Fanfic: Frag nicht nach dem Warum

gratulierten, seufzte meine Mutter: „Also doch, ihr habt euch ausgemacht, dieses grässliche Hemd zu tragen. Ihr wisst aber genau, dass ihr Seichiros Eltern damit keinen großen Gefallen tut?“ Seis Grinsen wurde breiter, meines ebenso. Sie schüttelte den Kopf und betrat das Haus, dicht gefolgt von meinem Vater, der uns noch kurz zuzwinkerte. Auch Kaya gratulierte Sei nun und verschwand dann ebenfalls im Haus.
Sei und ich waren alleine und grinsten uns dümmlich an. Mich beschäftigte immer noch die Frage, was heute in der Schule mit ihm los war und deswegen wirkte ich wohl etwas angespannt. Natürlich merkte das Sei sofort. Er seufzte und kam auf mich zu. „Yu, bitte, ich hab dir doch gesagt, dass alles okay ist, also hör schon auf, dir Gedanken zu machen und mir meinen Geburtstag zu verderben!“
Mein Gesicht entgleiste. Daran hatte ich ja gar nicht gedacht! Wenn ich die ganze Zeit so ein Gesicht zog, war es nur natürlich, dass ich Sei die Laune und damit auch seinen Geburtstag verdarb. Das wollte ich selbstverständlich nicht.
Plötzlich grinste er wieder. „War doch nur Spaß, Yu. Nimm nicht immer alles so ernst. Ich weiß doch, dass du dir meinetwegen nur Sorgen machst, aber das brauchst du nicht, ehrlich!“
Das beruhigte mich zwar ein bisschen, doch wirklich glauben konnte ich ihm nicht. Trotzdem lächelte ich ihn an und streckte ihm eine Tüte hin. „Happy Birthday, Sei! Ich wünsche dir alles, alles Gute und mögen alle deine Wünsche in Erfüllung gehen!”
Mit weit aufgerissenen Augen starrte mich mein Gegenüber an. Dann prustete er los. „Jedes Jahr der selbe kitschige Glückwunsch! Lass dir doch mal was neues einfallen, Yu! Danke dir, aber krieg ich denn keine Umarmung?“
Nun war es an mir, Sei anzustarren. Eine Umarmung? Ich hatte schon bereits erwähnt, dass wir uns nie wirklich umarmen, weshalb also wollte er das jetzt ändern? Ich musste wirklich ziemlich verwirrt ausgesehen haben, denn mit einem Mal wirkte sein Lächeln unsicher und er winkte ab. „Ach, vergiss es. War doch nur ein Scherz. Du-“ Ich ließ ihn nicht aussprechen, sondern stürzte mich im wahrsten Sinne des Wortes auf ihn. Er ächzte leise, als ich meine Arme um ihn schlang. Ich hatte meine Augen zugekniffen, denn mir war das Ganze sichtlich peinlich. Als ich mich wieder von ihm lösen wollte, legte er seine Hände bestimmt auf meinen Rücken. Ich riss meine Augen wieder auf und die Röte schoss mir ins Gesicht. Wieso wurde ich denn rot? Das war doch nur ein kleine Kumpel-Drücker, weiter nichts. Früher bin ich deswegen doch auch nicht rot geworden! Aber vielleicht lag es auch daran, dass heute im Allgemeinen ein ziemlich merkwürdiger Tag war.
Da mir die Stille etwas unheimlich wurde, flüsterte ich noch einmal ein „Happy Birthday, Sei“. Kurz darauf erwiderte er: „Danke, Yu… Ich danke dir.“ Seis Atem kitzelte mein Ohr und seine Stimme ließ mich erschaudern. Er klang auf einmal so anders, so… fremd. Ach was, bestimmt bildete ich mir das nur ein. Heute spielte meine Wahrnehmung offenbar verrückt.
