Schwarz und Weiß

Even angels fall

Schwarz und Weiß

Es gab eine Sonnenfinsternis am 6.6.666 und auch der Mond mied diese Nacht. Die Menschen fürchteten sich, denn eine solche Schnapszahl konnte nur das Erscheinen des Teufels bedeuten. Sollte ein Kind am heutigen Tage auf die Welt kommen, sollte es sofort getötet werden, so die Priester. Drei Kinder wurden geboren, drei wurden getötet. Die Eltern wurden damit vertröstet, dass jenes Kind vom Teufel besessen wäre und nicht hätte nach den Gesetzten Gottes leben können. Drei Kinder wurden geboren, auf der ganzen Welt, an diesem Tag. So war es bekannt. Was aber, wenn noch ein Kind geboren worden war, von dem niemand etwas gewusst hatte? Was, wenn die Mutter jenen Kindes dieses zu sehr liebte, als um es töten zu lassen? Die Mutter starb, als das Kind sechs Jahre alt war. Er konnte nicht sterben. Inuyasha war zur Unsterblichkeit verdammt.

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„Wir bitten Euch, segnet dieses Kind und schützt es vor dem Teufel.“ Das Mädchen lächelte. Sie sprach einen Segen über das neugeborene Kind aus. Die Menge – allen voran natürlich die Eltern – atmete erleichtert aus. Es war das Jahr 1332 und jeder wusste, dass ein Teufel aus der Nacht des 6.6.666 überlebt hatte. Er war 666 Jahre alt… in diesem Jahr musste der Teufel besonders mächtig sein. Vier Kinder sollen ihm schon zum Opfer gefallen sein. Es sollten möglichst nicht mehr werden. Langsam entfernte das Mädchen sich.
Sie lächelte. Sie lächelte immer. Sie war eine Heilige. Der Engel auf Erden. Sie beging keine einzige Sünde. Nie. Sie lebte so, wie es Gott wollte. Ihr Name war Kagome.

Es waren schon ein paar Tage seit der Segnung des Neugeborenen vergangen. Kagome ging ein bisschen in der Gegend herum und alle Menschen, die sie sahen, warfen sich zu Boden und beteten sie an. Kagome kannte es nicht anders. Ihr eilte der Ruf voraus, dass sie jede Sünde bereinigen könne. Nur leider durfte sie keine Kirche betreten, da die Priester befürchteten, dass Kagome die Kirche auf der Stelle läuterte. Kagome wurde eher selten angesprochen… oft nur um einen Segenswunsch. Man ging einfach davon aus, dass es ihr gut ging.
Oft wünschte sie sich, dass man mit ihr redete. Aber das sagte sie nicht. Worüber sollte sie sich auch schon mit den Menschen unterhalten? Worüber sollten diese sich mit ihr unterhalten? Kagome musste sich immer wieder in Erinnerung rufen, dass sie eine Heilige war. Sie beging keine Sünden und die Leute glaubten, dass sie sofort geläutert würden, sollten sie es auch nur wagen, mit ihr in Berührung zu kommen. Kagome seufzte. So war es und so würde es sicher immer bleiben.

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Leise pfiff der Wind und keiner, der sich zu Gott bekannt hatte, wagte es, auf die Straße zu gehen. Die Nacht gehörte zum Teufel. Und der Teufel lebte hier auf der Erde. Hier, in diesem Land. Und keine Macht schien groß genug, diesen Teufel auszutreiben. Nicht einmal die Gottes?

Stumm setzte er einen Fuß vor den anderen. Es war leer in diesem Ort, irgendwo quietschte leise ein Fensterladen. Er wandte den Kopf, es war finster in dieser Nacht. Die Wolken verdeckten den hellen Mondschein und der kleine Glanz der zahllosen Sterne reichte nicht, um das Gesicht des einsamen, jungen Mannes zu erhellen. Wer war dieser, dass er sich in der Nacht nach draußen wagte? Leitete der Teufel seine Schritte?

Ja.

