Einsamkeit
Sie hatten ihre Freunde mit gehabt und flogen durch die Gegend. Es gab nichts und niemanden der sie aufhalten konnte, sie machten was sie wollten, einfach so, dafür hatte Mutter Natur gesorgt. Lächelnd stand Tamiko auf, sie richtete ihre Hand nach oben und sah den Faltern beim Fliegen zu. Einige der kleinen Schmetterlinge flatterten um ihre Hand herum und sie lächelte. Einmal war sie glücklich gewesen und dabei war es nur eine kleine Situation, die für sie zur Freude führte.
Mit diesem guten Gefühl, konnte Tamiko ganz ruhig den Park verlassen, sie machte sich nicht mehr Sorgen um das, was sie so sehr bedrückte. Die Freiheit der Schmetterlinge hatte diese Gedanken wett gemacht. Aber zu Hause kamen sie wieder, genau dann, wo sie in ihr Zimmer ging. Die Leere und Kälte konnte man diesem ansehen, aber auch das würde sie nicht von allem abhalten. Freudig öffnete sie das Fenster und ließ die Windbrise herein. Es war so schön gewesen, den warmen Wind auf der kalten Haut zu spüren und langsam sah sie, wie sich die Schmetterlinge in ihr Zimmer bewegten. Ob es echte waren oder Einbildung, das vermag sie nicht zu sagen, aber im Moment war es unwichtig gewesen. Sie genoss es, wie die Schmetterlinge um sie herum tanzen und sie in ihrer Mitte aufnahmen. So langsam hatte Tamiko das Gefühl gehabt, sie könnte schweben und frei sein wie ein Vogel, alles um sie herum drehte sich und ließ keinen Platz mehr für die Einsamkeit, bis sie auf eine fatale Idee kam.
„Ich will frei sein...frei wie ein Vogel und die Schmetterlinge um mich herum“, sagte sie laut. Sie wollte das hinaus schreien, ans Fenster gehen und so laut wie es nur ging rufen, jeder sollte es hören, jeder sollte sehen, dass es ihr nun besser ging, aber sie hatte schon etwas anderes vor gehabt. Mit leichten Schritten kam sie schon am Fenster an und stieg auf die Fensterbank nach oben. Von diesem Blickwinkel sah die Welt schon ganz anders aus, sie sah fröhlicher und freundlicher aus, alles schien perfekt zu sein.
Auch wenn Tamiko nach unten sah, hatte sie keine Angst, sie war zwar im ersten Stockwerk des Hauses gewesen, aber dennoch konnte es gefährlich sein. In ihrem Inneren Auge sah sie schon das was passieren würde. Sie würde springen und anschließend wie der Schmetterling nach oben empor fliegen, in die Luft und mit den anderen Schmetterlingen tanzen und Fröhlichkeit ausstrahlen. Alles wäre perfekt gewesen. Langsam machte Tamiko einen Schritt nach vorne, ganz langsam den nächsten und dann befand sie sich binnen weniger Sekunden in der Luft. Das Gefühl sollte so herrlich sein, doch es hielt nicht lange an. Nun war sie wieder in der Realität angekommen.
Leise wimmernd lag sie am Boden, am Kopf hatte sie nur eine leichte Wunde, was sonst alles bei dem Sturz passiert war, konnte man so nicht sehen, die Menschen hatten nichts davon mit bekommen, zumindest hatte sich keiner um sie gekümmert. Und auch wenn, dann hätte sie sich vielleicht dagegen gewehrt, sie wollte hier in ihrer Welt sein, frei wie ein Vogel. Mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen blickte sie noch einmal nach oben.
„Jetzt kann ich frei sein...jetzt bin ich nicht mehr alleine....“, hauchte sie leise aus...
„Jetzt weiß ich was Einsamkeit ist“, seufzte Kiyoshi. Nie konnte er sich vorstellen, wie ein Mensch einsam sein konnte, wenn er Familie und mindestens einen Freund hatte, aber jetzt begriff er es. Es ging nicht darum von Menschen umgeben zu sein, sondern darum, wie es sich anfühlte, wenn man mit anderen zusammen war. Nun fühlte er sich einsam und das lag nur daran, dass er immer wieder an sie denken musste. Sie war der Grund für seine Einsamkeit, nun hatte er es verstanden, aber es war zu spät gewesen. Sie würde nie wieder zurück kehren, für immer war sie nun verschwunden, aber in seinen Erinnerungen war sie noch da und solange er diese nicht vergessen würde, solange würde sie nicht sterben, sondern in seinem Herzen weiter leben. All die Zeit wusste er nicht wie es ist, einsam zu sein, aber heute hatte er es verstanden. Sie war die Person gewesen, die ihm Hoffnung und Leben gab und nun war sie weg, nun hinterließ sie einen Flecken in ihm, einen der nicht wieder gefüllt werden konnte. Heute hatte er verstanden was Einsamkeit war, sie war seine Einsamkeit...