Ich weiß nicht, wie lange wir so dort standen, doch auf einmal löste sich Sei von mir und drehte sich abrupt weg. „Ähm, okay, ich denke, wir sollten jetzt rein gehen. Komm schon, Yu, ich will doch meine doofe Geburtstagsparty mit all den Langweilern nicht verpassen.“ Immer noch etwas verwirrt schüttelte ich den Kopf und folgte dann Sei ins Haus. Er stellte die Tüte mit meinem Geschenk auf den Beistelltisch. Danach gingen wir ins Esszimmer, wo sich die Gäste angeregt unterhielten. Als wir den Raum betraten, breitete sich eine peinliche Stille aus. Alle starrten uns an. Klar, die Hemden, die wir trugen, waren ja auch ein echter Hingucker. Dann, ganz plötzlich, fing einer der Gäste an zu klatschen und lachte aus vollem Hals. Die restlichen Gäste fielen nach und nach sowohl in das Klatschen als auch in das Lachen mit ein.
Ich schielte kurz zu Sei, der ganz perplex aussah. Tja, eigentlich wollten wir ja seine Eltern schocken, aber wenn den Gästen unser Aufzug gefiel, würden seine Alten sicher auch nicht allzu viel dagegen einzuwenden haben. Ich seufzte. Sei beugte sich etwas zu mir rüber und flüsterte mir ins Ohr. „Okay, auf ins Gefecht. Lass uns das schnell hinter uns bringen. Wenn wir Glück haben, können wir uns nach dem Essen abseilen.“
Ich musste ein Lachen unterdrücken. War ja klar, dass Sei nicht vor hatte, seinen Geburtstag hier zu verbringen. Wir setzten uns, aßen, tranken und redeten mit den anderen und warfen uns ab und zu genervte oder gelangweilte Blicke zu. Es waren fast nur Erwachsene anwesend, doch ein Mädchen in Seis und meinem Alter stach mir ins Auge. Sie hatte lange blonde Haare, die sie zu einer Hochsteckfrisur frisiert hatte und ihre braunen Augen blitzten intelligent, aber auch irgendwie… hinterlistig. Sie war zwar schön anzusehen, aber ich hatte das Gefühl, dass ich mit ihr nicht zurecht kommen könnte. Sei allerdings musste das, denn sie saß direkt neben ihm und quasselte ihn voll. Mir tat er echt leid.
Als das Essen endlich vorüber war, setzten wir uns alle ins Wohnzimmer, wo alkoholische Getränke ausgeteilt wurden. Uns Minderjährigen gab man natürlich nichts. Ich fragte mich echt, wieso sich die Erwachsenen so anstellen. Glaubten die etwa allen Ernstes, dass wir noch keinen Alkohol getrunken hatten? Während also die Erwachsenen mit Sekt anstießen, gab man uns Orangensaft. Wir sangen alle im Chor ein Ständchen für Sei, was ihm sichtlich peinlich war. Sobald sich die Menge verteilte und der Lärmpegel im Raum sich hob, tauchte Sei hinter mir auf. „Komm, wir hauen ab!“, flüsterte er mir zu und schon wurde ich am Arm gepackt. Er zog mich hinter sich her, durch den Flur und schließlich raus aus dem Anwesen. Wir liefen bis zum Zaun, dort drehte er sich noch einmal um, rannte mit mir im Schlepptau weiter um die nächste Ecke und blieb abermals stehen. Er lugte um die Ecke, drehte sich dann zu mir um und grinste mich an. „Wir habens geschafft, Yu! Nun lass uns endlich richtig feiern!“
Schmunzelnd sah ich ihn an und nickte. Wir liefen zu Seis Onkel, Taki, der heute nicht auf der Geburtstagsfeier seines Neffen war, da er nicht eingeladen worden war. Nicht aus dem Grund, dass ihn sein Bruder und dessen Frau nicht mochten, nein. Es hatte wohl eher viel mehr damit zu tun, dass er schwul war. Er hatte vor zwei Jahren entdeckt, dass ihn das männliche Geschlecht anzog und vor einem guten Jahr hatte er es dann Seis Familie gesagt. Diese nahmen das ganz locker auf, jedenfalls solange, wie niemand anderer davon erfuhr. Niemand aus der High Society sollte jemals Wind davon bekommen, denn das hätte ein schlechtes Licht auf die Kuros geworfen.
