Fanfic: Liebe lieber ungewöhnlich

steckte sich sogar noch ein viertes Brokkoliröschen in den Mund, vermutlich, um mich versöhnlich zu stimmen. Also tat ich es ihr gleich und schaufelte den Rest meines Mittagessens in heruntergekurbelter Geschwindigkeit in mich hinein, was zwar nicht ein ganz so großes Opfer war wie Vivianes viertes Stück Brokkoli, aber immerhin verebbte unser kurzer Streit so wenigstens im Nichts.
Nach dem Mittagessen blieb uns immer noch eine Stunde Zeit, ehe der Schultag mit einer Doppelstunde VgddK weiter ging und so holten wir eine Decke und eine Packung Bertie Botts Bohnen jeder Geschmacksrichtung aus dem Gemeinschaftsraum und machten es uns am Ufer des Sees gemütlich. Wir waren nicht die einzigen, die diesen warmen Tag als vermutlich einen der letzten dieses Jahres nutzten und sich in der Sonne tummelten und so gaben uns die umher schwirrenden Schüler einiges an Gesprächsstoff.
“Ich frage mich, wann Amanda Nicleson es endlich einsieht, dass Longbottom nicht auch nur im Mindesten an ihr interessiert ist.” sagte Patrisha nachdenklich und musterte Amanda eindringlich, die gerade furchtbar impulsiv auf Frank Longbottom einredete, der tatsächlich etwas desinteressiert wirkte.
“Fragen, auf die es keine Antwort gibt.” murmelte ich und ließ meinen Blick über die lärmende Schülerschar gleiten. “Aber falls einer von euch jemals eine finden sollte, so bitte ich ihn hiermit ausdrücklich, sie Potter mitzuteilen.”
“Was wollte der eigentlich heute in Geschichte schon wieder von dir?” fragte Jocelyn neugierig, während sie eine ihrer blonden Strähnen zu kleinen Zöpfchen flocht.
“Na, was wohl?” Isabella lachte ihr unschuldiges Kleine-Mädchen-Lachen. “Ein Date für Hogsmeade natürlich.”
“Ich versteh nicht, warum du nicht zusagst.” seufzte Viviane. “Vielleicht ist Potter ein wenig nervig, aber dann hättest du wenigstens mal ne Verabredung. Ich warte jetzt schon seit einer Ewigkeit, dass Amos mich mal fragt.”
Da konnte sie wohl auch noch eine weitere Ewigkeit warten, denn dass aus Amos und ihr jemals etwas werden würde, bezweifelte ich doch sehr arg. Wenn er überhaupt jemanden von uns je einladen würde, dann wäre es Jocelyn, aber das nicht, weil er hinter ihr her war, sondern weil sie diejenige von uns war, die bei jedem Hogsmeade-Wochenende Dutzende von Einladungen kassierte. Angenommen hatte sie allerdings erst ziemlich wenige, so weit es mir in Erinnerung geblieben war, erst zwei. Einmal im dritten Schuljahr, als sie für fast einen Monat mit Sirius Black zusammen gewesen war (das hielt ich ihr heute noch vor) und dann war da noch dieser Sechstklässler letztes Jahr, der offenbar ein totaler Flop gewesen sein musste, da sie ihn danach nie wieder erwähnt hatte.
Ansonsten waren wir anderen vier nicht gerade Champions wenn es um das Sammeln von Verabredungen ging. Allerdings war Viviane auch die einzige, die das sozusagen als Sport betrieb (wenn auch erfolglos), Isabella, Patrisha, Jocelyn und ich machten uns da herzlich wenig raus. Ich war in diesem Punkt dank Potter arg vorbelastet und würde wohl aus eigener Schuld heraus in meiner ganzen Schulzeit kein einziges Date haben, weil ich jeden Anwärter rein der Gewohnheit wegen zur Hölle schicken würde, Isabella machte sich aus so etwas sowieso nichts und verbrachte ihre Hogsmeadeausflüge lieber mit uns, Jocelyn ging aus Überzeugung nur mit jemandem aus, in den sie verliebt war und da dies nur äußerst selten passierte, lehnte sie alle Einladungen dankend ab und Patrisha verfluchte nur immer wieder diese “hirnlose, unterentwickelte Gruppe von männlichen Wesen”, die sich hier in Hogwarts so herumtummelte.
“Frag ihn doch einfach mal selbst, dann weißt du was Sache ist.” schlug Isabella vor. “Dann seid ihr danach entweder ein Paar oder du kannst ihn abharken.”
“Ich ihn fragen?” Viviane schüttelte wild den Kopf. “Spinnst du? Hinterher lehnt er ab und wie steh ich dann da? Gott, wäre das peinlich! Außerdem ist das Männersachen, das Fragen, meine ich.”
