Alte Rechnungen
diesem Sockel sind mehrere Einkerbungen zu sehen. Mit feinen Gravuren wurde um diese Einkerbungen die Gestalt eines Menschen in den Stein geritzt. Das erstaunliche daran ist jedoch, dass jede dieser Kerben die Form von einem der sieben Millenniumsgegenständen wiedergibt. Und in der Mitte befindet sich in einer der Kerben ein goldfarbenes Gegenstück: Der Millenniumsstab!
Erstaunt betrachtet Yami den Sockel. „Wenn das wirklich die Ergebnisse der Analyse sind, dann scheinen die Millenniumsgegenstände wirklich miteinander in Verbindung zu stehen“, denkt er laut. „Aber wie erfahren wir nun, was noch dahinter steckt?“, fragt die Stimme von Yugi in ihm. Entschlossen tritt Yami an den Sockel heran und will den Millenniumsstab herausnehmen. Doch zu seiner Überraschung gleiten seine Finger durch den Griff hindurch. Der Sockel jedoch bleibt massiv. „Seltsam!“, murmelt er, „Was hat das zu bedeuten?“
„Das ist ganz einfach!“, ertönt es plötzlich hinter ihm, „Die Millenniumsgegenstände stecken so voller Geheimnissen und Mysterien, dass es einem Computer einfach unmöglich ist, sie vollständig zu analysieren, oder sie auch nur realitätsnah darzustellen.“ Erschrocken fährt Yami herum. Vor sich sieht er eine bekannte Person.
„Noah!“, ruft er fassungslos aus, „Du bist es doch, oder? Aber wie kann das sein? Deine virtuelle Welt wurde zerstört!“ Gelassen steht Noah im Eingang der Pyramide und sieht zu ihm hinüber. „Wie du siehst, ist es mir nicht nur gelungen zu überleben, sondern auch endlich zu meinem wahren Alter aufzuschließen.“ Nun kommt er auf Yami-Yugi zu. „Und was noch besser ist“, meint er mit einem Funkeln in den Augen, „ich bin nun in der Lage mich für alles zu revanchieren was damals passiert ist.“
„Was, dieser übergeschnappte, kleine Spinner ist noch am Leben?“, ruft Jonouchi aufgebracht. Bis eben haben er und seine beiden Freunde noch aufmerksam über den Bildschirm jeden von Yugis Schritten in der virtuellen Welt verfolgt. Doch nun haben sie auch Noah dort entdeckt und die Tatsache, dass er noch lebt, versetzt sie in ebenso großes Erstaunen wie Yugi.
„Scheinbar hat er die Explosion überlebt“, stellt Anzu fest. „Aber irgendwie sieht er jetzt älter aus, findet ihr nicht?“, meint Honda. „Was spielt das denn jetzt für eine Rolle“, schnaubt Jonouchi, „Mein Kumpel steckt alleine mit diesem Irren zusammen in dieser Cyberwelt. Mach dir lieber darüber Gedanken!“
„Aber wie konnte er überhaupt in dieses System gelangen?“, fragt Anzu. „Ist mir ziemlich egal!“, Jonouchi springt auf, „Aber ich werde Yugi schleunigst da rausholen!“ Mit diesen Worten will er schon hinüber ins Labor laufen, doch gerade als er den Nebenraum verlassen will, gleitet die Tür ihm vor der Nase zu.
Ärgerlich klopft Jonouchi an die dicke Plexiglasscheibe. „Hey, die Tür ist zugegangen.“ „Was?“, ruft Honda und kommt seinem Freund zu Hilfe. Gemeinsam versuchen sie die Tür zu öffnen, doch alle Kraftanstrengung ist vergeblich. Aufgeregt winkt Jonouchi der jungen Frau im Labor zu und versucht ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Schließlich schaut sie auf. „Bemüht euch gar nicht erst“, sagt sie, „Das Glas ist absolut bruchsicher.“ „Was hat das zu bedeuten?“, will Jonouchi wissen, „Lassen sie uns auf der Stelle raus!“ „Leider kann ich das nicht machen!“, entgegnet sie.
