One day I'll fly away
auf.[/i]
Ailana hatte Angst so fürchterliche Angst, sie wollte noch nicht Sterben.
Die kleine schrie. Um Hilfe.
Ihr wurde Übel, sie wollte hier fort, weg von diesem schrecklichen Ort. Sie wollte doch noch so viel erleben, sich verlieben, Heiraten und Kinder bekommen. Sie war doch noch so jung.
Sie weinte.
Ihr Herz raste. War die Welt wirklich so gemein zu ihr? Zu ihren Volk? Wieso nur? Wieso nur sie?
Ein Seil wurde über einen Ast geworfen.
Tränen bahnten sich ihren Weg, seit Stunden hatte sie keine mehr vergossen, doch jetzt wo ihr Tod so nah bevorstand, konnte sie keine Fassung mehr bewahren.
Ein Ruck. Ein Knacksen.
Ein paar stille Tränen rannen über ihren Wangen. Was hatte sie verbrochen zu sterben? Was nur? War sie nicht immer artig gewesen? Was hatte sie getan, was nur, dass sie so einen Tod verdient hatte?
Das kleine Mädchen war tot.
Ihr lief ein Schauer über den Rücken, während ihr Blick immer noch auf dem kleinen, nun aber toten, Mädchen ruhte. Sie konnte diese Grausamkeit der Untoten nicht fassen. Ein kleines unschuldiges Mädchen die nichts von diesen verworrenen Zeiten verstand, musste büßen? Nur für was? Das überstieg selbst ihren Verstand. War es die bloße Tatsache, dass sie als Menschen noch lebten und dieses neue Volk der Untoten, die sich selbst die Verlassenen nannten, ihr Leben bereits schon seit Jahren ausgehaucht hatten? Aber sie konnte doch nichts dafür, dass sie damals von der Seuche verschont geblieben war. Es war doch nicht ihrer Schuld, dass sie noch ein Mensch war und kein Verlassener, Untoter. Das Schicksal hatte sie doch damals vor diesen Unheil bewahrt, sie konnte doch nichts dafür, dass die Verlassenen keine Menschen mehr sein konnten, es war nicht ihre Schuld, wieso also musste sie sterben mit all den anderen?
Während Ailana ihren Gedanken nachhing und über die Ungerechtigkeit ihrer Lage und ihres Volkes nachdachte, widmeten sich die Untoten, nachdem sie das kleine Mädchen erhangen hatten, sich den nächsten in der Reihe zu. Einem ruhig aussehenden Mann mittleren Alters.
Sie löste den Blick von den Mädchen und verfolgte das Grauen nicht länger, sie musste sich beruhigen, sie musste ruhig bleiben, ruhig! Sie versuchte ihre Gedanken auf etwas anderes zu konzentrieren und so sie ließ ihren Blick über die Landschaft schweifen. Ja ihre alte Heimat, wie lebendig sie vor so langer Zeit doch einmal erstrahlt hatte. Wie wunderschön sie gewesen war!
Ailana versuchte sich daran zu erinnern wie die Bäume aussahen bevor sie so tot und grau waren. Für einige Momente schloss sie die Augen und stellte sich das Frühlingsgrün der Blätter vor und wie sie leise im Winde wehten. Sie erinnerte sich an dem blauen Himmel, den sie seit so vielen Jahren nicht mehr gesehen hatte. Blauen Himmel der hinter schneeweißen Wolken hervor schaute und an die warmen Sonnenstrahlen die ihre Haut kitzelte. An ihre einst so schöne Heimat die ihr Herz hatte aufblühen lassen, wenn das Land nach einem kalten Winter im Frühjahr erwachte. An das lachen spielender Kinder, das klappern von Wassermühlen und an die Kirchenglocke die zur Mittagszeit läuteten. An das Leben eben überhaupt!
