Kleinanzeigen
Ihre Mutter schlief noch und würde später frühstücken. Kagome musste auch in den Ferien recht früh aufstehen, da sie ein paar Ferienjobs hatte. Einer davon war zum Beispiel die Eisdiele „Mikado“, in der sie aushalf. Es war halb neun und ihre Schicht begann erst um elf, also beschloss sie, vorher noch in die Stadt zu gehen. Sie schlang den Rest ihres Brotes runter, hustete kurz, weil sie sich verschluckt hatte, schnappte sich ihre Tasche und verließ das Haus. „Ich brauch unbedingt noch ein paar neue Sommerkleider und die Zeitung von heute.“ Leise murmelnd lief sie die Straße Richtung Innenstadt runter.
Als sie am kleinen Kiosk an der Straßenecke ankam, schaute sie sich die Zeitschriften an und verdrehte etwas genervt die Augen. „Guten Morgen, Kagome. Das gleiche, wie immer?“ Sie sah auf und lächelte den Kioskbesitzer an. Er war ein großer, rundlicher Mann, mit einem breiten, warmen Lächeln. Er kannte sie schon, seit sie klein war. Damals, als sie sechs geworden war, hatte sie von ihren Eltern Geld bekommen und durfte das erste Mal allein die Zeitung holen. Sie war so stolz auf sich, dass sie ihm gleich alles erzählt hatte und ihre Eltern fast die Polizei gerufen hätten. Natürlich, sie war fast eine Stunde weg, um eine Zeitung die Straße runter zu kaufen. „Ja, danke. Also, die Probleme der Stars hätte ich gern. Hier eine Hochzeit und da schon die vierte Scheidung.“ Der Mann lächelte wieder freundlich. Er wusste, dass Kagome einfach kein Glück mit den Männern hatte, darüber ärgerte sie sich häufig genug. Immerhin sah sie sehr gut aus und stammte aus einem guten Haus, ganz zu schweigen von ihrem unvergleichbaren Charakter. Daher waren sie zwar alle hinter ihr her, aber die einen waren nutzlose Tölpel und die anderen konnte man mit einem Sack Kartoffeln vergleichen. Für sie zählte eben nur das Innere eines Menschen. „Wie wär’s mit den Kleinanzeigen?“ Kagome schaute ihn etwas verwirrt an. „Aber ich will mir doch kein Haustier anschaffen!“ „Diese Kleinanzeigen meinte ich ja auch nicht!“ Nun verstand Kagome: Er meinte die „Bin-Single-und-suche-Anzeigen“. Sie lächelte und schüttelte den Kopf. „Nein, danke. Für so was interessier ich mich nicht. Wer weiß, was sich da alles einträgt?“ Sie verabschiedete sich und ging dann weiter. „Sie sind auf der letzten Seite!“, rief er ihr noch hinterher, bevor sie um die Ecke verschwand.
„Kagome, wo bleibst du denn so lang? Da sind ein paar neue Gäste, die gern einen sauberen Tisch besetzen würden!“ Fabio, der Besitzer der Eisdiele „Mikado“, ein unbequemer und schmieriger Typ, wie ihn Kagome beschreiben würde, stand hinterm Tresen, beide Hände in die Seiten gestemmt und nörgelte schon seit zehn Minuten an dem schwarzhaarigen Mädchen rum, das von einem Tisch zum nächsten hetzte. Aber jetzt reichte es ihr. „Wenn Sie finden, dass ich zu langsam bin, kommen Sie doch her und helfen mir oder machen Sie es selbst!“ Eine der witzigen Eigenschaften an Fabio, wie sie fand, war, dass er rot anlief, wenn er wütend wurde. Er sah dann immer so aus, als würde er jeden Augenblick explodieren. °Die Sauerei mach ich dann aber nicht sauber!° Kagome musste unwillkürlich grinsen, als sie daran dachte. „Nicht in diesem Ton, Fräulein! Und was ist daran so lustig? Was glaubst du eigentlich, wer du bist, dass du so mit mir redest?“ Das wurde Kagome langsam zu viel und ihr Lächeln gefror augenblicklich. Sie ging gradewegs auf ihn zu, band sich dabei die Schürze ab und warf ihm diese dann vor die Füße. „Auf jeden Fall nicht mehr Ihre Putzfrau! Einen schönen Tag wünsche ich noch.“ Mit diesen Worten drehte sie ihm den Rücken zu und ging aus der Eisdiele. Die Gäste hatten den Vorfall belustigt betrachtet und tuschelten jetzt miteinander. Einige waren auch gegangen, weil sie sich scheinbar ignoriert fühlten. Fabio drehte sich wütend um, blaffte einen anderen Mitarbeiter an, er solle doch endlich die Schürze aufheben und stapfte dann in die Küche.
