Brokers and Druids (MMFF)
Ein brennender Brief
Seit knapp einer halben Stunde saßen sie schon beisammen und sagten kein Wort.
Den Jägern wurde die Stille langsam unangenehm, doch die Abteilungsleiterin blätterte nur weiterhin den Bericht durch.
Carolin, Kreuzberger und die anderen neun Jäger, die den kleinen Ausflug in den Park überlebt hatten, saßen auf einfachen Holzstühlen vor dem Schreibtisch.
Auf dem Schreibtisch stapelten sich Akten und das kleine Namenschild ließ sich nur noch finden, wenn man wusste, wo man suchen sollte.
Auf ihm stand in goldenen Lettern der Name: Erika van Mark.
Schließlich legte die Abteilungsleiterin den Bericht auf den Stapel Akten zurück.
Nach einem schweren Seufzer begann sie ihren Vortrag.
“Also, wenn ich das alles richtig verstanden habe, hat die Jagt auf den Warrior planmäßig begonnen.
Nach einer Verfolgungsjagd, bei der alleine bereits ein Sachschaden von 12.000 Mark entstand, stellte der Trupp den Gejagten in einem Stadtpark.
In dem darauf folgenden Gefecht starben sechzehn unserer Jäger, sechs weitere wurden verletzt und drei davon erlagen letztendlich ihren Verletzungen, das macht dann neunzehn Tote.
Die Situation konnte nur unter Kontrolle gebracht werden durch den Einsatz unseres Warriors, Herrn Kreuzberger.
Dennoch erlitt auch er eine schwere Schnittwunde.
Allein für seinen Einsatz berechnet er uns eine Summe von 6.000 Mark, aufgrund seiner Verletzung verrechnete er noch einmal eine Summe von 3.500 Mark, das macht 9.500 Mark.
Trotz dieses hohen Einsatzes konnte der gejagte Warrior nur tot geborgen werden.
Sein Leichnam, seine Kleidung, seine Waffe sowie seine Papiere und zwei seltsame schwarze Eier sind alles was unsere Abteilung davon hatte.
Der Vorfall ist jetzt zwei Tage her und die Folgekosten stehen nun fest. Dazu zählt zum einen der Betrag für Ausrüstung und Munition, 3.550 Mark, der Betrag für die Beseitigung kleinerer Schäden, 6.520 Mark, dann der Betrag der an die Abteilung für ´Manipulation der öffentlichen Meinung´ geht, 1.352.000 Mark und zu guter letzt die Kosten für Beerdigungen und Schadensersatz für die Hinterbliebenen, 750.230 Mark.
Wenn man noch die Gelder für unseren Warrior und den Schaden aus der Verfolgungsjagd dazuzählt, macht das eine Summe von 2.133.600 Mark.
Bei einem Jahresbudget von 20.000.000 Mark heißt das, dass ein Zehntel unserer Gelder in einer einzigen Jagt verschwendet wurden.
Die Sache hat vom finanziellen Standpunkt her nur einen angenehmen Aspekt:
Unsere Ausgaben für die Gehälter unserer Leute schrumpfen auf die Hälfte. Leider ist das unakzeptabel.
Wenn ich daran denke, in einer Nacht hat sich die Anzahl unserer Leute von 42 auf 23 reduziert. Was soll ich davon halten?
Frau Human, Herr Kreuzberger ich erwarte eine Rechtfertigung!“
Da Kreuzberger beharrlich schwieg, blieb es an Carolin sich zu ´rechtfertigen´.
Mit einem Achselzucken und einem weiteren Blick in Richtung Kreuzberger ergab sie sich ihrem Schicksal.
“Zu allererst habt ihr eine Sache vergessen, Frau Abteilungsleiterin.”
Sie spuckte die Anrede regelrecht heraus, und der herausfordernde und verachtende Ton war nicht zu überhören.
