Auch im Regen
SasuSaku
First and last
Auch im Regen
Sasuke stand am Fenster und beobachtete den Regen, der langsam an den Scheiben nach unten lief. Draußen tobte das heftigste Unwetter seit sehr langer Zeit. Eigentlich wollte er ja trainieren, doch so nötig hatte er es wiederum auch nicht, dass er dafür die Kälte und den Regen in Kauf nahm. Früher vielleicht, ja, da hätte ihn nicht einmal das aufgehalten. Aber jetzt, jetzt wo Itachi und Orochimaru, seine schlimmsten Feinde, besiegt waren, von ihm besiegt worden waren, hatte er kein Ziel mehr. Was sollte er noch machen? Für wen sollte er an Stärke gewinnen? Er war immer noch übertrieben ehrgeizig und stolz, aber wer sollte es ihm verübeln? Immerhin war er der stärkste Shinobi Konohas, nicht einmal Naruto mit dem Chakra Kyuubis konnte ihn besiegen. Nicht einmal annähernd. Und das, obwohl er nicht einmal vom Juin Gebrauch machte, dass er jedoch verloren hatte, als Orochimaru gestürzt worden war.
Er starrte weiter durch die Fensterscheiben auf das feuchte Nass nach draußen. Zum Regen und zur Kälte, die für eine Septembernacht eher untypisch war, gesellte sich jetzt auch noch ein Gewitter mit dem dazu passenden Sturm dazu. Also alles andere als gemütlich da draußen. Er konnte den Donner und den Wind vernehmen, der die Tropfen gegen die Fenster klatschte und wie besiegt nach unten trieften. Er dankte, dass es endlich mal wieder Abwechslung herrschte, nach all dem Sonnenschein und der Hitze der letzten Monate. Er seufzte und legte seine rechte Handfläche auf das Glas. Es war angenehm kühl. Als er die Hand zurückzog, hinterließ er seinen beschlagenen Handabdruck.
Plötzlich hörte er ein Klopfen und ehe er ein Wort hervorbringen konnte, stürmten schon Naruto, Ino, Hinata und zuletzt noch Lee in den Raum. „Sasuke, hast du Sakura gesehen?“ Er hob eine Augenbraue und meinte betont kühl:“Nein, sollte ich?“ „Naja, wir dachten...“, Hinata sprach nicht weiter. Wäre ja nur Wunschdenken gewesen. Doch Lee lieferte das überflüssigste Kommentar überhaupt und meinte:“Wir suchen sie.“
„Tz.“, meinte er nur und wandte sich halb dem Fenster wieder zu. „Kommt gehen wir, hier ist sie nicht, wäre ja ein Wunder gewesen.“, bedeutete Ino und verschwand als Erste aus dem Raum. Die anderen folgten ohne ihm eines Blickes zu würdigen und ehe er etwas erwidern konnte. Keine zwei Minuten nach ihnen stürmte er zur Garderobe, zog seine Jacke hervor und streifte sie sich über. Auf den Schirm verzichtete er, schließlich war er nicht aus Zucker. Sein Stolz ließ nicht zu, sich nicht an der Suche zu beteiligen, wenngleich es nichts Ehrenhaftes an sich hatte. Doch insgeheim musste er zugeben, dass er sich trotzdem ein klein wenig um sie sorgte. Sasuke mied die anderen und war penibel darauf bedacht, dass sie ihn nicht zu Gesicht bekamen. Der Schwarzblauhaarige nahm die anderen durch ihr Chakra wahr, und wusste sofort, welche Richtung er einschlagen musste, um ihnen nicht in die Quere zu kommen. Mittlerweile hatte der Sturm etwas abgenommen, aber die Kälte und der Regen waren geblieben. Mit den Händen tief in den Hosentaschen vergraben und die Kapuze weit ins Gesicht gezogen, schritt er durch die Straßen, immerzu auf Sakuras Chakra konzentriert, dass in kurzen Wellen zu verspüren war. Ja, das Training bei Orochimaru und selbst bei Kabuto hatte extreme Fortschritte gebracht, wenn er sogar die winzigsten Chakraflüsse ausmachen konnte. Er durchquerte den Wald mit der großen Lichtung, die ihnen immer als Trainingsplatz gedient hatte, als er noch im Team 7 war. Kurz blieb er an einem riesigen Baum stehen, dessen Krone immer sein Lieblingsplatz gewesen war. Zu oft war er dort oben gesehen und hatte seine Teamkameraden beobachtet. Zu oft hatte Sakura sich genau unter diesen Baum niedergelassen. Manchmal hatte sie ihn in ein Gespräch verwickelt, wobei eigentlich sie die meiste Zeit geredet und er nur stumm zugehört hatte. So hatte er einige sehr wichtige Details über sie erfahren, obwohl es ihn anfangs gar nicht interessiert hatte. Durch diese Gespräche und auch durch ihre Fortschritte im Training hatte er langsam begonnen, seine Meinung über sie zu ändern. Er respektierte sie ab diesem Zeitpunkt. Er schüttelte den Kopf um wieder aus alten Erinnerungen aufzutauchen. So würde er sie nie finden können.
