Love Is Like A Rainbow

Der erste Tag

Sie zitterte am ganzen Körper. Mit panischer Angst lief sie vor der Dunkelheit weg und wollte wieder ins Licht, doch sie fand es nicht. Verzweifelt lief sie weiter und schaute nach hinten, um sich zu vergewissern, dass die Dunkelheit sie nicht verschlang. Doch ihre Schritte wurden langsamer und plötzlich war alles schwarz vor Augen. Mit einem lauten Schrei zuckte sie heftig zusammen und öffnete ihre Augen. Sie spürte wie ihr Herz pochte und sie sehr schnell ein- und ausatmete. Sie bemerkte, dass ihr ganzer Körper mit Schweiß bedeckt und glühend heiß war. Sie ließ ihren Blick über ihre Umgebung schweifen und erkannte, dass sie sich in ihrem Zimmer befand. Erleichtert atmete sie auf und ihr Pulsschlag normalisierte sich wieder. Schon wieder der gleiche Alptraum, dachte Anna. Sie hasste diese Nächte, in der sie von ihrer Vergangenheit träumte. Am liebsten wollte sie alles vergessen, doch sie konnte es nicht. Müde schaute sie auf die Uhr, um sich zu vergewissern, dass sie nicht verschlafen hatte. Doch zum Glück war es noch sehr früh. Da sie nicht mehr einschlafen konnte, stand sie auf und verpasste sich eine eiskalte Dusche. Das machte sie jeden Morgen, um wach zu werden. Mit nassen Haaren und einem Bademantel ging sie in die Küche und machte sich ihr Frühstück. Sie setzte sich auf einen Stuhl und aß gemütlich ihr Toast. Von der Küche aus konnte sie ihre gesamte Wohnung gut sehen, weil sie nicht besonders groß war. Direkt neben der Küche war das „Wohnzimmer“, welches man nicht als dieses bezeichnen konnte. Da stand lediglich ein kleiner Fernseher und ein Tisch, um den sich Kissen befanden. Wenn man nun von der Küche aus geradeaus und dann nach links abbog, kam man in ihr Zimmer, welches sich aus einem Bett, einem Schrank und einem Schreibtisch zusammensetzte. Das war ihre Wohnung, doch sie fand sie keinesfalls zu eng. Ihre alte Wohnung, in der sie letzten Monat noch gewohnt hatte, war im Gegensatz zu dieser viel kleiner. Sie musste das Bett neben dem Fernseher ausbreiten. Sie war froh, dass sie hier nach Tokio umgezogen ist. Sie seufzte. Es ist hier so still. Aber daran hatte sie sich auch schon gewöhnt. Stille… Einsamkeit… Plötzlich schüttelte sie ihren Kopf. Nein, nein, nein! Das ist gut so Anna, redete sie sich selbst ein. Es gibt keinen, der dich nervt. Sie holte tief Luft und stand auf. Nun musste sie sich für ihren ersten Tag in der Schule in Tokio fertig machen. Schon wieder neue Gesichter, aber das störte sie nicht, da sie in ihrer alten Schule auch keine Freunde hatte. Schnell schlüpfte sie in ihre neue Schuluniform, machte sich ihre Haare zurecht, griff nach ihrer Schultasche und trat aus ihrer Wohnungstür, die sie sogleich abschloss. Dann ging sie die Treppe hinunter und trat auf die Straße, die voll von Menschen war. Mit gleichmäßigen Schritten machte sie sich auf dem Weg zur Schule. Als sie direkt vor dem weißen Gebäude stand und an ihr viele Schüler und Schülerinnen vorbeigingen, atmete sie tief ein und setzte ihre Schritte fort. Zu allererst muss sie sich bei dem Direktor melden. Es war ein freundlicher alter Mann mit langem weißem Bart, so um die fünfzig. Voller Begeisterung und Freude schüttelte er ihre Hand und übergab sie der Klassenlehrerin Frau Naomi, die eine junge und schöne Frau war. Schon bereits direkt vor der Klassentür hörte Anna den Lärm. Zusammen mit Frau Naomi betrat sie das Klassenzimmer und sie bemerkte sofort, wie unzählige Augen sie anstarrten. Doch sie war keineswegs nervös, da sie diese Situation schon sehr oft erlebt hatte. Sie spürte aber sofort eine besondere Aura, die sich im Klassenzimmer befand. Ruhig stellte sie sich vor die Tafel neben dem Lehrerpult, während Frau Naomi Anna den anderen Mitschülern vorstellte.
