Meine Reise
Ich denke, die kannst du jetzt ganz gut gebrauchen. Wir sind ganz in der Nähe des Yokai-Jäger-Dorfes und könnten Sango besuchen, wenn du willst. Hoffentlich hatte Inuyasha recht und sie lebt noch dort.
Es dämmert schon und wir sind endlich da: Ein Dorf, in dem viele große Helden gelebt und auch gefallen sind. Ein großer Teil der Geschichte, die ich kenne, hat sich hier abgespielt. Nicht der Wichtigste, aber ein bedeutender. Wir betreten das Dorf und sehen uns um. Es wurde tatsächlich wieder errichtet. Mit einem Nicken deute ich in den hinteren Teil des Dorfes. Dort liegt ein kleiner Friedhof. Das sind die gefallenen Helden, von denen ich dir erzählt habe. Zu Beginn der vielen Abenteuer, so wie wir sie kennen, haben sie hier gekämpft. Es war wieder ein hinterhältiger Überfall Narakus. Sie haben versucht ihr Dorf zu verteidigen, doch sie standen einer mächtigen Überzahl gegenüber. Sie hatten keine Chance. Ein leises Schnurren lässt mich kurz zusammen zucken. Ich schaue zu meinen Füße, die von einer kleinen Katze mit einem Doppel-Schwanz umstreicht werden. Du kennst sie bestimmt noch! „Hallo, Kirara! Ist Sango auch da?“ Sie maunzt leise und läuft auf eine kleine Hütte am Rand des Dorfes zu. Komm, wir folgen ihr. Vor der Hütte bleibe ich stehen. „Sango?“ Ein kleines Mädchen tritt vor die Tür. Du fragst dich wer das ist, oder? Aber ich kann nur vermuten, wer es sein könnte. „Hallo, wer seid ihr? Meine Mama ist gerade nicht da, sie besucht Papa.“ Sie lächelt freundlich und streichelt Kirara, die schnurrend in ihrem Arm liegt. „Wir sind Freunde deiner Mutter und würden uns gern mit ihr unterhalten. Kannst du mir sagen, wo genau sie ist?“ Das Mädchen nickt und nimmt meine Hand, um mich aus dem Dorf rauszuführen. Vor dem Tor bleibt sie stehen und streckt die Hand aus, um auf einen kleinen Wald zu deuten. „Weiter darf ich nicht gehen, weil Mama sagt, dass es zu gefährlich ist. Sie müsste hinter dem Wald sein. Keine Sorge, er ist nicht sehr groß. Ich muss leider wieder weg! Bis zum nächsten Mal!“ Mit diesen Worten lächelt sie noch einmal freundlich und läuft dann zurück. Ich weiß nicht , ob es dir aufgefallen ist, aber sie sieht ihrem Vater sehr ähnlich. Ich kannte ihn kaum, aber als sie aus der Hütte trat, hab ich ihn sofort wieder erkannt.
Nun gehen wir durch den Wald und kommen am anderen Ende wieder heraus. Die Sonne strahlt uns entgegen. Ich blinzel und sehe mich dann um: Eine kleine Wiese mit vielen Blumen, gelbe Blumen. Ich glaube, es sind Sangos Lieblingsblumen, aber ich weiß es nicht. Langsam nähern wir uns der Person, die am Rand der Wiese hockt und leise flüstert. „Sango?“ Sie zuckt zusammen und dreht sich um. Dann lächelt sie. Ich setzte mich zu ihr, setz dich doch auch!
„Wie geht es dir?“ Sie dreht sich wieder zu den kleinen Grabsteinen neben ihr. „Es geht mir gut. Ich habe meinen Bruder und Miroku nach dem Kampf beerdigt und lebe seit dem friedlich mit meiner Tochter. Kennst du sie schon?“ Sie schaut mich an. „Ja, sie hat mir gesagt, wo du bist. Sie ist freundlich und sieht ihrem Vater sehr ähnlich.“ Sango lächelt traurig und nickt. „Sie hat mir sehr geholfen. Ohne sie hätte ich mich wahrscheinlich aufgegeben.“ Sie senkt den Kopf und schaut dann wieder zu den Steinen. Auch ich drehe mich zu ihnen. Es wird still. Nur die Vögel zwitschern auf der Wiese und die Bäume rauschen im Wind. Es ist sehr friedlich hier und ich freue mich für Sango. Nachdem sie so viel Leid ertragen musste, kann sie endlich ein glückliches Leben führen kann. Auch wenn dieses Glück ein trauriges Glück ist.
