Skaterboy - freaky schooldays
Neuanfang!?
Neuanfang!?
Zum ersten Mal in einer neuen Stadt war ich wirklich froh Freunde gefunden zu haben.
Allein hätte ich sicherlich keine einzige Mathestunde, geschweige denn Physikstunde überlebt.
Nun betrachtete ich mich vor dem Spiegel in meinem neuen zu Hause.
Ich fragte mich, ob das Outfit cool genug für die City war und war mir sicher, dass ich dennoch auffallen würde, schließlich trug ich immer noch die Klamotten von London.
Ah…. London….
Schon wieder dieses Wort, diese Stadt.
Wieder ein Bild von Nico vor meinem inneren Auge. Und wieder die Frage, warum ich ihm nicht hatte sagen können, dass ich ihn liebte.
Nun war es zu spät.
Ich war auf dem Weg in mein neues Leben.
Mein Leben in Osaka.
Osaka, der Stadt der merkwürdigen Leute und Schule.
Ich besah mich noch ein letztes Mal im Spiegel, drehte mich um und ging geradewegs auf meine Zimmertür zu.
Entschlossen alles, auch Nico, hinter mit zu lassen und nie wieder daran zu denken.
Ich wollte gerade die Tür öffnen, als mir diese auch schon voller Schwung entgegenkam.
Ich fiel unsanft auf den Po und rieb mir wütend die Nase.
‚Verdammt!’
Meine Mutter stand beschämt lächelnd im Türrahmen.
„Warum stellst du dich denn hinter die Tür wenn ich reinkomme? Können wir los?“
‚Ja! Frag bloß nicht wie’s mir geht! Ich wurde gerade ja nur fast von meiner Tür erschlagen!’
„Warum kommst du rein, wenn ich hinter der Tür stehe? Und ja. Wir können los!“
Ich wunderte mich selbst, dass ich meine Mutter so sarkastisch anfuhr und war gleichzeitig stolz auf mich!
Die neue Schule zeigte ihre Wirkung!
„Schön. Dann komm!“
Meine Mutter hatte meinen Sarkasmus natürlich nicht verstanden! Wie sollte sie auch? Sie hatte mir womöglich nicht einmal zugehört.
Ein weiteres Mal erschrak ich darüber, dass meine Mutter sich so gut wie gar nicht für mich interessierte….
Ich stand auf und ging zunächst wieder vor meinen Spiegel.
‚Na toll! Eine knallrote Beule!’
Wieder meldete sich meine Erziehungsberechtigte vom Türrahmen aus.
„Ying! Ich muss auch noch mal zur Arbeit!“
Natürlich! Die Arbeit! Es war immer die Arbeit! Im Leben meiner Mutter drehte es sich alles nur um die Arbeit.
Wenn es nicht so gewesen wäre, hätte sie vielleicht auch bemerkt, dass ich eine rote Beule am Kopf hatte.
Ihretwegen!
Sie hätte in London bemerkt, dass ich Freunde gefunden hatte. Das nicht hatte wegziehen wollen!
Doch es ging ihr nur um ihren besseren Job!
Seufzend ging ich hinaus, da ich bemerkt hatte, dass sie schon auf dem Weg zum Auto war.
Schnell zog ich meine Schuhe an und ging zur Tür hinaus.
„Mach die Tür zu! Schlüssel steckt.“ Hörte ich eine Stimme von der Garage rufen.
Ich schloss die Haustür und ging zur Garage.
Langsam (ich liebte es sie zu ärgern) stieg ich ins Auto ein und schnallt mich an.
Einige Minuten später waren wir dann auch schon in der Stadt angekommen und ich stieg langsam aus.
Ein schnelles „Tschüss Schatz“ aus dem Mund meiner Mutter und quietschende Reifen ließen mich vermuten, dass sie spät dran war.
Ich blickte mich um und erstarrte.
Lauter Menschen gingen an mir vorbei und ich stand vor einem riesigen Gebäude, welches wahrscheinlich ein Einkaufszentrum war.