Der Name des Mannes war Inuyasha. Inuyasha, jener Teufel, der die Nacht des 6.6.666 überlebt hatte. Er war der Grund, warum die Menschen die Nacht mieden. Er war der Grund für ihre Angst. Der aufkommende Wind vertrieb die Wolken und nun hatte der Schein des Mondes seine Chance, die Wege in sein Licht zu tauchen. Er streifte eine einsame Gestalt, deren goldene Augen kurz aufblitzen, um dann wieder im Schatten zu verschwinden.

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„Kagome! Liebes!“, rief eine gut gelaunte Mutterstimme durch die Hütte. „Hm?“, gab Gerufene lieb von sich. „Das Frühstück ist fertig. Kommst du?“, fragte die Mutter. Kagome lächelte und nickte. Sie stand auf. Ihre Familie waren wirklich die Einzigen, die sie ganz normal behandelten. Das gab Kagome jene Kraft, die sie immer wieder durch den Tag brachte.
„Es war schon ein älterer Herr hier, der dich bittet, seine Tochter wieder gesund zu machen“, sagte ein kleiner Junge, der zu Kagome aufsah. „Gut. Ich werde nachher zu ihr gehen. Danke, Souta“, lächelte Kagome den Jungen an, der zurückgrinste.

„Miko-sama! Gott sei’s gedankt, Ihr seid endlich da! Denkt Euch nur, meine Tochter hat schreckliche Schmerzen!“ Der alte Mann sah gehetzt aus, und ein besorgter Ausdruck lag in seinen Augen. „Habt keine Angst. Ich werde sehen, was ich tun kann.“ Kagome lächelte und nickte ihm warm zu. „Was hat Eure Tochter denn für Beschwerden?“ Der Mann schluckte, bevor er lossprudelte: „Schreckliche Bauchschmerzen hat sie, drei Tage schon! Miko-sama, ich bitte Euch, heilt sie!“ Kagome ging vorsichtig in die Hütte.

Dort lag eine junge Frau auf dem Lager und hielt sich den Bauch. „Ehrenwerte Frau…“, begann Kagome leise. Die junge Frau regte sich und gab eine Mischung aus einem „Hm?“ und einem Stöhnen von sich. „Ich bin hier, um nach Euren Beschwerden zu sehen.“ Sie ließ sich neben das Lager nieder. „Mi… Miko… sama…?“, murmelte die junge Frau leise. „Ja. Darf ich Euren Bauch abtasten?“ Die junge Frau stöhnte und schlug die Decke weg, sodass Kagome ihre Hand auf den Magen legen konnte.

„Nun… werte Frau… wenn mich Gott nicht ganz allein gelassen hat, würde ich sagen, dass Ihr ein Kind unter dem Herzen tragt“, schmunzelte Kagome. „Aber… man sieht doch gar nichts! Denkt nicht, dass ich an Euren Worten zweifle, aber… woran erkennt Ihr das?“, fragte der Vater der jungen Frau perplex. Kagome lächelte: „Sagen wir… ein Vöglein hat es mir zugezwitschert.“

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Er stand dort. Dort, im Schatten des Hauses. Er hatte sie gehört. Er hatte die Worte der Heiligen gehört. Ein Kind unter dem Herzen? Dann würde er dafür sorgen, dass es zu Satan gehören würde.

Wie er, Inuyasha, nicht nach Gottes Gesetzen leben konnte? Wer sagte denn, dass Gott immer Recht hatte? Satan war ein Teil von Gott. Gott war ein Teil von Satan. Also hatten entweder beide Recht oder gar keiner.

Warum er ungeborene Kinder zu Satan gehörig machte? Er musste es. Er hatte von Anfang an so gelebt. Oft fragte er sich, warum alle erst zu Gott gehörten. Gott schrieb ein Leben vor, wie man es nicht führen konnte. Ebenso wie der Teufel. Und doch. Und doch gab es sie. Sie beide. Sie und ihn.

Ihn, die Verkörperung des Teufels.

