Allein wegen dir
Regen
Wie schon so oft im Herbst, fing es wieder mal an zu regnen. Zuerst nieselte es nur, dann kamen die Strömen und die Kinder konnten nicht mehr draußen spielen. Die Gefahr schmutzig und sauber gemacht zu werden, war ein viel zu großer Aufwand, für das geschulte Personal im Waisenhaus, gewesen.
Das weißhaarige Mädchen saß wie immer auf einem Stuhl und blickte nach draußen. Sie lächelte ein wenig und genoß es, dem Regen zuzusehen, auch wenn sie nicht draußen Spielen konnte, aber das war ihr nicht so wichtig gewesen. Seit sie ein Baby war, war sie im Waisenhaus, an ihre Eltern konnte sie sich nicht mehr erinnern, sie wusste nichts mehr und vielleicht war dies auch besser so für sie gewesen. Ihre Eltern wollten sie nicht und gaben sie weg, mehr interessierte sie nicht, auch wenn sie sich anfangs fragte, warum es dazu gekommen war. War sie als Baby wirklich so schlimm gewesen? War sie immer noch so schlimm? Tatsache war, dass sie auch im Heim keine Freunde hatte, fing sie an, sich mit jemanden langsam anzufreunden, ihm Vertrauen zu schenken, war diese Person binnen fünf Tagen weg gewesen, adoptiert, führte ein glücklicheres Leben und verschwand aus dem Leben des Mädchens. Sie seufzte kurz auf und wollte sich, vom Seitenschrank ein Buch nehmen, als sie seine Hand auf ihrer spürte. Sofort zogen sich die zwei Augenpaare magisch an und blickten einander an.
„Dann nimm dir das Buch, ich kann mir ein anderes aussuchen“, sagte der Junge und blickte sich schon nach dem nächsten Buch um, welches er seinem Bruder vorlesen wollte.
„Ich kann mir auch ein anderes nehmen“, entgegnete das Mädchen. Sie war immer darauf bedacht gewesen, es den anderen Recht zu machen. Diese sollten glücklich sein, auch wenn sie es nicht war.
„Wir können es auch zusammen lesen. Ich wollte es meinem kleinen Bruder vorlesen, er hat bestimmt nichts dagegen, wenn du mit kommst und etwas zu hörst. Du kannst auch selber vorlesen“, lächelte er und sah sie an.
„Au ja“, nickte Kisara und klatschte vor Freude in die Hände. Dann stand sie auf und ging mit ihm.
So hatte es damals angefangen, das war der Beginn der Freundschaft zwischen Kisara, Seto und Mokuba. Doch schnell wurde diese betrübt, an jenem Tag, wo Gozaburo Kaiba das Waisenhaus besuchte. Schon damals war sie enttäuscht, als Seto aushandelte, dass die Beiden Brüder adoptiert wurden und nicht sie auch noch. Gesagt hatte er, dass es einfacher war, wenn Gozaburo erstmals nur zwei Kinder zu sich nahm. Versprochen hatte er, dass er sie auch bald raus holen würde, sodass alle drei wieder zusammen waren und einander hatten, in den dunklen Momenten ihrer Kindheit...
Seit allem waren nun zehn Jahre vergangen.