"Durch die Nacht"

"Alles dreht sich nur um dich"

Mühsam setzte ich einen Fuß vor den Anderen. Jeder Schritt schmerzte. Ich drehte mich um, ich war allein. Endlich!
Die Tränen rannen über mein Gesicht und ich setzte mich auf eine Bank ein Stück weiter. Nun brach es endgültig aus mir
heraus. Kauernd und schluchzend bemerkte ich wie meine Hosentasche vibrierte. Ich zog mein Handy heraus und starrte
auf die Nummer. Zu Hause endlich war ich zu Hause, ich drückte die Nummer weg und zog meine Beine näher an meinen
Körper, die Hände darüber verschlungen. Meine Kehle wurde trocken, wogegen mein Gesicht nach und nach nasser wurde.
So saß ich da, die Zeit verging und ich bewegte mich nicht. Die Minuten verstrichen, doch ich blieb sitzen. Nach etwa einer halben
Stunde blickte ich wieder auf. Mein Gesicht spannte, die Tränen zogen langsam in die Haut. Meine Gelenke schmerzten, zu lange
hatte ich die Haltung beibehalten. Mein Maskara klebte unter den Augen, meine Hose zeigte an den Knien Flecken meines
Make-ups, da mein Kopf auf ihnen gelegen hatte. Ich erhob mich allmählich und ging einen Schritt vor, wieder holte ich mein
Handy aus der Tasche und bemerkte, dass ich mehr als nur einen entgangenen Anruf hatte. Doch ich hatte nicht die Kraft
zurück zu rufen. Ich sah herüber zur Straße und hörte in weiter Ferne die Jungs aus dem Dorf. Ich ging einige Schritte rückwärts
und wartete bis sie vorbei gefahren waren. Die Dunkelheit hatte mich verschlungen. Nun zog es mich zur Straße.
Ich wusste, dass dort um halb 5 kein Verkehr war. Nicht hier, nicht hier wo es nicht einmal einen Supermarkt gab. Für
jede Kleinigkeit musste sich erst ins Auto gesetzt werden und zehn Minuten gefahren.
Leise schlich ich zur Straße und blickte in die Nacht. Ich konnte sein Haus erkennen, in weiter Ferne. Ich konnte sehen wie
das Licht in einem Zimmer anging und wenig später wieder aus. Obwohl ich mir sicher war keine Tränen mehr zu haben,
kroch mir erneut eine über mein Gesicht. Auf einmal vom eigenen Stolz gepackt strich ich sie ab und drehte mich weg.
Ich wollte nicht mehr weinen, nicht mehr wegen ihm. Niemals mehr wollte ich das.
Doch schon in diesem Moment wurde mir klar, dass ich es nicht schaffen konnte.
Wieder vibrierte es in meiner Tasche. Ich überlegte einen Moment griff hinein und hielt es in der Hand. Die selbe Nummer
wie eben. Ich entschied mich abzunehmen, testete zuvor jedoch noch meine Stimme. Nach einigem Husten bekam ich
wieder einen Ton heraus und begann das Gespräch.
"Ja hallo?"
"Hey, wie.. wie geht es dir?"
"Kannst du dir doch denken.."
Meine Stimme versagte und erneut rollte eine Träne über meine Wange.
"Es tut mir leid.. Ich wollte nicht, dass du.."
"Es reicht. Ich weiß.. du wolltest mir nur helfen. Schon klar. Ich muss doch selber wissen was ich tu und was nicht."
"Trotzdem, ich hoffe du weißt, dass es richtig war."
"Ja ich weiß."
"Gut, kann ich etwas für dich tun?"
"Ja, ruf ihn bitte noch einmal an. Betreib bitte Schadensbegrenzung. Er soll nicht denken, dass ich wegen ihm weine."
"Das tust du aber!"
"Aber dass würde alles zerstören. Sag ihm, dass ich ihm wirklich erstmal aus dem Weg gehen muss. Ja?"
"Natürlich.. und Sora?"
