Fanfic: Melody

Musikclubs und Zirkel informiert. Man hat mir gesagt, dass es eine Band gibt, die aus ehemaligen und jetzigen Schülern besteht. Man hat mir auch ein Foto gezeigt. Ich hab dich sofort erkannt.“
Cree nickte unbemerkt. Das erklärte natürlich einiges. Sie wusste nicht wieso, aber dieses Mädchen schien ihr wie ausgewechselt. Vielleicht hatte sie eine Zwillingsschwester, der Cree begegnet war? Doch diese Vermutung wurde sofort verworfen.
„Ich hab mich beim letzten Mal nicht vorgestellt, mein Name ist Shira. Das ist hebräisch und bedeutet Melodie.“
Cree hätte sich keinen passenderen Namen für dieses Mädchen ausdenken können. Manche Eltern waren eben doch Hellseher.
„Ich heiße Cree und hab keine Ahnung, was mein Name bedeutet“, sagte sie und reichte Shira die Hand. Diese nahm sie lächelnd und drückte sie leicht. Die Blonde hatte ziemlich sanfte und weiche Hände. Auch wenn sie kalt waren, hätte Cree sie am liebsten noch etwas länger gehalten.
Als ihre Augen zum Klavier huschten und sie sich in Erinnerung rief, wie wundervoll die Melodie geklungen hatte, fasste sie eine Entscheidung. Ein Gefühl verriet ihr, dass sie nichts zu verlieren hatte.
„Hör mal, meine Jungs und ich wollen gleich proben. Hast du Lust mitzukommen?“

~*~

Cree ging nicht mehr nach Hause. Sie hätte auch beinahe vergessen, wieso sie überhaupt in den Musikraum gegangen war.
Mit den Drumsticks in der Hand und einem seltsamen Gefühl im Bauch, schritt sie neben Shira her und führte sie in den Proberaum von Overdose.
„Jungs, ich hab jemanden mitgebracht!“, verkündete sie und schob Shira vor sich her, da diese ziemlich eingeschüchtert zu sein schien.
„Das ist Shira, die beste Pianistin unserer Stadt“, grinste Cree und stellte ihrer neuen Bekanntschaft die Bandmitglieder vor.
„Jetzt übertreib mal nicht!“, murrte Shira und wenn man genau hinsah, konnte man sogar ihre Wangen glühen sehen. Cree grinste nur und schob sie weiter zum Keyboard, das bisher unbenutzt hier gestanden hatte.
„Ich hoffe, du kommst damit klar“, sagte Cree und überlegte gerade, wie sehr sich wohl ein Keyboard von einem Klavier unterscheiden konnte. Davon hatte sie mal so überhaupt keine Ahnung.
„Keine Sorge, das wird schon gehen“, beruhigte Shira sie und lächelte. Irgendwie gefiel Cree Shiras Lächeln. Es war so ehrlich und ließ sie die traurigen Augen vergessen.
„Okay, lasst uns loslegen. Shira spielt sich einfach ein bisschen warm und wir spielen schon mal ein paar Songs!“
Mit einer schwungvollen Bewegung hatte sich Cree das Mikrophon geschnappt und Trent seine vorübergehenden Erstatzdrumsticks zugeworfen.