Lang sitzen wir da, doch wir haben noch einen langen Weg vor uns und müssen leider schon wieder los. „Sango, es war schön, dich noch einmal zu sehen.“ Sie lächelt wieder. Ich bin froh, ihr Lächeln zu sehen und muss an Inuyasha denken. „Ich war vor wenigen Tagen bei Inuyasha. Es geht ihm gut, auch wenn er sich verändert hat.“ Ihr Lächeln verblasst. „Das ist schön zu hören, ich hab ihn schon lang nicht mehr gesehen. Ich habe mir ein wenig Sorgen um ihn gemacht. Hat er sich sehr verändert?“ Ich nicke traurig. Du siehst mich an und dein Blick verrät mir, dass auch du wieder an unsere Reise denkst. Ja, wir sollten langsam weiter. Ich stehe auf und auch Sango erhebt sich. „Komm mich mal wieder besuchen, wenn du Zeit hast!“ Ich nicke wieder, lächel sie noch freundlich an und drehe mich dann um. Komm, wir gehen weiter. Unser nächstes Ziel wird das Dorf Musashi, es ist ganz in der Nähe. Ich sehe, dass du dich freust. Dieses Dorf war der Beginn der vielen Abenteuer einer kleinen Gruppe von Leuten, wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten. Es werden viele Geschichten über diese Helden erzählt und ich bin froh, dass ich sie kennen lernen durfte, als sie unzertrennlich durch die Lande streiften und Menschen beschützten. Ja, das waren schöne Zeiten. Folge mir und ich werde dich an den Ursprung dieser Geschichten führen.
Bald haben wir das Dorf erreicht, es dauert nicht mehr lang. Wir gehen um eine Kurve und sehen auch schon die ersten kleinen Hütten. Wenn du willst, können wir auch Kagome besuchen. Ja, das Mädchen, mit dem alles begann. Sie war diejenige, die die Gruppe vereint hatte und mit ihr hat auch alles geendet, denn sie war es, die Naraku am Ende zerstört hatte. Freust du dich schon? Ich habe sie schon lang nicht mehr besucht, denn ich war viel unterwegs und bin froh, endlich wieder einmal hier zu sein. Wir gehen auf eine Hütte zu, vor der eine alte Frau sitzt, eine Miko. Sie ist zwar sehr gealtert, aber ich bin mir sicher, dass du sie trotzdem erkennst. „Hallo, Kaede!“ Sie antwortet nicht, sonder blickt mich nur stumm an. Ihr Blick ist merkwürdig leer und traurig. „Sie hat schon seit langer Zeit nichts mehr gesagt!“ Ein junger Mann tritt aus der Hütte. Seine großen Augen mustern mich misstrauisch, doch dann lächelt er. Fast hätte ich ihn nicht erkannt, denn er war viel kleiner, als ich ihn das letzte Mal sah. „Hallo, Shippo. Es ist schön dich mal wieder zu sehen! Wie geht es dir?“ Er kommt auf mich zu und umarmt mich freundschaftlich. „Danke, es geht mir gut und dir?“ Ich nicke freundlich und drehe mich wieder zu Kaede. „Was ist mit ihr?“ Er schaut auch zu ihr und sein Lächeln wir traurig. „Ich glaube, es war ein zu großer Schock für sie. Sie hat es nicht ganz verkraftet. Es hat lang gedauert, bis ich es konnte, aber ich musste mich zusammenreißen. Ich habe erkannt, dass ich nun kein Kind mehr sein konnte, als alle gegangen waren, denn nun lag eine große Verantwortung auf mir. Ich musste mich um das Dorf kümmern. Mit der Zeit habe ich gelernt, mit dem Tod meiner Familie umzugehen.“
Seine Familie... Ja, er hatte es mir mal anvertraut. Du weißt, was ich meine, nicht wahr? Es war nicht zu übersehen, dass er Kagome immer wie eine Mutter empfunden hat. Sie hat ihn ja auch immer bemuttert! Und der Rest der kleinen Gruppe fügte sich dann automatisch mit der Zeit in sein Familien-Bild, vor allem Inuyasha. Er hatte es nie zugegeben, aber Inuyasha war ihm ans Herz gewachsen und es hatte ihn wahrscheinlich von allen am meisten wehgetan, als Inuyasha einfach verschwunden war, ohne etwas zu sagen, ohne sich zu verabschieden...
