Liebe über den Tod hinaus
5 Jahre danach
Schweigend saßen Hao und Madeleine unter der Eiche am Fluss, jeder seinen eigenen Gedanken nachhängend. Nur ab und zu sah Hao dabei zum Flussufer hinunter und spürte zugleich einen angenehmen, warmen Schauer über seinen Rücken gleiten, der Madeleine aufgrund seines zufriedenen Gesichtsausdruckes nicht entging. Schmunzelnd sah sie deswegen zu ihm hinauf und legte dabei ihren Kopf gegen seine Schulter, was seinen Blick nun noch lächelnder zu ihr wandern lies. Er wollte schon neckend fragen, ob mit ihr auch alles in Ordnung sei, als ihr gespielt warnender Blick und die Finger, welche sie auf seine Lippen legte, ihn lieber verstummen ließen.
„Unromantiker“, flüsterte sie dabei leise, dass sie jetzt wirklich wenig Interesse an seinen Sprüchen hatte, während ein angenehm warmer Wind in ihrer beider braunen Haare spielte. Statt zu antworten verkniff sich der Ältere daher lieber erfolglos das Grinsen, lehnte seinen Kopf zurück gegen ihren und sah wieder zum Fluss hinunter, in welchem man zwei lachende Kinder in dem plätschernden Wasser spielen sehen konnten. Madeleines Blick folgte ihm dabei und ließ die Hellbraunhaarige zufrieden mit einer von Haos langen Haarsträhnen spielen. Beruhigt und erleichtert dass die beiden Geschwister >noch< nichts angestellt hatten sah Hao wieder durch die Äste des Baumes hindurch in den Himmel und überlegte ob er heute Abend mit Madeleine und vielleicht auch Billy wieder zum Friedhof gehen sollte. Er spürte dass dieser Abend besonders klar werden würde und musste gequält lächelnd die Augen etwas mehr zusammenkneifen, als ihn die Sonne durch die kleineren, im Wind ebenfalls wehenden Äste hindurch blendete... noch mehr aber, als die mit durchdringende Wärme auch ein leises Gefühl von Schmerz weckte. Denn nie wieder, erinnerte sich Hao, als er sich mit einem Gefühl von Bitternis wieder an den Baum zurücklehnte und dabei die mit ihrem Blick auf die Kinder gerichtete Madeleine näher an sich zog, welche sich nicht zweimal bitten lies und sofort verträumt an ihn gekuschelt hatte.
Er hatte sich innerlich geschworen dieses Leben nie wieder herzugeben, koste es, was es wolle. Dass er eher wieder töten würde als etwas an seine Verlobte oder Familie kommen zu lassen, dachte Hao während er dabei spürte wie sich sein Herz bei der Erinnerung des Vergangenen schmerzhaft zusammenzog und er schon mit seiner freien Hand nach diesem greifen wollte. Sich sogar eine einzelne Träne in seinen brennenden Augen bilden wollte, was Madeleine zu seiner Erleichterung aber alles entging, da diese die gegenseitige Nähe genießend ihre Augen müde scheinend geschlossen hatte.
Doch zum weiteren Überlegen nach dem warum oder wieso kam Hao nicht, den ein lautes Fluchen begleitet von noch lauterem Lachen lies ihn erschrocken aufsehen und schon gleich Schlimmes befürchten. Aber die Sorge war wie sich gleichzeitig herausstellte unbegründet und Madeleine, die sich mit aufgeschreckt stieckum verhielt, hoffnungslos, aber dennoch darüber gerührt wie ihr Verlobter immer gleich einen Herzinfarkt zu bekommen drohte sobald eines der Kinder schrie, schmunzelnd ihren Kopf schütteln musste. Denn ganz offensichtlich den Fischfang übend landete der Junge nur im Wasser und im Gegensatz zu Hao, der schnell sein Gesicht in Madeleines Haaren verbarg um sich beherrschen zu können, fing das kleine Mädchen an ungehemmt und vor allem lautstark zu lachen ehe sie sich zu den beiden Erwachsenen wendete.
„Papa, Papa, Mama schaut nur. Jason ist ins Wasser gefallen, jetzt ist er ganz nass.“, lachte die Jüngste und sah grinsend auf ihren noch im Wasser hockenden Bruder, welcher bockig die Arme vor der Brust verschränkt hatte.
„Ohje, wünsche dir viel Spaß!“, sagte Madeleine witzelnd dass sie bestimmt nicht bereit wäre aufzustehen und Hao kamen vor lauter Unterdrückungsversuchen schon die Tränen, was Madeleine verunsichert aufblicken lies.
„Heulst du jetzt, lachst du oder was wird das wenn es fertig ist?“, fragte die ebenfalls Braunhaarige und Hao winkte nur schnell ab, während er dabei aufstand und zum Fluss runter lief. Denn wenn er jetzt auch nur ein Wort sagen würde, könnte er für sich und seine Beherrschung keine Garantie mehr geben, was ihm sein Ziehsohn hundertprozentig besonders übel nehmen würde. Seine Tochter machte es sich da einfacher und lachte ihren älteren Halbbruder einfach schadenfreudig aus.
„Wie war das noch mal mit dem Du- bist- noch- zu- klein-, lass- mich- das- lieber- machen großer Bruder“, witzelte das dunkelbraunhaarige Mädchen amüsiert und zuckte erschrocken zusammen, als sie plötzlich von hinten in die Höhe gezogen wurde, sich aber zu ihrer Freude deswegen im Arm ihres Vaters wieder fand. Bei ihrem Engelsblick und dem Wissen, dass er am liebsten genauso lachen mochte, verkniff sich Hao auch jeden Kommentar zu ihrer Schadenfreude und streifte seiner Tochter nur mit etwas warnendem Nachdruck durch die Haare, was diese verstehen lies, dass es genug war. Der blondhaarige Junge saß derweil immer noch murrend im Wasser und wünschte seinem Blick nach zu urteilend seiner Schwester gerade mindestens die Pest an den Hals.