Auch jetzt war es wieder Frühjahr und doch schien nichts auf diese Jahreszeit hinzudeuten. Als sie ihre Augen wieder öffnete sah sie nichts von Leben, noch nicht einmal die Bäume lebten mehr. Ohne Blätter, kahl schmückten sie den Wegesrand an dem sie kniete. Der Himmel über ihr, schon seit scheinbar unendlich vielen Jahren trüb und grau. Selten schien die Sonne durch den Dunst des Todes und nur selten spendeten ihre Strahlen ihr Trost und Hoffnung.
Vor etwa 5 Jahren nahm ihr unbekümmertes Leben eine schlagartige Wendung, als die Geißel in ihr Land einfiel. Die unwissenden und überraschten Menschen würden von den Untoten und ihrer Seuche förmlich überrannt. Sie stöhnte leise auf, als ungewollt diese schrecklichen Bilder jenes Tages vor ihren Augen aufblitzten.
Wie alles voller Leben und Freude war. Und nun? Nun lag alles was sie einmal geliebt hatte in Scherben, zerstört von diesen schrecklichen Untoten. Sie spürte tief in ihren Herzen einen großen Hass gegen die Verlassenen, wie gerne würde sie Rache nehmen für all das Leid was ihnen widerfahren wahr.
Doch plötzlich wurde sie aus ihren Gedanken gerissen. Sie fühlte ihr Herz schmerzlich in ihrer Brust stechen, fühlte wie ihr Puls zu rasen begann, ihr Atem sich beschleunigte und wie ihre Hände zitterten.
Ailana musste mit ansehen wie nun der Mann neben ihr, der ihr mit seiner Anwesenheit den ganzen Tag ihr immer ein wenig Trost spendete, aus der Reihe gerissen wurde. Zwei Untote packten ihn unter seinen Armen und schleiften ihn förmlich auf seinen Knien zu den nächst gelegenen Baum, an dem bereits das kleine Mädchen hing. Er kniete, einige Meter entfernt, nun genau gegenüber von Ailana. Er blickte nicht in die weite Ferne wie bereits die Stunden zuvor, er blickte genau in Ailanas Augen. Er war mit seinen Gedanken nicht mehr weit weg, seine Augen waren hellwach und dennoch könnte sie kein Anzeichen von Angst in ihnen erkennen. Keine Furcht war zu erkennen, obwohl er genau wusste, dass seine Zeit gekommen war. Aliana konnte ihre Augen nicht von seinen Abwenden, irgendetwas war in ihnen was sie scheinbar nie oder schon eine halbe Ewigkeit nicht mehr gesehen hatte. Was spiegelten seine Augen wieder?
Ihre Gedanken rasten, an was erinnerten seine Augen sie?
Es war…verdammt was war es bloß?
Sie kannte diesen Blick…
konnte es sein…
unmöglich…
… in diesen Augenblick?
Doch nun war sie sich ganz sicher, just in diesen Moment sah sie - Hoffnung in seinen Augen.
Hoffnung, aber worauf?
Er würde sterben das war ganz sicher! Die Untote Wache zückte doch schon ihr Messer aus dem Gürtel. Worauf also hoffte er?
Fieberhaft überlegte sie und überlegte, doch da begriff sie plötzlich, er hoffte tatsächlich nicht mehr, er hatte wirklich schon längst mit seinem Schicksal abgeschlossen. Er hoffte nicht mehr, nein viel mehr schenkte er Ailana Hoffnung und Mut, das auszustehen, was auch immer sie erwarten würde. Er gab ihr Mut ihr Schicksal zu ertragen und Hoffnung, dass vielleicht in einem anderen Leben alles besser laufen möge. Er hatte die Furcht vor dem Unbekannten in Ailanas Augen gesehen und nun wollte er ihr in seinen letzten Lebensminuten Hoffnung spenden. Hoffnung?
____________________________________________________
Vielen Dank fürs Lesen, ich bitte um Kritik! ^^