Sei und ich kamen wirklich wunderbar mit Taki aus und verbrachten oft die Nachmittage bei ihm zu Hause. Als wir bei ihm ankamen, schien er uns bereits zu erwarten. Er begrüßte Sei mit einer Umarmung – plötzlich schoss mir wieder die Röte ins Gesicht, als ich an unsere Umarmung von vorhin dachte – und gratulierte ihm. Dann hielt er ihm eine Tüte hin, grinste und sagte: „Aber übertreibts nicht, Jungs! Viel Spaß!“ Danach verschwand er wieder in seinem Haus.
Als ich Sei fragte, was denn in der Tüte war, fing auch er an zu grinsen und sagte: „Was denkst du wohl? Zu einer Feier gehört Alkohol nun mal dazu und da wir im Supermarkt sicher keinen kriegen…“
Er musste nicht weitersprechen, ich wusste, was er sagen wollte. Er hatte das alles geplant! Ich fing an zu lagen und schlenderte mit ihm zu unserem Lieblingsplatz am Fluss. Wir setzten uns auf die Wiese, machten es uns gemütlich und stießen noch mal auf Seis Geburtstag an. Wir waren schon leicht angeheitert, als Sei mich plötzlich ernst ansah. „Yu? Du bleibst doch immer mein bester Freund, oder? Egal, was passiert, du wirst immer bei mir bleiben, hab ich recht?“
Ich grinste dämlich und antwortete: „Klar bleib ich bei dir. Bist ja mein bester Kumpel. Ich hätte keine Ahnung, was ich ohne dich machen soll.“
Mit einem Mal herrschte Stille zwischen uns. Wir blickten uns tief in die Augen – und fingen dann schallend an zu lachen!
„Das war jetzt sogar für dich etwas zu kitschig, Yu!“, lachte Sei. Ich knuffte ihn in die Seite und schon rangelten wir. Als uns die Puste ausging, blieben wir liegen, so, wie wir waren: Sei lag auf meinem ausgestreckten linken Arm, meinen Kopf hatte ich auf seine Schulter gebettet und er fuhr mir mit der linken Hand durchs Haar. Alles war gut, solange Sei mein bester Freund war. Die Zukunft machte mir keine Angst, vorausgesetzt dass er an meiner Seite war. Plötzlich erschien eine Sternschnuppe am Himmel.
„Schnell, wünsch dir was, Yu“, flüsterte mir Sei zu. Dass er immer noch an solchen Kram glaubte, ließ mich schmunzeln. Trotzdem formte sich in meinem Kopf bereits ein Wunsch.
„Na los, beeil dich, sonst ist sie weg! Ich hab mir schon was gewünscht, jetzt bist du dran!“, drängte er mich endlich, meinen Wunsch der Sternschnuppe mitzuteilen.
Noch einmal sah ich ihn mir an, wie er da so neben mir saß: mit großen leuchtenden Augen und leicht geröteten Wangen. So sah man ihn selten, doch wenn wir weiterhin Freunde blieben, dann könnte ich ihn bestimmt noch öfters so sehen. Schnell blickte ich wieder in den Himmel und sah der Sternschnuppe nach. Ich wusste ganz genau, was ich für die Zukunft wollte.
Ich wünschte mir, dass Sei und ich für immer unzertrennlich sein würden.
Am nächsten Tag waren wir Todfeinde.



soda, an alle, die bis hierhin gelesen haben: vielen dank ^^ wenn ihr wünsche, anregungen oder beschwerden habe, nur her damit ^^
Suche
Profil
Gast
Style