Alte Rechnungen

hat hart gearbeitet um seine Firma aufzubauen. Er hat ihr fast seine gesamte Zeit geopfert. Ständig war er irgendwo unterwegs. Dadurch hatte er zwar nur sehr selten Zeit für mich, aber er hatte Erfolg und so ermöglichte es seine Arbeit uns, einen wohlhabenden Lebensstil zu pflegen. Wir hatten eine schöne Villa und auch sonst hat es uns an nichts gefehlt. Aber das weißt du ja schon“, fügt sie mit einem verächtlichen Seitenblick hinzu, „schließlich warst du oft genug bei uns; fast jeden Tag, falls du dich erinnerst.
„Deine Familie war nicht besonders reich, deine Eltern mussten beide arbeiten um eure Familie über Wasser zu halten, deshalb waren auch sie ständig unterwegs. Aber du konntest jederzeit zu uns kommen, es war fast schon...“, sie stockt kurz, „als würdest du zur Familie gehören.
„Doch dann später, als Gozaburo Kaiba euch adoptierte, nachdem eure Eltern ums Leben gekommen waren, und du dich ihm beweisen solltest, da hast du ganz bewusst die Firma meines Vaters für deine Zwecke missbraucht und ihn mit voller Absicht in den Bankrott getrieben. Du hast alles zerstört was ihm etwas bedeutete. Alles was er sich so mühsam über all die Jahre aufgebaut hat, hast du durch deinen kleinen Geniestreich zerstört und das hat letztendlich ihn zerstört!
„Um seine Firma zu retten, musste er sich hoch verschulden und er hat seine ganzen Ersparnisse dafür geopfert, all sein Hab und Gut hat er dafür hergegeben um seinen Angestellten ihre Arbeit zu erhalten, doch dadurch trieb er sich selbst in den Ruin. Letztendlich musste er doch verkaufen um die Firma zu retten, doch ihm selbst blieb nichts mehr. Darüber kam er niemals hinweg und so verlor auch ich meinen Vater. Du hast meine Familie zu Grunde gerichtet und das Schlimmste ist, es tut dir noch nicht einmal leid!“ hastig wischt sich Atsumi ein wenig Feuchtigkeit aus dem Augenwinkel um dann wieder eine beherrschte Mine aufzusetzen, doch man sieht ihr an wie aufgewühlt sie ist.
Schweigend mustert Kaiba sie. „Jetzt versteh ich, was das alles hier soll“, meint er schließlich gelassen, „Das hier ist eine Racheaktion wegen der Geschichte von damals. Aber ich sag es noch mal: das war rein geschäftlich! Wer sich auf solch ein Angebot einlässt ist selber schuld und taugt nicht zum Leiten einer Firma. Ich hätte mich niemals auf so was eingelassen, und ich habe meine Firma noch. Dein Vater war einfach ein schlechter Geschäftsführer und wenn er mit einer Niederlage nicht fertig wird, ist das doch nicht meine Schuld!“
Ärgerlich funkelt Atsumi ihn an: „Du verstehst absolut gar nichts, Seto Tejima!“ „Hör auf mich so zu nennen!“, gibt Kaiba unfreundlich zurück, „Mein Name ist Seto Kaiba! Diesen Namen habe ich mir hart erarbeitet und ehrlich verdient. Seto Tejima existiert nicht mehr!“ „Das ist dein wirklicher Name, Seto!“, ruft Atsumi aufgebracht, „Warum weigerst du dich bloß so beharrlich dich an deine Vergangenheit zu erinnern?“ Grimmig funkelt Kaiba sie an. Seine Kiefer mahlen und seine Hand verkrampft sich zur Faust. „Weil es absolut nichts in meiner Vergangenheit gibt, dass eine Erinnerung wert wäre!“, quetscht er hervor. „Das kann und das will ich einfach nicht glauben, Seto!“, sagt Atsumi kopfschüttelnd, „Wir hatten doch viel Spaß zusammen. Wir waren doch mal Freunde!“
„Wir sind niemals Freunde gewesen!“, gibt Kaiba kalt zurück, „Du warst eine reiche, verwöhnte Göre und weil dein Vater ständig geschäftlich unterwegs war, warst du meistens alleine. Wir wohnten nebenan und deshalb war ich für dich der ideale Zeitvertreib. Du hast es rücksichtslos ausgenutzt, dass ich ebenfalls alleine zuhause war. Immer wieder hast du deine Spielchen mit mir gespielt. Damals habe ich das nicht bemerkt, weil ich zu jung war, aber heute bin ich längst nicht mehr so naiv wie damals. Heute sehe ich die Sache völlig klar.
