Der einsame Kopfgeldjäger

flehend an und ging noch etwas näher an ihn heran. Kai war überrascht und taumelte schwer von Thielas Worten getroffen etwas rückwärts und blickte sie entgeistert an. » Warum hat sie das jetzt gesagt? Und meint sie das auch wirklich ernst? « fragte sich Kai eindringlich. Er konnte es einfach nicht glauben, dass gerade sie so etwas zu ihm gesagt hatte. Sonst kümmerte es doch auch keinen, wenn er krank oder in Schwierigkeiten war. Warum also gerade Thiela? "Du kannst mir ruhig glauben, ich lüge nicht!", sagte Thiela ernst. Kai fasste sich an die Stirn, "Wolltest du nicht gehen?", fragte er und schaute sie dabei verlegen, aber auch abweisend an. Er drehte sich um, ging zu einer Bank und setzte sich hin, immer mit dem Rücken zu Thiela. Sie folgte ihm und setzte sich neben ihn, spürte aber, dass etwas nicht stimmte. "Nun glaub mir schon. Es stimmt, was ich sage", sagte sie ihm mit ruhiger Stimme. Kai schaute sie noch nicht an, aber langsam fing er an, ihr zu vertrauen. Thiela fasste ihn auf die Schulter und drehte ihn langsam zu sich um. Kai sah unglücklich aus und schaute Thiela Hilfe suchend an. Thiela zögerte erst in bisschen, doch dann umarmte sie ihn spontan. Kai schaute erschrocken und wand sich blitzschnell aus ihrer Umarmung. Er rückte an das Ende der Bank und zog schützend die Arme vor sich. Er stotterte: "Wa . . . wa . . . was sollte das eben?!", fragte er ganz entsetzt. So etwas hatte noch niemand bei ihm gemacht und so wusste Kai gar nicht, was er machen sollte.
"Na ja, immerhin hast du mich vorhin ... geküsst. Und ich wollte, dich nur mal etwas aufmuntern", sagte sie etwas unsicher. Aber sie hatte Recht, er hatte sich ja auch nicht geschämt, sie einfach so vor Leuten zu küssen. Kai war sichtlich geschockt. Es war ihm gar nicht klar, dass Thiela diesen Kuss so ernst genommen hatte. Für ihn war dieser Kuss nur ein Mittel zum Zweck gewesen, mehr aber auch nicht. Aber was nun? Kai saß auf seinem Platz und schaute ziemlich verwirrt zu Boden. Thiela rutschte unverhofft näher zu ihm und fragte ihn mit ernster Stimme: "Was hast du in dieser Seitestraße gemacht? Der Mantel ist bestimmt kein Zufall, sonst hättest du ihn heute an." Kai schaute nicht auf und schwieg weiterhin. In Thiela kam langsam der Verdacht auf, dass Kai diesen Mann getötet haben könnte. Aber warum sollte er so eine Scheußlichkeit gemacht haben? Genau deshalb ließ sie nicht locker. Kai hielt ihr plötzlich die Hand vor das Gesicht, damit sie schwieg. "Ich . . . ich konnte einfach nicht anders", sagte er niedergeschlagen. "Weißt du, ich . . . bin ein Kopfgeldjäger, kannst du dir darunter etwas vorstellen?" Thiela schaute Kai verwirrt an, hatte sie das gerade richtig verstanden? "Ungefähr, ja." Thiela wusste nicht so recht, was sie ihm auf diese Frage antworten sollte und gab keine weitere Auskunft.
"Nun gut, also ich habe den Auftrag bekommen, diesen Mann zu töten. Leider sind wir uns danach begegnet und da habe ich Angst bekommen, dass du mir folgen könntest. Ganz gegen meine Prinzipien habe ich ihn dann gleich in der Seitenstraße getötet. Als ich schon fast meinen Auftrag beendet hatte, krallte er sich plötzlich an meinem Mantel fest. Unglücklicher Weise musste ich somit mein Opfer und den Mantel liegen lassen", gestand Kai leise, er sah dabei ziemlich geknickt aus. Thiela war erschüttert, sie hatte immer geglaubt, dass es solche Kopfgeldjäger nur in Vergangenheit gegeben hatte. Aber in der heutigen Zeit? Das konnte sie sich überhaupt nicht vorstellen. "Wie bist