"Ja, Tai?"
"Geh bitte Heim."
"Woher weißt du?"
"Ich hör den Wind im Telefon."
"Ich meld mich später noch mal."
"Okay."
Schweren Herzens legte ich auf, drehte mich um und ging zur Haustür. Ich betrat den Flur und betete, dass meine
Familie bereits im Bett war. Ich sollte Glück haben, wahrscheinlich das erste und einzige Mal an diesem Abend.
Die Tür hinter mir schnappte ein und ich bewegte mich vernommen die Treppe herauf, holte mir in der Küche noch
eine Flasche Wasser und eine Scheibe Brot, in der Hoffnung, dass sich der Alkohol morgen nicht zu übel bemerkbar
machte und ging endlich in mein Zimmer. Nachdem ich die Zähne geputzt sowie mein Gesicht wieder rein gemacht hatte,
lag ich im Bett und starrte noch lange an die Decke. Doch irgendwann übermannte mich die Müdigkeit und ich schlief
ein.

(.)

Vom Dröhnen meines eigenen Kopfes geweckt, öffnete ich die Augen. Ich starrte in das dunkele Zimmer, dass nur durch einen Sonnenstrahl, der sich durch die Rollläden zwängte, beleuchtet war.
Ich schloss die Augen wieder und fasste mir mit meiner Hand aufs Gesicht. Es war nicht mehr feucht. Meine Haare rochen nach dem Rauch der Zigaretten, die meine Freunde am Vorabend geraucht hatten. Ich schluckte und bemerkte dabei, dass mein Hals trocken war. Ich machte vorsichtig das Licht an und setzte mich langsam auf. Immer noch drehte sich die Welt, wie in einem Kettenkarussell, dass vollkommen außer Rand und Band geraten war. Gott sei Dank hatte ich mir gestern Nacht noch eine Flasche Wasser neben mein Bett gestellt, ohne die wäre ich wohl vollkommen aufgeschmissen gewesen.
Nachdem ich einen Schluck genommen hatte, stieg ich aus meinem Bett und betrachtete mich wider Willen im Spiegel.
Mein Maskara klebte unter meinen Augen, es war sogar noch etwas von meinem Lippenstift zu sehen, wenn auch nicht viel.
Mein Kissen dagegen hatte es noch schlimmer abbekommen, mein komplettes Make-up klebte auf ihm.
Ich setzte mich wieder zurück, dann wurde mir erst wieder Bewusst was ich getan hatte!
Schon seit einiger Zeit verstand ich mich mit einem Jungen aus dem Dorf sehr gut, Matt. Uns verband schon immer ein besonderes Band. In erster Linie natürlich weil wir damals zu den 8 Auserwählten gehörten, die in die Digiwelt reisten um diese und unsere Welt zu retten. Aber es gab da noch mehr. Wir lebten im selben Dorf, so wie ziemlich alle Digiritter.
Denn nach den Tumulten um die Digiwelt hatten wir (und alle anderen Familien der Ritter auch) genug von der Stadt. Alle außer die Familie von Mimi waren mitgezogen. Dadurch, dass wir uns schon lange kannten, hatten wir viel zusammen gemacht. Wir hatten die selbe Schule besucht, hatten auf unserem Abschlussball von der Tanzschule zusammen getanzt und in letzter Zeit besonders viel miteinander gefeiert. Nur zu oft traf ich Matt auf einer Party und dort hatte ich mich meistens lange mit ihm unterhalten. Nun hatte ich ein bestimmtes Bild von ihm, auch wenn er immer sehr verschlossen war und nicht viel über seine Gefühle oder seine Meinung redete, so dachte ich mir immer, dass er mit Sicherheit ein ganz besonderer Junge ist.
