Magic Memories
Der Mann mit dem sie geredet hatte, er hatte langes schwarzes Haar, was sie zwar schon vorher gesehen hatte, sich aber nicht so sicher war. Und neben ihm der Kollege, seine Jacke, da stand ganz deutlich FBI drauf. Sie war ein wenig erleichtert gewesen, dass sie hier doch nicht auf einen Feind oder einen schlechten Menschen getroffen hatte. Auch hörte sie dem Gespräch der Beiden noch ein wenig zu. Sie sagten, dass alle Straßen hier abgesperrt waren und keiner, wirklich keiner raus oder rein kam, ohne überprüft zu werden. Erleichterung löste dies in dem Mädchen auf und sie wollte so schnell wie möglich zu Shinichi.
Beschwere dich ruhig bei deinem Gott, dass er dir ein solches Schicksal beschert, denn dein Weg ist hier zu Ende, so viel steht fest.
Das waren die Worte des echten Serienkillers, den Ran traf. Sie hatte Angst und wusste nicht mehr weiter. Dann fiel dieser, doch das Mädchen hielt ihn fest. Auch wenn ihr klar war, dass der Mann ein Verbrecher war, sie konnte ihn einfach nicht seinem Schicksal überlassen, das durfte sie nicht.
Erst jetzt fiel Ran die Ähnlichkeit zu Sharon auf. Zwar waren sie von der Statur und auch von dem, wie sie sich benahmen Anders gewesen, aber sie hatten die gleiche Meinung über Gott. Das hatte Ran sofort erkannt, als der Mann davon sprach, dass sie sich beschweren sollte. Rans Augen weiteten sich ein wenig, das konnte doch nicht wahr sein. Es war so viel in New York passiert und sie hatte es einfach vergessen, vergessen, weil es so schrecklich war, weil sie sich die Schuld an allem gab. Selbst mit der Zeit wurde es nicht besser, aber nun, nun erinnerte sie sich wieder. Sie hatte es schon einmal gehabt, es war ein richtiges Déjà-vu gewesen.
Damals, als sie mit ihrem Vater im Wagen saß und in dieses vorzügliche Restaurant gefahren war. Sie musste für einen Test in Geschichte lernen und hatte im Wagen alle Hände voll zu tun. Und dann war es wie damals, der Regen prasselte langsam auf die Straße runter und Ran musste sich wieder daran erinnern. Zuerst fiel ihr wieder der Mann auf, jenen, den sie in der dunklen Gasse getroffen hatte und nicht richtig einzuordnen vermag. Wer war er nur?
Muss man für alles einen Grund haben? Ich verstehe nicht, weshalb ein Mensch einen anderen umbringt, aber ich weiß, warum ein Mensch einen anderen rettet. In solchen Angelegenheiten ist kein Platz für logisches Denken.
Damit hatte Shinichi Recht gehabt und wie er recht hatte. Das merkte auch Ran und damit hatte er es geschafft ihr die Schuldgefühle zu nehmen, zumindest bis zum heutigen Tag. Es ist wirklich nicht zu verstehen, wie ein Mensch einen Anderen einfach umbringt, aber es gibt auch Menschen, die Andere retten, egal was diese getan haben oder tun werden.
Nun verstand Ran es auch endlich, es war gar nicht ihre Schuld gewesen. Sie hatte nur nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt und versucht einen Menschen, jemanden der in Gefahr war, zu retten.
„Ich war nicht Schuld“, sagte Ran noch einmal zu sich selber und erhob ihren Körper. Nun saß sie nicht mehr so zusammen gekauert da, sie saß gerade, den Rücken nach hinten durchgedrückt und so, als würde sie nun jemanden erwarten, der ihr Bestätigung gab. Doch, wie nicht anders zu erwarten war, war keiner hier gewesen, der etwas sagen konnte.
Das Mädchen seufzte und baumelte mit den Füßen auf den Boden. Es brach alles über sie herein, einfach so und das nur dank dem Regen.
Meine schlechten Erinnerungen, haben die guten komplett verdrängt, sagte sich Ran. Und bei näherem Nachdenken, war es wirklich so gewesen. Sie hatte, immer wenn ein Fall ihres Vaters negativ war, versucht diesen zu verdrängen, in nicht so sehr an sich ran gelassen, aber es klappte nicht. Und heute, heute merkte sie, dass jede Erinnerung zählte, auch die schlechteste.
Aber es gab auch nicht schlechte, es waren auch gute dabei, welche wo sie so viele Menschen kennen lernte, wie z. B. Sharon Vineyard, die mittlerweile leider verstorben war. Und trotzdem, sie durfte sich nicht von den schlechten Erinnerungen unterkriegen lassen, sie musste immer positiv denken und auch daran, dass sie noch das Gute hatte. So viele Menschen hatte sie getroffen, so viele neue Freunde gewonnen, das konnte sie nicht nur, aufgrund der Ereignisse vergessen.
Nun ging es Ran wieder besser, sie war vollkommen sie selber gewesen und stand von ihrem Stuhl auf. Dann schaute sie in die kalte Nacht und sah nichts. Es war viel zu dunkel gewesen, als das man etwas erkennen konnte. Das einzige, was man sah, waren die vielen Lichter der Reklamefenster gewesen, diese leuchteten immer noch hell und schienen den Menschen, die zu so später Stunde noch weg gingen. Auch die Straßenlaternen leuchteten, zwar schwach, aber sie waren immer noch da. Es musste romantisch sein, wenn man in einer solchen Nacht mit seinem Liebsten unterwegs war, sich an ihn kuscheln konnte und beschützend in dessen Arme liegen durfte.
