Kapitel 3

Gefecht gesetzt sein, da ich wahrscheinlich wegen zunehmenden Umfangs an Leibesfülle nicht mehr auf mein Pferd rauf komme.“
Nun guckten die Soldaten ziemlich verdutzt aus der Wäsche.
„Außerdem habe ich seid einigen Monaten die Verantwortung für ein weiteres Leben übernehmen müssen, ohne gefragt zu werden.“
Die Ersten glaubten aus allen Wolken zu fallen.
„Ich…, André und ich…, wir werden bald Nachwuchs im Hause Jarjaye haben. Aber ich versichere euch, dass ich sobald es mir möglich ist, meinen Posten als Kommandant der Nationalgarde wieder aufnehmen werde.“
Jetzt war es heraus. Sie schaute unsicher in verschiedene Augenpaare.
„Wenn ihr es wünscht.“
Zuerst waren die Männer sprachlos.
Dann sprang Alain in die Höhe.
„Ha, ich glaube es nicht. Unser Kommandeur ist schwanger!“
Er quietschte.
„Entschuldigt bitte mein Benehmen, aber ich kann einfach nicht anders. Mein Gott, was für eine Nachricht. Wenn ihr wüsstet, wie sehr ich mich für euch freue.“
Er umarmte André.
„Mensch, Alter, lass dich drücken. Ich wünsche euch alles Gute.“
Auf einmal wurden die Hüte in die Luft geworfen.
„Hoch lebe Oscar! Es lebe André! Ihr bekommt einen Erben!“
Die Soldaten freuten sich für ihren Kommandanten.
„Aber eins muss ich noch anmerken…“
Alain schaute Oscar ernst an.
Die anderen Männer wurden Mucksmäuschen still.
„Wenn ihr nach der Geburt nicht wieder eure Stelle antretet, werde ich euch mit eigenen Händen zurückholen.“
Erleichtert lachte Oscar ihn an.
„Aber natürlich. Ich komme auf jeden Fall zurück.“
Und so kam es, dass Oscar nur noch in zivil zur Kaserne kam.
Solange es ging guckte sie nach ihrer Truppe.
Und die Soldaten versuchten ihr jeden Wunsch von den Augen abzulesen.

„Oscar, ich hatte dir doch von dem Fest auf dem Place de Mars erzählt.“
André rannte die Treppe runter.
„Es soll am 14. Juli stattfinden. Also in zwei Tagen.“
Oscar lümmelte so gut es ging auf dem Sessel.
„Oh, ist das das Föderationsfest zum Jahrestag der Bastille-Eroberung?“
Rosalie stellte die frisch gemachte Schokolade ab.
„Bernard meinte, die Abgeordneten der Nationalversammlung sollen ebenfalls anwesend sein.“
Seid Rosalie von Oscars Schwangerschaft erfahren hatte, war sie wieder öfter bei ihr und half ihr in alltäglichen Dingen, die Oscar nun immer schwerer fielen.
„Dort würde ich gerne hingehen. Girodelle erzählte mir, dass tausenden Nationalgardisten aus allen Teilen des Landes kämen, um hier zu feiern.“
André wollte ansetzen etwas zu erwidern, doch Oscar würgte ihn gleich ab.
„Es ist nicht zu gefährlich für mich. Ich kann auf mich aufpassen. Und auch auf unser Kind.“
Sie rollte mit den Augen.
„Ich muss ja nicht mitten ins Getümmel. Schließlich weiß ich mittlerweile, wie schmerzhaft Stöße in den Bauch sind. Schatz, ich passe schon auf.“
Sie versuchte sich möglichst elegant vom Sessel zu hieven und umarmte André.
„Komm, lass uns hingehen.“
Sie drückte ihn gegen ihren schon ziemlich runden Bauch.
„Ich bin nicht krank, nur Schwanger.“
Seufzend gab André nach.
„In Ordnung, aber wir bleiben im Hintergrund.“
Oscar gab ihm einen Schmatz auf die Wange.
„Versprochen!“
Und so kam das Fest heran.
