Fanfic: Divided Blood
sie viel zu selten. Beide waren natürlich Menschen, das war mir nicht entgangen. Und sie wussten von Liss´ unglaublichen Fähigkeiten, konnten es sich aber nicht erklären und beschlossen, es lieber geheim zu halten, womit Liss keine Probleme hatte.
Während Liss in einem überteuertem Shop eine schwarze Jeans anprobierte, setzte ich mich auf einen Wartesessel.
“Na? Was sagst du?” Sie stürmte aus der Kabine und wackelte mit ihrem Hintern vor dem Spiegel.
“Super.” Meine Begeisterung klang sehr gespielt, was sie auch war, denn ich kämpfte gerade mit meinen Gedanken, die anscheinend zu gewinnen schienen. Liss setzte sich vor mich auf die Hocke, was mich sehr an jemanden erinnerte und ein starkes sorgendes Brennen in mir Auslöste, was ziemlich oft als Angst definiert wird.
“Was ist los?” , fragte sie sanft und legte ihre warmen Hände auf meine. Ich merkte, dass ich zitterte und als ich nicht antwortete, fragte sie nochmal. “Ist es wegen Kyle?” Ich nickte leise, denn anlügen konnte ich sie einfach nicht, ich brachte es mir nicht übers Herz. Liss setzte sich auf einen Sessel neben mir. “Er wird dir nichts tun, mach dir keine Sorgen.”
“Aber es geht so schnell! Vor ein Paar Wochen irrte ich noch ohne eine einzige Erinnerung im Wald rum, Kyle war wie ein Engel für mich, der mich aus diesem Albtraum befreit hatte und jetzt? Obwohl ich erst seit ein paar wenigen Stunden weiß, wer er ist, kann ich ihn nicht ansehen. Ich kann ihm nicht ins Gesicht sehen, weil ich immer wieder daran denke, wie er mich ansah. Diese kalten, roten Augen… Und Kyle… ich weiß nicht, wie lange ich mit diesem Gedanken, mit einem Monster zu leben, noch ertragen kann! Und dass ich zu diesen Monstern gehöre!” Ich überlegte mir nochmal alles, was ich gesagt hatte und merkte, dass es pure Wahrheit war, doch sehr hart formuliert. Liss schaute mich mitfühlend an.
“Ich kann verstehen, wieso Kyle dir Angst macht. Als ich zum ersten Mal die roten Augen eines Vampirs sah, wollte ich am liebsten wegrennen, konnte aber nicht. Meine Beine gehorchten mir nicht mehr.” Ich schaute sie fragend an.
“Du… hast schon mal einen Vampir gesehen.”
“Wenn ich dir jetzt diese Geschichte erzählen würde, wird mich Kyle umbringen. Aber der Punkt ist, dass Kyle immer noch ein Mensch ist.” Diese Worte lösten in mir eine Sicherung aus, die mir vor Augen führte, in welcher Gefahr ich mich schon die ganze Zeit befand, doch Kyle tat mir nichts. “Und was ist deine Fähigkeit?” Sie versuchte mich auf andere Gedanken zu bringen.
“Ich weiß es nicht.”
“Hmm… Aber du musst bestimmt sehr stark sein.” Sie stand auf und ich schaute zu ihr hoch. “Wenn man nahe bei dir ist denkt man, man wird gleich von einer Energie förmlich erschlagen.” Sie ging wieder zum Spiegel und betrachtete sich noch mal.
“Wie viele Drecksblüter gibt’s an unserer Schule.” Sie betrachtete sich immer noch.
“So ungefähr sechs bis sieben.”
“Sind alles Schüler?”
“Ne, einer ist Lehrer. Mr. Mauren, unser Chemielehrer.”
“Mr. Mauren ist ein Drecksblut?” , schrie ich auf und hielt mir schnell die Hand vorm Mund. Zum Glück waren wir fast alleine im Laden und die Verkäuferin beachtete uns garnicht.
“Ja, aber ich weiß nicht, was für eine Fähigkeit er hat. Das weiß niemand. Er redet nicht gerne darüber, weißt du.” Liss rannte in die Kabine und kam nach ein paar Minuten wieder zurück. “Komm, gehen wir.”
“Und die Jeans?”
“Die wird schon niemand auffressen.”
Wir gingen raus und banden Strike vom Mast, der vor dem Laden stand und gingen langsam wieder nach Hause. Der Nachhauseweg dauerte nicht lange. Liss umarmte mich nochmal und ging dann ihren eigenen Weg. Ich klopfte an der Tür und nach weniger als einer Sekunde stand Ann vor mir. Sie ließ mich ohne ein Wort zu sagen rein und ging wieder in die Küche. Ich band Strike los und ging nach oben. Ganz entspannt legte ich meine Jacke auf das Bett und schaute aus dem Fenster. Dass es dunkel geworden war, ist mich gar nicht aufgefallen. Ich hörte Geräusche aus dem Bad und ging auch dahin.
Kyle putzte sich gerade die Zähne und beachtete mich garnicht, obwohl ich schwören konnte, dass er mich gehört hatte. Ich musterte ihn und mein Blick blieb bei seinem rechten Oberarm stehen, den ich durch das ermellose T-Shirt ohne Probleme sehen konnte. Es war eine riesige Narbe, die um seinen ganzen Oberarm ging. Sie sah wie ein riesiger Kratzer eines Tigers aus.
“Woher hast du die Narbe?” , fragte ich leise.
“Hmm?” Er drehte sich zu mir um. Ich zeigte auf seinen Oberarm. Er spuckte den Schaum aus, spülte sich den Mund und sagte lächelnd
“Es ist besser, du weißt es nicht.” Er schuckte mich zur Seite und ging zu seinem Zimmer. Ich fragte mich, was mit ihm los war. Hatte er etwa wieder Durst? Ich wollt nicht dran denken.
An dem Abend hatte ich keinen Hunger und ließ das Essen ausfallen. Ann hatte mir zuliebe angeboten, nach dem, was passiert ist, unten auf dem Sofa zu schlafen, also musste ich zum ersten Mal eine Nacht alleine verbringen. Ich zog mich um und setzte mich gerade aufs Bett als es an der offenen Tür klopfte.
“Darf ich reinkommen?” , fragte Kyle leicht unterdrückt. Ich nickte, woraufhin er sich neben mich aufs Bett setzte. “Und es ist OK für dich?”
“Was meinst du?”
“Dass du heute Nacht mit einem Monster in einem Haus schlafen musst.” Schnell erinnerte ich mich an die Worte von Liss.
“Du bist kein Monster, du bist immer noch ein Mensch und vorher hatte ich doch auch keine Angst vor dir.” Ich wusste nicht, wie er drauf reagieren würde, doch anscheinend reichten ihm diese Paar Wörter, denn er lächelte, genauso wie zum allerersten Mal, als ich ihn gesehen hatte. Genauso unbeschwert und glücklich.
“Na dann, schlaf gut.” Er wollte seine Hand auf meine legen, doch als Reflex zog ich sie zurück.
“T-Tut mir Leid.” , sagte ich piepsig.
“Schon gut.” Er stand auf. “Ich werde mich wohl daran gewöhnen müssen.” Er ging weg.
Ich legte mich hin, doch, obwohl es eigentlich gut wäre, versuchte ich nicht die Ereignisse des heutigen Tages zu ordnen, es waren einfach zu viele auf einmal. So unbeschwert, wie es nur ging, schloss ich meine Augen und gleitete in einen erneuten, gleichen Traum. Doch noch wusste ich nicht, wie radikal sich mein jetziges, neues, Leben in den nächsten Tagen ändern würde.