Licht und Schatten
ein und die vertraute sanfte Stimme flammte in ihm auf.
Was gibt es, Dosha?
Ich habe inmitten des geschützten Gebietes ein unbekanntes Mädchen gefunden und versucht mit ihr zu reden. Anscheinend versteht sie aber unsere Sprache nicht und ich verstehe ihre auch nicht! Normalerweise müsste es die Magie ja ermöglichen, jegliche Sprache von dem Planeten Bara zu verstehen, aber hier funktioniert es wohl nicht.
Ich verstehe. Ist sonst noch jemand, außer dem Mädchen, in deiner unmittelbaren Umgebung?
Nein, nur das Mädchen.
Dann werde ich ihre Aura sicherlich gleich gefunden haben. [/i]
Dosha öffnete seine Augen wieder und lächelte. Nun würde er bald wissen, ob das Mädchen ihnen wohlgesonnen war oder nicht und warum er ihre Sprache nicht verstehen konnte.
In Jin erwachte ein ungutes Gefühl. Es schien als lastete auf einmal ein starker Druck auf ihrem Geist. Sie versuchte diesem Druck mit all ihrer Kraft standzuhalten. Eine Weile schaffte sie das auch, aber da sie dadurch immer schwächer wurde, konnte sie dem Unbekannten nicht mehr stand halten und ließ von dem Versuch ab.
Der Druck war auf der Stelle wieder verschwunden und eine sanfte Stimme meldete sich in ihrem Geist. Sie sprach aber nicht in Worten sondern in Bildern und Bedeutungen. Wer bist du?
Jin konnte die Bedeutung der Worte verstehen, wusste zuerst aber nicht, wie sie der Stimme antworten sollte und stockte.
Denke deine Antwort, ich werde sie verstehen.
Sie schloss nun ihre Augen, um sich auf das Gespräch in ihrem Innern konzentrieren zu können. Mein Name ist Jin.
Jin, wie bist du hierher gekommen? Das Gebiet um Gen wird durch die Mauer Ryoku und verschiedene Schutzzauber geschützt. Normalerweise kommt keiner so einfach hier herein!
Ich weiß es nicht. Ich war gerade noch in meinem Haus auf dem Dachboden, wo ich einen Spiegel entdeckt habe dessen Spiegelglas bläulich schimmerte. Als ich ihn dann berührte erfasste mich dieses blaue Licht und ich wachte inmitten einer dieser Getreidefelder wieder auf.
Du sagst, du warst auf deinem Dachboden und berührtest einen Spiegel, der dich hierher gebracht hat?
Ja… Jin schauderte bei dem Gedanken an den mysteriösen Spiegel und der unheimliche Stimme, die sie auf ihm aufmerksam gemacht hatte.
Wo befindet sich dein Haus?
Mein Haus? In New York… Jin verstand noch nicht, wie das ganze zusammenhängen könnte.
New York!? … Das liegt doch auf der Erde!! Überraschung klang in den Worten in Jins Kopf mit.
Ja, auf der Erde! Wo denn sonst!?
Demnach war der Spiegel auf deinem Dachboden einer der magischen Gegenstände, die die beiden Welten miteinander verbinden! Er muss noch von früher übriggeblieben sein!! Aber wie konnte er sich von selbst aktivieren!?
Was…!?
Du musst so schnell wie möglich zu mir kommen. Ich werde Dosha sagen, dass er dich zu mir bringen soll!!
Aber… Die Anwesenheit des anderen Geistes verschwand aus ihren Gedanken.
Jin öffnete ihre Augen wieder. Sie war jetzt noch verwirrter als zuvor. Die Überraschung über die Erkenntnis der Anderen Person, dass ihr Haus in New York auf der Erde war, hatte eine starke Unruhe in ihr ausgelöst. Sie hatte Angst vor dem was sie von dieser Person noch erfahren würde. Sie hatte Angst nie wieder nach Hause zurückkehren zu können.
Als ihr Blick wieder klarer wurde, sah sie den Zentaur, der ihr bedeutete, sich auf seinen Rücken zu setzten. Sie zögerte. Ich weiß gar nichts über diesen Ort, über diese Leute, über das Leben hier… Das erste Mal in meinem Leben wünsche ich mir wirklich, dass ich wieder zu Hause bin!
Zögernd stieg Jin auf den Rücken des Zentauren, der gleich darauf auf das Schloss zugaloppierte, um sie zu der Person zu bringen, die gerade in ihren Geist eingedrungen war. Sie musste sich festhalten, um nicht sofort wieder von dem Rücken des Zentauren zu fallen.
Sie waren vor den Schlossmauern angekommen und der Zentaur stoppte vor der Brücke um Jin zu bedeuten von seinem Rücken wieder abzusteigen und ihm zu folgen. Nachdem sie die Brücke überquert hatten gelangten sie in einen großen Garten. Den Zentrum des Gartens bildete ein großer reichlich verzierter Brunnen, in dessen Mitte wiederum eine im Licht glänzende Statue stand. Es war eine Frau, die ein langes Zepter in ihrer rechten Hand hielt und die Arme gen Himmel ausbreitete. Sie hatte die Augen geschlossen und den Kopf nach oben gewendet. Auf ihrer Stirn war ein seltsames Zeichen abgebildet. Jin rätselte, ob dieses mysteriöse Zeichen eine bestimmte Bedeutung haben könnte.
