Schwarz und Weiß
Chance, die Sterne oder den Mond zu sehen, vielleicht war es auch schon Morgen.
Kagome saß unter jenem Baum, neben ihr ihr Gegenpart, der eine, der arme gläubige Leute in ihren Albträumen jagte. Und sie selbst, deren Erscheinen stets etwas Gutes bedeutete.
Er war ein Teufel. Inuyasha.
Sie war ein Engel. Kagome.
Sie sollten nicht verbunden sein. Sie sollten sich hassen.
Und doch waren sie abhängig voneinander. Ohne den einen war es dem anderen nicht möglich, zu existieren.
Es war… so paradox. Und doch so wahr, so richtig. Das Gesetz von Yin und Yang. Ohne das eine konnte das andere nicht existieren. Woher sollte man wissen, was gut war, wenn man nicht wusste, was böse war? Woher sollte man wissen, was Liebe war, wenn man nicht wusste, was Hass war?
„Kagome-sama… Ihr solltet nun gehen. Es ist schon nach Mitternacht, ich muss los. Und auch Ihr solltet Euch auch nun der süßen Umarmung des Schlafes hingeben. Wir werden uns sicher wieder sehen. Lebt wohl bis zum nächsten Mal, heilige Kagome-sama.“
Daraufhin stand er auf und bewegte sich fort, in den Regen hinein, bis die Dunkelheit ihn verschluckt hatte. Kagome sah ihm nach, bis auch sie nach Hause ging.
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Auf die kalte Regennacht folgte ein heller, strahlender Morgen. Die Vöglein zwitscherten und die Luft war noch etwas feucht.
Kagome lag noch in ihrem Bett und dachte über die letzte Nacht nach. Es schien ihr jetzt so irreal, so unwirklich. Als wäre es nur ein Traum gewesen. Doch sie wusste, dass es nicht so war. Inuyasha war real. Und er war hier, hier in diesem Ort.
„Schatz? Hier möchte jemand etwas von dir“, rief ihre Mutter. Kagome schloss noch mal kurz die Augen, dann erhob sie sich und setzte ein Lächeln auf.
Der Besucher war der gleiche wie letztes Mal – nur, dass er jetzt völlig geschockt und vor den Kopf gestoßen aussah. „Bei Gott, was ist denn passiert? Was ist geschehen, dass Ihr in so einer Verfassung seid?“ Der Mann sah auf und fing an zu stammeln. „Me… meine Tochter…! Da… das Kind… w… weg…!“ Kagome blinzelte. „Was genau meint Ihr mit „weg“?“
„Weg! Nicht mehr da! Verschwunden! Hab einen Zettel gefunden… aber… ich kann nicht lesen.“ Er hielt ihr mit zittrigen Fingern einen kleinen Zettel hin. Kagome griff einfach ganz automatisch danach.
Kagome-sama!
Es war mir klar, dass Ihr es bekommen würdet. So viele Menschen, die lesen können, gibt es hier nicht. Ich habe sie mitgenommen. Die Frau und ihr ungeborenes Kind. Sie sollen zu Satan gehören, beide.
Die Frau hat Angst. Ich habe sie nicht mitgenommen, um sie von Euch zu trennen. Ich war bei ihr. Es war ihr Wunsch. Sie hatte Angst vor Euch, Kagome-sama. Sie hatte Angst, dass Ihr aus Versehen das Kind läutern würdet.
Ihr wollt die Frau und das Kind zurück? Dann findet mich. Findet mich, den Teufel. Heute Nacht. Ich werde aufgrund unserer Distanz nicht sterben – wohl aber Ihr. Findet mich, und die Frau. Heute Nacht.