Am Tag des 14. Juli 1790 strömte ganz Paris und 60000 Nationalgardisten aus ganz Frankreich auf den Place de Mars.
„Ah, Oscar, ihr seid auch hier! Wie geht es euch?“
Alain kam auf die Beiden zugeritten.
„Hallo Alain, schön dich zu sehen. Danke, uns geht es gut. Es wird zwar alles etwas beschwerlicher und ich komme mir allmählich vor, wie ein Elefant, aber es geht schon.“
Alain lächelte.
„Dann darf ich das Kompliment machen, dass ihr der hübscheste Elefant seid, der mir bisher begegnet ist.“
Oscar musste lachen.
André knirschte.
„Wie viel waren es denn bisher?“
„Was?“
„Wie viele Elefanten?“
Oscar nahm André in den Arm.
„Was denn? Eifersüchtig? Er macht mir wenigstens noch Komplimente.“
Alain deutete eine Verbeugung an.
„Ich glaube, ich ziehe mich dann besser mal zurück. Wir wollen jetzt mit der Nationalversammlung den Eid der Treue für die Nation, das Gesetz und den König am ‚Altar des Vaterlandes’ schwören und feierlich die Verbrüderung der französischen Nation begehen.“
Plötzlich wendete Alain sein Pferd.
„Ihr müsstet eigentlich mitkommen, Oscar. Wenn ihr einen Eid auf die Nation, das Gesetz und auf den König beschwört, werden es alle nachtun. Denn ihr seid eine Leitfigur für das Volk und die Soldaten.“
Oscar schaute unsicher an sich herunter.
„Alain, ich kann unmöglich so…“
Umstehende Bürger hatten inzwischen mitbekommen, wer da unter ihnen verweilte.
„Das ist doch Oscar Francois de Jarjaye.“
„Ja, seht nur, wie hübsch sie doch in ihrem Zustand ist.“
„Beneidenswert, ich sah nicht mal halb so hinreißend aus, als ich mein erstes Kind bekam.“
„Tja, sie ist ja auch ein Engel.“
Alain stieg vom Pferd und bot Oscar die Hand.
„Kommt schöner Kommandant im Umstandsurlaub. Ich werde euch zum Altar geleiten.“
Oscar nahm seine Hilfestellung lachend an.
Alain bahnte sich einen Weg, doch es wurde ihm sehr leicht gemacht, da das Volk sofort zur Seite wich, als sie sahen, dass Oscar an seiner Seite war.
„Bürger von Paris!“
Bernard stand auf dem Podest vor dem Altar, auf dem ein Buch lag.
„In diesem Schriftstück unterzeichnen wir den Eid auf die Nation, das Gesetz und den König.“
Er nahm das Buch und übergab es Robespierre.
„Das ist doch…“
Oscar konnte das Gesicht nicht mehr genau einordnen.
„Das ist Robespierre. Beim Angriff auf die Bastille hat er euch auf die Kanonen aufmerksam gemacht. Er ist ein Abgeordneter der Nationalversammlung.“
Alain ließ ihre Hand los und stieg auf das Podest.
„Ich habe Oscar gefunden und sie hier vor gebracht. Wenn sie als Erste unterzeichnet, wird ganz Paris folgen.“
Robespierre und Bernard strahlten.
„Das hast du wundervoll gemacht. Aber nur, wenn sie wirklich möchte.“
Bernard war besorgt.
„Keine Bange, ich konnte sie wirklich überzeugen, sonst wäre sie auch nicht mitgekommen. Das wisst ihr so gut wie ich. Sie hatte schon immer ihren eigenen Kopf.“
Robespierre wandte sich wieder an die Menge.
Es ist mir eine große Ehre, euch sagen zu dürfen, dass Oscar Francois de Jarjaye die Erste sein wird, die dieses Schriftstück unterzeichnen wird.“
Ein Raunen ging durch die Menge.
„Das ist doch der Kommandeur der Nationalgarde.“
„Ja, sie ist in froher Erwartung. Es heißt, das Kind käme im September.“
„Wenn sie unterzeichnet, dann können wir beruhigt ebenfalls unterschreiben.“
Oscar stand vor dem Altar und nahm die Feder in die Hand.
