Alte Rechnungen

nicht gefehlt und ich hätte ihn nicht mehr retten können. Und das alles war ganz allein deine Schuld, also wie kannst du es da wagen hier vor mir zu stehen und zu behaupten es hätte dich verletzt?“
Verwirrt beobachtet Yami die zwei. Was mag bloß damals zwischen den beiden vorgefallen sein?, fragt er sich, Ich kann beim besten Willen nicht sagen, wer von beiden im Recht ist. Irgendwie hat jeder von ihnen einen Grund auf den anderen wütend zu sein, aber so recht mit der Sprache heraus will keiner. Ob sie doch noch den Mut aufbringen endlich zu sagen, was ihnen zu schaffen macht?
Yukis Gesicht ist nun ein Wechselbad der Gefühle. Sie schwangt zwischen Kummer, Ärger und Mutlosigkeit. Dann kann sie sich überwinden und fragt: „Warum war das meine Schuld? Er ist doch von selbst hineingefallen. Ich habe ihn doch nicht hineingestoßen, oder so. Ich hätte Mokuba doch niemals etwas antun können. Ich weiß zwar warum du mir dennoch die Schuld dafür gibst, aber es war nicht meine Schuld und das weißt du auch! Und ich bin sicher du weißt auch ganz genau warum mich das verletzt hat, was du gesagt hast, nicht wahr Seto?“
Kaiba spürt erneut sein Herz schneller schlagen. Nein, er weiß es nicht! Er will es nicht wissen, sich nicht daran erinnern! Bilder von damals steigen in ihm auf. Nein, er weigert sich, sich daran zu erinnern! Verdammt, er wollte das doch für immer vergessen, denn jeder Gedanke daran schmerzt wie tausend Nadelstiche. Dort an diesem Baum liegt eins seiner tiefsten Geheimnisse begraben und dort soll es auch begraben bleiben, für alle Ewigkeiten!
„Nein, weiß ich nicht!“, sagt er grimmig, „Aber ich weiß, dass du dafür verantwortlich bist was mit Mokuba passiert ist und das werde ich dir nie verzeihen! Er hätte damals ertrinken können, er hätte sterben können! Ich war für ihn verantwortlich, ich hätte auf ihn aufpassen sollen. Stattdessen musste ich wieder Zeit mit dir verbringen.
„Weil du nicht zu uns nach hause wolltest, weil du unbedingt runter zum Fluss wolltest, haben wir ihn mitgenommen. Ich hätte ihn im Auge behalten müssen! Er hätte nie alleine so weit weglaufen dürfen. Ich hätte mehr Zeit mit ihm verbringen müssen, dann wäre das alles nicht passiert! Nur durch ein Wunder ist ihm nichts geschehen. Ich hätte ihn genau so gut auch verlieren können. Ich weiß nicht... was ich dann gemacht hätte...“, Kaiba bricht ab.
Ihm wird nun unangenehm bewusst, dass alle Augen auf ihm ruhen. Kalt läuft es ihm den Rücken herunter. Hat er das wirklich eben alles laut gesagt? Wie peinlich! Nun hat er sicher jeglichen Respekt der anderen verloren. Wie konnte er sich bloß zu solch einem unkontrollierten Gefühlsausbruch hinreißen lassen?
Nun tritt Yuki einen Schritt auf ihn zu: „Siehst du“, sagt sie sanft, „Du hast noch nicht alle Gefühle verlernt. Ich wusste schon immer, dass du deinen kleinen Bruder lieb hast. Und das hat sich niemals geändert.“ Kaiba spürt wie ihm auf einmal ganz komisch zumute wird. Er hat plötzlich das dringende Bedürfnis für sich allein zu sein, doch dieser Wunsch wird ihm wohl nicht erfüllt werden, also wendet er sich von den anderen ab.
Nachdenklich hat Yuki ihn beobachtet. „Warum nur glaubst du, dass du permanent den starken, unnahbaren Kerl spielen musst? Hast du so viele Verletzungen erlitten, dass du völlig abgestumpft bist?“ Kaiba schnaubt einmal verächtlich auf. „Das müsstest du doch am besten wissen“, sagt er bitter, „Was aus mir geworden ist verdanke ich allein dir. Was auch immer in meinem Leben geschehen ist, dass ich nicht mehr so bin wie du mich in Erinnerung hast, du bist dafür verantwortlich!“
Einen Momentlang sagt Yuki gar nichts, dann lässt sie den Kopf hängen. „Ich weiß!“, gibt sie schließlich leise zu, „Das weiß ich schon seit langem.“ Erstaunt fährt Kaibas Kopf herum. Auch Yami schaut überrascht auf. Die junge Frau sieht jetzt sehr geknickt aus. Sie atmet einmal tief durch dann sagt sie: „Du wolltest wissen, was ich von dir will. Als ich damals hörte was du mit der Firma meines Vaters getan hast, konnte ich es erst nicht glauben. Ich hatte dich als einen freundlichen, warmherzigen, mitfühlenden Jungen im Gedächtnis. Ich konnte nicht begreifen, was dich so verändert haben könnte. Ich habe lange darüber nachgedacht.
„Und schließlich wurde mir klar, dass ich daran schuld war. In einigen Dingen habe ich mich falsch verhalten und dir Unrecht getan. Ich konnte zwar erst nicht recht begreifen warum du dir das alles so sehr zu Herzen genommen hast, dass du dich so sehr verändert hast, aber ich begann einzusehen, dass ich dennoch dafür verantwortlich war. Kannst du dir vorstellen, wie ich mich fühlte, als mir diese Tatsache klar wurde?“, eine Träne stielt sich in Yukis Augenwinkel.
