Alte Rechnungen

kannst.“ Seto blickt besorgt auf: „Aber... aber was ist mit deinem Versprechen? Du hattest mir versprochen, dass du...“ „Ich bitte dich, Seto!“, unterbricht das Mädchen ihn, „Ich habe dir doch gesagt, dass nur außergewöhnliche Personen es verdienen diese Karte zu besitzen. Würdest du eine Waise als außergewöhnliche Person bezeichnen?“
Fassungslos starrt der Junge das Mädchen an. Zunächst weiß er nicht was er dazu sagen soll, dann beginnen seine Lippen zu beben und Tränen drängen sich in seine Augen. „Aber... ich habe gedacht... wir wären Freunde“, quetscht er hervor. Unbeeindruckt wendet sich das Mädchen ab. „Wer möchte schon mit einer Heulsuse wie dir befreundet sein? Zeig mir erst mal, dass du nicht so ein Weichling bist wie ich immer dachte.“ Sie wendet sich kühl ab und geht davon. „Vorher werd ich dich auch nicht mehr besuchen kommen. Leb wohl Seto!“
Mit Tränen in den Augen und schniefender Nase blickt der junge Seto ihr hinterher. „Nein geh nicht!“, flüstert er, „Ich kann auch anders sein. Ich kann mich verbessern. Eines Tages werde ich es wert sein, dein Freund zu sein!“
Mit starrem Blick beobachtet Kaiba wie der kleine Junge sich auf der Schaukel zusammenkauert und mit nassem Gesicht dem Mädchen hinterher schaut. Sein Herz klopft heftiger als ihm lieb ist. Verdammt! Eigentlich hatte er sich geschworen niemals wieder einen Gedanken an diese Ereignisse zu verschwenden. Noah! Das wird er ihm büßen! Ihm das zu zeigen... wie kann er es wagen?
Langsam wendet er sich ab. Er hat genug gesehen. Er weiß was als Nächstes kommt. Aber er hat nicht all die Jahre damit verbracht dieses Ereignis aus seinem Gedächtnis zu tilgen um es jetzt wieder auffrischen zu lassen. Er hat Besseres zu tun: Diesen Noah finden und ihn Bit für Bit auseinandernehmen!
Mit festem Schritt verlässt er das Grundstück. Dahinter liegt eine weite Wiese mit leichten, grasbewachsenen Hügeln. In einiger Entfernung steht ein Baum. Die Sonne über ihm scheint warm und die Wolken werfen kontrastreiche Schatten auf die Grashügel. Kaiba stutzt. Sein Gesicht zeigt nun deutlich Ärger und eine Spur von Panik. „Nein!“, murmelt er, „Jetzt geht er entschieden zu weit!“
In diesem Augenblick bemerkt er eine Bewegung hinter sich und fährt herum. Vor ihm ist auf einmal eine Tür zu sehen. Jetzt öffnet sie sich. Zu seiner Überraschung erkennt Kaiba nun ein anderes bekanntes Gesicht das sich durch den Rahmen schiebt.
„Yugi!“, stößt er verwundert aus, „Was hast du denn hier verloren? Hat dieser miese, kleine Dreckskerl dich auch hierher gelockt oder ist das nur wieder einer von seinen kleinen Tricks?“ Yami-Yugi erkennt nun auch Kaiba. „Nein Kaiba“, meint er, „Ich bin es. Noah hat auch mich hierher geholt.“
Gerade in dem Moment erscheint auch Noah in der Tür und Kaibas Mine verfinstert sich augenblicklich. „Noah!“, zischt er, „Du musst ja wirklich Nerven haben. Du traust dich tatsächlich noch hierher? Du bist anscheinend noch niederträchtiger als ich bisher angenommen habe. Wenn du nicht auf faire Weise gewinnen kannst, dann versuchst du es mit fiesen Tricks. Aber das kennen wir ja schon von dir.“
Yami-Yugi schaut ihn verständnislos an. „Ich weiß nicht wovon du sprichst, Seto“, erwidert auch Noah nun. Kaiba schnaubt verächtlich: „Ja sicher!“ Grimmig funkelt er ihn an. „Nein wirklich“, meint Noah unschuldig, „Was auch immer passiert ist, ich bin nicht dafür verantwortlich.“ „Und das soll ich dir glauben?“, meint Kaiba verächtlich, „Also bitte, versuch das bei irgendwem anders!“
„Was ist denn passiert, Kaiba?“, will Yami nun wissen. Einen Momentlang schweigt Kaiba, dann sagt er: „Das geht dich gar nichts an, Yugi! Ich weiß sowieso nicht was du hier verloren hast. Ich habe es schon einmal gesagt: Das hier ist eine reine Familienangelegenheit!“
„Das mag ja sein, aber wir sitzen beide hier drin fest, bis Noah uns wieder hinauslässt. Aber dazu solltest du ihn erst einmal anhören!“, versucht Yami zu schlichten. „Wer hat dich nach deiner Meinung gefragt, Yugi?“, schnauzt Kaiba, „Ich brauche deine Ratschläge nicht! Mit diesem kleinen Hosenscheißer werde ich auch allein fertig.“ Yami verschränkt die Arme: „Kaiba, warum bist du bloß immer so verbohrt? Du könntest ihn wenigstens anhören.“ Kaiba fegt das Argument mit einer Geste beiseite. „Es interessiert mich nicht was er zu sagen hat, klar? Schon gar nicht nach dem was ich gerade gesehen hab. Wenn er was von mir will, soll er nicht so eine Nummer mit mir abziehen!“
Ein paar Schritte entfernt steht Noah und verfolgt schweigend das Gespräch der beiden. Yami mustert Kaiba ernst. „Das wird wohl schwieriger werden als wir gedacht haben“, meint Yugi, „Kaiba ist in keiner guten Stimmung. Wenn wir ihn jetzt um etwas bitten, stoßen wir wahrscheinlich nur auf taube Ohren. Ich habe ihn noch nie so sehr in Rage gesehen, glaube ich.