Mein Blick ruhte lange auf diesem Gebäude, bis mich einige halbwegs vertraute Stimmen aus meinem Staunen rissen.
„Hey! Auch schon da?“
Wieder grinste mir ein verspieltes Jungengesicht entgegen, welches zu Kakunu gehörte. Auch die anderen kamen näher und begrüßten mich.
Yumika wirkte in Gegenwart ihrer Freunde nicht mehr so schüchtern wie in der Schule und lächelte mich an.
„Was machsten so früh hier? Pass auf, sonst wirste tot gefahrn. Machen die hier gerne!“
Ich blickte Jana entgeistert an. Wie tot fahren? War dieser Ort hier….
Sie starrte in mein Gesicht und begann zu lachen.
„Oder ham se dich schon angefahrn? Mit der Beule da im Gesicht!“
Koku schob sie zur Seite und schaute mich an.
„Hmmm… Sieht so aus!“
Wieder begann er zu grinsen. Ich musste echt schlimm aussehen….
„Das war meine Mum!“ erwiderte ich auf ihre fragenden Blicke hin, worauf alle, auch Yumi, in lachen ausbrachen.
„Was?…. Mag dich deine Mum nicht, und fährt dich deshalb um?“
Immer noch weiter prustend und grinsend stellte mir Koku weitere solcher Fragen.
Ich hatte keine Möglichkeit mich zu erklären und so wartete ich geduldig bis sie fertig waren, wobei ich hin und wieder selbst lächelte.
Lange schon hatte ich mich nicht so wohl gefühlt! Zwischen umziehen und einziehen, Schule wechseln und wieder verlassen hatte ich kaum solche Momente gehabt in denen ich mich mit Freunden amüsieren konnte.
Als sie fertig waren versuchte ich ihnen die Geschichte mit der Tür zu erklären und auch, dass ich meine Mutter wirklich nicht so sehr leiden konnte.
„Ich meine, nicht das ich sie nicht mag! Sie ist meine Mum. Aber manchmal kann sie sehr verständnislos sein. Wahrscheinlich werden wir sowieso bald wieder weg ziehen, wenn sie einen anderen Job gefunden hat!“ Ich blickte zu den Geschäften der Einkaufspassage, durch die wir während ich redete, gingen.
„Deine Ma scheint echt verpeilt zu sein!“ Diese Bemerkung von Jana ließ mich lachen.
Was sollte ich schon noch weiter tun, außer mit ihr umzuziehen?
Ich durfte noch nicht alleine leben und außerdem hatte ich meine Schule noch nicht fertig!
„Tja. Das ist sie manchmal echt!“
Schweigend gingen wir weiter und dann und wann an diesem Nachmittag, wenn wir nichts mehr zu erzählen hatten, berichtete ich von meinen Erlebnissen in den anderen Städten.
Mir hatte es nie an etwas gefehlt. Außer an Liebe, wie ich stumm langsam selbst bemerkte.
Meine Mum hatte meinen Vater verlassen, da er sein Heimatland nicht hatte verlassen wollen, da er dort einen eigenen Laden besessen hatte.
Fortan waren wir – meine Mutter und ich – ständig auf Reisen gewesen.
Von China (dem Heimatland meines Vaters) bis nach Paris, London, Berlin, Uruguay.
Wo auch immer meine Mutter einen besseren, gutbezahlten Job hatte ergattern können, war meine Heimat gewesen.
Früher, als ich klein gewesen war, hatte es mir noch Spaß gemacht.
Ganz alleine mit meiner Mutter durch die ganze Welt. Wie die Menschen aus dem Zirkus oder dem Jahrmarkt.
Früher hatte ich noch die Hoffnung gehegt wir würden irgendwann ein Karussell kaufen und mit einem Jahrmarkt reisen, doch je älter ich wurde, desto mehr veränderten sich meine Träume.
Aus dem Karussell, welches ich mir gewünscht hatte, war eine feste Wohnung geworden.
Als jedoch auch diese Illusion geplatzt war, war es einfach nur jemand gewesen, der mit uns fahren würde.
