"Durch die Nacht"
ganzen Tag. So verlief mein ganzer Sonntag und ich musste wirklich sagen, Montags war ich bereits fest davon überzeugt über Matt hinwegzusein.
Ja, ich war mir ganz sicher: Ich war über Matt hinweg, jedenfalls so ziemlich. Ich hatte wirklich keine Zweifel mehr an der Tatsache, ich holte mir alle schlechten Dinge, die ich über ihn wusste und jede seiner miesen Eigenschaften ins Gedächtnis und langsam aber sicher, begann ich den Jungen zu verabscheuen. Nicht nur, weil er mir wehgetan hatte. Nein! Auch wegen der Art wie er mit meinen Freunden umging oder Menschen ansah, die er nicht wirklich kannte. Auf der anderen Seite vermisste ich jedoch jetzt schon die Stunden, die wir auf Partys oder danach miteinander verbracht hatten. Es war einfach so cool gewesen, mal etwas mit jemandem zu machen, der nicht direkt zum Freundeskreis gehört und der sich dann wirklich nur mit dir unterhält.
Aber das war jetzt vorbei! Natürlich war mir klar, dass ich ihm noch Rede und Antwort stehen musste, doch das würde ich schon schaffen. Noch bevor ich aus der Schule nach Hause kam, schrieb ich ihm eine SMS, dass er doch bitte heute bei ICQ on kommen sollte. Die Stunden vergingen langsam, wirklich sehr langsam. Dennoch waren auch diese irgendwann zu Ende und ich bemerkte wie sein Name in meiner Kontaktliste aufblinkte.
SO jetzt oder nie, sagte ich mir und begann sogleich das Gespräch. Ich sprach ihn direkt drauf an und da wir im selben Dorf wohnten, schränkte ich den Zeitraum meiner Schwärmereien ein, damit er nicht das Gefühl bekam, ich hätte nur deshalb mit ihm geredet. Trotz aller meiner Hoffnungen wenigstens jetzt ernsthaft über alles sprechen zu können, blockte er wieder ab. Allmählich merkte ich wie ich sauerer wurde. Wenn ich mich doch schon bemühte mit ihm ehrlich umzugehen, könnte er mindestens den Anstand haben mir den selben Respekt entgegen zu bringen.
Ich klärte die Sache so schnell wie möglich auf und schloss das Dialogfeld und jetzt war ich mir noch sicherer:
Er ist das letzte!
Eine Woche verging und ich muss sagen, dass ich wirklich keinen Liebeskummer mehr hatte. Ich vergoss nicht eine Träne mehr und auch sonst hatte ich bei der ganzen Sache kein schlechtes Gefühl. Er war mir ziemlich egal geworden.
Ich saß im Bus auf der Fahrt nach Hause und starrte aus dem Fenster. Früher hatte ich an dieser Stelle meistens an ihn gedacht, hatte mir ausgemahlt wie schön es doch sein könnte und wie unkompliziert. Dieser Illusion gab ich mich nicht mehr hin. Abgeharkt war abgeharkt. Ich holte meinen MP3-Player aus der Tasche, steckte mir die Stöpsel ins Ohr und drückte auf "Zufallswiedergabe". Durch die Musik fand ich die Busfahrt nur noch entspannender und schloss eine Weile meine Augen. Ich hatte mich ganz den Klängen und den Stimmen hingegeben, sowohl die Gitarrensoli als auch die manchmal schrägen Stimmen meiner Lieblingsrockgruppe unterstützten mein Wohlbefinden. Nach 3 Liedern jedoch, war ich wie gebannt.
"Kann mich wieder nicht ablenken,
alles dreht sich nur um dich,
ich liege hier und zähl die Tage,
wie viele noch kommen? Ich weiß es nicht.
Was hast du mit mir gemacht?
Warum tust du mir das an?
Was soll ich noch ändern?
Ich komm nur wieder bei dir an.
Ich will weg von hier,
doch es scheint egal wohin ich lauf..
das mit dir hört nicht auf,
sag mir wann hört das auf.."
Ich musste Schlucken. Urplötzlich und ganz ohne jegliche Vorwarnung schossen mir die Tränen in die Augen.
"Und ich kämpf mich durch die Nacht, hab keine Ahnung was du mit mir machst, ich krieg dich nicht aus meinem
Kopf und dabei muss ich doch (..)"
Wieder ein Kloß im Hals. Ich bekam eine Gänsehaut und die Welt vor mir verschwamm langsam unter meinen Tränen.
Ich wünschte mir, dass Lied auszumachen, aber ich konnte es nicht. Ich saß im Bus und der erste Tropfen rann über mein Gesicht. Schnell wischte ich diese weg und versuchte mich zu beruhigen. Doch egal wie sehr ich es wollte, ich konnte das Lied nicht aufhalten.
"Alle meine Wünsche
habe ich an dir verbraucht
ich kann es selbst nicht glauben
denn nur ich hol mich da raus
es fällt schwer es zu kapieren
doch irgendwie wird es schon gehen
alles würde sich verändern, wenn ich dich nicht mehr wiederseh."
Jedes Wort und jede Silbe traf mich, denn genau das war das was ich versucht hatte zu verdrängen und das zunächst erfolgreich. Das Lied war wie ein Spiegel, ja Silbermond hielt mir einen Spiegel vor mein Gesicht und es stimmte exakt mit dem Orginal überein. Vor einigen Jahren als das Lied erschienen war, hatte ich nicht begriffen wie schön es war. Ich hatte nichtmal den Inhalt wirklich verstanden, da ich nie zugehört hatte. Aber nun lebte ich dieses Stück und ich hätte es gern ein wenig von mir weggeschoben.