“Viv, so kommst du nie ans Ziel.” Isabella schüttelte resigniert den Kopf. “Vielleicht denkt er ja genauso, also muss einer von euch wohl die Initiative ergreifen.”
“Ach ja? Und du würdest also jemanden fragen, ob er mit dir ausgehen will?” fragte Viviane angriffslustig und zu ihrer offensichtlichen Verwunderung nickte Isabella wie selbstverständlich mit dem Kopf:
“Natürlich. Glaubst du, ich warte, bis er die Zähne auseinander kriegt?”
“Das will ich sehen!”
“Was willst du sehen?” fragte ich schläfrig, legte mich auf den Rücken und schloss die Augen, als mir das Sonnenlicht brennend in die Augen stach.
“Wie Isabella jemanden um ein Date bittet.” sagte Viviane.
“Ich bitte nicht, ich frage. Und das auch nur, wenn mir danach ist und das war es mir bisher noch nicht und ich frage sicherlich nicht irgendeinen Idioten, nur weil du das sehen möchtest.”
“Kennt ihr kein anderes Thema?” Patrisha seufzte genervt, nahm sich eine gelb gesprenkelte Bohne, betrachtete sie aufmerksam von allen Seiten, schnüffelte sie daran und steckte sie in den Mund. “Ich glaube, eine die nach gekochtem Ei geschmeckt hat, hatte ich noch nie.”
“Ich dachte, du isst die Dinger nicht, weil du Angst vor einem allergischen Schock hast?” fragte Jocelyn und sah Patrisha teils belustigt, teils ernsthaft verwundert an. Aber auch mich wunderte Patrishas plötzliche Sorglosigkeit im Umgang mit Bertie Botts Bohnen, denn tatsächlich hatte sie, seit ich sie kenne, nie eine von ihnen auch nur angerührt.
“Meine Mum hat mich auf die Idee gebracht, Bertie Bott anzuschreiben, um nachzufragen, wie genau er bei der Herstellung der Bohnen vorgeht und - siehe da - es besteht überhaupt keine Gefahr auf einen Allergieschock, denn seit ein Mädchen einmal fast an einer Bohne mit Erdnussgeschmack erstickt wäre, weil sie eine Nussallergie hatte, wurde die Rezeptur so geändert, dass alle allergischen Reaktionen ausgeschlossen werden können.”
“Ah, ja?” machte Isabella und die Anstrengung, ein Lacher zu unterdrücken, war ihrer Stimme deutlich anzuhören. Meiner Anstrengung galt allerdings eher der Überlegung, wie ich am besten schnell ein neues Thema anschneiden konnte, denn wenn man Patrisha nicht in ihren Vorträgen über ihre ganzen Krankheiten und Allergien unterbrach, hörte sie nicht mehr auf darüber zu reden.
“Ich bin gespannt auf den neuen Verteidigungslehrer.” sagte Jocelyn plötzlich, die offenbar den gleichen Gedanken gehabt hatte wie ich, und als ich meinen Kopf aufrichtete und ihren Blick folgte erkannte ich den neuen Lehrer, der begleitet von Professor Vectra am Seeufer entlang spazierte.
“Wenn er so gut unterrichtet, wie er aussieht, wäre ich vollkommen zufrieden.” sagte ich und musterte ihn eindringlich. “Wie hieß er noch mal?”
“Caleb Danvers.” erwiderte Viviane und folgte Professor Danvers mit ihrem Blick. “Seht doch mal, wie Professor Vectra sich an ihn heran schmeißt! Das ist ja schon fast peinlich.”
“Ist doch verständlich.” Isabella zuckte mit den Schultern. “Sie ist mit Abstand die Jüngste im Kollegium und Danvers mag auch aller höchstens fünfundzwanzig sein. Ach, du meine Güte! Seht euch die mal an!”
Isabella hob die Hand und deutete auf eine Gruppe von Mädchen, Ravenclaws aus unserem Jahrgang, die tuschelnd und kichernd beieinander standen und immer wieder zu Danvers hinüber spähten. Ich lachte spöttisch auf und fragte mich, wie tief man sinken musste, um sich auf solch eine Weise lächerlich zu machen. Als würde ein erwachsener und unabstreitbar gut aussehender Mann wie Danvers sich etwas aus pubertierenden, kleinen Mädchen machen, die ihm eifrig zuklimperten.
“Da bin ich ja mal gespannt, wie das gleich im Unterricht wird. Wenn mich nicht alles täuscht, haben wir mit den Ravenclaws zusammen Verteidigung.” Patrisha zog ihre Tasche zu sich heran, kramt darin herum und zog schließlich den Stundenplan hervor. “Tatsächlich! Na, das wird mal eine amüsante Stunde.”
Ich seufzte genervt. Denn meiner Meinung nach war eine Gruppe aufgedrehter, hysterisch kichernder Mädchen keineswegs amüsant.
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