Sie, die einen Engel darstellte.

Ihn, Inuyasha.

Sie, Kagome.

Untrennbar miteinander verbunden, bis die Zeit stehen bleibt und Gott und Satan den Tod finden…

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Der Wind zerrte hart und unnachgiebig an den Kleidern derer, die sich auf den Straßen befanden. Doch sie, die Heilige, sagte, der Wind wäre der Atem Gottes. So also versuchten die gläubigen Menschen, sich selbst und ihre Kinder nicht wegpusten zu lassen.

Kagome schritt nicht über den Hauptweg. Sie ging durch die Gassen, in der Hoffnung, einem Menschen helfen zu können. Es war ein Drang, den Kagome nicht fähig war, zu kontrollieren. Doch dies war es auch nicht, was sie wollte. Es war ihr Wunsch, dass es allen Menschen gut ging. Ob das verwirklichbar war, das fragte sie sich erst gar nicht.

Kagome sah viele Menschen an den Wänden lehnen, doch kein einziger wollte ihre Hilfe annehmen. Ersehnten sie so sehr den Tod? Aber… der Tod gehörte zum Teufel! Wie konnte man sich so etwas nur wünschen?

« Indem sie den Lebenssinn verloren haben. Nicht jedes Wesen ist so wie Ihr. »

Kagome schreckte zusammen. Was war das gewesen? Wem hatte diese Stimme gehört? Und was sollten ihre Worte bedeuten? Man wollte sterben, wenn man den Lebenssinn verloren hatte? Quatsch! Wie konnte man den denn verlieren, wenn man sich zu Gott bekannt hatte? Und selbst wenn, man würde ihn sicher wieder finden!

« Nein. Vergesst nie, wer Gott und der Teufel sind. Gott ist dazu verpflichtet, Menschen sterben zu lassen, so wie Satan sich verpflichtet hat, Menschen auf diese Welt kommen zu lassen. Wenn niemand mehr stirbt, dann wird auch niemand mehr geboren. Das ist das Gesetz der Herrscher über Himmel und Hölle. »

Kagome drehte sich um die eigene Achse, ihre Augen huschten unstet hin und her. Diese Stimme! Diese Stimme machte ihr Angst! Es war, als erklinge sie direkt in ihrem Kopf! Wer sprach da zu ihr? Wer in Gottes Namen war das? Und wieso hatte er eine solche Wirkung auf sie?

« Ich bin wie Ihr. Ihr seid zu Gott gehörig. Mein Herr ist Satan. Ihr seid noch jung und unwissend, heilige Kagome. Ich bin alt. Ich würde gerne sterben. Doch noch ist mir diese Erlösung nicht verschrieben.
Ihr wisst, das ich Recht habe. Aber Ihr wollt es Euch nicht eingestehen. Das verursacht Aufruhr in Euch. Das ist nicht gut, wenn Ihr weiterhin wollt, dass die Menschen Euch bedingslos vertrauen. Akzeptiert die Wahrheit, heilige Kagome.
...
Ich warte auf Euch. Heute Nacht. Unter Eurem Lieblingsbaum. »

Kagomes Herz pochte. Was…? Jene Stimme war wie sie? Nur… andersherum? Ja, und das in jedem Bereich. Er war alt und wusste, was sie nicht wusste. Sie war jung. Jung und naiv. Heute Nacht, unter ihrem Lieblingsbaum? Aber… woher wusste er, welcher das war? Beobachtete er sie etwa? Sogar jetzt, in diesem Moment? Suchend drehte sie sich um.

Jene Person im Schatten, jene entdeckte sie nicht.

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Der nächtliche Himmel war pechschwarz vor Regenwolken, laut prasselten die Wassertropfen auf dem Boden nieder. Niemand wollte auf den Straßen sein, doch sie war es. Sie lief, durch den kalten Regen hindurch. Ihr Körper war kalt und durchnässt. Sie wusste nicht, warum sie das tat. Oder?

Kagome wollte Antworten. Und er konnte sie ihr
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