„Nein, du kannst es dir nicht vorstellen“, wehrt sie ab, „Wenn ich der Grund dafür war, dass du so gnadenlos geworden bist, dann bin auch ich für das verantwortlich, was du meinem Vater angetan hast. Wir wurde klar, dass ich selbst meinen Vater in den Ruin getrieben und damit auf dem Gewissen hatte. Nicht dir gebe ich die Schuld an seinem Tod, sondern mir! Diese Erkenntnis hätte mich fast zerbrochen.“
„Und nun glaubst du dich von diesen Schuldgefühlen befreien zu können, indem du versuchst mir durch gefühlvolle, kleine Rückblenden vor Augen zu führen, was für ein Mensch ich mal war, damit mir klar wird was ich verloren habe und du dich reumütig und tränenreich bei mir entschuldigen kannst, damit ich dir verzeihe und du dich nicht länger schlecht fühlen musst, hab ich nicht recht?“, unterbricht Kaiba sie hart.
„Nein!“, erwidert Yuki fest. Ärger schwingt nun wieder in ihrer Stimme mit, obwohl ihre Augen noch immer feucht glänzen. „Als vor ein paar Wochen Noah in unserem System auftauchte und wir unsere Vereinbarung trafen, da bat ich ihn mir alles zu sagen und zu zeigen, was er über dich weiß. Ich habe mir alle Replays eures Abstechers in den Cyberspace angesehen und da wurde mir dann erst recht bewusst, wie sehr du dich verändert hattest.“
Kaiba wendet sich ärgerlich an Noah: „Du hast ihr die selben Szenen gezeigt wie mir?“ Ruhig schaut Noah ihn an: „Nicht nur die Szenen, auch deine Reaktionen darauf. Ich habe ihr alles gezeigt was damals passiert ist und ich habe ihr auch genau berichtet was auf dem Battelcity-Finale abgelaufen ist.“ „Du mieser, kleiner...“, funkelt Kaiba ihn an, doch Yuki fährt fort.
„Ich war gelinde gesagt schockiert! Darüber wie hartherzig, stur und ignorant du geworden bist, aber besonders darüber wie du Mokuba behandelt hast. Ich konnte es kaum glauben. Damals war dein kleiner Bruder dein ein und alles, und wie mies hast du ihn all die Jahre danach immer wieder behandelt? Du hast ihn ausgenutzt um deinen Stiefvater auszutricksen, du kommandierst ihn herum, du ignorierst seine Wünsche und Bedürfnisse und inzwischen stößt du ihn eiskalt von dir, wenn er dich stört und dir grad danach ist. Nennst du das etwa Brüderlichkeit?“
Kaiba sagt kein Wort. Stattdessen funkelt er sie nur grimmig an. Was bildet sie sich ein? Was geht sie das überhaupt an, was er mit Mokuba macht. Zugegeben, in letzter Zeit hat er nur noch wenig mit seinem Bruder unternommen, aber er hat ihn doch immer bei allem dabei gehabt. Worüber soll er sich also beschweren können? Ok, heute hat er ihn zuhause gelassen, aber irgendwann hätte er ihn doch wahrscheinlich wieder mitgenommen.
Aber würde das denn überhaupt einen Unterschied machen? Muss Mokuba ihm wirklich immer überall hin folgen, und überhaupt, kann sein kleiner Bruder das überhaupt wollen? Ständig mit dem Leiter eines Geschäftsimperiums herumhängen, ist es wirklich das was er will? Leicht irritiert stellt Kaiba fest, dass er schon lange nicht mehr darüber nachgedacht hat was Mokuba eigentlich will.
Yuki hat ihn scharf im Auge behalten. „Du behauptest, dass du nur das Beste für deinen Bruder willst, und ob du es glaubst oder nicht, das will ich auch! Ich will, dass Mokuba endlich seinen richtigen Bruder wiederbekommt. Ich möchte, dass du wieder so wirst wie früher! Als Noah mir von dir erzählte und von dem was zwischen euch gewesen ist und was er sich von dir wünscht, da wusste ich, dass ich nicht nur ein besseres System bekommen konnte, ich sah auch die Gelegenheit, endlich wieder etwas von dem gut zu machen, was ich angerichtet hatte. Für mich stand fest, ich würde dafür sorgen, dass du wieder vernünftig wirst, und dass Noah seinen neuen Körper bekommt!“
Rückartig fährt Kaiba hoch. „Vergiss es!“, stellt er klar, „Dem Kerl werde ich ganz sicher keinen neuen Körper konstruieren!“ „Aber er ist dein Bruder, Seto!“, wirft Yuki zurück, „Du warst immer ein Musterbeispiel an Brüderlichkeit. Du warst der beste Bruder den sich Mokuba wünschen konnte. Warum kannst du das nicht auch für Noah sein?“ „Weil ich mit dem Kerl nichts zu schaffen haben will!“, zischt Kaiba, „Außerdem ist er nur mein Stiefbruder.“
„Mokuba hatte keine Probleme damit ihn als Bruder zu akzeptieren, warum du?“, will Yuki erregt wissen „Ob du es willst oder nicht, indem du dich der Kaiba-Familie angeschlossen hast, bist du nun auch mit ihm verwandt, Seto Tejima. Er ist dein Bruder und er braucht deine Hilfe. Und deshalb verdient er auch dein Mitgefühl und deine Unterstützung!“
„Das einzige was dieser digitale Klugscheißer verdient, ist auf der Stelle gelöscht zu werden!“, meint Kaiba finster. Gerade will Yuki darauf eine bissige Antwort geben, als Noah ihr ins Wort fällt.
„Du hast recht Seto, ich habe es verdient!“, mit betrübtem Blick schaut er zu den anderen hinüber, „Und mir war im Grunde von vornherein klar, dass du mir niemals einen neuen Körper konstruieren würdest. Ich weiß ich war echt gemein
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