„Selber Schuld!“, sagte Hao deswegen dann doch leicht lachen müssend, aber auch mahnend, dass er jetzt kein großes Theater um die Situation machen sollte und zog den Jungen wieder auf die Beine, nachdem dieser seine darauf hingehaltene Hand ergriffen hatte.
„Toll jetzt bin ich ganz nass und nun?“, quengelte dieser aber darauf auch gleich und Hao zuckte nur unschuldig mit den Schultern, weil er sich Schlimmeres vorstellen konnte als nasse Kleidung. Als Kind war seine Kleidung auch so manches Mal nass gewesen und er hatte nichts sagen können, was heute aber dankenswerterweise anders war. Dass er auch ein bisschen sarkastischen Spaß haben wollte verleugnete Hao in diesem Moment erfolgreich vor sich selber.
„Erst einmal aus dem Wasser bevor du dir noch eine Erkältung holst und ich deswegen durch die Hölle muss“, sagte Hao dennoch seinem Ziehsohn mitleidig gestimmt, aber auch fürchtend was seine Schwiegermutter sagen würde, wenn sich eines der Kinder wegen so etwas wirklich etwas wegholen würde. Die letzten 500 Jahre Hölle reichten ihm dann doch.
„Ich doch nicht!“, murrte Jason beleidigt das er so schnell schon nicht krank werden würde und stolzierte nach einem amüsierten „Ja ja“, von Hao brummend aus dem Wasser. Hoch beleidigt und sich in seiner Ehre als heranwachsender Mann zutiefst verletzt fühlend schwor sich Jason seinen Vater heute keines Blickes mehr zu würdigen ehe sich dieser und seine Schwester nicht entschuldigen würden. Jener hob aber derweil wissend, dass diese Meinung höchstens fünf Minuten andauern konnte, sorgenfrei Samantha noch ein Stück höher um sie besser halten zu können und folgte Jason, welcher sich direkt bei seiner Tante beschweren gegangen war, aus dem Wasser.
Diese lächelte nur Hilfe suchend zu ihrem Verlobten hinauf, warum ihr Neffe jetzt noch bockiger war, welcher aber nur ungläubig den Kopf schüttelnd seine Tochter auf den Boden zurück setze, die nur leider gleich zu ihrem Bruder lief und sich grinsend neben diesen stellte.
„Ist dir kalt?“, fragte die Vierjährige dabei neckisch, da im Allgemeinen bekannt war, dass Jason genauso eine Frostbeule war wie sein Ziehvater.
„Zieh Leine!“, zischte der Neunjährige deswegen seine jüngere Schwester bibbernd an und bekam fast gleichzeitig einen Klaps auf den Hinterkopf. Quengelnd und murrend drehte sich der Junge danach zu Hao um, der aber nur entschieden mit dem Kopf schüttelte, während Madeleine frische Sachen aus einem Rucksack holte.
„So spricht man nicht mit seiner Schwester“, war deren einziger mahnender Kommentar zu der Sache, als sie die Sachen herausgeholt hatte und seufzend zu ihrem Neffen hinaufsah.
„Wenn sie aber auch immer so frech ist. Sie macht sich lustig über mich“, motzte Jason beleidigt und Hao musste sich im Stillen ein „Nicht nur Samantha“ verkneifen, wobei ihm der mahnende Blick von Madeleine sehr half.
„Dann stell dich auch nicht an wie ein Clown und benimm dich wie ein großer Bruder! Statt deine Schwester herumzukommandieren und den Held spielen zu wollen solltest du sie lieber beschützen, wie es ein großer Bruder machen sollte“, sagte Madeleine jetzt doch leicht schimpfend und zog dem nicht verstehen wollenden nuschelnden Jason die nasse Kleidung aus. Dabei entging ihr zu ihrer Sorge nicht, wie Haos Blick, der sich zuerst bitter zu Boden gesenkt hatte und nun seufzend über den Fluss hinweg zum Horizont ging, in einen bekannten Blick aus Trauer und Bitterkeit wandelte.
Doch wissend, dass hier keine normalen Worte Hilfe bringen konnten beobachtete auch Madeleine kurz den Horizont, welcher von der untergehenden Sonne in ein zu Haos Blick gegensätzlich schön anzusehendes Rot getaucht wurde. Dass sie dabei mitten in der Bewegung Jason einen frischen Pullover anzuziehen stoppte bemerkte sie erst, als sich dieser jammernd zu Wort meldete.
Mit einem abwesenden „Sei still jetzt“, brachte sie den Jungen zum Schweigen und zog ihm, den Blick sorgenvoll auf Hao gerichtet, den Pullover an, da sie diese traurige, aber auch wütende Art von nachdenklichem Gesichtsausdruck bei ihrem Verlobten eben nur zu gut kannte. Kaum den Kopf durch machte es Jason dieser nach und sah darauf sich schuldig fühlend wieder vorsichtig zu Madeleine.
„Was ist mit Papa? Ist es wegen Mama, hab ich etwas Falsches gesagt?“, fragte Jason reuevoll denkend, dass sein Jammern schuld an dem schwer zu definierenden Blick seines Ziehvaters war, doch schüttelte Madeleine entschieden den Kopf, da sie wusste, dass sich jemand ganz anderes daran die Schuld geben sollte. Nur jemand der seinen gleichaltrigen Bruder seit 5 Jahren tot dachte. Und was noch trauriger daran war, dass es besser so bleiben sollte, dachte Madeleine beim Einpacken der nassen Sachen nachdem sie Jason