“Ich, Herr Kreuzberger und sieben der neun Überlebenden hatten schon Erfahrung im Kampf mit Warriors sowie mit Brokern. Diejenigen, die draufgegangen sind, waren frische Rekruten, gerade erst angeworben und noch nicht voll ausgebildet.
Ich hätte sie dieses Mal noch gar nicht mitgenommen, aber ihr habt darauf bestanden, dass ich sie so schnell wie möglich in ihre Arbeit einführen sollte. Das Ergebnis habt ihr uns gerade selbst vorgetragen.
Aber es war auch mein Fehler, ich hätte euch nicht nachgeben sollen.
Eigentlich hatte ich angenommen, dass die Jagt eine Kleinigkeit wird. Ein Warrior ist normalerweise nicht so gefährlich, wie ein Broker, aber dieser hier hatte es einfach drauf.
Und jetzt werft mir nicht vor, dass ich an allem Schuld war, ihr tragt mindestens genauso viel Schuld!
Die Kosten für die Beerdigungen und den Schadensersatz für die Hinterbliebenen übernehme ich, das bin ich denen schuldig.”
Die Leiterin der Abteilung für die Jagt nach Anormalen machte einen gefassten Eindruck, das Gesicht entspannt, die Haltung so ruhig wie vorhin.
Dass sie den Stift in ihrer Hand fast zerquetschte und ihre Knöchel weiß hervorstanden, schien nur Carolin zu bemerken.
“Es mag sein, dass ich euch die Anweisung gab die neuen so schnell wie möglich einzuweisen, aber damit meinte ich nicht, dass ihr sie in den Tod führen solltet! Ich würde sie am liebsten hochkant aus der Abteilung werfen!
Leider brauche ich sie noch. Und jetzt raus hier, jeder geht wieder auf seinen Posten!”
Als die Gruppe der Jäger das Büro verließ, ging Kreuzberger knapp an Carolin vorbei.
Er flüsterte:
“Aber Spaß gemacht hat es dir doch, trotz der Verluste, oder?”
Auf Carolins Gesicht breitete sich ein irres Lächeln aus und ihre Augen funkelten regelrecht vor Wahnsinn.
“Natürlich.”, lautete ihre eben so leise Antwort.
Mit einem amüsierten Grinsen ging der Warrior weiter.
Die Woche begann damit, dass er eine Nachricht erhielt.
In ihr stand, dass ein alter Kindheitsfreund von der ASC gefangen genommen wurde, der erste Druide der jemals von der ASC gefangen wurde.
Die Nachricht war denkbar schlecht, außerdem hatte er selbst auch Probleme.
Eine relativ große Anzahl von Warriors hatte sich in den letzten Wochen zusammengetan und eine fest durchstrukturierte Gruppe gebildet, so etwas kam unter Warriors selten vor. Überhaupt war es das erste Mal, dass sich eine solch große Gruppe gebildet hatte.
Gerüchten nach, war ein Broker dafür verantwortlich. Er unterstützte sie und lieferte das nötige Kleingeld.
Für James bedeutete das jede Menge Arbeit.
Seit drei Tagen stand er in Kontakt mit einem der Warriors, er selbst konnte nicht erklären warum dieser ihm half.
Scheinbar hatten die Warriors grundsätzlich andere Gedankengänge als Druiden, aber solange James einen nutzen daraus zog, war ihm der Rest egal.
James brauchte Informationen, ohne diese würde er keine Pläne schmieden können.
Und ein guter Plan war die Grundlage für jeden Kampf, besonders wenn man es mit vielen Gegnern zu tun hatte.
Einfach reinstürmen und alle niedermetzeln war der denkbar schlechteste Plan. Noch bevor er ernsthaften Schaden anrichten könnte, würde er sterben.
Ihm war auch klar, dass er alleine gegen so viele Gegner keine Chance hatte.
Vor drei Tagen hatte James eine Nachricht an den Rat geschickt und um Unterstützung gebeten.
