Alte Rechnungen
Einzelheit eures Turnierfinales und nebenbei versuchte ich verzweifelt eine Möglichkeit zu finden, meine digitalen Komponenten in ein neues System zu übertragen, das groß genug war um meine gesamte Persönlichkeit zu beherbergen.
„Schließlich fand ich nach langer Suche Zugang zu einem vielversprechenden Cyberspace-System bei Gigatech-Enterprise; das gleiche System in dem du dich jetzt befindest. Hier wollte ich mir eine neue Heimat einrichten, doch das Programm konnte meine Kapazität kaum fassen. Ich begann es zu erweitern und umzuschreiben und dabei stieß ich auf Atsumi. Oder besser gesagt, sie stieß auf mich.“
Yamis Augen weiten sich. „Soll das heißen Atsumi-san weiß von der ganzen Sache?“ „Natürlich!“, bestätigt Noah, „Sie war schließlich dabei behilflich dich hierher zu bringen. Aber lass es mich der Reihe nach erklären!“
Also doch, denkt Yami bei sich, sie hat uns tatsächlich etwas vorgemacht! „Aber wir wissen noch immer nicht warum sie das getan hat“, gibt Yugi zu bedenken, „Was kann sie sich davon versprechen und was will Noah von uns?“ „Wenn ich das wüsste“, meint Yami.
Noah fährt fort. „Ich war ziemlich beeindruckt von ihr. Es gelang ihr tatsächlich, sich in mein Programm einzuhacken. Sie ist wirklich klug! Ich erkannte sogleich meine Chance. Also beschloss ich mit ihr ein Abkommen zu treffen. Ich würde ihr helfen ihr Cyberspaceprogramm zu optimieren und sie würde mir als Gegenleistung helfen meinen größten Wunsch in Erfüllung gehen zu lassen.“
„Deinen größten Wunsch?“, fragt Yami, „Was ist der? Und was habe ich damit zu tun? Was willst du Noah?“ Einen Momentlang schaut Noah ihn gequält an dann sagt er: „Freiheit!“ „Freiheit?“, fragt Yami zurück. Noah nickt: „Ja! Seit ich durch euch erfahren habe, wie es ist Freunde zu haben, kann ich es einfach nicht mehr ertragen in dieser digitalen Scheinwelt eingesperrt zu sein“, er ballt die Faust, „Ich ertrage es einfach nicht länger! Ich halte diesen... Zustand nicht einen Tag mehr aus!“
Ein wenig mulmig wird Yami nun doch zumute. „Was soll das heißen? Hast du mich hier hergelockt um meinen Körper zu übernehmen und in die reale Welt zurückzukehren?“ Doch Noah schüttelt schwach den Kopf. „Nein! Ich sagte doch schon, dass ich erkannt habe, dass das der falsche Weg war. Außerdem...“, fügt er mit einem schiefen Lächeln hinzu, „bei dir hätte es sowieso keinen Zweck, wenn ich es versuchen würde. In deinem Körper wohnen schließlich bereits zwei Seelen, nicht wahr?“
Yami-Yugi fällt aus allen Wolken. „Du... du weißt davon? Aber wie...?“ „Erinnerst du dich, als ich beim letzten Mal versucht habe deinen Körper zu übernehmen?“, fragt Noah. Yami nickt. „Da habe ich es gesehen!“, erklärt Noah, „Dein anderes Ich. Für einen Momentlang waren wir Eins. Ich konnte die Macht spüren, die in ihm steckt und ich konnte einen Blick auf all die unzähligen Geheimnisse werfen, die es umgeben. Rätsel über Rätsel!“ Mit großen Augen starrt Yami Noah an. „Stimmt!“, meint er zögernd, „Ich erinnere mich. Ich konnte auch einen Blick in deine Seele werfen. Ich konnte sehen was mit dir geschehen ist. Ich glaube danach habe ich dich ein bisschen besser verstanden.“
„Auch ich erkannte, dass es da vieles gibt was du noch nicht über dein anderes Ich weißt“, Noah hält kurz inne, dann mustert er Yami scharf, „Oder besser gesagt über dich, denn im Moment hat doch die andere Seite in dir die Kontrolle, nicht wahr, Pharao?“
Verblüfft starrt Yami ihn an. „Du... du scheinst eine Menge über mich zu wissen“, meint er zögernd. „Tja, ich weiß in der Tat einiges über dich. Nachdem ich diese unzähligen Rätsel in dir wahrgenommen hatte, konnte ich nicht mehr aufhören darüber nachzudenken und nachzuforschen. Was man nicht alles tut um auf andere Gedanken zu kommen. Es ist erstaunlich war man so alles herausfinden kann, wenn man ein Wesen von übernatürlicher Intelligenz ist, dass den ganzen Tag nichts anderes zu tun hat als sich in seinem digitalen Gefängnis irgendwie die Zeit totzuschlagen.“ Den letzten Satz bringt er nicht ohne Bitterkeit in der Stimme hervor.