- Inuyasha
Kagome sah auf. „Was steht da drauf??“, fragte der Vater, und auch ihre Mutter schaute verständnislos auf das beschriebene Blatt. Die Miko sagte nichts, und steckte den Zettel ein. „Miko-sama?“, fragte der Mann leicht verständnislos. „Habt keine Angst. Ich werde Eure Tochter suchen gehen. Und ohne sie komme ich nicht zurück!“
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Der Wind wehte leicht, er trug gefärbte Blätter mit sich, denn der Herbst nahte. Kleine Kinder spielten in den Wegen, wohl beobachtet von den wachsamen Augen ihrer Eltern.
Niemand warf sich ins Laub oder wich vor ihr zurück, als Kagome des Weges ging. Nicht, dass ihr das nicht passte, es war nur so, dass sie es anders gewohnt war. Doch die Miko beschloss, sich darüber nicht den Kopf zu zerbrechen. Sie hatte eine schwangere Frau zu finden!
„Das ist gegen die Regeln, werte Kagome-sama. Ich dachte, Ihr könntet lesen?“
Wie vom Donner gerührt, fuhr Kagome herum und erblickte ihn. Inuyasha.
Die warmen Strahlen der Herbstsonne berührten ihr Gesicht und die Sonnenkugel selbst umrandete Inuyashas Erscheinung golden. Die schwarzen Haare, die goldenen Augen…
„Re… Regeln?“, brachte sie dann schließlich doch noch hervor.
„Heute Nacht. Ihr dürft heute Nacht anfangen zu suchen!“
Kagome kniff kurz die Augen zu, als sie laut sagte: „Dann habe ich ja…“ Sie stoppte, als niemand mehr vor ihr stand. Sie sah sich um und fragte dann ein paar spielende Kinder auf den Straßen: „Hey, wisst ihr, wo der Mann, der grad noch mit mir geredet hat, hingegangen ist?“ Die Kinder sahen sie verständnislos an. „Mann? Mit Euch geredet? Wir haben niemanden gesehen. Haben nur Euch reden gehört. Habt Ihr Wahnvorstellungen?“
Kagome errötete und drehte sich schnellen Schrittes um. Wahnvorstellung? Sie und Wahnvorstellungen? Das war unlogisch! Inuyasha war doch da gewesen… sie hatte ihn gesehen… sie musste ihn gesehen haben!
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„Es ist gut… es ist gut…“ Wie eine Beschwörungsformel wurden diese Worte immer und immer wieder wiederholt. Doch die gewünschte Wirkung setzte nur langsam an, sehr langsam. Die zitternde Gestalt beruhigte sich nur langsam, ihr Schluchzen verebbte nicht. Die Gestalt presste sich fest an den sie haltenden, viel stärkeren Körper.
„Ich habe Angst“, schluchzte das zierliche Wesen.
„Das haben wir alle… es ist nur die Frage, vor was du dich fürchtest…“
Ein Gesicht wurde erhoben. Tränen glitzerten auf den nassen Wangen, die großen Augen jagten gehetzt hin und her, versuchten Halt zu finden, in den Augen des anderen. Sie fand ihn nicht, schluchzte erneut laut auf und presste sich zurück in die starken Arme, die sie festhielten.
„Ich weiß es nicht…“
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Die Blätter hielten sich an den Zweigen fest, doch die harte Faust des Windes riss immer welche mit sich, sodass es kein Entkommen gab. Die braunen, roten und gelben Blätter stoben auf, und wurden auf einer langen Reise um die Welt getragen.
Die Sonne versank langsam am Horizont, der unerreichbar war, und aus den Ecken der Welt kroch schon die Dunkelheit hervor. Die Leute fingen ihre spielenden Kinder ein und gingen gemeinsam mit ihnen in ihre Häuser, denn der Temperaturspiegel sank schnell, bald schon wurde es klamm.
Auf dem Platz, stand ein junges Mädchen mit schwarzen Haaren, die ihren Körper umflogen, und warmen braunen Augen, die hin und herzischten. Sie suchte etwas, das war nicht zu übersehen. Doch es lag vielleicht nicht einmal in Gottes Wissen, wonach, und ob sie es finden würde.