Du nur in so eine unheilvolle Situation gekommen? Und was sagen deine Freunde dazu?", fragte Thiela und fasste Kai beruhigend auf die Schulter. "Meine Freunde?", frage Kai ironisch. "Ich habe keine Freunde. Freunde passen nicht zu dem was ich tue". Mit einem leicht lächelnden Gesicht versuchte Kai seine Trauer zu verheimlichen. Er war einsam und hatte sich nie auf Freundschaften eingelassen. Er fürchtete, diesen Freunden einmal als Täter gegenüber zu stehen. Und so musste er sich selbst schützen, indem keine feste Bindung einging.
Thiela konnte es nicht fassen, er hatte keine Freunde? » So etwas gibt es doch gar nicht! Man hat doch immer, wenigsten irgendjemanden zum Freund, « dachte sich Thiela verzweifelt.
Kai stand plötzlich auf und schaute Thiela beruhigend an: "Ich gehe jetzt besser, sonst bekommst du noch meinetwegen Ärger." Mit diesen Worten verabschiede sich Kai mit einem lässigen Handwink und ging in Richtung Innenstadt.
Thiela war wie aus allen Wolken gefallen. Wie aus dem Nichts lief Thiela einfach los, als hätte sich ihr Körper selbständig gemacht. Ohne Nachzudenken, folgte sie Kai, sie hielt ihn fest und drehte den erschrockenen Kai zu sich herum.
Thiela schaute ihn mit Tränen in den Augen an und atmete schwer. Ihr Herz schlug bis zum Hals, ohne mit der Wimper zu zucken, umschlang sie Kai und sagte mit zitternder Stimme: "Ich kann dich aber nicht so einfach gehen lassen! Wenigstens ich möchte deine Freundin sein!"
Kai war geschockt und überwältigt zugleich. So etwas war ihn noch nie in seinem ganzen Leben passiert und er wusste sich keinen Rat mehr. Er sackte zusammen und rutschte zu Boden. Es war ihm zum Heulen zu Mute, genau wie bei seinem ersten Auftrag. Am liebsten hätte er, wie ein kleines Kind, einfach los geheult. Aber, es ging einfach nicht.
Thiela fiel auf die Knie und legte ihre Arme um Kai und sagte leise: "Ich werde niemanden etwas darüber erzählen, versprochen!" Thiela schaute ihn flehend an, er tat ihr so unendlich leid. Kai konnte nicht mehr, das war einfach zu viel für ihn. Er erwiderte die Umarmung und sagte: "Egal, aber bleibe bitte bei mir, ich brauche dich!" Das war das letzte, was Kai vorerst sagte.
Thiela nahm ihm mit zu sich nach Hause und erzählte ihrer Mutter, dass Kai ihr über den Weg gelaufen wäre und nicht wüsste, wo er hin könne. Natürlich ahnte ihre Mutter sofort, dass dies der Junge war, den Thiela im Park getroffen haben musste. Sie ließ Thiela unter der einen Bedingung, dass die beiden nichts anstellen, gewähren und so schlief Kai eine Weile bei Thiela zu Hause, bis er eine Nachricht bekam.
Es war ein neuer Auftrag und Kai wollte sich gerade heimlich aus dem Staub machen, als ihn Thielas Mutter noch erwischte. Sie ging zu ihm und sagte nur: "Mach meine Thiela ja nicht unglücklich!" und "Du kannst ihr wirklich vertrauen." Sie schenkte Kai einen musternden Blick und ging dann in die Küche. Hinter einer Tür lugte Thiela hervor und schaute Kai nur fragend an. Nach wenigen Sekunden nickte Kai nur kurz und Thiela kam ihm freudig entgegen gesprungen. Sie gab Kai einen herzlichen Kuss und diesmal wusste Thiela, dass Kai ihn auch ernst meinte.
Von jetzt ab sollte sich Kais Vorgehensweise ändern und Thiela sollte erfahren, was es heißt, ein Kopfgeldjäger zu sein.

Manchmal erscheint eine Situation unlösbar und ist doch so simpel und einfach. Man muss nur seinem Herzen vertrauen und sonst niemanden.


Tschau und byebye.
Das wars, ich hoffe sie hat euch gefallen!!^^
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