„Auf die Nation, auf das Gesetz und auf den König.“
Die Menge jubelte als sie unterzeichnete.
Sie wusste nicht, dass auch ihr Vater unter den Anwesenden war.
„Meine Tochter, ich bin so stolz auf euch.“
Mit Tränen in den Augen ritt er nach Versailles.

Die Geburt rückte näher.
Oscar wurde immer nervöser.
Eines Tages kam Bernard aufgeregt zu ihnen nach Hause.
Nach dem er angeklopft hatte, öffnete er selbst die Tür
„Oscar, André! Die Adelstitel! Sie sind abgeschafft worden!“
Oscar rollte sich gerade die Treppe herunter und André wollte auf das Klopfen hin zur Tür gehen.
Wie angewurzelt verharrte er auf der Stelle.
„Bernard. Du …“
Bernard schloss die Tür.
„Entschuldigt, dass ich so hereinplatze. Aber ich dachte, ihr hättet es nicht gehört.“
André grinste.
„Wir haben es schon gehört…“
„War ja auch nicht zu überhören!“
Warf Oscar ein.
„Aber mit meiner Frau darfst du in solchen Situationen nicht mehr rechnen.“
Fuhr André fort.
„Und bis ich von sonst wo zur Tür gelangt bin, kann etwas Zeit vergehen.“
Oscar war am Treppenende angekommen und warf André einen entrüsteten Blick zu.
„Tja, wem habe ich diese Ausmaße wohl mit zu verdanken?“
Sie mussten lachen.
„Ach mein Schatz, du bist wirklich die zauberhafteste Kanonenkugel, die ich je gesehen habe.“
Oscar legte ihre Hände auf den Bauch.
„Warte nur, bis ich wieder alleine unterwegs bin, dann bekommst du alles zurück.“
Sie kam auf das alte Thema zurück.
„So die Adelstitel sind also abgeschafft worden. Dann sind, zumindest der Form her, alle Menschen gleich in Frankreich.“
Sie setzte sich auf einen Stuhl.
„Wie wird wohl mein Vater darauf reagieren.“
Seufzend lehnte sie sich zurück.
„Er ist nun wirklich vom alten Adel. Ob er das verkraftet?“
André küsste ihren Bauch.
„Mach dir keine Sorgen. Du bist seine Tochter. Er hat den gleichen Dickschädel wie du. Er wird darüber hinweg kommen.“
Er schaute ihr in die Augen.
„Morgen wollten deine Eltern doch vorbei kommen. Da kannst du dich von seinem Zustand überzeugen.“
Oscar nickte.
„Du hast Recht.“
Sie richtete sich wieder auf.
Irgendwie gibt es keine gemütliche Sitzposition mehr. Stehen ist auch fast unmöglich und im Liegen kriegt man keine Luft. Ich sollte es mal mit Kopfstand probieren…“
Bernard musste lachen.
„Ihr Ärmste. Rosalie wollte heute noch mal vorbei schauen. Ist das in Ordnung?“
Oscars Augen leuchteten auf.
„Aber Bernard. Du weißt, ihr seid beide jederzeit willkommen. Ich freue mich, wenn sie mich besucht.“

Ende August war Oscar allein zu Hause.
André, Bernard und Alain waren zu einem Treffen, bei dem Abgeordnete der Nationalversammlung die Zukunft Frankreichs debattierten.
Sie freute sich auf einen geruhsamen Morgen, stand auf, machte sich fertig und setzte sich in die Küche.
Die Bewegungen des Kindes waren zum Teil so schmerzhaft, dass sie keuchend zusammenfuhr.
„Na du bist mir ja ein kleiner Unhold. Nimmst überhaupt keine Rücksicht auf deine arme Mutter.“
Sie rief ihre Großmutter.
„Hast du vielleicht noch eine heiße Schokolade? Ich brauche etwas Süßes.“
Großmutter wirbelte
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