°Was denkt der sich eigentlich? Naja, auf jeden Fall bin ich jetzt meinen Job los...° Und wie schon so oft in den letzten Tagen, hörte man sie seufzen. Jetzt brauchte sie unbedingt einen neuen Ferienjob. Sie beschloss sich erst einmal abzuregen und ging in ein Cafe, welches ein paar Straßen weiter stand. „La Bistro“ hieß es und sie machte sich erst Hoffnung, vielleicht hier arbeit zu finden, aber als sie die wenigen Gäste sah und die gelangweilten Kellner, die ihr geradezu entgegen sprangen, um sie zu bedienen, überlegte sie es sich doch anders. Sie bestellte einen Kaffee und schlug dann die Zeitung auf. Als ihr dann einer der Kellner den Kaffe auf den kleinen Tisch stellte, musste sie an den Kioskbesitzer denken und an das, was er ihr an diesem Morgen gesagt hatte. Na klar, sie könnte in der Zeitung nach einem Job suchen. Kleinanzeigen, wo waren die noch mal? Sie nippte an ihrem Kaffee und schlug dann die letzten Seiten auf. Einige Leute hatten wirklich nützliche Dinge anzubieten, wie zum Beispiel Kleidung, Auto-Zubehör, eventuell auch Tiere oder Spielzeug. Doch als Kagome einige andere überflog, hätte sie sich fast verschluckt und hustete kurz, was ihr besorgte Blicke der Kellner einbrachte. Sie lächelte ihnen kurz entschuldigend zu und blätterte dann weiter zu den Job-Angeboten. Natürlich konnte sie es sich nicht nehmen lassen, auch die letzte Seite einmal zu überblicken. Single, 45 Jahre, sucht Frau, ca. 20 Jahre, für eine Woche, hieß zum Beispiel die eine. Kagome lächelte kurz, als sie eine weitere las. An Mia N. Hab mich in dich verliebt. Willst du mit mir gehen? Das war doch einfach zu süß. Sie las noch ein paar weitere und ihr fiel auf, dass diese Anzeigen nicht wirklich das beste waren. Eine fiel ihr allerdings positiv auf: Suche Traumfrau fürs Leben und evtl. eine kleine Familie. Alter ca. 17-20 Jahre. Traumfrauen über Kleinanzeigen. Sie hatte mal in einem Buch etwas ähnliches gelesen. Es war nicht gerade ein gutes Buch, aber doch sehr romantisch. Sie geriet ins träumen und dachte darüber nach, wie der Typ wohl war, der diese Anzeige geschrieben hatte, dass sie fast vergas, weshalb sie die Zeitung eigentlich aufgeschlagen hatte. Sie nahm einen großen Schluck Kaffee, verbrannte sich die Zunge, fluchte leise und schlug dann wieder die Seite mit den Job-Angeboten auf. °Das hat ja alles was mit Technik zu tun. Ich will doch nur nen Aushilfsjob oder so was wie...° „Haushaltshilfe gesucht.“, las sie leise und starrte auf die Adresse. Kein Zweifel, es war die selbe, wie bei der Single-Anzeige, die sie gelesen hatte. Sie schaute noch mal nach, aber musste feststellen, dass sie es war. Putzen und eventuell kochen, lautete es in der Anzeige. Eine Überlegung war es ihr wert und die Wohnung war nur fünf Minuten von ihrem Haus entfernt.