Erst jetzt bemerkte Jin, dass neben dem Brunnen jemand stand. Der Zentaur bedeutete ihr zu dieser Person zu gehen, blieb aber seinerseits am Rande des Gartens stehen.
Langsamen Schrittes näherte Jin sich der Gestalt. Beim näher kommen erkannte sie, das die Gestalt eine junge Frau war. Sie hatte etwas vertrautes, aber auch etwas unheimliches. Als Jin schon fast bei ihr war bemerkte sie das Zeichen auf der Stirn der Frau: Es war das gleiche wie das, was auf der Statue des Brunnens abgebildet war. Verwundert ging sie weiter auf die Frau zu und blieb kurz vor ihr stehen.
Die junge Frau strich mit der rechten Hand über ihr Gesicht und murmelte etwas unverständliches. Im nächsten Moment wurde es klarer in ihrem Geist, wie wenn er sich nun der Welt geöffnet hätte. Sie hatte das Gefühl, dass sie zuvor blind und taub gewesen war.
Prinzessin Shin hatte einen Zauber gewirkt, damit das Mädchen, welches von ihrem Treuen Krieger Dosha zu ihr gebracht worden war, die Sprachen von Bara verstehen konnte und die Prinzessin die ihre.
Prinzessin Shin lächelte das Mädchen an: „Ich glaube jetzt müsstest du uns verstehen können!“
Verdutzt schaute das Mädchen sie an. Sie wollte etwas sagen, hielt aber sofort wieder inne.
„Du hast bestimmt viele Fragen an mich und ich habe meinerseits auch einige an dich.“
Das Mädchen hatte sich wieder einigermaßen gesammelt und nickte schwach.
„Die ganzen Geschehnisse haben dir sicherlich zugesetzt! Vielleicht ist es fürs erste besser, wenn du dich ein bisschen hinlegst und versuchst zu schlafen. Es wird auch schon langsam dunkel.“
Das Mädchen nickte erneut.
„Gut, ich werde jemanden rufen, der dich in eine unsere Schlafgemache führen wird.“
Prinzessin Shin schloss ihre Augen. Tori?
Eine Weile lang kam keine Antwort, aber dann meldete sich eine Stimme in Prinzessin Shins Geist: Ja, Prinzessin?
Wir haben heute einen Gast. Könntest du eines der Schlafgemache für sie herrichten?
Ja natürlich, Prinzessin.
Ist deine Schwester in der Nähe?
Ja, Kotori ist bei mir!
Schicke bitte Kotori, um unseren Gast abzuholen und sie in ihr Schlafgemach zu bringen!
Natürlich! Sie ist gleich bei euch.
Prinzessin Shin öffnete ihre Augen wieder und sah dem Mädchen tief in ihre blauen Augen. Als sie die beruhigenden Schwingungen, die von ihrer Aura ausgingen, spürte, wusste sie ganz genau, dass sie ihnen wohlgesonnen war.
Sie wendete ihren Blick zum Schlosseingang und lächelte, als sie Kotori auf sie zukommen sah. „Kotori wird dich in dein Schlafgemach bringen.“
Jin sah sich müde in ihrem Zimmer um. Es war sehr groß und geräumig. Ihr Bett war doppelt so groß, wie das bei ihr zu Hause und es waren viele feingearbeiteten Schnitzereien und Gravuren eingearbeitet.
Das Mädchen, welches Jin hierher gebracht hatte, hatte ihr noch Schlafgewand gebracht und war dann wieder verschwunden ohne etwas zu sagen.
Jin verstand noch immer nicht, was vorgefallen war, aber sie war auch viel zu müde um weiter darüber nachzudenken. Sie war froh darüber endlich verstehen zu können was diese Leute zu ihr sprachen. Was auch immer das Mädchen in dem Garten mit ihr gemacht hatte, sie war dankbar dafür.
Müde zog sich Jin um und legte sich ins Bett. Sie schlief augenblicklich ein.
Nachdem das Mädchen mit Kotori aus dem Garten verschwunden war ging Dosha zur Prinzessin hinüber. „Meint ihr, sie ist gefährlich?“
Die Prinzessin schwelgte in ihren Gedanken. „Nein, sie ist nicht gefährlich, jedenfalls ist sie uns wohlgesonnen.“
Dosha merkte, dass etwas mit der Prinzessin nicht stimmte. „Was bedrückt euch, Prinzessin Shin?“
„Es ist nur… Die Tatsache, dass dieses Mädchen wirklich von der Erde kommt macht mir sorgen! Es ist schon seit Jahrhunderten niemand mehr zu uns gekommen, und nun das!“
„Was meint ihr?“ Er verstand nicht, worauf die Prinzessin hinaus wollte.
„Ich meine nur, es hat bestimmt einen Grund, das dieses Mädchen ausgerechnet jetzt auftaucht!“
„Ihr meint, sie ist diejenige…!“
Prinzessin Shin blickte auf. „Ich kann es mir nicht anders erklären! Sie muss es sein!“
Prinzessin Shin richtete ihren Blick gen Himmel. „Es ist schon spät geworden, wir sollten uns auch langsam zurückziehen. Ich werde dich morgen rufen, wenn ich mit dem Mädchen spreche. Du sollst alles erfahren und wenn nötig für ihre Sicherheit sorgen!“
Dosha verbeugte sich: „Jawohl, Prinzessin!“