„Du hast mich immer wieder erpresst, hereingelegt und gedemütigt. Du hast meine Situation ausgenutzt und dir einen Spaß daraus gemacht mich mit Versprechungen zu ködern die du nie zu erfüllen gedachtest. Und immer hast du eine Sache so hingedreht, dass du am Ende gut dastandest. Ich habe das vielleicht damals immer wieder über mich ergehen lassen, obwohl ich es gehasst habe, aber ganz sicher funktioniert das heute nicht mehr bei mir! Du sagst wir waren Freunde? Ich versichere dir: Das redest du dir nur ein! Für dich war ich doch nichts weiter als ein Spielzeug!“
Wie vom Donner gerührt steht Atsumi da. Sprachlos schaut sie zu Kaiba hinüber. Auch Yami beobachtet Kaiba nachdenklich. „Deshalb ist Kaiba also auf Freundschaft so schlecht zu sprechen“, bemerkt Yugi, „Durch Atsumi hat er offenbar einige schlechte Erfahrungen gemacht.“ „Hmm!“, überlegt Yami, „Anscheinend liegt eine ganze Menge der Gründe für Kaibas Verhalten in seiner Vergangenheit vergraben. Bedauerlich ist nur, dass er das was passiert ist lieber ignoriert, als dass er sich damit auseinandersetzt und es akzeptiert. Dadurch, dass er es immer weiter in sich hineinfrisst wird er nur immer verbitterter und verstockter.“
Armer Kerl!“, meint Yugi, „Im Grunde kann er einem nur leid tun. So wird er niemals richtige Freunde finden. Können wir nicht irgendwas für ihn tun?“ „Ich wüsste nicht was“, gibt Yami zu, „Aber vielleicht täusche ich mich, doch ich habe den Eindruck, dass Atsumi das gerade versucht.“ „Atsumi?“, fragt Yugi erstaunt, „Wie kommst du darauf?“ „Ich weiß nicht, es ist irgendwie so ein Gefühl, aber ich glaube sie will ihm im Grunde nichts Böses, sonst hätte sie doch schon längst die Gelegenheit dazu gehabt.“ Sein Blick geht nun zu Atsumi hinüber, die noch immer schweigend dasteht.
Schließlich hebt sie den Kopf. „Nein Seto, wenn sich hier jemand etwas einredet, dann bist du das! Ich kann einfach nicht glauben, dass du alles vergessen hast“, fast flehend schaut sie ihn nun an, „Wir waren die besten Freunde, wir waren fast unzertrennlich! Du musst dich doch daran erinnern!“ Kaiba wirft ihr einen verächtlichen Blick zu: „Mach dich nicht lächerlich! Ich erinnere mich sehr gut und glaub mir, es sind keine schönen Erinnerungen!“
Atsumi starrt bekümmert zu Boden. Zunächst sagt sie gar nichts, dann ballt sie die Faust: „Nein, jetzt reicht es mir! Ich werde dafür sorgen, dass du dich erinnerst!“ „Kein Interesse!“, sagt Kaiba entschieden, „Denn jetzt reicht es mir nämlich auch! Ich will auf der Stelle aus dieser Virtuellen Realität heraus, oder wir beide bekommen wirklich ein Problem!“ „Kommt nicht in Frage!“, funkelt sie, „Du gehst hier nicht eher weg, ehe du die Wahrheit akzeptiert hast!“ „Na dann kann ich ja lange darauf warten!“, verschränkt Kaiba die Arme. „Keine Sorge, ich fasse mich kurz!“, wirft Atsumi ihm einen ernsten Blick zu.