„Lass mich dir wenigstens sagen worum es geht!“, versucht es Yami erneut. Kaiba schnaubt verächtlich. „Von mir aus. Vorher gibst du ja sowieso keine Ruhe. Dann schieß mal los!“

„Deshalb ist Kaiba also so ein ständiger Stinkstiefel und Miesmuffel!“, meint Jonouchi laut. Bis eben hat er mit seinen beiden Freunden gebannt vor dem Monitor gesessen und verfolgt was im Cyberspace vor sich ging. Mit großem Interesse habe sie jede Sequenz aus Kaibas Vergangenheit beobachtet und es kommt ihnen vor, als hätten sie endlich einige fehlende Teile zu einem komplizierten Puzzle gefunden.
„Kein Wunder!“, meint nun auch Anzu, „Dieses Mädchen war aber auch wirklich gemein zu ihm.“ „Tja“, meint Honda, „Wer hätte gedacht, dass der große, tolle Seto Kaiba mal ein ganz lieber, kleiner Weichkeks war.“ „Sag doch nicht so was, Honda!“, schilt Anzu, „Wahrscheinlich war Kaiba früher einfach ganz anders, bis ihn dieses Mädchen so gemein ausgenutzt, zum Narrengehalten und schließlich wie eine heiße Kartoffel fallengelassen hat.“ „Phö!“, meint Jonouchi, „Ich hab trotzdem nicht wirklich Mitleid mit ihm. Heute ist er doch genau so ein Ekel wie dieses Mädchen damals, wenn nicht sogar schlimmer!“
„Man, Jonouchi“, erwidert Anzu, „Hast du nicht gesehen, dass er nur so geworden ist, weil er dachte, dass sie das von ihm erwartet. Er dachte wohl, wenn er kalt und rücksichtslos wird, kann er sie so beeindrucken, dass sie ihn wieder als Freund haben will.“
„Also echt!“, meint Jonouchi, „Dieser Tussi würde ich doch wirklich keine Träne nachweinen. Ich möchte echt mal wissen, was die sich unter Freundschaft vorstellt. Im Grunde hat sie ihn doch nur ausgenutzt und fertiggemacht. Ich frage mich wirklich warum Kaiba mit der befreundet war. Kein Wunder, dass er jetzt n Knacks weghat!“
In diesem Moment lässt sie ein ärgerlicher Ruf zusammenfahren „Gebt endlich Ruhe da drin! Ich muss mich konzentrieren!“ Mit finsterer Mine stiert Atsumi zu ihnen herüber. „Überhaupt, was wisst ihr denn schon? Ihr glaubt doch nicht, dass Seto Kaiba sich von solchen Kleinigkeiten unterkriegen lässt. Um den Kerl zum Kentern zu bringen muss man schon einiges mehr auffahren!“
Verblüfft über diesen Ausbruch starren die drei Freunde die junge Frau an. Wütend wendet diese sich wieder ihrer Tastatur zu. „Meine Güte!“, meint Anzu, „Die ist ja vielleicht geladen!“ „Ja, schon komisch, oder was meint ihr?“, fügt Honda hinzu. „Ich glaube, ich kann mir auch denken warum“, meint Jonouchi mit einem schiefen Grinsen.
Atsumi ignoriert die drei. Mit geballter Faust schlägt sie auf ihr Schaltpult. „Dieser... Kerl!“, zischt sie, „So sieht er das alles also. Kein Wunder, dass er...“, sie bricht ab. Langsam richtet sie sich wieder auf. Sie ist so angespannt, dass sie fast zittert. „Na warte Seto Kaiba! Das klären wir jetzt auf andere Weise!“
Hastig betätigt sie ein paar Tasten. Kurz darauf öffnet sich die zweite Cyberkapsel. Rasch gibt sie ein paar weitere Befehle ein, dann umrundet sie ihr Pult und geht auf die Kapsel zu. „Hey!“, ruft Jonouchi aufgebracht, „Ich dachte die Kapsel wäre noch nicht einsatzbereit.“ Atsumi würdigt ihn keines Blickes als sie in die Kapsel steigt. „Tut mir leid Jonouchi, das war eine Lüge! Ich brauchte die zweite Kapsel, für den Fall, dass unser Plan nicht so abläuft wie ich dachte. Scheinbar sieht es jetzt so aus, dass ich mich persönlich um diese Angelegenheit kümmern muss.“
„Da hört sich doch alles auf!“, grollt Jonouchi, „Sie miese Lügnerin! Sie sind das Mädchen von damals, hab ich nicht recht?“ Ohne eine Antwort zu geben, legt sich Atsumi auf die Polster. „Ist das wahr?“, will nun auch Anzu wissen, „Waren das wirklich sie, Atsumi-san? Was sollte das damals mit Kaiba? Warum haben sie ihn so mies behandelt? Er wollte doch nichts weiter als mit ihnen befreundet sein und wie haben sie es ihm gedankt?“
Nun schaut Atsumi doch noch einmal zu ihnen hinüber. Sie atmet einmal tief durch dann sagt sie ruhig: „Ich muss mich vor euch nicht rechtfertigen, aber eines sag ich euch: Ihr habt absolut keine Ahnung worum es hier geht!“ Dann lehnt sie sich zurück, die Kapsel schließt sich und kurz darauf liegt sie still.
Suche
Profil
Gast
Style