Beschützend...Schutz...das verspürte sie damals, als sie den fremden Mann mit der Strickmütze gesehen hatte. Er hatte etwas ernstes an sich und auch etwas, dass ihr Angst machte, aber wenn sie genauer daran dachte, hatte er auch etwas Beschützendes an sich, was nicht nur daran lag, dass er beim FBI tätig war.
Was war nur los mit ihr? Sie konnte kaum noch klar denken, jetzt wo sie sich wieder erinnerte, was damals war. Auch musste sie immer wieder an diesen Mann denken, aber warum gerade jetzt? Und warum erinnerte er sie wieder an jenen Abend, wo sie traurig mit Conan durch die Straße ging. Sie weinte und wie sie weinte, sie wollte nicht mehr ohne ihn sein, nicht mehr ohne Shinichi. Und da traf sie ihn. Er kam gerade aus einer Telefonzelle und zündete sich seine Zigarette an. Hier sah sie, dass er Raucher war.
„Du weinst schon wieder“, sagte er. „Du bist immer am weinen“, fügte er noch hinzu. Die Zigarette war nun in seinem Mund verankert und er zog nicht einmal daran, viel eher sprach er diese zwei Sätze mit Ran und konnte sie schon aus der Fassung bringen.
Schnell wischte sich Ran die Tränen weg. Seine Worte waren für sie kraftvoll und trotzdem wollte sie ihm nicht Recht geben. „Was ist falsch daran?“, fragte sie nach. Das Conan genau neben ihr stand, hatte sie schon vergessen gehabt, ihre ganze Aufmerksamkeit richtete sich nun nur noch auf den Mann.
„Nichts...es ist mir nur aufgefallen“, sagte der Mann und schloss für einen kurzen Moment seine Augen, während er einen Zug seiner Zigarette machte. Dann ging er auf das Mädchen zu, welches nicht wusste, was sie sagen oder denken sollte. Er hatte es geschafft, er hatte sie nun vollkommen verwirrt.
„Du erinnerst mich an eine Frau...eine die immer im Dunkeln weint, damit sie keiner dabei beobachtet...eine sehr törichte Frau“, meinte der Fremde und machte sich weiter auf seinen Weg.
Ran konnte es nicht fassen, sie konnte nicht fassen was er sagte und wie er eine Frau bezeichnete, die weinte, ob alleine in der Dunkelheit oder aber vor Anderen. Gerade wollte sie etwas Sagen, da riss sie Conan aus ihren Gedanken, indem er fragte, wer der Mann war. Schnell erklärte sie ihm von ihrer Vermutung.
Als sie sich anschließend umdrehen wollte, um weiter mit dem Mann zu reden, war er schon weg gewesen, es war fast so, als hätte er sich einfach in Luft aufgelöst, er war einfach so weg. Verschwunden.
Einfach so.
Weg.
Nicht mehr da.
Ran war nun verunsichert, aber sie beschloss, mit dem Kleinen weiter zu gehen, es würde schließlich nichts bringen, wenn die zwei hier noch rumstehen würden, während der Fremde weg war.
Erst nun fiel ihr auf, dass er sich sehr verändert hatte, sein Blick war noch stechender gewesen, als zuvor und seine giftgrünen Augen zeigten Hass, Wut, aber auch Einsamkeit, teilweise hatte er auch etwas beruhigendes gehabt, obwohl er so aussah, als würde er einen mit bloßen Händen erwürgen können. Auch merkte sie, dass seine Haare anders waren, er hatte sie kurz und sie musste zugeben, es stand ihm wirklich gut, zumindest besser, als seine langen Haare, die sie erwartet hatte.
So war es damals, sie erinnerte sich wieder und wünschte sich, dass sie den jungen Mann mit der Strickmütze gern noch einmal sehen wollte. Sie hatte so viele Fragen und die alle wollte sie ihm stellen, sie wollte wissen, wer er war und was er hier machte, aber auch noch andere Sachen. Der Fremde, er machte sie so neugierig und Ran wusste nicht einmal, warum es ihr so ging. Was hatte er an sich, dass er sie vollkommen in seinen Bann zog?
Noch immer blickte das Mädchen nach draußen, sie stand am großen Fenster in der Detektei und hätte vielleicht lieber in ihr Zimmer gehen sollen, etwas Wichtigeres machen, als rum sitzen und warten, aber der ganze Abend erinnerte sie an damals. Und der Regen hörte nicht auf, er war immer noch da gewesen. Allerdings war er weniger geworden, es regnete nicht mehr Wasser herunter, es nieselte nur noch und trotzdem hörte man, das Prasseln des Regens am Fenster.
Dort draußen erblickte sie dann das Leuchten eines Stängels, jemand stand gegenüber der Detektei, draußen im Regen, und hatte sich gerade eine Zigarette angezündet. Auch wenn Ran nicht wusste warum, sie hielt den Mann, der unten war, für den Fremden von damals. Er musste es einfach sein.
Ohne sich auch nur die Jacke anzuziehen, lief Ran nach draußen, einfach drauf los und schon bald sah sie das Leuchten der Zigarette. Mit einem kleinen Lächeln lief sie zu dem Mann.
„Warten Sie“, rief sie ihm zu, da dieser gerade gehen wollte.
„Bitte?“, der Mann drehte sich nun und blickte in Rans, große Augen. Er sah dem Fremden nicht ähnlich, er war kleiner als dieser und hatte auch dazu blonde Haare, einen Wuschelkopf, sowie blaue Augen.
„Entschuldigung, ich hab Sie verwechselt“, stammelte Ran. Sie hatte einen hochroten Kopf bekommen und sich gleich wieder auf den Weg rein gemacht.
Diesmal schloss sie die Tür zur Detektei ab und ging