Shippo wird gerufen und verabschiedet sich. Du wirst auch später, wenn unsere Reise beendet ist, noch Gelegenheit haben, mit ihm zu reden, wenn du willst. Es sei denn, du willst hier bleiben? Aber komm erst mal mit, wir besuchen Kagome!
Langsam schlendern wir durch das Dorf und kommen bald an eine große Wiese. Du schaust dich um. Ich ahne schon, was du suchst, doch du wirst ihn nicht finden. Der Brunnen wurde zerstört, damit nie wieder jemand ihn benutzen kann. Nach dem Tod Narakus hatte niemand mehr eine Verwendung für ihn. Und Kagome? Nun, dass wirst du schon noch sehen. Lass uns weitergehen, es ist nicht mehr weit.
Wir betreten den kleinen Wald, in dem Inuyasha vor vielen Jahren gebannt war. Du ahnst es schon, oder? Unser Ziel ist der Goshinboku, der Baum, an dem alles begann. Vor dem Baum kniet jemand. „Wer ist da?“ Langsam trete ich auf die Lichtung und versuche die Person zu erkennen. Du hast ihn schon erkannt, oder? Er dreht sich ruckartig um und springt auf. „Kouga! Was machst du hier?“ Ich lächel ihn an und er erwidert das Lächeln traurig. Du blickst an ihm vorbei und siehst einen Grabstein neben dem Baum. Ja, sie ist es. Inuyasha hatte sie damals hier begraben. Es war ihr letzter Wunsch, dass sie in dieser Epoche bleiben würde. Zum Schluss hatten sie doch noch zueinander gefunden und wurden dann doch so schnell wieder voneinander getrennt. Ich werde diese Szene nie vergessen...
Naraku war stark geschwächt, doch auch alle anderen waren am Ende. Inuyasha, Kouga und Sesshomaru waren bewusstlos, Miroku und Kohaku tot und Sango konnte nicht mehr kämpfen. Sie war verzweifelt über den toten Körpern ihrer kleinen Familie zusammengebrochen. Narakus letzter Gegner schlug sich bis zum Schluss tapfer, doch als sie ihren letzten Pfeil abschoss, wurde sie tödlich von ihm verletzt, bevor er für immer verschwand, mit einem grausamen Lachen. Inuyasha hatte sich zu ihr gequält und weinte verzweifelt. Dieses Bild war schrecklich. Sie nannte ihm ihren letzten Wunsch und ich hörte noch leise ihre letzten Worte...“Inuyasha, ich liebe dich!“...Er hatte auf sie eingeredet, sie solle bei ihm bleiben und dass er sie ebenfalls liebe. Es tat ihm leid, dass er es ihr nicht schon früher gesagt hatte, doch als er merkte, dass sie immer schwächer wurde und langsam begriff, dass er sie nicht mehr retten konnte, hatte er sie geküsst. Ich hatte damals nicht verstanden, warum er das getan hatte, warum sie beide lächelten, als sie starb, aber nun weiß ich es. Sie waren glücklich, für diesen einen Moment. Es war ihr Moment, der Beginn ihrer grenzlosen Zuneigung zueinander. Es war der Moment, in dem sie ihre Augen das letzte Mal