„Aber warum tun sie das, Atsumi-san?“, fragt nun Anzu verständnislos. Die junge Frau blickt ernst zu ihnen hinüber: „Es tut mir leid, aber ich kann einfach nicht riskieren, dass ihr unsere Pläne durchkreuzt!“ „Unsere Pläne?“, wiederholt Anzu, „Sie arbeiten mit Noah zusammen. Und es war auch nicht Ishizu Ishtar die sie geschickt hat, hab ich recht?“ Die junge Frau wendet sich wieder ihrem Pult zu.
„Das kann ja wohl nicht wahr sein!“, ereifert sich Jonouchi, „Soll das heißen, sie unterstützen diesen verrückten, kleinen Bengel auch noch? Haben sie überhaupt eine Ahnung, mit wem sie sich da einlassen? Der Kerl hat echt n Rad ab und er ist gefährlich! Ich werd nicht zulassen, dass sie meinen Freund in Gefahr bringen, verstanden?“
Nun schaut Atsumi wieder auf. Feste Entschlossenheit liegt in ihrem Blick. „Ich weiß ganz genau worauf ich mich einlasse! Aber ich sehe nur diesen einen Weg. Doch ihr könnt euch wieder beruhigen. Yugi wird nichts geschehen. Das versichere ich euch!“, wieder wendet sie sich ihrem Schaltpult zu, „Nein, der Einzige, der sich Sorgen machen muss, ist Seto Kaiba!“
Überrascht schauen die drei auf. „Was? Kaiba steckt auch mit drin in der Sache?“ „Ganz recht!“, bestätigt sie, „Und das im wahrsten Sinne des Wortes.“ „Kaiba ist auch in dieser virtuellen Welt?“, meint Anzu erstaunt. „Ja“, kommt die Antwort, „Ihr müsstet ihn auf einem der Bildschirme sehen können. Ihr solltet euch wieder hinsetzen und das Ganze einfach verfolgen. Das ist das Beste, was ihr im Augenblick tun könnt.“
Betreten schauen die drei sich an. „Und was machen wir nun?“, fragt Anzu. „Anscheinend haben wir keine andere Wahl, als zu tun was sie sagt“, meint Honda. Jonouchi ballt die Faust: „Ich wusste es doch, dass sie ne falsche Schlange ist. Aber wehe wenn ich hier wieder rauskomme, das wird sie noch bereuen!“ „Das hat doch keinen Sinn, Jonouchi!“, versucht Anzu ihn zu beruhigen, „Aber solange wir hier festsitzen, sollten wir Yugi so gut es geht unterstützen. Schließlich sind wir seine Freunde. Das hat ihm schon immer Kraft gegeben in aussichtslosen Situationen. Ich bin sicher, er weiß, dass wir immer hinter ihm stehen, auch wenn wir nicht bei ihm sind.“
„Du hast recht!“, meint Honda, „Wir setzen uns wieder vor den Monitor und feuern ihn an.“ „Genau!“, ruft Jonouchi, „Solange wir seine Freunde sind, ist er nicht alleine. Also dann, lasst uns sehen was Noah mit ihm vorhat!“, ein schelmisches Lächeln legt sich auf sein Gesicht, „Außerdem, möchte ich doch zu gerne sehen was Kaiba inzwischen treibt.“
Gemeinsam setzen sich die drei wieder vor die Monitore. Atsumi hat das Gespräch verfolgt und wendet sich nun wieder ihrem Computer zu. Doch ihre ernste, selbstbewusste Mine verwandelt sich nun in leichte Betrübnis. Ohne das sie es merkt, ballt sich ihre Hand zur Faust. Yugi hat wirklich bemerkenswerte Freunde, stellt sie bei sich fest, was auch immer passiert, er weiß, dass er auf sie zählen kann. Diese vier verbindet wirklich ein starkes Band der Freundschaft. Yugi kann sich wirklich glücklich schätzen solche Freunde zu haben. Sie atmet tief durch. Warum nur muss Seto Kaiba das so erbarmungslos anders sehen?