Er durchquerte den Wald und spürte ihr Chakra um einiges stärker. `Da bist du also. `, dachte er und ein kleines freudloses Lächeln stahl sich auf seine Züge. Er wusste, dass die anderen Pappnasen sie nicht finden würden. Er war nur mehr ein paar Dutzend Schritte von ihr entfernt. Sie schien ihn nicht zu bemerken. Er trat näher, immer näher, doch als er sah wovor sie stand, blieb er ruckartig stehen. Sein Herz krampfte sich unnatürlich zusammen und ein Schauer überlief seinen Körper. Was hatte sie hier bloß zu suchen? Selbst durch den Regen hindurch konnte er ihre leisen Worte vernehmen, konnte beinahe ihre stummen Tränen auf seiner Haut fühlen, die an ihrer Wange, ungeachtet von ihr, hinunterliefen. Ihre Kleidung klebte wie eine zweite Haut an ihrem Körper, ihre schulterlangen Haare, die sie seit der Chuninprüfung nicht mehr hatte wachsen lassen, hingen schlaff herunter und sie zitterte wie Espenlaub.
Ihre Stimme war nicht mehr als ein Flüstern gewesen, doch Sasuke hatte jedes einzelne Wort verstanden, und auch, dass sie von ihm gesprochen hatte.
Er überwand die letzten Schritte zu ihr und legte ihr behutsam seine Jacke um die Schultern. Erschrocken drehte sie sich um und blickte in sein makelloses Gesicht. Ihr Mund schloss sich wieder und sie sah traurig zu Boden. Sie konnte ihm nicht in die Augen sehen. Zu stark wäre ihre Scham gewesen.
„Die anderen suchen dich.“, begann er hilflos. Was war nur los mit ihm? ER fühlte sich so seltsam. So schuldig. „Ich weiß.“, war die simple Antwort. Wieder sah sie zur Seite. Sein Herz fing an, aufgeregt und schnell zu pochen, als er ihr Kinn mit seiner Hand anhob, damit sie ihm in die Augen sehen konnte.
„Was suchst du hier?“, fragte er und blickte ihr eindringlich in die Augen.
Es war ihr unmöglich zu antworten. Sein Blick hielt sie gefangen. Kälte und Wind spürte sie nicht mehr. Er verstärkte den Griff leicht um ihr begreiflich zu machen, endlich etwas zu sagen. Nach mehrmaligem Blinzeln seufzte sie, befreite sich und starrte weiter auf das Grab, wovor sie stand.
„Antworten.“, flüsterte sie. Der Wind verschluckte das Wort, doch Sasuke verstand es trotzdem.
„Du verschwendest deine Zeit. Niemand wird dir die Antworten geben können, nach denen du suchst.“ Seine Stimme war nun wieder kühl und unnahbar, nichts mehr war von der unsicheren Seite Sasukes übrig geblieben.
