Finger fuhren durch das strähnige Haar des Jungen. Nur schwer wiederstand er der Versuchung den dünnen Hals zu küssen, der aus dem Kragen des viel zu großen Schlafanzuges schaute. Stattdessen nahm er Ritsukas Hand und legte sie auf den Griff der Messers.
„Was soll ich tun?“, fragte der schluckend.
„Komm“, sagte Soubi mit dieser sanften Stimme, der man alles abkaufen konnte, und zog den Jungen hoch, zu seinem Bett. Er setzte ihn auf der Bettkante ab, wo er sitzen blieb und auf die Klinge starrte, die er fest umklammert in seinen Händen hielt. Er schaute hoch zu Soubi und sah wie der die Verbände um seinen Hals löste. Sie glitten auf seine Brust und ließen die Narben entblößt. Beloved.
Die Worte erinnerten Ritsuka schmerzhaft daran, wem Soubi eigentlich gehörte und er wand sich ab.
„Schau es dir an.“
„Warum?“, fragte Ritsuka.
„Weil auch du solche Zeichen auf mir hinterlassen wirst.“
Einem Moment schwieg Ritsuka und sah gebannt auf das Schimmern der Waffe in seinen Händen. Wie scharf sie wohl war?
„Ich will dir nicht wehtun“, sagte er bestimmt und erwiderte den Blick aus Soubis durchdringenden Augen.
„Aber das musst du.“
„Ich muss gar nichts, du kannst mich nicht zwingen, dir so etwas anzutun.“
Ritsuka hatte gesehen, wie die Narben immer wieder aufs Neue geblutet hatten, wenn Soubi kämpfte, er hatte die Hitze seines Körpers gespürt und den Schmerz in seinem Gesicht gesehen. Er wollte nicht, dass Soubi noch mehr solcher Qualen durchmachen musste.
„Es wird nicht so schlimm sein, wie mit dem anderen Namen“, beruhigte ihn Soubi. „Das liegt daran, dass jemand mit anderem Namen gehorche, aber mit dir wird es anders sein. Bei dir wird es mich stärken und mir Kraft geben, dir zu helfen die Mörder deines Bruders zu finden.“
Die Worte wirkten, wie sie sollten.
„Zeig mir, was ich machen soll“, sagte Ritsuka und fasste das Messer so fest, dass sich seine Knöchel weiß unter der Haut abzeichneten.
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