Sie bezahlte noch schnell und eilte dann aus dem Cafe. Sie hatte die ganze Zeit den Blick auf die Zeitung gerichtet, sodass sie gar nicht mitbekam, wohin sie lief. °Vielleicht sollte ich mich mal informieren. Dieser Typ scheint ja ganz in O-° „Au!“ Mit einem Schrei landete sie auf dem Boden und schaute sich verwirrt um. Vor ihr saß ein Junge, etwas älter als sie vielleicht. Er hatte schwarze lange Haare, die ihm über die Schulter fielen. „Kannst du nicht aufpassen, wo...“ Doch als er seinen Blick hob und sie seine wunderschönen bernsteinfarbenen Augen sah, verschlug es ihr die Sprache. Auch er war für einen Moment an ihren Augen hängen geblieben, fasste sich allerdings schnell und stand grummelnd auf. Er klopfte sich den Dreck von der Hose und hob die Zettel auf, die er eben noch gelesen hatte. „Pass doch selber auf! Wenn man durch die Stadt läuft, sollte man nicht lesen!“ Dann ging er wütend weiter, ohne sie noch weiterhin zu beachten. Kagome saß noch eine Weile da, bis sie realisierte, was er gesagt hatte. „Aber selber!“ Aber er war schon weg. °Blödmann!° Sie stand ebenfalls auf und sammelte hektisch ihre Zeitung auf, da einige sie schon komisch anstarrten.
Als sie wieder zu Hause ankam, zog sie sich schnell eines ihrer neuen Kleider an, die sie sich noch gekauft hatte und vergaß den Vorfall bald wieder. Gut gelaunt lief sie die Straße rauf, entgegengesetzt der Richtung, die sie am Morgen eingeschlagen hatte und war tatsächlich nach fünf Minuten da. Sie stand vor einem kleinen Wohnblock in einem der schöneren Teile der Stadt. Die Luft war frisch, da hier kaum Autos fuhren und die Gegend von einem riesigen Park gesäumt war. „Hm, mal sehen. Das war glaub ich die Nummer 5...“ Eigentlich war sie sich absolut sicher, da sie sich die Adresse fast zehnmal durchgelesen hatte und das allein in dem Cafe.
Sie stand vor der Tür und schaute auf die Namensliste: Zwei Familien und zwei Wohngemeinschaften oder Einzelpersonen wohnten hier. °Und wo soll ich jetzt klingeln?° Die Familien schloss sie wegen der Single-Anzeige aus und eine weitere Person wegen ihres Namen. Also blieb noch eine Klingel übrig, die sie auf gut Glück drückte. „Hallo?“, meldete sich die Sprechanlage. Kagome schaute etwas verunsichert auf diese und holte dann kurz Luft. „Hallo, ich komme wegen ihrer Anzeige.“ Eine kurze Pause trat ein. „Komm rauf!“ Die Anlage ging aus und die Tür öffnete sich. Kagome trat in das Treppenhaus und lief dann nach oben, ins letzte Stockwerk, das dritte. Da niemand die Tür geöffnet hatte, wartete sie noch kurz und klopfte dann etwas zaghaft. Die Tür wurde geöffnet und... „Du? War mir ja klar, dass eine wie du auf so ne Anzeige antwortet.“ Vor ihr stand der gut aussehende „Blödmann“ vom Morgen. Er hatte seine Arme vor der Brust verschränkt und stand lässig im Türrahmen. „Was soll das denn heißen, ich-“ Doch sie wurde von einem jungen Mann mit kurzen schwarzen Haaren unterbrochen, der freundlich lächelnd hinter den anderen getreten war. „Hey, Inuyasha, wer ist das denn? Entschuldige bitte seine Art, er ist