~*~

Leicht außer Atem strich sich Cree durch die feuerroten Haare. Ihre Gesichtszüge waren entspannt und auf ihren Lippen lag ein fast unscheinbares Lächeln. Sie war sich sicher, dass sie vollkommen richtig gelegen hatte.
Ihr zufriedener Blick wanderte zu Shira, die immer noch ein paar kleine Melodien auf dem Keyboard spielte. Vorsichtig, um nicht über die Kabel zu stolpern, ging Cree zu ihr und grinste die Tasten an.
„Genial…“, schwärmte sie und sah auf, genau im gleichen Moment, in dem Shira auch aufsah. Ihre Blicke trafen sich, nahmen sich gegenseitig gefangen und ließen nicht zu, dass sich eine von ihnen abwandte.
„Gleichfalls“, murmelte Shira in einer Tonlage, die Cree einen Schauer über den Rücken laufen und ihre Nackenhärchen sich aufstellen ließ.
„Hey ihr, wir machen eine Pause, Gerald holt uns etwas zu trinken!“, rief Larry und riss die Mädchen somit aus dieser fragwürdigen Atmosphäre.
„Äh, ja, okay!“, rief Cree zurück und war die erste, die den Blickkontakt abbrach. Ihr Kopf pochte ganz seltsam, was natürlich auch von der lauten Musik kommen konnte, doch daran wollte die Sängerin irgendwie nicht glauben.
Sie ging rüber zu ihrer Tasche, holte ihre Zigaretten heraus und zündete sich eine an.
„Willst du auch eine?“, nuschelte sie, da sie die Kippen zwischen den Lippen hatte. „Es sind keine Lucky Strike“, fügte sie noch hinzu, da sie sich an Shiras Worte erinnerte.
„Gerne“, sagte die Pianistin ohne Zögern und nahm eine Marlboro entgegen. Die Mädchen setzten sich auf die ziemlich heruntergekommene Couch, die schon hier gestanden hatte, als das noch gar kein Proberaum war.
„Wieso rauchst du keine Lucky Strike?“, traute sich Cree zu fragen, als keiner der anderen Jungs zuhörte. Man merkte genau, dass Shira diese Frage nicht mochte, denn sie spielte nervös an ihrem Ärmel herum und sah Cree nicht an. Cree wollte gerade wieder ansetzen und ihr sagen, dass sie ihr das natürlich nicht erzählen musste, aber da antwortete Shira auch schon:
„Es ist wegen meiner Schwester. Diese Marke erinnert mich viel zu sehr an sie.“
Die Sängerin drückte ihre Zigarette aus, sah Shira einfach nur an und fragte nicht weiter. Sie wollte gerne wissen, ob Shira einfach nur Streit mit ihrer Schwester hatte oder diese womöglich tot war. Letzteres schien ihr einleuchtender, denn die Art, wie Shira diesen Satz gesagt hatte, hörte sich unglaublich traurig an.
Cree wartete geduldig, aber die Blonde sagte nichts mehr. Dies musste Cree wohl oder übel akzeptieren, sie hatte kein Recht dazu, andere über ihr Privatleben auszufragen.
Umso froher war sie, als Gerald zurückkam und ihnen allen eine Bierdose reichte.
„Du trinkst doch?“, fragte Cree ihre neue Freundin vielleicht etwas zu spät, denn eigentlich war es für sie offensichtlich gewesen.
„Nun ja… nicht oft“, gab Shira zu und senkte den Blick, als ob das etwas wäre, wofür man sich schämen muss. Weiß der Teufel warum, aber Cree fand ihren Gesichtsausdruck süß.
„Keine Sorge, wir bringen dir das schon bei“, sagte sie grinsend und legte Shira eine Hand auf die Schulter.
Fragend sah Shira auf. Hatte sie das jetzt richtig verstanden? Cree merkte, dass sie sich anscheinend schon verplappert hatte, bevor die anderen Mitglieder überhaupt eingewilligt hatten.
Sie drehte sich zu ihnen um und musterte alle der Reihe nach. Als alle lächelnd nickten, drehte sie sich wieder strahlend zu Shira um.
„Shira, hättest du Lust bei uns in der Band zu spielen?“

~*~

Endlich war das ungute Gefühl aus ihrem Bauch verschwunden, das sie schon seit Tagen gequält hatte. Seufzend schloss sie die Tür hinter Shira und lehnte ihre Stirn dagegen.
Für einen Moment schloss sie glücklich die Augen und lächelte vor sich hin.
„Na, hat der Adler seine Beute gefunden?“, hörte sie Geralds Stimme hinter sich. Sie wusste, dass er keine Antwort verlangte, denn er hatte vollkommen Recht.
„Es war eine gute Entscheidung“, fuhr er fort und Cree fragte sich, wieso er ihr nicht mal was erzählte, was sie noch nicht wusste.
„Meinst du wir haben eine Chance den Plattenvertrag zu bekommen?“, fragte sie ihren Bruder leise und öffnete ihre Augen wieder.
Geralds Schritte hallten dumpf auf dem Holzboden, als er näher kam. Schon spürte Cree seine starken Hände, die sich von hinten um sie schlangen.
„Ich denke schon.“
„Danke, Gerald.“
„Wofür?“
„Dafür, dass du da bist.“
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