Immer hatte ich mir gewünscht, dass es mein Vater gewesen wäre, doch er schrieb mir nie. Mir wäre auch eine Schwester lieb gewesen, oder ein Bruder, um den ich mich hätte kümmern könne, doch von nichts kam nichts.
Meine Mutter hatte nie einen Freund.
Und so bleib ich allein.
Ich versuchte alles um meine Erlebnisse zu verarbeiten, doch da ich nie jemand festen zum reden gefunden hatte, blieb es bei einem Tagebuch.
Doch auch dieses hatte ich schnell wieder aufgegeben, denn die Hälfte des Buches war nur gefüllt mit schmerzenden Erinnerungen an meine zeitweiligen Freunde.
Nun, in Osaka hatte ich neue Freunde gefunden und ich hoffte sie nicht so schnell wieder zu verlieren.
Ich hatte Spaß mit ihnen und den Großteil unseres „Ausflugs“ verbrachten wir mit reden und rumalbern.
Ich genoss es.
Schließlich wurde es später und wir gingen noch kurz in eine Bar um uns etwas zu trinken zu holen.
„Die Stadt hier ist echt groß! Und dabei hab ich außer dem Einkaufszentrum und der Innenstadt noch kaum etwas gesehen!“
Meine Begeisterung spiegelte sich in meinen Augen und meiner guten Laune wieder.
„Warts ab! Den Rest zeigen wir dir auch noch!“
„Obwohl das sehr, sehr lange dauern könnte!“
Wieder geschah das eine Phänomen welches ich schon in der Stadt bemerkt hatte.
Yumi begann einen Satz und Koku ergänzte ihn!
Wie erfahren hatte waren Yumi und Jana verwandt, weshalb sie auch den gleichen Nachnamen trugen.
Jana war Yumi’s älteste Cousine, jedoch – wie ihre Eltern stets bemängelten – nicht halb so schlau, sondern eher dümmlich.
Schließlich hatte sie bereits eine Klasse wiederholt.
Doch im Gegensatz zu ihr war Koku noch schlechter! Er war bereits zweimal sitzen geblieben und hatte nun seine letzte Chance sein Abi zu machen.
Auch seine gestrige Bemerkung, er würde immer noch in der 4.Klasse sitzen, wenn Yumi ihm nicht geholfen hätte, schien realistisch.
„Wollte deine Mutter dich nicht abholen?“ fragte Yumi mich mit einem Blick zur Uhr, welche bereits 22 Uhr anzeigte.
„Hmmm…. Eigentlich schon. Ich ruf sie mal an.“
Ich kramte daraufhin mein Handy heraus und wählte die Nummer meiner Mutter.
Sie ging auch relativ schnell ran, erklärte mir jedoch in entschuldigendem Tonfall, dass sie noch länger auf der Arbeit bleiben müsse.
Ich legte auf.
„Sie hat noch ein paar wichtige Rechnungen, die sie unbedingt noch heute bearbeiten muss. Ich soll den Bus nehmen!“
Jana lachte.
„Ja ist klar. Die Frau ist echt verpeilt! Wie ich gesagt hab! Hat sie wenigstens gemerkt, dass du am Telefon warst?“
Sie grinste mich an.
„Keine Ahnung. Wahrscheinlich dachte sie ich wäre irgendjemand unwichtiges. Das weiß man bei ihr nicht so genau.“
Mit hämischen Grinsen fügte Koku hinzu: „Das nächste Gespräch möchte ich mithörn! Oder am besten! ICH ruf an und gebe mich als ihr Sohn aus! Klappt bestimmt.“
Nun musste auch ich lachen. Wahrscheinlich würde es klappen! Sehr wahrscheinlich! Doch mit einem Mal verschwand mein Lachen.
Ich hatte gerade an den Nachhauseweg gedacht und an die Haustür!
Und an den Haustürschlüssel für die Haustür, den ich nicht dabei hatte.
Auch Koku verstummte. „Was hast du?“
„Ich… kann nicht nach Hause! Ich hab gar keinen Schlüssel!“
Joa…. Sehr gut!