Der letzte Wunsch

Bitte öffne deine Augen

Der letzte Wunsch

Du gehst an mir vorbei. Lächelst mich an, sowie jeden anderen auch. Behandelst mich wie jeden anderen. Dachte immer, ich könnte etwas Besonderes für dich sein. Aber ich bin für dich wie jeder andere. Nichts Besonderes, und wenn ich sterbe, wirst du mich vergessen. Ich weiß, es sollte mir nicht wehtun. Aber es schmerzt mich. Ich habe geglaubt, du würdest bei mir bleiben. Ich habe viel getan, um in deinen Augen etwas Besonderes zu sein. Aber dein Verhalten mir gegenüber hat sich nie geändert. Ich bin ein Vertrauter für dich, aber kein Freund.
Das weiß ich und will es ignorieren. Aber es geht nicht. Jedes Lächeln, das du nicht mir schenkst, tut mir weh. Aber etwas daran ändern kann ich nicht. Ich werde nie jemand Besonderes für dich sein.
Diese Situation gab es schon oft. Und immer ist sie gleich. Würde es dir auffallen, wenn sie nicht mehr existieren würde? Wie tief würde dich mein Tod treffen? Wie viele Tränen würdest du für mich weinen?
Ich sehe dich schlafen. Dein friedliches Gesicht, das mir immer wieder ein Lächeln schenkt. Und mich wie jeden anderen behandelt. Wenn du aufwachst, wirst du nicht nach mir fragen. Du gehst einfach davon aus, dass ich kommen würde. Was, wenn ich es nicht tue? Wie würde dein Gesicht aussehen, wenn ich nie zu dir zurückkomme? Wenn ich aus deinem Leben gehe, wirst du mich sehr vermissen? Oder werde ich eine Erinnerung bleiben, begraben unter vielen anderen? Wirst du dich zehn Jahre nach meinem Tod noch an mich erinnern können?
Die Morgensonne scheint auf dein Gesicht. Du drückst dich tiefer in dein Kissen. Ich habe nicht geschlafen diese Nacht. Ich will dich aufwachen sehen. Vielleicht ist es das letzte Mal. Ich weiß, dass mein Tod nahe ist. Bald werde ich sterben.
Ich bin krank. Diese Krankheit habe ich schon lange. Aber sie hat sich nie gezeigt. Ich habe dir nie davon erzählt. Ich wollte nicht, dass du Mitleid mit mir hast.
Ich würde gerne wissen, was ich in deinen Augen bin. Aber wenn du das liest, werde ich schon tot sein. Ich werde es niemals erfahren. Ich werde nie wissen, ob ich für dich mehr war. Und du wirst es mir auch nicht einfach so sagen. Auch wenn es mein Wunsch ist.
Ich hatte nie Freunde. Erst du hast mich wieder lebendig gemacht. Ohne Vorwarnung bist du in mein Leben getreten und hast es erhellt. Ich habe mich zum ersten Mal lebendig gefühlt. Trotz dieses Lebens wusste ich, dass ich nicht mehr lange leben würde. Nach meinem Tod würde ich wieder allein sein. Allein in dieser Finsternis.
Du bewegst dich nicht, schläfst noch tief und fest. Und dann fällt mir das Atmen schwer. Mein Herzschlag geht zurück. Heute würde mein Todestag sein. Wie passend. Heute ist mein Geburtstag und der Todestag meiner Eltern.
Ich habe nur noch einen Wunsch in meinem Herzen. Ich will noch einmal in deine Augen sehen. Wird der Himmel mir diesen letzten Wunsch erfüllen?
Ich sitze vor dir. Mein Herzschlag ist fast unmerklich geworden. Meine Lunge zieht sich zusammen, in sie strömt kein Sauerstoff mehr. Aber vielleicht darf ich noch einmal deine Augen sehen. Bitte, noch ein letztes Mal. Und dann kann ich sterben.
Meine Lunge ist tot. Ich atme nicht mehr. Warum wachst du nicht auf? Es ist mein sehnlichster Wunsch. Einmal noch will ich deine Augen sehen, bevor ich sterben muss. Aber es ist nicht meine Entscheidung.
Ich bin fast blind. Ich kann dein schlafendes Gesicht kaum noch sehen. Es ist fern, wie hinter einem Nebelschleier. Ich werde dich nicht mehr sehen. Es dauert nicht mehr lange. Dann kann ich dich nie mehr sehen.
Ich erinnere mich, wie sehr ich meine Mutter geliebt hatte. Und dich liebte ich ebenso. Aber das würde ich dir nicht sagen können. Du kannst es nur lesen. Und ich hätte es dir so gern selbst gesagt. Aber du empfindest nicht das Gleiche für mich. Ich bin nur ein Freund. Du hast nur freundschaftliche Gefühle mir gegenüber. Du hast nie gesehen, dass ich dich liebe.
Ich streichele deine Wange. Ich küsse dich. Und genau in dem Moment, wo mein Herz stehen bleibt, öffnest du deine Augen. Ich sinke auf dich. Ich höre noch, dass du meinen Namen rufst. Ich sterbe mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Der Himmel hatte Erbarmen gehabt. Er hat mir meinen letzten Wunsch erfüllt.
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