Die Antwort kam heute Morgen:
Ich Grüße sie, James Nightingale,
leider sehen wir uns gezwungen, ihre Anfrage abzulehnen.
Wir weisen höflichst darauf hi, dass sie für die derzeitige Situation selbst verantwortlich sind.
Hätten sie die große Population von Warriors frühzeitig reduziert, stünde ihnen jetzt kein solcher Feind gegenüber.
Selbst wenn wir ihnen Unterstützung schicken würden, würde das kaum einen Unterschied machen.
Der Rat hat beschlossen, das Territorium Black Wood an die Warriors abzutreten.
Das Territorium ist nun offiziell im Besitz der Warriors, alle Operationen der Druiden sind sofort einzustellen.
Den Warriors dürfte mittlerweile ein ähnliches Dokument vorliegen, das ihnen ebenfalls verdeutlicht, dass dies ein Friedensangebot ist.
Jeder Druide der sich in Black Wood aufhält ist vogelfrei.
Ich wünsche ihnen noch einen schönen Tag und übermittele ihnen wärmste Grüße.
Ihr Sekretär
Lothar Amadeus Schmied
Momentan saß James zusammen mit seinem Informanten in einer Suite im fünften Stock und blickte aus einem großen Fenster.
Während sich sein Informant den Brief durchlas, ließ James noch einmal zu, dass der Anblick der kleinen Vorstadt ihn fesselte.
In der hereinbrechenden Dunkelheit begannen immer mehr Lichter die Fenster der Häuser zu erhellen. In der Ferne ließen sich die Schatten von unzähligen, riesigen Gebäuden erkennen, die eigentliche Stadt lag etwa eine Autostunde von hier entfernt.
Black Wood war ursprünglich als Elendsviertel für englische Flüchtlinge gedacht. In den dreißig Jahren seines Bestehens hatte sich Black Wood jedoch zu einem anerkannten Teil der Stadt entwickelt, in dem es viele Hotels Restaurants und Geschäfte gab.
Die Engländer hatten ihren Stolz, das musste man ihnen lassen.
Für einen Moment verspürte James so etwas wie Bedauern. Er selbst war noch nicht geboren als England von den japanischen Streitkräften zerschlagen wurde. Ein Jahr bevor er geboren wurde, startete die westliche Allianz einen Befreiungskrieg um England wiederzugewinnen.
Das deutsche Reich weigerte sich damals, Truppen zur Unterstützung zu schicken.
Wie sich herausstellte völlig zu recht.
Japan hatte die ganze Insel zerstört. Wenn sie dieses Land nicht haben konnten, sollte es auch niemand anderes haben.
Für die Druiden war das der schwärzeste Tag in ihrer langen Geschichte. Auf den englischen Inseln befanden sich einige der mächtigsten Artefakte ihrer Rasse, ganz zu schweigen von den zahlreichen Verlusten.
“Das heißt dann also, dass ihr euch zurückziehen werdet, Herr Nightingale.
Eigentlich Schade, ich hatte mich so auf einen kleinen Krieg gefreut.”
James wusste zuerst nicht wovon der braunhaarige sprach. Erst als sein Informant mit dem Brief herumwedelte wurde ihm klar, dass er sich auf dessen Inhalt bezog.
Mit ein paar großen Schritten trat der Warrior an James Seite und blickte für einen Moment ebenfalls auf Black Wood herab. Dann seufzte er.
“Wirklich schade, ich hätte das alles gerne von lodernden Flammen umringt gesehen. Wenn der Rat der Druiden einen Rückzieher macht muss ich wohl auf die nächste Gelegenheit warten.”
Mit einem Blick zur Seite betrachtete James den Warrior.
Er wirkte geradezu unverschämt gelassen.
“War das der Grund?”
Der Warrior wandte sich vom Fenster ab und blickte James nun direkt an. Er machte ein etwas verwirrtes Gesicht.
“Der Grund