Sakura zog den Mantel fester um sich, doch die Kälte saß tief und nichts vermochte sie zu wärmen. Der Sturm schien sie nicht zu stören, das Heulen des Windes war durchaus mit dem vergleichbar wie sie sich momentan fühlte.
Und dennoch wollte sie nicht von hier weg. Jetzt wo Sasuke hier war. Ihre Sehnsucht wuchs zwar mit jeder Sekunde und auch ihre Verzweiflung nahm zu, doch diese Momente wo sie alleine, ungestört, reden konnten waren viel zu selten.
Sie hasste es zwar, dass sie immer so schwach war in seiner Gegenwart, sie verfluchte sich beinahe ihm verfallen zu sein.
Und doch konnte sie nichts gegen ihre Gefühle unternehmen.
Als sie sich seiner Antwort wieder erinnerte, unterbrach sie die Stille erneut
mit einer Frage, die sie sich nie zu stellen gewagt hätte, wäre es nicht sowieso aussichtslos gewesen.
„Und was ist mit dir Sasuke? Welche Antworten suchst du? Jetzt, nachdem du deine Rache bekommen hast? Was ist aus dem Plan geworden, deinen Clan wiederaufzubauen?“
Die letzte Frage brachte sie nur schwer über die Lippen, doch sie wollte endlich wissen, ob es sich gelohnt hatte. Ob Sasukes Verrat nichts weiter als die Dummheit eines einsamen Kindes gewesen war, das er noch vor viereinhalb Jahren gewesen war, nachdem sie sich mit Naruto und Sai auf die Suche nach ihm gemacht hatte und er sie mit einer Drohung gegen Naruto erneut zurückgelassen hatte.
Er sah sie von der Seite her an, ausdruckslos und doch innerlich verwirrt.
Wieso interessierte sie sich ausgerechnet jetzt dafür? Er betrachtete sie lange Zeit, wie sie immer noch auf das Grab starrte. Das Grab seiner Eltern.
Sie zitterte, ihre Lippen nahmen bereits eine bläuliche Farbe an und doch klagte sie nicht.
Diese Frage würde er ihr noch beantworten, das war er ihr schuldig, dann aber würde er sie von hier weg bringen.
„Du hast Recht, ich bin zurückgekommen, um meinen Clan wiederaufzubauen.
Aber diese eine Frau kann mir nicht verzeihen sie damals verlassen zu haben als ich allem den Rücken kehrte. Sie hat mir geholfen, all die Jahre bei Orochimaru zu überstehen. Sie hat mich am Leben erhalten, und jetzt ist sie im Begriff ihr Leben wegzuwerfen, weil sie nicht weiß, dass ich sie liebe.“ Sakura schluckte. Sie wollte zwar die Wahrheit hören, aber es schmerzte dennoch so sehr, dass sie fürchtete ihr Herz würde zerspringen. Sie hatte schon von Anfang an gewusst, keine Chance bei ihm zu haben, denn sie waren einfach grundverschieden und das hatte er ihr schließlich früher so oft gezeigt.
Die Tränen liefen ihr in Strömen über ihre Wangen, das jedoch vom kalten Regen geschickt vertuscht wurde. Ihre Stimme klang zerbrochen aber ihre Worte kamen klar und fest über ihre Lippen.
„Sag ihr die Wahrheit Sasuke, wenn du sie zurückhaben willst. Keine Frau wartet ewig. Ich muss es wissen.“
Mit einem letzten Lächeln drehte sie sich ihm zu und ließ den Mantel auf den Boden gleiten, ehe sie den Weg in die Dunkelheit einschlug.
Sasukes Gedanken rasten. War sie wirklich bereit ihn so schnell aufzugeben? Er konnte sie nicht gehen lassen, nicht nachdem er ihr bereits eine halbe Liebeserklärung gemacht hatte. Und er würde ihr zeigen, wie ernst er es meinte. Er packte sie am