„Das ist eure neue Mitschülerin Anna Kyoyama. Sie ist gerade erst nach Tokio gezogen. Ich hoffe also, dass ihr euch gut um sie kümmern werdet.“
Frau Naomi wandte sich wieder zu Anna und deutete auf einen freien Platz im Klassenraum.
„Du kannst dich dort neben Yo hinsetzen.“
Ohne zu zögern bewegte sich Anna auf den freien Platz zu, während sie noch viele Blicke verfolgten, vor allem die von den Mitschülern. Als sie sich auf den Stuhl hinsetzte, sprach sie der braunhaarige Junge an.
„Na, wie geht’s? Ich heiße Yo Asakura. Ich hoffe, dass wir uns gut verstehen werden.“
Doch zu seiner großen Überraschung antwortete ihm Anna nicht. Im Gegenteil, sie ignorierte ihn einfach. Wut stieg in ihm auf. Die ist ja richtig eingebildet. Er wollte sie noch einmal ansprechen, doch es kam nicht dazu. Er nahm die Stimme von Frau Naomi wahr.
„Yo, ich finde es gut, dass du so hilfsbereit bist und dich um unsere neue Mitschülerin kümmern willst. Aber ich hoffe, dass du meinem Unterricht genauso viel Beachtung schenkst wie du es bei Anna getan hast.“
Sofort brach ein großes Gelächter aus und Yo wollte am liebsten in ein Loch kriechen, denn er war der coolste und beliebteste Schüler aus der Klasse. Seine Wut stieg ins Unermessliche. Na warte, dir werde ich es schon zeigen. Wegen dir habe ich mich vor der ganzen Klasse blamiert! Anna bemerkte seinen wutentbrannten Blick, doch ihr war das egal.
In der Mittagspause kamen mehrere Schüler auf Anna zu, die sich mit ihr anfreunden wollten. Doch Anna ignorierte sie allesamt. Auch die Mädchen hatten bei ihr keine Chance und schon am ersten Tag wurde sie als arrogant eingestuft. In den letzten beiden Stunden stand Sport auf dem Stundenplan. Ihr aktuelles Thema war Bock springen und Anna überraschte viele mit ihrer Sportlichkeit. Sie war eine der Besten von den Mädchen. Am Ende der Sportstunde zogen sich die Mädchen in der Umkleidekabine um. Anna war noch beim Umziehen und war die Einzige in der Kabine, während die anderen Mädchen schon fertig waren und nach Hause gingen. Derweil war Yo schon umgezogen und als er den Flur entlangging, versuchte er einen Plan zu schmieden, wie er es der eingebildeten Anna heimzahlen konnte. Er dachte daran, ihr eine Spinne in ihre Schultasche zu legen oder jede Menge Wasabi* (japanischer Meerrettich, deren Wurzel in der japanischen Küche als sehr scharfes Gewürz dient; vergleichbar mit scharfem Senf) in ihr Mittagessen hinzuzufügen. Bei diesem Gedanken musste er lächeln. Währenddessen zog Anna ihr schweißnasses Sportzeug aus. Gerade als sie ihren Rock anziehen wollte, entdeckte sie eine riesengroße Spinne darauf und sofort hallte ein Schrei über die Umkleidekabine und den gesamten Flur. Yo, der gerade an der Mädchenumkleidekabine vorbei gegangen ist, drehte sich ruckartig um und lief auf die Kabine zu. Der Schrei hörte sich entsetzlich an und ohne nachzudenken machte er die Tür der Kabine auf und was er da sah, brachte ihn fast zum Ersticken. Vor seinen Augen stand die halbnackte Anna, die wegen einer Spinne geschrieen hat. Wie angewurzelt stand Yo an der Tür und sein Gesicht lief rot an. Seine Reaktion war nicht schnell genug und er konnte sich nicht umdrehen, weil seine Beine ihm nicht gehorchten. Doch zu seinem großen Entsetzten bemerkte Anna ihn und ihr Schrei wurde noch lauter. Wie eine Verrückte nahm sie ihre Schultasche und warf sie auf Yo. Wenn er nicht schnell genug gewesen wäre, dann wäre von seinem Kopf nicht mehr viel übrig geblieben, denn Anna konnte sehr gut zielen. Wie von einer Tarantel gestochen, drehte er sich schnurstracks um und lief den Flur hinunter. Anna, die immer noch geschockt war, konnte nicht glauben, dass er sie gerade im halbnackten Zustand gesehen hat. Sie ballte ihre Fäuste und sie war sehr, sehr wütend.
Das war der Beginn eines Krieges…
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