„Unglaublich!“, meldet sich Yugi wieder zu Wort, „Kann es wirklich sein, dass Noah deine verschütteten Geheimnisse gelüftet hat?“ „Ich halte es nicht für ausgeschlossen“, meint Yami hoffnungsvoll. Man merkt ihm an wie aufgeregt er ist. „Aber ich glaube nicht, dass er es uns einfach so erzählt. Vorhin sagte er, er braucht unsere Hilfe. Bestimmt will er etwas als Gegenleistung von uns.“
Wie um ihm recht zu geben fährt Noah fort: „Ich bin gerne bereit dich an allen meinen Ergebnissen teilhaben zu lassen, doch dafür musst du etwas für mich tun.“ „Und was?“, fragt Yami misstrauisch. Noah atmet tief durch. „Überzeuge Seto Kaiba für mich einen künstlichen Körper zu bauen!“
Erstaunt schaut Yami Noah an. „Kaiba? Warum gerade er? Und warum brauchst du gerade mich um ihn zu überreden?“ „Mokuba sagte mir damals, dass es Seto möglich wäre, mir einen künstlichen Körper zu bauen. Nach allem was damals passiert ist, hätte ich ihn wohl selber danach fragen sollen, aber... nun ja, wie du weißt, musstet ihr etwas überstürzt fliehen. Dadurch ist das wohl etwas untergegangen.“
„Und wo liegt jetzt das Problem?“, will Yami wissen, „Warum nimmst du nicht einfach Kontakt auf mit ihn und fragst ihn?“ „Ich fürchte“, gesteht Noah, „Dass Seto nach dem was damals abgelaufen ist nicht sonderlich gut auf mich zu sprechen ist. Du kennst ihn. Aus freien Stücken erklärt er sich niemals bereit mir zu helfen.“ „Es käme auf einen Versuch an“, erwidert Yami, „Warum meldest du dich nicht bei ihm und fragst ihn einfach?“
„Das hab ich schon getan“, sagt Noah, „Er ist auch hier und geredet habe ich auch schon mit ihm. Aber er ist ein unverbesserlicher Sturkopf. Nicht in tausend Jahren erklärt er sich bereit mir zu helfen!“
„Kaiba ist hier?“, ruft Yami aus. Noah nickt. „Aber warum hast du gerade mich hergeholt?“, will Yami wissen, „Kaiba und ich haben zwar schon einiges gemeinsam durchgemacht, aber im Grunde waren wir nie wirklich einer Meinung. Er kann mich noch immer nicht leiden und einen Rat nimmt er von mir schon gar nicht an!“
„Das denke ich nicht“, meint Noah, „Ob er es zugeben will oder nicht, ich denke er respektiert dich. Du bist sein größter Rivale. Es heißt, man soll sich an den Besten messen und Seto scheint es sich zur Lebensaufgabe gemacht zu haben, dich zu übertrumpfen. Wenn das nicht beweißt was für eine hohe Meinung er von dir hat, was dann?“
Nachdenklich blickt Yami vor sich hin. „Das stimmt! Kaiba hat uns immer wieder herausgefordert. Vielleicht auch deshalb weil es seine Bestimmung ist, aber ich denke es ist auch, weil er sich beweisen will.“ Yugis Stimme klingt zuversichtlich. „Vielleicht ist er ein Sturkopf, aber ich sehe ihn auch als Freund an und vielleicht sieht Kaiba das ja auch so. Wir können es ja mal versuchen, vielleicht hört er ja auf uns.“ Yami nickt stumm. Dann wendet er sich an Noah: „Na schön Noah, ich versuche es. Aber danach lässt du uns beide hier unbeschadet raus, in Ordnung?“
„Natürlich“, versichert Noah, „Wenn ich habe was ich will, lass ich euch beiden sofort gehen.“ „Aber ich kann nichts versprechen“, wendet Yami ein, „Wenn er nicht auf mich hört, musst du dir wohl jemanden anderes suchen.“ Doch Noah schüttelt betrübt den Kopf. „Es gibt keinen anderen! Als ich fliehen musste, wurde mein Programm... beschädigt. Je länger ich hier drin bleibe um so schneller wird sich meine Matrix auflösen. Die Leute von Gigatech haben schon versucht den Schaden zu beheben, aber ohne Erfolg. Mir bleibt nicht mehr viel Zeit. Außerdem verhindert der Defekt den reibungslosen Datentransfer. Nur Kaiba-Corp verfügt noch über die Technik um mein Programm unbeschadet in einen künstlichen Körper zu transferieren. Ich bin also auf Seto angewiesen. Wenn er mir nicht hilft bedeutet das für mich das endgültige Ende.“
Teilnehmungsvoll schaut Yami Noah an: „Das tut mir leid! Ich werde versuchen ihn zu überzeugen. Am besten du bringst mich gleich zu ihm. Dann können wir die Sache aus der Welt schaffen.“ „Danke Yugi!“, sagt Noah erleichtert, „Ich hatte gehofft, dass ich mich auf dich verlassen kann!“
Im nächsten Moment erscheint mitten auf dem Dach eine schlichte Holztür. „Ich habe uns einen Übergang geschaffen. Nur zu!“, fordert Noah ihn auf. Ohne sich weiter bitten zu lassen geht Yami auf die Tür zu. Noah folgt ihm. Doch hinter Yamis Rücken verzieht sich Noahs Mine auf einmal zu einem boshaften Grinsen und ein düsterer Schatten fällt auf sein Gesicht. Einen Momentlang starrt er so auf Yamis Rücken. Doch dann plötzlich schüttelt er sich, als wolle er einen unliebsamen Gedanken loswerden. Die hässliche Fratze verschwindet und im nächsten Moment knicken Noahs Knie ein.
Yami dreht sich um und sieht ihn am Boden. Rasch läuft er zu ihm hin und will ihm aufhelfen. „Ist alles in Ordnung mit dir?“, fragt er besorgt. „Ja ja... es geht schon“, erwidert Noah, „Ein kleiner... Schwächeanfall. Seit mein Programm defekt ist, passiert mir das öfter.“ Yamis Miene wird ernst. „Ich denke wir sollten möglichst bald mit Kaiba sprechen.“