« Kommt, sucht. Sucht mich und die Frau. Wir bewegen uns nicht, wir warten hier auf Euch. Beeilt Euch, Kagome-sama, wenn Ihr diese Frau wirklich vor dem Teufel retten wollt. »
Ihr Körper zuckte, langsam setzte sie sich in Bewegung. Die Stimme war nur in ihrem Kopf existent gewesen.
Kagome wusste, wo er war. Schon lange. Er ließ es sie wissen. Er ließ seine Aura auf sie einströmen. Noch nie, noch niemals hatte sie eine so dunkle Aura wahrgenommen. Nur ER konnte es sein. Kein normal sterblicher Mensch hatte eine so verdorbene Aura. Sie kam aus einer Gasse. Schwach spürte Kagome eine zweite, hellere Aura, begraben unter der Finsternis.
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„Inuyasha. Ich weiß, dass du da bist. Komm, lass die Frau gehen.“
„Kommt lieber her. Ich kann sie gerade nicht loslassen und aufstehen ist auch nicht dran. Kommt, Ihr habt doch keine Angst?“
Kagome schnaubte und trat in die dunkle Gasse, Inuyashas schwarze Aura umfing sie, verschluckte sie. Durch die Miko trat augenblicklich ein Schauer, so Furcht einflößend wirkte jene Aura auf sie. „Ich kann nichts sehen“, bemerkte sie. „Öffnet die Augen Eures Herzens und erblickt unsere Auras, werte Kagome-sama.“
Kagome schloss ihre Augen, um nach den Auras zu fühlen. Sie bekam sie zu fassen, jene schwarze und jene schwache, helle. „Was hat die Frau? Ihre Aura ist ganz schwach.“
„Es geht ihr gut, sie ist nur erschöpft. Hört, Kagome-sama… Satan wird ihr bald den Fötus nehmen, und sie weiß das. Sie wusste es, als ich zu ihr kam. Satan will sie und das Kind haben. Jetzt, hier und sofort. Er wird nicht warten. Und Ihr könnt es nicht verhindern. Kagome-sama, Ihr solltet nicht hier sein. Lauft. Lauft, so schnell Eure Beine es Euch erlauben.“
„Aber…“ Grade wollte sie protestieren, als sie eine neue, dunkle Stimme vernahm: „Sie bleibt. Ich will sie haben und Gott meine Überlegenheit demonstrieren.“ Kagome spürte eine Aura, die Inuyashas an Dunkelheit und Finsternis sogar noch übertraf.
Satan.
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Sie konnte sich nicht bewegen. Die Anwesenheit des Teufels und die Wahrnehmung seiner Aura hatte sie umgehauen.
„Inuyasha, hast du die Frau?“, grollte die dunkle Stimme des Herrschers der Hölle. „Ja“, war die leise Antwort des jungen Mannes. „Gib sie mir“, forderte der Teufel. Inuyasha hingegen schwieg.
„Gib sie mir!“, forderte der Teufel nun lauter. Noch immer schwieg Inuyasha. „Ich kann nicht. Ich habe… ich bin… in der Verbindung mit einem Engel. Die Frau und ich werden sterben, wenn du mich jetzt berührst.“ Satan grollte: „Erzähl mir nichts! Gib… mir… die… Frau!“
« Rettet mich, Kagome-sama! »
Kagome war wie versteinert. Kein einziger Muskel in ihrem Körper war fähig, sich zu rühren. Sie hörte, wie der Teufel wütend wurde. Sie spürte, wie die Aura der Frau immer schwächer wurde. Wenn nicht bald etwas passierte, würde ihre Aura vollends schwinden. Doch das vielleicht wichtigste, Inuyashas stummen Hilferuf, nahm sie nicht wahr.
„Ich kann nicht“, flüsterte Inuyasha. „Doch! Gib sie mir. Löse deine Arme von ihr und GIB SIE MIR!“ Des Teufels Stimme war lauter geworden.
„ICH KANN NICHT!!“
Inuyashas Ruf riss Kagome aus ihrer Starre. So verzweifelt, so Hilfe