NCIS meets X-Files

vorstellen, dass eine solche Operation ohne die Kenntnis des NCIS vollzogen worden wäre.
Seine Grübeleien fanden ein jähes Ende, als der Mann und die rothaarige Frau in ihre Jacken griffen und vor seinen Augen zwei Ausweise entklappten. Unmittelbar darauf entglitt ihm ein unwirsches Schnauben. Er hätte es ahnen müssen.
„Fox Mulder, und das hier ist meine Partnerin Dana Scully. FBI.“
„Nennen Sie mir einen Grund, weshalb sich ausgerechnet das FBI für diesen Fall interessieren sollte? Die SeaCrawler ist ein marines Kriegsschiff, das auf seinem Weg in den Nahen Osten verloren ging. Jetzt ist es wieder aufgetaucht. Das ist originär der Zuständigkeitsbereich des NCIS, nicht der des FBI.“ Verärgert schritt er an den beiden Agents vorbei zur Luke des Seiteneinstieges. Auf Grund der Schräglage der SeaCrawler war sie jetzt mühelos zu erreichen und stand offen. „Hat vor Ihnen schon jemand das Schiff betreten?“
„Wir wissen es nicht. Aber es gab keine Hinweise, die darauf schließen lassen. Die Luke war verschlossen, bevor ich sie öffnete.“
Gibbs warf Mulder einen vernichtenden Blick zu. „Ich hoffe für Sie, Agent Mulder, dass Sie und ihre Partnerin in Ihrem Übereifer nicht versehentlich wichtige Spuren vernichtet haben. Andernfalls wird das Konsequenzen nach sich ziehen!“
Bevor der Streit ernste Ausmaße annehmen konnte, beschloss Scully sich einzuschalten. Sie war wütend auf ihren Partner, hatte er sie doch mitten in der Nacht aus dem Schlaf gerissen, um sie ein weiteres Mal auf eine unfassbar unvernünftige und von ihrem Dienstherrn ausdrücklich untersagte Ermittlung mitzunehmen. Innerlich hatte sie zwar bereits darauf gewartet, wann Mulder der Geduldsfaden riss und er seine alte Tätigkeit als heimlicher Ermittler bei den X-Akten wieder aufnehmen würde. Aber es änderte nichts daran, dass ihm dies mehrmals und nachdrücklich verboten worden war und er jetzt mit jedem Mal, in dem er dieses Verbot missachtete, nicht mehr nur allein seinen Ruf aufs Spiel setzte. Und genau aus diesem Grund hatte sie sich auch wieder überreden lassen. Sie konnte nicht einfach in Washington bleiben, die Hände in den Schoß legen und abwarten, wie Mulder mit Feuereifer in sein Unglück rannte. Er brauchte jemanden, der ihn hin und wieder bremste und zurück in die richtigen Bahnen lenkte. Und ihm zur Not den Rücken stärken konnte.
Sie schnitt eine Grimasse. Weshalb sie sich immer wieder dazu hinreißen ließ, konnte sie sich selbst nicht beantworten.
„Ich versichere Ihnen, dass wir in unserem Vorgehen auf diesen Umstand geachtet haben, Agent Gibbs. Wir haben das Innere des Schiffes ein Mal in Augenschein genommen, ohne etwas zu verändern oder zu berühren. Darauf haben Sie mein Wort.“
Für den Moment schien ihn das zu besänftigen, doch Scully ahnte, dass er sich damit allein nicht zufrieden geben würde. Der durchdringende Blick seiner blauen Augen richtete sich nun auf sie. „Also gut. Aber dann können Sie mir mit Sicherheit auch erklären, wie es sein kann, dass das FBI besser über die Hintergründe der SeaCrawler informiert ist als der NCIS. Woher zum Teufel wollen Sie all das wissen, was Sie mir da eben erzählt haben?“
Er wusste, es war ein schmerzhaftes Eingeständnis, dass der NCIS über die näheren Umstände nichts wusste. Aber die Vermutung, die der FBI-Agent hier angebracht hatte, duldete keine Kompetenzrangelei. Jedenfalls nicht in dieser Art.
Scully schaute auffordernd zu Mulder hinüber, der dünn lächelte. „Ich habe mich informiert.“
Es half nichts. Mulder war ganz offensichtlich auf Konfrontation aus und offensichtlich wusste er mehr über das Schicksal des Kreuzers als Gibbs lieb war. Das konnte er nicht einfach so leichtfertig in den Wind schlagen.
„DiNozzo!“
Hastig drehte sich der junge Mann zu seinem Boss, schaltete das Handy aus und war mit wenigen Schritten an seiner Seite. Verwundert musterte er Mulder und Scully.
„Schaff diese beiden FBI-Agenten raus aus dem Sicherheitsbereich und unterhalte dich mit ihnen. Ich will jedes noch so kleine Detail erfahren, was sie über die SeaCrawler wissen.“ Er entließ die drei mit einem knappen Kopfnicken und setzte dann seinen Weg um das Schiff fort.
Mulder verfolgte Gibbs noch einen Moment mit nachdenklichem Blick. Konnte es wirklich sein, dass der NCIS nichts von der Mission der SeaCrawler gewusst hatte? Er schätzte den silberhaarigen Agent mit diesen unglaublich harten blauen Augen als einen fähigen und weisen Ermittler ein. Ihm war die Bestürzung, die ihn für einen kurzen Moment überrascht hatte, nicht entgangen und er wertete sie als durchaus reale Reaktion. Unwohlsein breitete sich in seinem Magen aus. Wenn das tatsächlich so war, dann verhieß das wahrlich nichts Gutes. Er hatte richtig gehandelt, hier nach Tennessee zu kommen. Soviel stand fest.
Mulder wandte den Blick ab und folgte dem jüngeren NCIS-Agent, fort von der unheimlichen Aura des havarierten Kreuzers.
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