Irgendwann merkte ich dann, dass es mehr war als ich wollte. Ich hatte Gefühle für diesen Jungen, der mir doch so vertraut und nah schien. Lange hatte ich mir überlegt was ich tun sollte und zahlreiche Male hatte ich versucht ihm aus dem Weg zugehen, damit meine starke Zuneigung verschwindet. Aber genutzt hatte es nie. Eher das Gegenteil schien präsent. Wenn ich ihn irgendwo traf, fuhren wir meistens zusammen nach Hause und oft saßen wir noch bei ihm und tranken weiter oder aßen Spiegeleier. Tja und dann kam der Tag an dem ich mich nicht mehr unter Kontrolle hatte.
Es war auf einem Geburtstag, alle ,und zwar wirklich alle, waren betrunken und hatten ihren Spaß. Wir tanzten, feierten, lachten und er war auch da. Wieder redete ich viel mit ihm und amüsierte mich mit ihm und Izzy gut.
Doch dann passierte es, ich kam auf die Idee, dass ich ihm doch einfach alles sagen könnte. Die Idee verfolgte mich den ganzen Abend und ich wurde sie einfach nicht mehr los. Ich redete mit Tai darüber, da ich dachte, dass er mir sicherlich am besten helfen könnte und er war genauso angetan davon wie ich. Also fasste ich mir ein Herz und erzählte ihm, wie sehr ich ihn doch mag! Seine Reaktion darauf war auf jeden Fall alles aber nicht so wie ich sie erwartet hatte. Zunächst fragte er ob er sich nicht verhört hätte, dann lachte er und blickte die ganze Zeit weg. Er schaffte es nicht mir in die Augen zusehen. Ich wiederholte was ich gesagt hatte und er schaute immer noch weg. Dann fing er wieder an zu lachen und fragte mich, ob ich das nicht alles schnell vergessen könnte und wir einfach weiter zusammen saufen können. Ich sagte ihm, dass ich mir das schon gedacht hätte, dass er mir einen Korb gibt und erklärte ihm, dass ich ihm vorerst aus dem Weg gehen wollte.
Doch das war es nicht was er hören wollte, wieder lachte er und starrte in die Dunkelheit. Er meinte, dass er das alles vergessen könnte und ich davon nie wieder reden sollte.
Da wurde es mir zuviel: Weder nahm er mich ernst, noch tat ich ihm leid! Es tat ihm nur Leid, dass ich nicht mehr mit ihm trinken konnte. Ich fühlte mich ausgelacht und verspottet. Schnell ging ich davon und sagte kein Wort zu ihm. Ich musste sehr schnell gehen, da ich schon merkte, wie die Tränen aus meinen Augen strömten. Ich lief direkt an Tai vorbei, der mir hinterher kam und mich in die Arme schloss. Nach einer viertel Stunde vergeblicher Versuche mich zu trösten, setzte ich mich auf mein Fahrrad und fuhr nach Hause.
Ja, das war es was gestern geschehen war und ich merkte, dass es zwar immer noch weh tat, aber nicht mal im Ansatz so sehr wie gestern.
Ich saß immer noch regungslos auf dem Bett und blicke gegen meine Zimmertür. In meinem Kopf hämmerte es und ich fror, doch seltsamer weise nahm ich dieses nur benommen war.
Ich holte mein Handy aus der Schublade meines Nachtschrankes, in dem ich es zunächst verstaut hatte. Fünf Nachrichten, sowie 2 Anrufe in Abwesenheit!
Die SMS waren hauptsächlich von Mello, die meine beste Freundin war und zusätzlich die Freundin von Tai. Sie machte sich große Sorgen, weil Tai sie nachts völlig aufgelöst angerufen hatte.
Ich hatte eigentlich keine große Lust über das Thema zu reden, doch wusste ich, dass ich ohne Erklärung aus der Sache nicht rauskäme. Also ging ich in den hinteren Teil meines Zimmers und startete den Computer. Erst überlegte ich mir ob ich mir ein Brötchen holen sollte, doch das schlechte Gefühl in meiner Magengegend, hielt mich davon ab. Nachdem ich meinen Freunden alles erklärt hatte, begann ich das große Ablenkungsprogramm: Fernsehen (meine Lieblingssendung) den
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