„Was soll das heißen: Du willst dich revanchieren?“, fragt Yami-Yugi alarmiert, „Ich gebe gerne zu, dass wir ein paar Meinungsverschiedenheiten hatten beim letzten Mal, aber letztendlich hast du uns doch noch geholfen aus dem Cyberspace zu entkommen. Ich dachte, du hättest eingesehen, dass wir im Grunde keine Feinde von dir sind. Wir haben dir die Sache doch auch nicht nachgetragen. Du warst schließlich nur einsam und verbittert. Ich dachte, wir wären nun Freunde. Wofür willst du dich denn revanchieren?“
Noah geht mit langsamen Schritten um den Sockel herum. Dann sagt er: „Ich bin wohl wirklich sehr gemein zu euch gewesen, sonst würdest du jetzt nicht so schlecht von mir denken.“ Nun blickt er Yami-Yugi an. „Du verstehst mich falsch. Ich will keine Rache. Ich will nur etwas von dem wieder gutmachen was ich euch angetan habe.“ Erstaunt blickt Yami ihn an: „Aber wie...? Ich verstehe das nicht. Was genau willst du denn von mir? Was hast du vor?“
„Du wirst es mir vielleicht nicht glauben, aber ich bin froh, dass du hier bist, Yugi“, meint Noah nun, „Ich brauche nämlich deine Hilfe.“ Irritiert schaut Yami ihn an: „Meine Hilfe? Wobei denn? Was wird hier eigentlich gespielt?“ „Ich werde es dir erklären“, meint Noah. Noch während er redet, zerfließen die Wände der antiken Grabkammer und bilden die breite Fläche eines Hochhausdaches. Um sie her ist nun nichts als weiter Himmel und tiefe Häuserschluchten zu sehen.
Noah macht ein paar Schritte auf die Dachkante zu, während Yami sich noch verblüfft umsieht. Dann beginnt Noah zu erzählen: „Ich lebe inzwischen schon so lange in meiner virtuellen Welt, dass ich kaum noch weiß, dass es einmal anders war. Ich konnte tun und lassen was ich wollte. Der Cyberspace half mir sogar dabei immer klüger und klüger zu werden. Ich wurde zu einem Genie, einem Überwesen! Aber ich war immer einsam.
„Du hattest Recht mit allem was du mir damals vorgeworfen hast. Ich war einsam und verbittert. Aber die Begegnung mit euch allen hat mein Leben verändert. Mir wurde klar, dass es ein Fehler war wie ich mich verhalten habe und dass ich, trotz all meiner überragenden Intelligenz... noch immer fehlerhaft bin.
„Ich dachte ich müsste meinem Vater, mir selbst und auch Seto unbedingt beweisen was ich wert bin. Aber dabei habe ich nur an mich gedacht. Doch ich kannte es auch nicht anders. Ich war solange allein, dass ich nicht wusste, dass mir etwas Entschiedenes fehlte: Freunde!“
Schweigend hört Yami ihm zu. Nun dreht Noah sich zu ihm um. „Aber ihr habt mir nach all dem was ich euch angetan habe doch noch vertraut. Ihr habt mich behandelt wie einen Freund. Das hat mich tief beeindruckt. Deshalb habe ich euch zur Flucht verholfen und deshalb habe ich auch die digitalen Überreste von meinem Vater Gozaburo hier im Cyberspace festgehalten, so dass er nicht entkommen konnte als der Computer explodierte.“
Für einen Moment huscht ein Ausdruck von tiefem Schmerz über Noahs Gesicht. Yugi fragt sich ob er sich getäuscht hat, doch Noah redet schon weiter: „Im letzten Moment gelang es mir mein Bewusstsein in den Bordcomputer des Kaiba-Corp Luftschiffes zu überspielen. Ich verfolgte jede