Dann schaut sie Noah an: „Ich brauche das erste Szenario. Wo hattest du ihn hingeschickt?“ Über Noahs Gesicht huscht ein leichtes Blitzen und im nächsten Moment formt sich in einiger Entfernung die Villa in der sie früher gewohnt hat. Staunend beobachtet Yami das Ganze, während Kaiba nur verstimmt das Gesicht verzieht. „Was soll das bringen?“, meint er, „Wenn du vorhast das alles immer wieder zu wiederholen, dann wird das hier sehr lange dauern!“
Dann gehen die vier auf das Haus zu. Vor dem Tor steht der kleine Seto und späht mit traurigem Blick durch die Gitter. Im Vorgarten steht die junge Yuki und lacht ihn aus. Erneut ist ein „Feigling, Feigling!“ zu hören.
Kaiba blickt finster drein. „Auch wenn du es nicht glaubst, aber ich erinnere mich sehr wohl daran, dass wir öfters zusammen gespielt haben und jedes Mal wenn du mich besiegt hattest, hast du dich groß aufgespielt und mich nach allen Regeln der Kunst ausgelacht. Willst du mir wirklich sagen, dass wäre nicht passiert?“ Ernsthaft schüttelt Atsumi den Kopf. „Das System reagiert auf deine Erinnerungen Seto. Darauf was dir im Gedächtnis geblieben ist. Doch das muss nicht die Wahrheit sein.“ „Du meinst also ich würde mich nicht richtig erinnern?“, meint Kaiba, „Was gibt es an diesem Bild bitte falsch zu verstehen?“ Damit weist er auf die Szene die sich vor ihnen abspielt.
Mit einer energischen Geste von Atsumi friert das Szenario augenblicklich ein. „Auch ich erinnere mich an diese Szene“, sagt sie, „und ich habe sie nicht viel anders im Gedächtnis.“ „Na also!“, meint Kaiba schnippisch. „Aber im Gegensatz zu dir erinnere ich mich auch noch daran, was davor geschehen ist“, fährt sie fort. „Was soll das gewesen sein?“, fragt Kaiba verächtlich. „Das kann ich dir zeigen!“, meint Atsumi. Sie macht eine Handbewegung und nur einen Moment später befinden sie sich im inneren des Gebäudes.
Sie stehen in einem großen Zimmer. Dort auf dem Fußboden hocken zwei Personen. Es sind Seto und Yuki im Alter von knapp fünf Jahren. Sie sind anscheinend in eine Partie Duellmonsters vertieft. Gerade sagt der kleine Seto mit einem schüchternen Lächeln: „Mein Niwatori greift deine Lebenspunkte an! Ich glaube du hast schon wieder verloren!“ Das Mädchen verzieht deprimiert das Gesicht. „Och Menno, Seto!”, mault sie, „Du hast schon wieder gewonnen. Andauernd gewinnst du. Egal was wir spielen, immer gewinnst du.“ „Das stimmt doch gar nicht!“, meint der kleine Seto, „Du hast doch auch schon mal gewonnen.“ „Ja“, schmollt das Mädchen, „aber nur ganz selten. Jedes Spiel, dass wir anfangen, beherrschst du in Nullkommanichts!“ Der Junge kratzt sich verlegen am Kopf: „Tja, ich mag eben Spiele. Sollen wir noch mal spielen?“ Das Mädchen strahlt auf: „Klar doch!“ Wieder bereiten sie ihre Karten vor und beginnen erneut zu spielen.
„Erinnerst du dich daran auch
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